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Iris führte mich bei der Gewerkschaft der englischen Synchronsprecher ein, den Meistern jenes erstaunlichen Arbeitsvorganges, bei dem man die Sprache durch eine andere ersetzt. Ich nahm mir vor, die Gelegenheit zum Synchronisieren nicht vorübergehen zu lassen, da mein kleines Kapital, genau wie Dan es vorausgesagt hatte, in alarmierendem Tempo zusammenschrumpfte und es noch ungewiß war, ob und wann Constantin Gibio Zusagen würde. Zuerst mußte ich Mitglied der Gewerkschaft werden, der English Language Dabbers' Association, die ihren Beitrag von fünftausend Lire von meiner ersten Tagesgage abzog. Dann mußte ich mir jene ermüdende Geduld verlangende Technik aneignen, mit deren Hilfe es gelingt, einen englischen Satz im Rhythmus der Lippenbewegung italienisch Sprechender auf der Leinwand von sich zu geben.

Ich konnte sofort an die Arbeit gehen. Der Film hieß ›Blood Is Red‹, und ich sollte einen italienischen Schauspieler namens Vittorio Gassman synchronisieren. Es war ein Kostümstreifen über eine mittelalterliche Fehde in der Lombardei, in dem Vittorio Gassman – und ich – einen schurkischen Fürsten spielte. Der erste Satz, den ich mit meiner mittel-atlantischen Stimme artikulieren mußte, lautete: »Schweigt! Ihr sprecht in Hitze, doch Eure Worte lassen mein Blut eiskalt.« Diese Sequenz wurde so oft wiederholt, vor allem, weil ich den Dreh nicht 'rauskriegte, wie man die Lippen synchron mit Gassman bewegte, daß meine Stimme rauh und kehlig wurde und ich vom langen Hinaufstarren zur Leinwand einen steifen Hals bekam.

Iris hingegen war sehr versiert in dieser Kunst und stand mir nach Kräften bei. Aber es mangelte mir nicht nur am richtigen Gefühl für das Synchronsprechen, sondern darüber hinaus an jeglichem schauspielerischen Talent, so daß meine Sätze fast alle wie Lautsprecheransagen auf einem Flughafen klangen. An jenem ersten Tag massierte mir Iris in der Mittagspause den Nacken und übte das Sprechen mit mir, so daß wir am Nachmittag drei Sequenzen – die Norm waren sechs – schafften. Iris verhielt sich wie eine ältere Schwester am ersten Schultag ihres Bruders und unterschied sich völlig von jener Iris, die ich auf Dans Party kennengelernt hatte. Sie gab sich freundlich, doch als sie meinen Nacken massierte, kam es mir vor, als sei die Berührung ihrer geschickten Finger mit voller Absicht unpersönlich.

»Jetzt müßte es besser sein«, stellte sie fest. Sie ließ mich unversehens los und setzte sich mir gegenüber auf einen Stuhl, als hätte sie gespürt, wie unter ihren Fingern mein Blut zu wallen begann. Ich drehte den Hals, um ihr zu zeigen, wie gut es schon wieder ging. Sie trug keinen Büstenhalter unter dem dünnen Sommerkleid, so daß die Brustwarzen ihres hoch angesetzten, straffen Busens zwei kleine, erregende Punkte bildeten. Doch was hatte Dan auf der Party gesagt? Sieh dich vor, die hat zu wenig Pfeffer im Hintern. Damit hatte er zweifellos recht, aber mir schien, daß diese Eigenschaft bei ihr eher künstlich erzeugt als angeboren war. Es kam mir vor, als säße Iris im Sattel und gäbe dem Pferd die Sporen, während sie gleichzeitig die Kandare straff hielt.

»Tut mir leid, aber ich muß Sie jetzt Ihrem Schicksal überlassen. Ich arbeite zwei Tage an einem Western in Kalabrien«, erklärte sie.

»Wann müssen Sie fahren?«

»Heute abend.«

Ich verbarg meine Enttäuschung nicht. Ich hatte mich auf diesen Abend mit ihr gefreut: endlich, endlich, endlich wieder eine Frau! Mein ganzer Körper balancierte auf der messerscharfen Kante der Erwartung.

»Sie werden keine Schwierigkeiten mehr mit der Rolle haben«, versicherte sie mir. Sie hatte meine Enttäuschung falsch ausgelegt. »Sprechen Sie nur nicht zu verkrampft. Versuchen Sie Ihre Stimme lässiger klingen zu lassen.«

»Wann werden Sie wiederkommen?«

»Vermutlich Freitag.«

»Ich würde gern mit Ihnen essen gehen.«

»Gut. Aber ganz sicher ist es noch nicht. Wenn die erst einmal sehen, was für ein hervorragendes Cowgirl ich bin, bauen sie meine Rolle vielleicht noch aus.«

»Na schön. Falls die sich von Ihnen trennen können und Sie wieder da sind …«

»Ich rufe Sie im Studio an.«

Vier Tage verstrichen, in denen ich trotz meines steifen Halses, meiner Heiserkeit und meines nervösen Magens dankbar für meine Arbeit mit Vittorio Gassman war, die mich von acht Uhr morgens bis acht Uhr abends in Atem hielt. Von Constantin Gibio hörte ich nichts, Dan war nach Florenz gefahren, um dort über beginnende Unruhen an der Universität zu berichten, und Iris, die in Kalabrien Furore gemacht haben mußte, kam am Freitag nicht zurück.

