Drinnen in der Handfläche gibt es ein Atelier. Ich stehe mitten darin, Pinsel im Haar und Farbflecken auf der Kleidung, umgeben von großen Leinwänden. An den Wänden hängen lange Reihen von Heldenporträts und blicken auf mich herab, oft werde ich an eure Triumphzüge und Errungenschaften erinnert. Ihr seid es, die mit mir all meine Schlachten gekämpft habt, und ihr wart immer auf meiner Seite. Ihr seid eine Guerilla-Armee mit grünen Tarnstreifen im Gesicht, ihr liegt auf der Lauer und verteidigt mich gegen alle Feinde, ihr seid Privatchauffeure mit Limousine, nachdem ich den letzten Bus verpasst habe, ihr seid eine Schar von Korrekturlesern, Brillen auf die Stirn geschoben, die meine sämtlichen Tippfehler entdecken, und ihr seid kleine fette Barockengel mit geblähten Backen, die sich auf meine Schulter setzen und mir ins Ohr flüstern, dass ich das Richtige tun soll. Ihr seid all meine Stichworte, ihr seid mein gesamter Bezugsrahmen, ihr seid Hände, die mir mein Asthmaspray reichen, ihr seid das Licht von den brennenden Feuerzeugen in einem Konzertsaal, auf dessen Bühne ich stehe und singe, und ihr seid geduldige Souffleusen, die meine Repliken flüstern, wenn ich nervös werde, ich begegne eurem Blick in dem kleinen Verschlag unter dem Bühnenboden, und schon weiß ich, was ich zu sagen habe. Ihr seid die natürliche Grenze meiner Angst, der letzte Halt, bevor die Einsamkeit mich umschließt. Eure Hände sind es, nach denen ich mich recke, ihr seid ein Wald aus ausgestreckten Armen, ihr seid aufgeschlagene Bücher und weit geöffnete Augen. Du warst es, die den Weltfrieden gesichert hat, du knietest in der Garage, Peace-Zeichen in den Augen, und maltest mit großen roten Buchstaben Transparente, du warst eine trotzige Chaosgöttin, die auf dem Rathausplatz Protestsongs sang, du hast mit ein paar raschen Bewegungen das Ozonloch geschlossen, schon war es vergessen. Du warst mein krank gefeierter Montag, du warst Burger-Bars und Besuche auf dem Rummel, eine Rutschbahn, hysterisch kreischend, du warst der Widerhall von sämtlichen Lachanfällen der Welt. Und du da bist eine Pizzeria, in die ich immer gern gegangen bin, vielleicht diese eine kleine, dreckige in der Vestergade, wo der Käse meterlange Fäden zieht zwischen der Pizza und meinen Lippen, und du bist das Lokal, das spätnachts nicht geschlossen hat, während der Kater mich auf dem Heimweg aus der Stadt überfällt, du bist Nummer 34 mit Salami und Hackfleisch und Bacon, du bist es, die ich mit niemandem teilen will. Und du da bist in Reichweite, du bist der rauchspeiende durchgehende Wahnwitz, der sich um meinen Körper windet und langsam, ganz langsam, die Form eines Daseins annimmt. Zehn Sekunden vor jedem Nervenzusammenbruch lasse ich die Blicke über euch schweifen. Alles wird gut, psalmodiert ihr im Chor, du bist gut, wir glauben an dich, und ich betrachte diese Heldenschar und weiß, ihr meint es ernst. Ich weiß, dass es nichts weiter zu sagen gibt, die letzten Punkte sind endlich gesetzt. Wenn die Raserei sich gelegt hat, wenn die Sehnsucht stiller wird, wenn es keine Tränen mehr gibt, wenn als Einziges nur noch ein großes, laut tönendes Danke da ist. Danke für die Zeit, danke für den Tanz, danke für das Vertrauen, danke für die Gedanken, danke für den Kampf, danke für alles.