Austin
Auf der Rückseite, wo sich die Sicherheitsanlagen befinden, gebe ich den Code ein, um den Alarm zu deaktivieren, aber es funktioniert nicht. Nachdem es ein drittes Mal nicht klappt, ziehe ich das Telefon aus meiner Tasche und rufe Reid an.
„Hey, Bruder. Alles in Ordnung?“, fragt er.
„Ja, es sieht alles normal aus, aber der Code zum Ausschalten des verdammten Dinges funktioniert nicht!“, rufe ich über den schrillen Lärm hinweg.
„Siehst du den schwarzen Kasten an der Decke, direkt über der Schalttafel?“, fragt er und ich schaue auf.
„Ja.“
„Siehst du ein paar Drähte, die nach oben führen?“
„Ja.“
„Nimm das Gehäuse ab und löse das Kabelbündel, das auf der Oberseite eingesteckt ist. Es ist fest mit dem elektrischen System der Werkstatt verdrahtet. Das wird sie komplett entschärfen“, erklärt er. Dann fügt er hinzu: „Ich bin zu Hause, also sollte ich in zehn Minuten da sein, um die Sache in Ordnung zu bringen.“
„Danke, Bruder“, antworte ich und beende den Anruf. Da ich eine Leiter brauche, mache ich mich auf den Weg zur Abstellkammer.
„Austin!“ Lelani schreit meinen Namen und ich renne zur Vordertür. Draußen kämpft sie mit einem Mann, der sie mit dem Rücken auf den Boden neben meinem Wagen drückt. King kratzt knurrend und bellend an dem geschlossenen Fenster, um sich zu befreien. Ich reiße den Mistkerl von meiner Frau weg und schleudere ihn wie einen Müllsack auf den Asphalt. Er kommt kaum wieder auf die Beine, da ramme ich ihm meinen Stiefel in die Seite und gebe ihm einen Tritt gegen den Hinterkopf. „Du hast dir die falsche Frau ausgesucht, um dich mit ihr anzulegen, Arschloch.“ Er versucht, auf allen Vieren wegzukriechen. Ich packe ihn an den Haaren und stoße ihn gegen die Rolltore.
„Austin!“, schreit Lelani verzweifelt.
„Steig in den Wagen“, befehle ich ihr, dann packe ich das Stück Scheiße am Hals und drücke zu. Seine Augen quellen aus den Höhlen, als ich ihm die Luft abschnüre. Wie aus dem Nichts strahlt ein scharfer, lähmender Schmerz durch meinen Oberschenkel. Ich schaue nach unten und sehe, dass seine Hand den Griff einer kleinen Klinge umschließt, die in meinem Fleisch steckt. Ein Kopfstoß gegen die Nase zwingt ihn, seine Waffe loszulassen, dann greife ich nach unten und ziehe sie mir aus meinem Bein. Blut strömt aus seiner Nase, die nun in einem unnatürlichen Winkel gekrümmt ist. Der Bastard kämpft, hebt seinen Arm, schlägt dann auf meinen Unterarm ein, wodurch mein Würgegriff gebrochen wird, und sein Ellbogen trifft mich an der linken Schläfe. Ich stolpere ein paar Schritte zurück, bevor ich seinen Schlag abschütteln kann, dann trete ich ihm gegen die Kniescheibe und höre das Knacken, als mein Stiefel ihn trifft. Er fällt erneut zu Boden und schreit vor Schmerzen. Während der Mistkerl vor sich hinvegetiert, ziehe ich meine Waffe aus dem Holster. Er sieht mich an und atmet schwer. Mit Blut vermischte Spucke rinnt über sein Kinn. „Bleib unten, du Wichser, oder ich jage dir eine Kugel in den Schädel“, befehle ich. Während ich weiter auf ihn ziele, gehe ich auf Lelani zu.
„Babe, bist du okay?“ Ich mustere sie eingehend und suche nach Verletzungen. „Mir geht es gut.“
Eine Bewegung lenkt meine Aufmerksamkeit von Lelani ab und ich sehe, wie der Wichser auf die Beine kommt und versucht, die Flucht zu ergreifen. Ich öffne die Tür des Trucks und lasse King frei. „Schnapp ihn dir, Junge“, befehle ich, woraufhin er das Stück Scheiße packt und es zu Boden wirft.