Ich zog vom Inghilterra in eine kleine Pension an der Piazza del Populo – ohne Balkon, aber um zwei Drittel billiger als das andere Zimmer – und fand in den Nebenstraßen ein paar Trattorias, wo herzhafte bürgerliche Küche zu bürgerlichen Preisen serviert wurde. Dans Warnung, mein Kapital würde bestimmt nicht ausreichen, hatte sich bald als berechtigt erwiesen, deshalb kam mir die tägliche Synchron-Gage wie ein Geschenk des Himmels vor. Ich fand mich in diesem Leben ›draußen‹ weit besser zurecht, als ich erwartet hatte, doch das bedeutete nicht, daß es keine Überraschungen und Probleme gab. Tagtäglich war alles, was mir begegnete, eine unablässige Quelle freudiger Erregung für mich: die Straßen, die Schaufenster, die Zeitungen, die Gespräche, das Kino, die wunderschönen Antiquitäten, der Himmel, die Flora, die Brunnen, die Kioske, die Restaurantgerüche, die Pferdekutschen mit dem fransenverzierten Dach, die in der Via Liguria in langer Reihe auf Kunden warteten, und die schneeweiß gekleideten Opera-buffa-Polizisten. Ja, ich genoß sogar die Hauptverkehrszeit im Bus, der mich von meiner Pension zum Synchronstudio brachte, genoß es, Teil dieser sich frei bewegenden Menschenmenge zu sein. Den schönsten Abend verbrachte ich in der Halle des Excelsior, wo ich ganz einfach dasaß und Ebbe und Flut der Ankommenden und Abreisenden beobachtete.

Das waren meine Vergnügungen, die mich vorübergehend von der steigenden Nervenanspannung im Hinblick auf meine Schatzsuche ablenkten. Einen großen Teil der freien Zeit im Synchronstudio verbrachte ich mit dem Lesen alter und neuer Bücher und mit der Durchsicht meiner Zuchthausnotizen. Ich wollte gut auf den Termin beim Kunstkollegium vorbereitet sein, wo ich, wie ich hoffte, meine lebensnotwendige archäologische Genehmigung bekommen würde. Meine Stimmungen schwankten zwischen Verzweiflung, weil ich von Gibio nichts hörte, und der resoluten Zuversicht, daß ich es im Notfall auch im Alleingang schaffte.

In physischer Hinsicht bestand mein Problem hauptsächlich darin, daß ich mir den vierundzwanzigjährigen Tageszyklus des Zuchthauslebens – Aufstehen um 5.30 Uhr, Licht aus um 22.00 Uhr – nur schwer abgewöhnen und mich den römischen Gebräuchen einfach nicht anpassen konnte, den langen Siestas und dem Nachtleben, das erst begann, wenn bei uns im Zuchthaus das Licht gelöscht wurde. Es war zum Beispiel praktisch unmöglich, ein Restaurant zu finden, das vor neun oder zehn Uhr abends öffnete, ein Zeitpunkt, zu dem mein bedauernswerter, verwirrter Magen längst nach seiner gewohnten Fütterung verlangte. Außerdem konnte ich nach zehn Uhr abends nur mühsam die Augen offenhalten, denn zehn Uhr war in meiner Zelle die Stunde des Licht-Aus, die Stunde, zu der die Glocke zum letztenmal läutete und ich die Birne herausschraubte.

Und noch ein weiteres körperliches Phänomen quälte mich: Schweißausbrüche. Ich kann es nur schwer beschreiben und noch schwerer erklären. Es waren nicht die üblichen nächtlichen Schweißausbrüche, die hatte ich im Zuchthaus auch manchmal gehabt und sie meinen schlechten Träumen zugeschrieben. In diesen ersten Tagen in Rom jedoch litt ich tagsüber und zu den merkwürdigsten Zeiten an Schweißausbrüchen. Ein ganz bestürzendes Gefühl, wenn man sich ruhig mit jemandem unterhält, in einem kühlen, schattigen Café oder sogar in einem luftgekühlten Kino sitzt, weder an etwas Unangenehmes denkt noch sich besonders unbehaglich fühlt – und dann plötzlich diese Schweißausbrüche am ganzen Körper, bei denen sogar die Kopfhaut feucht wurde, ich meine Finger, wenn sie unter dem Hemd herumtasteten, triefnaß hervorzog, und meine Hand, wenn ich sie am Knöchel unter das Hosenbein schob, nachher vor Nässe glänzte. Schweißtropfen auf der Stirn – so stark, daß sie mir an den Schläfen herunterrannen. Und wenn ich irgendwo, wo es kühl war, mein Taschentuch hervorholen und mir den Schweiß abwischen mußte, verständnislose Blicke der Leute, die mich anstarrten, bis ich verlegen wurde.

