Dass es Stars und Sternchen gibt, die – vor allem anderen – gut aussehen, ist nichts Neues. Aber Influencer und Blogger wie Huda Kattan oder Caro Daur tun noch nicht einmal mehr so, als könnten sie singen, tanzen oder schauspielern. Sie unterhalten die Welt tatsächlich ausschließlich durch ihren Konsum, dadurch, dass sie tagtäglich zeigen, womit sie sich schminken, was sie tragen, was sie essen, was sie trinken. Reality-Shows, YouTube und Social Media haben Bühnen geschaffen, auf denen Menschen – scheinbar einzig und allein dadurch, dass sie ihren besonders gut durchkuratierten Lebensstil mit der Öffentlichkeit teilen – zu Superstars werden.
Der Lebensstil dieser Influencer ist für Millionen von Menschen wegweisend. Ihre – oft sehr jungen – Follower träumen davon, sich die gleichen Sachen zu kaufen. Und ihr Ziel ist es – eben dadurch, dass sie sich die gleichen Sachen kaufen –, auch die gleiche Karriere zu machen wie ihre Vorbilder.
Denn diese Karrieren sind wirklich beeindruckend und gehen weit darüber hinaus, auf Partys eingeladen zu werden, Produkte geschenkt zu bekommen oder gegen ein paar hundert Euro in einem YouTube-Beauty-Tutorial von einer neuen Augenbrauenbürste zu schwärmen. Zahlreichen Instagram-Mädchen ist es mithilfe ihrer enormen medialen Reichweite gelungen, die ganz großen Werbeverträge mit den ganz großen Marken an Land zu ziehen und darüber hinaus selbst zur Marke zu werden und eigene Produkte am Markt zu etablieren – Modekollektionen, Kosmetiklinien, Bademode, Parfum. Kylie Jenner zum Beispiel kassiert nicht nur eineinviertel Millionen Dollar für jedes Product-Placement in ihrem Instagram-Account.143 Sie hat auch aus dem Stand ein Kosmetikimperium in die Welt gesetzt. Kylie Cosmetics machte allein in den ersten sechs Wochen 54,5 Millionen Dollar Umsatz und seine Namensgeberin mit einundzwanzig Jahren zur jüngsten Milliardärin der Welt.144
Kein Wunder also, dass zum Beispiel in den USA nicht weniger als 86 Prozent aller Leute zwischen 13 und 38 ebenfalls Influencer werden wollen.145 All diese jungen Menschen tagträumen von einem märchenhaften gesellschaftlichen Aufstieg durch den richtigen Konsum. »Der Traum vieler ist es«, so die Soziolog*innen Bosch, Eck und Hipperli, »vom unscheinbaren Niemand zum Influencer zu werden und aus den eigenen Alltags- und Konsumkompetenzen ein Erfolgsmodell zu machen.«146 Denn Konsumkompetenz – das hat man ihnen von klein auf klargemacht – ist das, worauf es in unserer Gesellschaft ankommt. Also shoppen und posten sie drauflos, um eines Tages selbst einmal so viele Follower zu haben, dass sie 10.000 Euro für einen Post verlangen können. Denn so – das haben sie begriffen – sieht heute Erfolg aus.