„Er wird mir den Arm ausreißen. Lelani, bitte“, fleht der Mann und als er den Namen meiner Frau ausspricht, kann ich es kaum fassen.
„Kennst du dieses Arschloch?“, frage ich gerade, als sich ein Motorrad nähert und Reid auf den Parkplatz fährt.
„Er ist mein Bruder.“
Mein Blut schäumt bei ihrem Geständnis. Ihre Sicherheit ist mir wichtiger als mein Bedürfnis, ihren Bruder zu ermorden, und ich ziehe sie zu mir. „Du musst wieder in den Wagen steigen.“
„Aber …“, versucht sie zu argumentieren.
„Zurück in den Wagen, Mäuschen.“ Ich öffne die Tür und helfe ihr, auf den Sitz zu rutschen. „Mach nicht auf.“
„Austin.“
„Bleib sitzen“, fordere ich und schließe die Tür.
Kaum habe ich Lelani wieder im Truck, parkt Reid seine Maschine und betrachtet das Geschehen. „Was zum Teufel ist hier passiert?“
„Das ist Lelanis Bruder.“ Ich gehe auf den Wichser zu, der auf dem Bauch liegt und versucht sich nicht zu bewegen. „King, lass los.“ Auf mein Kommando lässt mein Hund von seinem Arm ab und wedelt mit dem Schwanz. „Guter Junge.“ Ich streichle seinen Kopf.
„Scheiße. Wie hast du King dazu gebracht, den Bastard zu Boden zu werfen und ihn dort zu fixieren?“, fragt Reid beeindruckt.
Ich zucke mit den Schultern. „Er mag es zu apportieren. Das ist doch im Grunde das Gleiche, oder?“ Ich stoße das Arschloch vom Boden hoch. „Kannst du einen Moment auf Lelani aufpassen?“, frage ich Reid.
„Geht klar. Ich rufe einen der Brüder an, damit sie einen neuen Käfig vorbeibringen.“ Er läuft hinüber und stellt sich neben den Truck, während er ein Telefon aus seiner Tasche zieht.
Ich schleife Lelanis Bruder in die Werkstatt und schiebe diesen kaputten, blutigen Arsch auf einen Metallstuhl. Hinter dem Tresen wühle ich in den Schubladen und finde schließlich eine Rolle Klebeband.
„Das wirst du mir büßen“, spuckt er, immer noch schwer atmend.
Ich fessele ihm die Hände auf dem Rücken, dann wickle ich es um seine Knöchel. „Sieht aus, als wärst du derjenige, der es verbockt hat.“ Ich klebe ihm den Mund zu und stopfe ihm somit das Maul, wobei ich darauf achte, extra Druck auf seine kaputte Nase auszuüben. Dann lasse ich ihn dort sitzen und kehre zu meiner Frau zurück. „Danke, Bruder.“
„Kein Problem. Gabriel und Sam werden bald mit dem Van hier sein und Prez wurde über die Situation informiert“, teilt mir Reid mit. „Ich werde mich um das Alarmsystem kümmern, bevor Polson’s feine Bullen auf den Plan gerufen werden, um sich die Sache näher anzusehen. Fährst du zurück?“
„Ja.“ Ich lasse King in den Truck, dann gehe ich um ihn herum und steige selbst ein. Ich umklammere das Lenkrad, atme kurz durch, bevor ich den Motor anwerfe.
„Bist du sauer?“, fragt Lelani und fummelt am Saum ihres Hemdes.
„Ich habe dir gesagt, du sollst hierbleiben.“
„Ich weiß.“ Ihre Stimme ist leise. „King hatte einen Anfall und ich habe mir Sorgen gemacht, dass etwas nicht stimmt.“
„Ich weiß deine Besorgnis zu schätzen, Babe, aber deine Sicherheit hat Vorrang. Punkt. Wenn ich dir sage, du sollst im Wagen bleiben, dann meine ich das auch so“, drücke ich mich noch klarer aus.