Dann war der Schweiß auf einmal wieder verschwunden – ebenso plötzlich, wie er gekommen war. Als hätte ich eine Art porengesteuertes Bewässerungssystem im Körper, das seinen Inhalt ausstoßen und wieder aufsaugen konnte. Mir wurde klar, daß es sich um Angstschweiß handelte, doch diese Erklärung erleichterte keineswegs das qualvolle Gefühl, das mich überkam, wenn ich wieder einmal so naß war, als wäre ich geradewegs aus der Dusche gekommen.

Ein weiteres Problem waren die Frauen. Das war eigentlich das sonderbarste von allem. Nach jener Party bei Dan war ich fest überzeugt gewesen, daß Iris mein Prüfstein sei, hatte an jenem Tag den ganzen Nachmittag geglaubt, daß ich mit ihr ins Bett gehen würde. Ich hatte an ihren Mund gedacht, hatte mir ihre Brüste vorgestellt und das überwältigende Gefühl, da ich in sie eindrang. Ich dachte an ihren kleinen, flachen Hintern und ihre schmalen Hüften und meinte, mit meinen erwartungsgespannten Sinnen ihre Haut auf der meinen zu spüren. Den ganzen Tag hindurch waren meine Haut und meine Lenden von dieser freudigen Erwartung sensibilisiert gewesen, und als es dann doch nicht klappte, quälte mich das Begehren weiter. Da Iris aber nicht in Rom war, konnte ich nichts dagegen tun. Schon als junger Mann war ich nicht gut im Aufreißen von Mädchen gewesen. Die Zuchthausjahre hatten mir das Gefühl eingeimpft, ein unsichtbares Brandzeichen zu tragen, eine verräterische Tätowierung, an der die ganze Welt sehen konnte, daß ich ein ehemaliger Sträfling war. Die Prostituierten, die sich beim Isedra-Brunnen herumtrieben, sprachen mich zwar an, doch Prostituierte hatten mich immer schon abgestoßen, und jetzt taten sie es erst recht.

Zweimal bekam ich einen Anruf von Natalie Reeder. Beim erstenmal lud sie mich zu einer Dinner-Party ein, die ziemlich offiziell zu sein schien. Ich wußte, daß ich dort fehl am Platz war. Die zweite Einladung jedoch nahm ich mit Freuden an. Ich sollte mit einer ganzen Gruppe ihrer Bekannten zur Porta Portese fahren und Ingrid, den entführten Labrador, finden helfen, dem die zweibeinige Ingrid, die Fotografin, immer noch nachtrauerte.

Die Porta Portese ist wohl der letzte echte Diebsmarkt von ganz Europa. Die Polizei fragt nie nach der Herkunft des wilden Durcheinanders von Gegenständen, die zum Verkauf angeboten werden, und Vorschriften, wer was und wie verkaufen darf, existieren nicht. Das Angebot reicht von einem Stuckbrocken aus der Renaissance, der das Porträt eines Medici-Novellen trägt und unfeinerweise aus der Wand einer Villa in Florenz herausgehackt wurde, bis zu einer uralten, verbogenen Schallplatte von Rudy Vallee, auf der er ›O Sole Mio‹ singt. Das meiste ist jedoch Schund, und nur wenn man einen guten Blick, Geduld und die seltene Gabe mitbringt, aus einem Misthaufen eine Rose herauszupicken, kann man, soweit ich festgestellt habe, aufregende Dinge erwerben. Ich jedenfalls war nicht als Käufer gekommen, und auch die anderen konzentrierten sich ganz auf das ›Unternehmen Hundefang‹. Natalie teilte uns in sechs Gruppen ein, die in die verschiedenen Sektionen des Marktes ausschwärmten und Handzettel mit einem Foto und der Beschreibung von Ingrid verteilten. Unsere Gruppe war schon seit über einer Stunde am Werk, als wir plötzlich hörten, daß eine unserer Gruppen am anderen Ende des Marktes Kontakt bekommen und die vierbeinige Ingrid für lumpige sechstausend Lire zurückgekauft hatte.

Anschließend trafen wir uns alle bei den Reeders. Die beiden Ingrids tranken Champagner, und ich fühlte mich zum erstenmal nicht ganz als Außenseiter. Natalie zeigte mir einen Brief der amerikanischen Botschaft, der auf Dans Schreibtisch lag und besagte, mein Antrag auf viermonatige Aufenthaltsverlängerung werde genehmigt, falls die italienischen Behörden zustimmten. Außerdem gab sie mir einen großen Pappkarton, den Dan noch vor seiner Abreise gepackt hatte und der verschiedene Dinge enthielt, die er als ›Kleider zum Wechseln‹ bezeichnete.

