Erst durch die Globalisierung und ihre Konsequenzen ist es möglich geworden, dass uns alle Produkte zu so sensationell günstigen Preisen angeboten werden können. Die neu entstandenen multinationalen Konzerne geben den Großteil ihrer zahlreichen Wettbewerbsvorteile an uns weiter. Dadurch ist plötzlich fast alles für fast jeden von uns erschwinglich geworden.
So haben wir an unserem Ende der Welt auf Kosten des anderen Endes der Welt tatsächlich das große Ziel unserer sozialen Marktwirtschaft erreicht: Wohlstand für alle! Die Demokratisierung des Luxus. Egal ob Eier, Kaffee und Tomaten oder Kaschmirpullover, Champagner und Smartphones – von allem gibt es eine so billige Variante, dass sich (von wenigen Ausnahmen abgesehen) plötzlich jeder alles leisten kann. Und das Beste daran ist: Die billige Variante sieht noch nicht einmal billig oder simpel aus. Das Aluminiumgehäuse des Nokia 3 ist richtig hochwertig verarbeitet, der Aldi-Champagner schmeckt hervorragend, und der Kaschmirpullover von Uniqlo fühlt sich wirklich gut an.
Eine solche Situation hat es in der Geschichte der Menschheit noch nie gegeben. Auch bei uns ist es noch nicht so lange her, dass nur die Besserverdienenden sich einen Fernseher leisten konnten, dass nur reiche Leute sich nach der neuesten Mode kleiden konnten und so weiter. Es ist noch nicht so lange her, dass ein Großteil der Menschen in Deutschland nur mit gesenktem Kopf durch die Innenstadt geschlichen ist. Die vollen Einkaufstüten der anderen machten diesem Teil der Bevölkerung unmissverständlich klar, dass sie auf der Verliererseite der Gesellschaft standen. Und die Auslagen der Schaufenster zeigten ihnen nur, was sie sich alles nicht leisten konnten und auch niemals würden leisten können. Diese Menschen fühlten sich nicht nur abgehängt, sie waren es. Und es ist nachvollziehbar, dass sie jetzt durchdrehen, wenn sie in einer Primark-Filiale stehen und ihnen klar wird, dass sie gar nicht so viel tragen können, wie sie kaufen könnten. (Sie versuchen es natürlich trotzdem.)
Das ist der Moment, in dem sich zeigt: Keine gesellschaftliche Teilhabe bedeutet uns so viel wie die Teilhabe am Konsum. Es ist kaum zu ermessen, wie wichtig es für die Steigerung und den Erhalt unseres Selbstwertgefühls ist, sich genauso viel kaufen zu können wie alle anderen. Nicht nur die Zufriedenheit jedes Einzelnen hängt davon ab, dass auch er sich ein Smartphone und Markensneaker kaufen kann. Der soziale Frieden in der westlichen Welt beruht darauf, dass sich alle ein Smartphone und Markensneaker leisten können. Denn solange jeder ein Smartphone und Markensneaker hat, merken die Leute gar nicht, dass die Schere zwischen Arm und Reich kontinuierlich immer weiter auseinandergeht.