„Ich hab’s verstanden.“ Lelani bleibt einen Moment lang still, während ich losfahre. „Wie hat er mich gefunden?“, spricht sie schließlich wieder.
„Keine Ahnung, aber ich habe vor, es herauszufinden.“ Meine Hände verkrampfen sich am Lenkrad.
„Was wird mit ihm geschehen?“
„Das muss der Club entscheiden.“
Im Clubhaus angekommen, weise ich Emerson an, Lelani ein warmes Bad zu bereiten, und lasse sie schließlich im warmen Wasser entspannen, während sie einem ihrer geliebten Liebesromane lauscht. Dann hole ich Doc, damit er sich um meine Stichwunde kümmert.
„Du hast Glück, dass es eine kleine Klinge war und dass der Idiot nicht die Kraft hatte, sie noch tiefer hineinzustoßen“, sagt er und spült die Wunde mit Kochsalzlösung. „Es ist ein sauberer Schnitt. Ich werde dich im Handumdrehen nähen.“ Er zieht eine Spritze hervor und injiziert die betäubende Lösung in die Wunde.
„Es tut mir leid, dass wir dich aus dem Krankenhaus geholt haben“, entschuldige ich mich.
„Verdammt. Man hat mir mit körperlicher Gewalt gedroht, wenn ich nicht gehe.“ Ich grinse. „Klingt nach Lisa.“
„Die Alte ist streitlustiger denn je.“ Doc näht die Wunde schnell zu. „Erledigt. Und jetzt zieh dir eine Hose an. Ist Lelani in Ordnung?“
„Sie ist ein bisschen mitgenommen. Der Wichser hat ihr ins Gesicht geschlagen und sie sagt, er hat sie mit dem Fuß in den Bauch getroffen und ihr Handgelenk tut leicht weh. Em meint, es sei nur eine Verstauchung, also hat sie es ihr verbunden.“
„Du hast eine starke Frau. Noch dazu einen Dickschädel.“ Ich kichere ein wenig über seine Aussage.
„Frauen wie sie, wie alle Old Ladies hier, sind hart im Nehmen“, sagt Doc mit einem Glitzern in den Augen.
Mein Telefon läutet. Ich wische über das Display und lese die SMS von Reid.
Reid: Unser Gast ist eingetroffen
Ich: Bin auf dem Weg
Ich schiebe mein Handy in meine Gesäßtasche. „Bleibst du hier?“, frage ich Doc, bevor ich den Raum verlasse.
Er räumt weiter auf. „Ich bringe das hier weg und fahre zurück ins Krankenhaus.“
Zusammengeflickt mache ich mich auf den Weg zur Scheune, wo der Club die Verhöre durchführt, da die Nutzung des Kellers aufgrund der anwesenden Frauen und Kinder nicht in Frage kommt. Die Kellerwand ist zwar dick, aber nicht dick genug, um Folterschreie oder Schüsse zu übertönen. Ganz zu schweigen davon, dass wir jemanden unbemerkt in den Keller bringen und dann die Leiche entsorgen müssten.
Ich laufe also nach draußen, nehme mir extra Zeit und rauche unterwegs eine Zigarette. Meine Gedanken schweifen zu düsteren Orten und ich stelle mir all die Möglichkeiten vor, wie ich ihren Bruder für das, was er ihr angetan hat, bezahlen lassen will. Als ich durch das Scheunentor trete und ihn auf einem Stuhl sitzend vorfinde, juckt es mich in den Fingern, ihm noch einmal eine reinzuhauen.
„Austin. Ich würde sagen, wir fangen an, aber so wie unser Freund hier aussieht, hast du einen Vorsprung gegenüber dem Rest von uns“, sagt Jake. „Geht es deinem Mädchen gut?“
„Ihr geht’s gut“, antworte ich, als Quinn das Klebeband von Derricks Mund abreißt.