Später dann führte mich Natalie zu einem kleinen, mit Spitzdach gekrönten Bau am Ende des kleinen Gartens hinter dem Haupthaus und zeigte mir ihr Atelier. Hier sah ich zwar unter anderem auch Ölbilder von ihr – Erinnerungen an ihre Malperiode –, doch die Betonung lag in diesem Raum auf den großen, mächtigen Maschinen und den polierten Skulpturen aus rostfreiem Stahl, die damit hergestellt wurden. Ich konnte zwischen der femininen Natalie, die hier zartgewandet neben mir stand und mit ihrer so hübschen Stimme über diese riesigen, kistengleichen Dinger sprach, und der sehr maskulinen Künstlerin, die diese Werke geschaffen hatte, keinen Zusammenhang sehen. Ich hätte sie bei der Arbeit beobachten müssen, um wirklich daran glauben zu können, daß sie mit diesen Giganten hantierte.

Sie mußte meine Skepsis gespürt haben. »Einen Vorteil hat ein weiblicher Bildhauer«, sagte sie. »Vielleicht verkauft sie nicht viel, aber sie bekommt auf jeden Fall kräftige Unterarme. Fühlen Sie mal! Nein, fassen Sie richtig zu, da, unter dem Ellbogen! Ist das nicht schön? Dan sagt, ich bin die einzige Frau der Welt, die an den Unterarmen Venushügel hat. Das kommt von meinen Arbeiten mit Hickory, bevor ich meine Liebe zu rostfreiem Stahl entdeckte. Ich habe zehn Stunden am Tag geschuftet. Finden Sie das Stück hier nicht hinreißend? Ich nenne es ›Auf den Kopf gestellter Narziß‹. Wollen Sie mal was fühlen, was richtig sexy ist? Streichen Sie mit der Hand hier unten entlang …« Sie nahm meine Hand und führte sie über die glatte, sinnlich anmutende Unterfläche des kalten Stahls. Nichts Offenkundiges, gewiß, aber die Art, wie sie meine Hand auf ihren Unterarm gelegt hatte und nun meine Hand mit der ihren lenkte, während ihre linke Brust ganz beiläufig und möglicherweise absichtslos meinen Arm berührte – erzeugte ein gewisses Unbehagen in mir. Ich wollte absolut alles vermeiden, was mein Verhältnis zu Dan trüben konnte. Mag sein, daß ich das Zeichen falsch deutete, vermutlich tat ich das sogar, ich war ja so lange entwöhnt gewesen. Vorsichtshalber drängte ich sie, wenn auch nicht sehr geschickt, fürchte ich, aus dem Atelier und kehrte mit ihr zu den anderen in die Villa zurück.

Am Tag, bevor Iris wiederkam, fand meine Synchronsprecherkarriere leider ein Ende. Die letzte Spule von ›Blood Is Red‹ war fertig, und der Produktionsleiter nannte mir Namen und Adresse eines Schauspiellehrers, der meiner ungeübten mittel-atlantischen Leierstimme seiner Meinung nach den notwendigen Schliff verleihen konnte.

So hatte ich also genügend Zeit, um mich mit Iris zum Lunch zu treffen. Sie war braungebrannt, und die kalabrische Sonne hatte ihr Haar um eine halbe Schattierung gebleicht. Auf ihren Vorschlag hin trafen wir uns bei Pasetto, einem Restaurant in der Nähe der Piazza Navona, an der sie wohnte. Sie trug ein weißes Pique-Kleid mit hoher Taille – die ihren Busen hervorhob – und kurzem Rock – der ihre schönen Beine zeigte –, lächelte mich mit vollen Lippen an, die in überheblicher Weise auf Lippenstift verzichtet hatten, und als ich sie so sah, flammten alle Gefühle, die ich so mühsam eingedämmt hatte, nachdem sie Rom verließ, wieder auf. Zum Essen schlug sie eine Spezialität des Pasetto vor: ein schweres Fondue, am Tisch mit papierdünnen Scheiben belegt, die der Kellner behutsam von einer riesigen weißen Trüffel abhobelte. Als Iris ihn bat, noch mehr Trüffeln zu nehmen, antwortete er mit tiefernster Miene: »Aber gern, Signorina. Nur müssen Sie sehr achtgeben – weiße Trüffeln sind ein Aphrodisiakum.«

»Das sollten Sie dem Herrn da sagen, nicht mir«, gab Iris zurück. Der Kellner lachte und warf ihr einen beifälligen Blick zu, den sie auch verdiente.

