KAPITEL 71
Die Frau und ihre beiden kleinen Kinder waren vorerst ruhiggestellt, gefesselt und geknebelt. Er war überrascht gewesen, wie leicht sich eine Mutter kontrollieren ließ. Man musste ihr nur drohen, ihrem kleinen Mädchen die Kehle durchzuschneiden, und schon ließ sie sich bereitwillig fesseln. Danach hatte er innerhalb weniger Minuten auch die Kinder ruhiggestellt.
Er starrte die drei an und kam zu keiner Entscheidung. Das kleine Mädchen war nett; er konnte sich gut als ihren Vater sehen, wie er mit ihr und ihren Puppen spielte und ihr rosafarbene Rüschenkleider anzog. Lächelnd dachte er an ihr gemeinsames Leben. Er als Vater – wer hätte das gedacht? Er würde ein guter Vater sein und nicht dem Beispiel seiner Mutter folgen. Er würde jeden Tag mit seinem Kind verbringen und es nie anschreien. Aber der Junge? Ein Kleinkind. Der Rotz lief ihm aus der Nase, und er hatte vom Weinen ganz rote Augen bekommen. Eigentlich wollte er auch gar keine zwei Kinder. Eins reichte ihm. Es wäre verdammt anstrengend, sie beide einzubalsamieren, und er würde sie zu seinem Haus tragen und danach ständig von einem Fleck zum anderen tragen müssen, sobald ihr gemeinsames Leben begonnen hatte.
Nein, den Jungen konnte er nicht gebrauchen.
Er zerrte das Kind auf die Beine. Wo hatte er nur sein Messer hingetan? Er sah sich um. Da lag es, auf der Arbeitsplatte. Er zerrte den Jungen mit sich, und das Balg kreischte hysterisch in seinen Knebel. Er packte das Messer und hielt es dem Kind an die Kehle. Die Mutter stieß nun ebenfalls gedämpfte Schreie aus, riss die Augen auf und schüttelte den Kopf.
»Ich brauche ihn nicht«, sagte er nur und drückte fester zu.
Plötzlich hielt er inne und ließ das Messer sinken.
Er hatte noch nie zuvor ein Kind einbalsamiert. Vielleicht ging dabei etwas schief. Kindervenen waren garantiert kleiner; er konnte bei dem Mädchen Fehler machen. Da wäre es nützlich, noch einen Ersatz in der Hinterhand zu haben. Gewiss konnte er auch den Jungen lieben lernen – wenn es sein musste.
Er untersuchte den Hals des Kindes. Da war kaum ein Kratzer. Gut. Er zerrte ihn wieder zurück und setzte ihn neben seine Schwester.
Es wurde Zeit, den Einbalsamierungstisch vorzubereiten.
Das hier erinnerte ihn an damals mit Susan. Der beste Ort für die Prozedur war das Badezimmer, wo er dank der Dusche sowohl fließendes Wasser als auch einen Abfluss hatte. Er wollte nicht überall Blut auf dem Boden haben; nicht, dass er noch in eine Lache trat. Im Van lag ein Falttisch, der für diese Zwecke ausreichte. Der Tisch in seiner Werkstatt war zwar besser, aber er konnte nicht alles haben.
Es war ziemlich anstrengend, den Tisch, die Behälter mit der Balsamierflüssigkeit und die Einbalsamiermaschine ins Haus zu tragen. Danach holte er noch die Tüte mit den Spielzeugen, die er am Vortag gekauft hatte. Das war reine Sentimentalität, aber er wollte seinem Kind ein neues Spielzeug schenken, wenn sie fertig waren. Bei seinem letzten Besuch war ihm aufgefallen, dass der Großteil ihrer Spielzeuge benutzt oder zerbrochen war.
Er würde ein guter Vater sein.