„Wie geht’s dem Hund?“, fragt Quinn. „Ich habe gehört, dass er auch ein Stück vom Kuchen abbekommen hat.“ Er stupst Derricks gebrochene Nase an und bringt ihn zum Wimmern. „Sei nicht so ein Weichei. Irgendetwas stimmt mit deiner Nase nicht“, erwidert Quinn und ich muss mein Schmunzeln unterdrücken. Er hat zwar einen schrägen Sinn für Humor, aber ich mag das.
„Das liegt daran, dass sie verdammt noch mal gebrochen ist, Schwachkopf“, spuckt er in Richtung Quinn. Dann fällt sein Blick auf mich. „Fick dich und deinen Hund.“ Er spuckt erneut und Quinn verpasst ihm einen Schlag ins Gesicht.
„Danke“, sage ich zu Quinn und grinse.
„Ich bin immer froh, wenn ich dir helfen kann, Bruder.“ Er zupft an seiner Kutte.
Derrick windet sich in seinem Sitz, als Jake auf ihn zukommt. „Hat dich dein Onkel geschickt oder war es De Burca?“
„De Burca kann mich mal. Der einzige Grund, warum er meine Schwester will, ist die Herrschaft über das, was mir rechtmäßig gehört. Ich würde ihm nicht helfen, selbst wenn er mich dafür bezahlt.“ Seine Augen huschen wild von einem Gesicht zum anderen, ohne dass er irgendjemanden länger ansieht. „Was meinen Onkel angeht, so würde ich dem Totengräber helfen, seine Leiche zu verscharren, sobald er stirbt. Wegen Lelani habe ich alles verloren.“ Seine rührselige Geschichte stößt auf taube Ohren.
Jake sieht mich an. „Es ist deine Entscheidung, was wir mit ihm machen.“
Ich ziehe meine Waffe und will ihm am liebsten eine Kugel in den Kopf jagen, nur um wieder zu meiner Frau zu kommen.
„Warte, warte. Wa-was“, stottert Derrick, „Was, wenn ich dir helfe? Ich gebe euch die Informationen, die ich über meinen Onkel besitze, im Tausch gegen mein Leben“, versucht er zu feilschen und ich zögere.
„Wir wissen alles, was es über Arturo zu wissen gibt.“ Ich schaue Jake an, der mir nickend bedeutet fortzufahren und dann ein paar Schritte nach vorne tritt. „Ich sage dir was. Du gibst uns Informationen über Cillian De Burca und darüber, was er in den Staaten macht, und ich kann dir deinen Tod vielleicht etwas weniger schmerzhaft gestalten.“
„Bitte. Ich weiß doch gar nichts. Das ist doch dumm. Wenn ich etwas wüsste, warum sollte ich dann reden, wenn ihr mich sowieso umbringen wollt?“ Sein Betteln schlägt in Überheblichkeit um.
Unfähig, meine Wut zu zügeln, ziehe ich meine Waffe und schiebe ihm das Ende des Laufs in den Mund, wobei ich mich höllisch anstrenge, nicht abzudrücken. „Du sitzt hier und bettelst um dein wertloses Leben, nachdem du deine Schwester – dein Fleisch und Blut – aus Habgier an den Meistbietenden verkauft hast. Männer wie du sollten nicht an der Macht sein. Du bist nichts weiter als ein rückgratloser Feigling, der einen Weg sucht, seinen eigenen Arsch zu retten.“ Ich schiebe ihm den kalten Stahl so tief in die Kehle, bis er würgt.
Ein Telefon klingelt in seiner Hosentasche. Gabriel steht ohne eine Miene zu verziehen auf, holt es aus seiner Tasche und reicht es Jake.
„Genau der Mann, mit dem ich sprechen möchte. Ich richte deinem Onkel aus, dass du im Moment etwas eingespannt bist.“ Jake wischt über den Bildschirm des Telefons. „Arturo“, meldet sich Jake angewidert. „Deine Drohungen sind mir scheißegal. Solltest du dich nicht lieber nach dem Wohlergehen deines Neffen erkundigen?“
Derrick gurgelt und würgt um den Lauf meiner Waffe herum und versucht, nach seinem Onkel zu rufen.