Frischer Spargel, wilde Himbeeren mit Sahne, Espresso, ein leichter Orvieto – die Quintessenz eines genüßlichen Mittagessens, auf das eine Siesta folgen mußte, die jedoch nicht folgte, da Iris während des Essens entdeckte, daß ich noch keine der Sehenswürdigkeiten Roms besichtigt hatte. Ich mußte sogar gestehen, daß ich nicht einmal im Petersdom gewesen war, und da sie diese Situation zum Notstand erklärte, beharrte sie wild entschlossen darauf, meine kulturelle Seele retten zu wollen. Zu einem anderen Zeitpunkt wäre es sicher sehr schön gewesen, mit ihr die großen Kirchen, San Giovanni in Lateran, Santa Maria Maggiore, San Pedro, das Pantheon und Santa Maria Sopra Minerva, zu besuchen. Mit ihrer klaren, geschulten Stimme erklärte sie mir, was wir sahen, und wußte tatsächlich erstaunlich viel über Geschichte, Architektur, Kunstwerke, Grüften, Artefakten und all die anderen Details, auf die Ecclesiophile so großen Wert legen. Ich selber hatte mir nie viel aus Kirchen gemacht, jetzt aber war ich von dieser Pracht tief beeindruckt. Am späten Nachmittag ließ Iris' Redseligkeit allmählich nach, und als wir stumm durch den Teppich von Tauben auf der weiten Piazza vor der Basilica di Santa Maria Maggiore schlenderten, fühlte ich mich von der Erhabenheit Roms ergriffen.

»Noch eine«, bat Iris.

»Nein. Zu viele Kirchen. Mir ist es jetzt schon viel zuviel.«

»Aber die ist anders. Die ist für die Seele gut.«

»Wenn Ihnen wirklich so viel an meinem Seelenheil liegt, dann wollen wir uns jetzt lieber irgendwo hinsetzen, die Schuhe ausziehen, die Füße hochlegen und einen schönen Whisky trinken.«

»Ich verspreche es – das machen wir gleich nach San Salvatore.«

»Ich sage Ihnen doch, für heute habe ich bereits mehr als genug!«

Sie nahm meinen Arm, schmiegte sich an mich und glich ihre Schritte den meinen an. »Und was ist mit meiner Seele? Ein kleines bißchen Caritas für die arme, kleine Seele der armen, kleinen Iris, ja?« Wir waren an ihrem roten Fiat 850 angelangt. »Die Einzelheiten erzähle ich Ihnen unterwegs.«

Was sie mir zeigen wollte, war die Scala Santa in der Kirche San Salvatore. Die Treppe besteht aus einer langen Flucht von Marmorstufen – angeblich denselben, die Jesus im Haus des Pilatus zu Jerusalem emporgestiegen ist. Sie wurden von Kaiserin Helena, der Mutter Konstantins des Großen, zu Schiff nach Rom gebracht. Der Zugang zur Treppe ist frei, erklimmen aber darf man sie nur auf den Knien. Und als Belohnung für diesen Beweis wahrer Frömmigkeit – ein ziemlich schlagender Beweis, da es sich um mindestens siebzig Stufen handelt – gewährt die Kirche dem knielahmen Kletterer eintausend Jahre Sündenablaß. Das kam mir für eine so kleine Mühe so großzügig vor, daß ich mich, obwohl ich keiner Religionsrichtung angehöre, mit Iris einreihte, um den Aufstieg zu wagen. Am Fuß der Treppe regelten zwei Priester den Verkehr und ordneten die Andächtigen zu Viererreihen. Diejenigen, die ihren Platz bereits eingenommen hatten, wurden von ihnen ununterbrochen angetrieben, und jedes Quartett wurde so geschickt auf der Treppe placiert, daß zwischen den einzelnen Reihen keine Stufe frei blieb. Der Marmor trug von den vielen Knien, die im Lauf der Jahrhunderte über ihn hochgeklommen waren, tiefe Eindrücke und war daher mit dicken Walnußplanken geschützt. Doch auch die Planken zeigten bereits wieder Vertiefungen, und Iris sagte, sie müßten alle paar Jahre erneuert werden. Mir taten die Mönche und Nonnen leid, deren weite Gewänder sich immer wieder um ihre Knie wickelten. Sie bot einen ehrfurchtgebietenden Anblick, diese stumme Menge, die sich in Wellen nach oben arbeitete. Da gab es manche, fast ausschließlich Alte und Kranke, denen die Anstrengung einfach zuviel wurde und die wieder hinuntergeführt werden mußten, womit ihre Hoffnungen auf eintausend Jahre Ablaß dahin waren.

Während Iris und ich, nebeneinander kniend, das Zeichen zum Aufstieg erwarteten, sah ich links neben mir an der Wand ein Schild: »Vorsicht, Taschendiebe!« Ich nahm meine Brieftasche heraus und steckte sie innen in mein Jackett.

