Die Älteren werden sich noch schmerzlich erinnern: Früher war es sehr, sehr mühsam, mit neuen Sachen anzugeben. Hatte man sich etwas Neues gekauft, war man dazu verdammt, es stillschweigend in Betrieb zu nehmen. Und von da an blieb einem nichts, als darauf zu hoffen, dass die Handvoll Bekannte, der man im Laufe des Tages begegnete, den Neuzugang von sich aus bemerken und anerkennend kommentieren würde. Nach Komplimenten zu fischen, indem man die Aufmerksamkeit seiner Mitmenschen auf die beneidenswerte Anschaffung lenkt, galt selbst in Kreisen mit weniger raffinierten Umgangsformen als vollkommen unmöglich. Ganz zu schweigen davon, vor die Öffentlichkeit zu treten und zu rufen: »Hey, Leute, alle mal hergeschaut! Sind meine neuen Sneaker nicht extrem geil?«
Im Netz ist das ein völlig normales Verhalten. Man postet öffentlich ein Foto oder – noch besser – ein Unboxing Video seiner neuen Schuhe – love my new sneakers!!! <3 #shoes (107 Millionen Beiträge) #sneakers (38 Millionen Beiträge) #sneakerhead (20 Millionen Beiträge) – und fordert von seinem gesamten sozialen Umfeld Likes und anerkennende Kommentare ein. Das ist Fishing for Compliments mit der Dynamitstange. Social Media gibt uns die Möglichkeit, Bestätigung für unseren Lebensstil sofort und in großen Mengen einzustreichen. Wir müssen heutzutage nicht mehr stillsitzen und geduldig warten, bis die wohltuende soziale Anerkennung für unseren Konsum von sich aus zu uns kommt. Wann immer unsere Seele diese Bestätigung braucht, können wir hingehen und sie uns abholen.
Dank Social Media kann man nicht nur sehr viel effizienter mit den Dingen angeben, mit denen man schon immer angegeben hat – wie zum Beispiel Autos und Uhren und Handtaschen. Man kann jetzt auch mit Dingen angeben, die in der Welt der Statussymbole bislang eher ein Schattendasein fristen mussten. Denn in den sozialen Netzwerken kann man eben auch die Dinge, die früher gar niemand zu sehen bekam, einem breiten Publikum vorstellen. Wer hätte zum Beispiel vor zwanzig Jahren gedacht, dass ausgerechnet das morgendliche Frühstück mal ein fester Bestandteil des täglichen Imponiergehabes werden würde? Noch bevor man morgens mit den üblichen Statussymbolen behängt aus dem Haus geht, kann man die Weltöffentlichkeit wissen lassen, auf welcher Terrasse/in welchem schicken Retreat/mit welcher sensationellen Aussicht man welche aufwendige Eierspeise/welchen urigen Avocado-Toast/welche liebevoll angerichtete Superfood-Bowl gegessen und welchen schaumgekrönten Kaffee/blumengeschmückten Smoothie/veganen Matcha-Latte man dazu getrunken hat. Man kann es nicht nur, man tut es auch. Seit es diese idealen Plattformen dafür gibt, sucht und findet wirklich jeder Konsum, den wir zwischen Aufstehen und Schlafengehen tätigen, die Anerkennung unserer Umwelt. Egal ob es nur ein Stück Kuchen im Café an der Ecke oder eine Reise ans andere Ende der Welt ist – auf Facebook, Instagram und so weiter zeigt man es allen und heimst dafür schneller und zahlreicher Komplimente und Respekt ein als je zuvor.