Jake kratzt sich am Bart. „Ich sehe, du hast deine Hausaufgaben gemacht. Innerhalb einer Stunde wirst du meine Antwort bekommen.“ Er unterbricht das Gespräch und steckt das Telefon in seine Tasche. „Planänderung.“ Ich spüre, wie er seine Hand auf meine Schulter legt. „Du musst dich zurückhalten“, befiehlt er. Als ich unschlüssig bin, ob ich dem Folge leisten sollte, wiederholt er sich. „Austin. Waffe runter.“ Sein Ton wird autoritärer.
Ich ziehe meine Pistole aus Derricks Mund. „Anscheinend hat Arturo seinen Neffen schon seit einiger Zeit verfolgt, da er davon ausging, dass er nach Lelani suchen würde. Also hat er ihn beschattet.“
„Du Mistkerl!“, knurre ich. Ich muss meiner Wut freien Lauf lassen und schlage Derrick mit der Faust ins Gesicht. Wieder strömt Blut aus seiner Nase. „Du dummes Stück Scheiße!“, schreie ich, doch er hört meine Worte nicht, denn die Wucht meines Schlages hat dem Wichser die Lichter ausgeschossen. Ich beginne auf und ab zu gehen.
„Arturo hat um ein Treffen gebeten“, sagt Jake.
„Wann?“, will Logan wissen.
„Morgen“, informiert uns Jake. „Gebt unserem Freund hier etwas, damit er bis dahin schläft. Wir werden sehen, ob sein Leben seinem Onkel einen Tausch gegen De Burca wert ist.“
Ich halte inne und sehe Jake an. Ich koche vor Wut. „Scheiß auf Arturo. Ich sage, wir töten das Stück Scheiße jetzt und bringen es hinter uns.“
„Nein“, entgegnet Jake barsch.
„Du weißt, was er Lelani angetan hat. Er hat es nicht verdient zu atmen.“ Meine Nasenlöcher blähen sich auf und mein Gesicht wird heiß.
„Wir alle in diesem Raum wissen, was passiert ist, und deine Zeit für Vergeltung wird kommen. Dieser Zeitpunkt ist jetzt noch nicht gekommen. Wir brauchen Informationen über Cillian De Burca und wir werden ihren Bruder benutzen, um das zu erfahren, was wir wissen müssen, in der Hoffnung, dass wir dadurch gegenüber einer möglichen Bedrohung, die im Schatten lauert, einen Schritt voraus sind.“ Jakes Tonfall ist rau, aber sein Gesichtsausdruck ist verständnisvoll. Ich lasse seine Worte eine Weile auf mich wirken und versuche, mein Temperament ein wenig zu zügeln, bevor ich ihm knapp zunicke.
Noch vor Einbruch der Dunkelheit teilt Jake Arturo mit, dass der Club mit einem Treffen einverstanden ist. Unsere Bedingung ist, dass das Treffen auf neutralem Boden stattfindet und jede Bedrohung vom Clubhaus und unseren Familien ferngehalten wird. Morgen früh fahren wir quer durch die Stadt zu Charley’s Bar, wo wir Arturo endlich persönlich gegenüberstehen werden.
Ich für meinen Teil kann es kaum erwarten.
Der Tag endet damit, dass ich im Bett liege und meine Frau auf mir ruht. Mit ihren Fingerspitzen fährt sie über die lange Narbe auf meiner Brust. Ich spüre, dass sie mich unbedingt ausfragen will, seit ich in unser Zimmer gekommen bin, nachdem ich mit ihrem Bruder fertig war. „Spuck es aus, Mäuschen.“ Ich lege meine Hand auf ihre Pobacke.
„Ist er tot?“
Ich seufze. „Es fällt mir schwer, deine Sorge um den Mann zu verstehen, der dir Unrecht getan hat“, gebe ich zu.
„Tot oder lebendig, er ist immer noch mein Bruder.“
Ich fahre mit meinen Fingern durch Lelanis Haar. „Er lebt – noch“, sage ich ihr und ziehe die Bettdecke über unsere nackten Körper. Ich küsse ihren Kopf. „Versuch zu schlafen. Es war ein langer Tag.“
Es wird still im Zimmer. Als ich an die Decke starre, scheinen die Schatten im Raum auf mich zuzukommen, dann merke ich, dass es nur meine Augen sind, die zufallen, während ich in den Schlaf gleite. Bevor mich die Schläfrigkeit übermannt, sage ich zu Lelani:„Ich liebe dich“ und spüre, wie sich ihre Lippen zu einem Lächeln auf meiner Haut verziehen.