Der Weg nach oben war unbequem und schmerzhaft, vor allem für so knochige Knie wie die meinen. Und es war langweilig. Das Tempo bestimmten die Langsamsten. Immer wieder mußte man einen Bogen um Ausruhende machen. Viele Pilger waren für diesen Sündenablaß von weither gekommen und fest entschlossen, die Treppe ganz zu bezwingen – egal, wie weh es tat und wie lange es dauerte. Die stickige Luft roch nach Essensdunst, Schweiß, Parfüm, Liniment, saurem Wein und kaltem Tabak. Da die meisten Aufwärtskriechenden den Kopf gesenkt hielten, nahm ich an, daß sie beteten – oder zusahen, wie ihre Knie wund wurden. Mein eigenes Gebet bestand darin, daß ich an Gibio und sein entmutigendes Schweigen dachte.

»Hören Sie, Iris«, flüsterte ich. Sie wandte den Kopf und sah mich durch ihren Haarschleier an. »Glauben Sie, daß wir uns auf dem Weg in den Himmel befinden?« Sie nickte lächelnd, und dann rutschten wir gemeinsam wieder eine Stufe höher. »Wissen Sie, wen ich dort oben zu treffen hoffe?«

»Nein. Wen denn? Reden Sie um Gottes willen nicht so laut!«

»Einen reichen Mann, der gern noch reicher werden möchte.«

»Warum?«

»Haben Sie gute Verbindungen? Kennen Sie Leute, die Geld haben?«

»Nein, eigentlich nicht. Ich kenne zwar ein paar Adelige …«

»Denken Sie nach! Es brauchen keine Italiener zu sein. Das wäre mir sogar noch lieber. Wie ist es mit Ihnen selbst? Sind Sie eine reiche Erbin?«

»Ich habe seit acht Jahren kein Wort mit meinem Vater geredet.«

»Ich dachte nur, Sie kennen vielleicht einen abenteuerbesessenen Mann mit Kapital, der gern noch etwas mehr Geld machen möchte.«

»Was ist – sind Sie vielleicht ein Betrüger? Es heißt doch immer, daß diejenigen, die am wenigsten danach aussehen, Betrüger sind.«

»Und ich sehe nicht danach aus?«

»Nicht im geringsten. Soll ich Ihnen sagen, wie Sie mir Vorkommen?«

»Bitte.«

»Wie ein Mann, den man vor dem Ertrinken gerettet hat und der sich jetzt nicht entschließen kann, ob er wieder hineinspringen soll.«

»Sagen Sie mal, Iris, ist dieser tausendjährige Ablaß übertragbar? Wie hoch ist der Marktwert? Wie ist es mit einem Zehntausend-Jahre-Ablaß? Zehnmal rauf, und ich hätte ihn, obwohl ich vermutlich zum Schluß wie Toulouse-Lautrec aussehen würde.«

Oben an der Treppe wurden uns von ein paar Nonnen die Ablaßzettel überreicht. Mit steifen, fühllosen Beinen staksten wir den oberen Korridor entlang, wo ich für Iris an einem Andenkenstand zur Erinnerung eine Scala Santa aus rosa Plastik kaufte.

»Dieser reiche Mann, von dem Sie vorhin sprachen – brauchen Sie den für ein Geschäft, das sie machen wollen? Ich meine, haben Sie das ernst gemeint?«

»Ja – zweimal ja. Ich brauche ihn für … also ja, man könnte es ein Geschäft nennen, und ja, ich habe es ernst gemeint.«

»Also, ich kenne da einen. Ich gehe zwar nicht sehr gern zu ihm …«

»Ich habe da eine andere Möglichkeit. Ich wollte mich lediglich doppelt sichern. Und außerdem wäre es mir unangenehm, wenn Sie meinetwegen jemanden um einen Gefallen bitten müßten.«

»Es macht mir nichts aus, jemanden um einen Gefallen zu bitten. Vorausgesetzt, ich brauche ihm keinen Gegengefallen zu erweisen. Bei diesem Mann wäre das nicht nötig. Also sagen Sie mir Bescheid, wenn es soweit ist, und wir werden sehen.«

Wir brauchten jetzt unbedingt etwas zu trinken und fuhren zu ihrer Wohnung, wo sie als Überraschung für mich ein ganz und gar amerikanisches Essen vorbereitet hatte. Sie behauptete, die Sehnsüchte der Amerikaner zu kennen, die allzu lange fern von dem Land der Hot Dogs, der Hamburgers, des heißen Popcorns und der getoasteten Marshmallows gelebt hatten. Und ahnte dabei nicht, wie lange dieser spezielle Amerikaner fern seiner Heimat gewesen und welch ein Hochgenuß es für ihn war, den Geschmack dieser längst vergessenen kulinarischen Greuel auf der Zunge zu spüren.

