Drinnen im Herzen befindet sich ein Gebäude, ein verstaubtes Museum voll gebrochener Herzen und verflossener Verliebtheiten. Lange, verschlungene Flure und eine Unzahl verschiedener Abteilungen, in denen ihr nach Jahren aufgebaut seid. Ihr seid lebende, kreideweiße Marmorstatuen mit langen Schatten, und ich wandere allzu oft ruhelos herum und betrachte euch eingehend, wie ein müder Museumswärter, der wider Willen hingebungsvoll versucht, eine gewisse Ordnung zu schaffen. Ich rücke einen französischen Zopf etwas zurecht, sammle ein Notenblatt vom Boden auf, wische eine Staubflocke von einer Schulter. Ihr seid alle in der Pose erstarrt, an die ich mich am besten erinnere. Dort du, den Kopf weit zurückgelehnt, bläst du mit geschlossenen Augen in dein Saxophon, und du, Schnee im Haar, mitten in einem Lachen, und du mit deinem melancholischen Blick, die Hand nach mir ausgestreckt. Und dort du, immer am Weinen, dein Haar fällt dir ins Gesicht, und da, mitten in einem Tanzschritt festgehalten. Und dort du, den Dartpfeil in der Hand, mit deinem dunklen konzentrierten Blick, und du mit all deinen Theorien von der Welt, eingefangen in einem Gefuchtel, das immer noch nachbebt. Und dort du, stumm, tief in Gedanken versunken, stehst schlank da mit verträumtem Blick, den einen Fuß auf das Knie gegenüber gestützt, als würdest du auf dir selber ruhen. Und dort du, den Großen Bären mit Schönheitsflecken auf die Wange gezeichnet, dein ernstes Lächeln in der Dunkelheit, und du dort sitzt in deinem Mähdrescher hinter einer Fontäne fliegenden Getreides. Ich versuche, Systeme zu errichten, chronologische Reihenfolgen, ich betrachte euch wie eine Dynastie von Königen. Es gibt eine Abteilung für die Sommerflirts, gesponnen aus Sonnenschein und Umtriebigkeit, und eine für die Weihnachtsverliebtheiten, hervorgerufen von Schneeflocken und Schnaps. Andere Säle des Museums sind denen gewidmet, die mich überrumpelt haben und mich immer noch überraschen, und denen, die zum falschen Zeitpunkt auftauchten und ungleichzeitig oder gemeinsam mit anderen auftraten, zur selben Jahreszeit oder im selben Lebensabschnitt. Sie winden sich aus den Sälen hinaus und in sie hinein, sie entgehen jeder Kategorie. In den angrenzenden Gemächern befinden sich Menschen, die so ihre Zweifel haben, warum sie hier, in meinem Museum, ausgestellt sind. Ein zerstreuter Professor von der Universität Aarhus, der zwanzig Jahre seines Lebens damit verbrachte, über Nebensätze zu forschen, und verschiedene Menschen, die ich an Bushaltestellen gesehen habe oder denen ich in Treppenhäusern begegnet bin. Die ahnungslosen, auf stummer Betrachtung oder der grundlosen Annahme einer flüchtigen Zusammengehörigkeit gründenden Einbahnstraßen-Verliebtheiten. Ihr wechselt euch ab oder ersetzt einander, die Stärke meiner Gefühle ist direkt proportional zum Level des Überdrusses. Dann gibt es da eine VIP-Abteilung, einen abgelegenen Saal mit denen, die ich nicht mal von mir selbst unterscheiden kann. Ihr nickt einander vertrauensvoll zu und wisst haargenau, warum ihr dieser Sammlung angehört. Ich würde mich gern bei euch allen entschuldigen, ein für alle Mal durch ein Megaphon die absonderlichsten Dinge gestehen, während ich auf Vergebung warte. Oder aber ich möchte mich verstohlen und detailreich bei überhaupt allen von euch entschuldigen, weil ich euch in einer erstarrten Bewegung zeige, die sich nie vollenden lässt.