„Ich liebe dich auch.“
Am nächsten Morgen werde ich von einem scharfen Klopfen an meiner Zimmertür geweckt, gefolgt von Sams Stimme. „Raus aus den Federn, Turteltäubchen. Prez will, dass wir innerhalb der nächsten Stunde losfahren.“
Lelani stöhnt, kuschelt sich tief in die Decken und legt ihr Bein auf meinen Oberschenkel. „Geh nicht“, seufzt sie.
„Tut mir leid, Babe. Das kann ich nicht ausfallen lassen.“ Widerstrebend löse ich mich von ihrer sanften Wärme und durchquere das Zimmer. Ich gehe ins Bad, stelle kaltes Wasser an und spritze es mir ins Gesicht, dann erledige ich schnell mein anderes Geschäft.
„Wirst du lange weg sein?“, fragt Lelani, die immer noch im Bett liegt und nun mit dem Hund kuschelt statt mit mir.
„Ich weiß nicht, wie lange dieser Ausflug dauern wird.“
„Wirst du mir sagen, wohin du gehst?“ Sie streichelt Kings Bauch. Ich durchquere das Zimmer und krame Kleidung aus den Schubladen der Kommode.
„Tut mir leid, Mäuschen. Du weißt, dass ich das nicht tun kann.“ Ich schlüpfe in meine Jeans und ziehe mir dann ein schwarzes Hemd über den Kopf. Auf der Bettkante sitzend, steige ich in meine Stiefel. Lelani streckt ihre Hand aus, um mich zu berühren und fährt mit ihrer Handfläche über meine Wirbelsäule.
Ich drehe mich zu Lelani, beuge mich hinunter und ziehe sie an mich. Ich streiche mit meinen Lippen über ihre, und während sie mir über die Brust streicht, küsse ich ihre Nasenspitze. „Warum lässt du es heute nicht ruhig angehen. Nimm ein Bad in der Wanne und hör dir eines deiner Bücher an.“ Ich stehe auf und laufe durch den Raum, um mein Holster zu holen, das an einem Wandhaken hängt.
„Ich nehme an, das wäre eine gute Idee. Mir tut immer noch alles weh.“ Lelani richtet sich auf und lehnt sich mit dem Rücken gegen das Kopfteil, wobei sie eine Grimasse zieht. Ich werde wieder wütend, wenn ich die blauen Flecken in ihrem Gesicht sehe, die ihr Bruder gestern verursacht hat, und ich will nichts lieber, als dem Mistkerl noch mehr Schmerzen zuzufügen.
Ich packe meine Kutte, werfe sie mir über die Schulter und gehe zurück zu ihr. „Ich schicke Raine oder Ember mit dem Frühstück.“ Dann beuge ich mich hinunter und küsse meine Frau ein weiteres Mal.
„Sie brauchen mich nicht zu bedienen. Ich kann mich selbst versorgen.“
„Mäuschen,“ warne ich in einem mahnenden, aber einfühlsamen Ton, und sie
seufzt.
„Gut, aber ich bleibe nicht den ganzen Tag in diesem Zimmer oder Bett.“ Sie hebt die Hand und streicht mir über die Wange. „Du bist ein bisschen herrisch, weißt du das?“
„Insgeheim genießt du es“, behaupte ich, als ihre Fingerspitze die Form meiner Lippen nachzeichnet, und sie lächelt, als sie spürt, wie sich diese zu einem Grinsen verziehen.
„Fraglich.“ Sie drückt ihre Lippen auf meine.
„Du machst es mir verdammt schwer zu gehen“, gestehe ich und meine Frau verweilt in dem Kuss. „Im Ernst, ich muss aufbrechen.“ Ich zwinge mich, mich von ihr zu lösen.
„Sei vorsichtig“, sagt Lelani, als ich die Tür öffne und in den Flur trete.