Ihre Wohnung lag im obersten Stock eines fünfgeschossigen Hauses mit Blick auf die Bernini-Statue auf der Piazza Navona. Die Räume waren schlicht und geschmackvoll eingerichtet, in einer Mischung aus antik und modern. Während wir darauf warteten, daß der Espresso in der kleinen Maschine zu brodeln anfing, saßen wir auf dem winzigen Balkon und leerten die Flasche Verdicchio. Tief unter uns flitzte ein Junge mit weißer Schürze, ein Silbertablett hoch über dem Kopf balancierend, wie ein geölter Blitz zwischen den Autos auf der Piazza hindurch und brachte uns Eis-bomba.

Von der Minute an, da wir die Wohnung betraten, hatte Iris ununterbrochen geredet – zuerst über allgemeine Themen, dann immer persönlichere, ihre Einsamkeit, ihre Kontaktarmut und die Schwierigkeiten einer attraktiven Frau, die allein in einer netten Wohnung in einer Stadt leben mußte, wo alle attraktiven Männer verheiratet und außereheliche Techtelmechtel ein etablierter Bestandteil des Lebens waren. »Scheidungsgesetze wird es hier niemals geben«, erklärte sie. »Dazu haben es die Männer viel zu gut. Sie lassen Frauen und Kinder sitzen und haben unter dem Vorwand, von der Kirche in einer liebeleeren Ehe gefangengehalten zu werden, so viele Affären, wie sie nur wollen. Sogar die Amerikaner machen da mit. Ihr lieber Freund Dan Reeder kam eines Tages, nachdem ich ihn auf einer Cocktailparty in seinem eigenen Haus kennengelernt hatte, mit hängender Zunge hier an, begann sich praktisch an der Wohnungstür auszuziehen. Konnte überhaupt nicht begreifen, warum ich mit ihm nicht in die Buntkarierten hüpfte. Meinte, ich wäre frigide. Oder lesbisch. Hat mindestens eine Stunde versucht, mein seltsames Verhalten zu analysieren. Reißt jedesmal Witze darüber, wenn er mich sieht. Was hat er Ihnen von mir erzählt? Nein, sagen Sie nichts. Vermutlich, daß Sie nur Ihre Zeit vertun, weil ich höchstens beim Anblick eines liebestollen Ziegenbockes mit grünem Bart in Hitze gerate.«

»Wieso sind Sie so sicher, daß ich nicht verheiratet bin?«

»Sie haben diesen unterernährten Junggesellenblick. Verheiratete Männer haben so eine Art satten Blick um die Augen. Ich weiß nicht, vielleicht sind Sie trotzdem verheiratet, aber aus irgendeinem Grund haben Sie in mir eine Reaktion ausgelöst. Zum erstenmal seit langer Zeit. Die Filmleute sind so flotte Betthupfer, und das ist nicht mein Stil.«

Ihr Atem ging ein wenig rascher. »Sie sind so … Ich weiß nicht. Eine Insel … Ich wünschte, Sie würden sich aussprechen. Vielleicht werden Sie es noch tun. Ich würde Ihnen gern zuhören. Wirklich …«

Aber wir sprachen nicht. Die bomba schmolz und der Espresso siedete, und sie zu küssen und zu spüren war für mich unerträglich erregend. Ich kann mich nicht daran erinnern, mich ausgezogen zu haben, nur noch daran, daß sich mein Kopf und meine Augen mit einem ungeheuren Blutwirbel füllten, daß sich der schmerzende Atem in meiner Brust fing, daß all die langen Jahre der Träume und Frustrationen zu diesem kühlen, weißen Brokatbett führten, daß ihr Körper verblüffend heiß war, sich mir verlangend entgegenhob. Und dann, in der Sekunde des Nehmens, des endlich Nehmens, in diesem Augenblick: der grauenhafte Schweiß, aus Hähnen strömend, die sich in meinem Körper öffneten, mir übers Gesicht rinnend, in den Augen beißend, mein Haar nässend. Immer wieder versuchte ich es, immer wieder mühte ich mich, hörte mich selber laut stöhnen, aber der Schweiß strömte aus mir heraus, und ich konnte sie nicht lieben. Ich weiß wahrhaftig nicht, ob der Schweißausbruch vor oder nach meiner Impotenz auftrat. Mein ganzer Körper war geladen von Begierde, gespannt vor Sehnsucht nach Iris, die nackt noch schöner war, als ich sie mir vorgestellt hatte, ganz und gar erfüllt von herrlichem Leben: und nur diese eine, unerklärliche Leblosigkeit. Und dann die Panik, die wachsende Panik, so wild, wie ich sie niemals zuvor in meinem Leben erfahren hatte.

Und sie gab noch mehr, wollte helfen, stieß kleine, wimmernde Laute aus, während sie verkrampft versuchte, es zu Ende zu bringen. Aber nur immer weiter dieses Nichts, Nichts, Nichts, bis sie sich endlich geschlagen gab. Sie schob mich von sich, glitt unter mir hervor, ihr Körper naß von dem meinen, aber die einzige Nässe mein Schweiß, und begann zu schluchzen. Die Panik verwandelte sich in Depression, ich grub den Kopf in die Bettdecke und wäre am liebsten erstickt.

Zwischen den Schluchzern hörte ich geflüsterte Worte, kaum zu verstehen:

»Du findest mich nicht schön genug. Warum nur, warum … Verstehst du denn nicht, wie wichtig das für mich ist? Ich habe diese fixe Idee … schon als Kind … Das kommt durch meinen Ekel von Vater, glaube ich. Er hat mich verabscheut, weil ich ihn alt machte, oder ihm die Hurerei verpatzte, oder was weiß ich, aber er nannte mich immer häßliches Früchtchen – ein hübscher Kosename für mich, nicht wahr? Mrs. Klemp, bringen Sie das häßliche Früchtchen nach oben oder in den Garten oder ins Kino oder … oder … oder … Nehmen Sie sie, Mrs. Klemp, nehmen Sie sie … Niemand wollte mich, verstehst du? Und das geht so durch meine ganze Kindheit, immer dieses Abgeschoben-Werden, das setzt sich immer tiefer in einem fest. Das ist bei mir das Problem … Ich kann einfach nicht glauben, daß mich ein Mann wirklich begehrt … Es spielt gar keine Rolle, wie ich jetzt aussehe, hübsch oder nicht hübsch, es ist einfach … Verdammt! Die Männer, die mich wirklich wollten … wirklich … Und bei den wenigen Gelegenheiten, wo ich es mit ihnen versuchte, habe ich nie etwas empfunden. Ich hatte das Gefühl, daß sie mich benutzten, statt mich richtig zu wollen oder etwas geben zu wollen oder, verdammt noch mal, etwas zu fühlen. Nichts als ihr eigenes Vergnügen, und das nennen sie dann Liebe. Ich … ich habe immer nur das Gefühl gehabt, benutzt zu werden. O nein, oft war es nicht – fünf Männer vielleicht, und nur mit einem davon mehr als einmal. Er war herzlich und liebte mich wohl auch ein bißchen, und ich sah ihn sehr oft, aber im Grunde wollte er gar nicht mit mir ins Bett gehen … O ja, er sagte zwar, daß er das wollte, und war auch immer sehr scharf auf mich, aber als ich es dann endlich tat, da war es für ihn vorbei, bevor er überhaupt richtig angefangen hatte. Aber ich wußte ja nicht, was wirklich schlimm war. Du hattest mich so in Erregung gebracht. Ich dachte, diesmal, mit dir, würde es sicher klappen, würde ich endlich erleben, wie es richtig ist. Bin ich denn wirklich so abstoßend? Ich dachte immer, Männer könnten in einen Puff gehen und es mit jeder alten Hure tun, die ihre Beine breitmacht. Warum bist du so weit gegangen, wenn du mich doch nicht wolltest? Was sollte das? O bitte, mach weiter, bitte, bitte, bitte! O bitte, nein, lieber nicht … Nein, nein, ich sehe ja ein … Geh weg … Sofort … Steh auf und geh weg … Jetzt gleich …« Ihre Stimme wurde schrill vor Wut. Ich hob mit ungeheurer Anstrengung meinen hämmernden Kopf und sah sie an, suchte verzweifelt nach Worten. Ich wollte sagen: Hör mal, ich habe vierundzwanzig Jahre im Zuchthaus gesessen, dort haben sie mich zum Wrack gemacht. Es hat ja gar nichts mit dir zu tun, ich bin der Schuldige, ich wußte nicht – wie sollte ich auch –, daß es auch damit vorbei ist, endgültig aus … Was ich hier sage, kannst du mir glauben, ich schwöre dir, du bist wunderbar und aufregend und eine großartige Frau, aber sie haben alles in mir getötet, was einmal Mann war … Doch nichts davon wollte mir über die Lippen kommen, die Leblosigkeit hatte sich jetzt ganz in mir ausgebreitet, eine andere Panik von mir Besitz ergriffen. Ich war wie ein in die Enge getriebenes, verwundetes Tier, das sich nur noch in seinen Bau verkriechen will, um in der schützenden Dunkelheit zu krepieren.

Ich streckte die Hand aus, wollte sie berühren, streicheln, trösten, doch meine Hand versagte den Dienst, und ich konnte nicht einmal das mehr für sie tun. Sie lag ausgestreckt auf dem Bauch, die Hände in die Bettdecke verkrallt, das Gesicht unter dem herabfallenden Haar verborgen. Ich kann mich ebensowenig daran erinnern, mich angezogen zu haben, wie daran, daß ich mich ausgezogen hatte. Doch als ich die Tür hinter mir zuzog, fühlte ich in meinem Rücken das Einschnappen des Schlosses, wie man ein Messer fühlt, das einem zwischen die Rippen gestoßen wird.

Draußen, auf der Piazza, war alles still, im Tre Scalini ein paar Leute, die draußen im Freien speisten. Der Schweiß hatte nicht nachgelassen. Mir war, als würde er niemals mehr aufhören.