„Immer.“
Weniger als eine Stunde später fahren meine Brüder und ich vor Charley’s Bar vor und ich sehe Pops Truck an der Rückseite des Gebäudes parken. „Was zum Teufel macht der Alte denn hier?“, frage ich.
„Ich habe ihn eingeladen“, sagt Jake. „Charley ist auch gekommen“, fügt er hinzu. Ich weiß, dass Prez seine Gründe dafür hat, also stelle ich seine Motive nicht in Frage, als wir durch die Eingangstür gehen. Pop sitzt am Ende der Bar und unterhält sich mit Charley. Auf der Theke neben ihm liegt seine Schrotflinte. Ich gehe auf ihn zu, betrachte das Glas, das er in der Hand hält, und hebe eine Augenbraue.
„Bevor du einem alten Mann wegen seiner Herzprobleme einen Vortrag über das Trinken hältst, solltest du wissen, dass das kein Schnaps ist.“ Er nimmt einen Schluck. „Es ist Tee.“
„Wie läuft’s, Pop?“
„Mir geht’s gut, mein Sohn. Wie steht’s mit Lelani?“, fragt er und ich werfe ihm einen Blick zu. „Sieh mich nicht so an. Kleinstadt, schon vergessen? Ich weiß, dass jemand gestern Hand an das süße Mädchen gelegt hat“, sagt er.
„Es geht ihr gut, Pop.“
Jake kommt auf uns zu. „Warren.“ Er streckt seine Hand aus. Pop dreht sich in seinem Stuhl und schüttelt sie. „Ich weiß die Unterstützung zu schätzen.“
„Ich helfe gerne“, erwidert Pop.
Jake sieht zu Charley. „Charley, noch einmal Danke. Der Club weiß es zu schätzen, dass wir die Bar benutzen dürfen.“
„Jederzeit“, versichert Charley.
Da wir ansonsten nichts weiter tun können, warten wir ab und Stille kehrt ein. Charley stellt einen Becher mit schwarzem Kaffee vor mich hin und ich nehme ihn mit an den Tisch im hinteren Teil der Bar, an dem meine Brüder sitzen. Wir unterhalten uns nicht. Wahrscheinlich gehen ihnen, wie mir, verschiedene Szenarien durch den Kopf. Man könnte meinen, Arturo begäbe sich in die Höhle des Löwen, doch wir sind nicht so dämlich, ihn zu unterschätzen. Alles kann passieren. Vor allem, wenn man nichts mehr zu verlieren hat. Arturos Bilanz spricht für sich. Er denkt nur an sich selbst. Er hat das Mancini-Imperium in den Ruin getrieben und dabei Millionen in den Sand gesetzt. Dass Arturo um ein Gespräch bittet, wirft für alle Beteiligten Fragen auf.
Warum sollte er mit uns sprechen, außer um den Club zu überzeugen, Lelani auszuliefern?
Das wird auf gar keinen Fall passieren.
Während die Minuten vergehen, ertönt lediglich das Ticken der Uhr an der Wand. Die Atmosphäre in der Bar wirkt schwer und unheilvoll. Das einzige Geräusch, das ich wahrnehme, ist das Trommeln meines Herzens in meinen Ohren.
Durch die Fenster der Bar erblicke ich einen grauen Geländewagen, der auf den Parkplatz einbiegt und ich stehe abrupt auf, was einige andere dazu veranlasst, das Gleiche zu tun. Gabriel schreitet zum Eingang der Bar und späht aus dem Fenster. „Arturo“, sagt er.
Jake und Logan bleiben am Tisch sitzen, während Quinn und Reid sich zu Gabriel gesellen. Ich bleibe auf meiner Position, bereit, meine Waffe zu ziehen.
Pop dreht sich auf seinem Platz an der Bar, sein Gewehr ruht auf seinem Schoß, gut sichtbar für unseren Gast. Charley tritt hinter dem Tresen hervor und hält sein Kaliber 12 bereit, um es bei Bedarf zu benutzen.
Gabriel öffnet die Tür. Die Morgensonne scheint herein und wirft die Schatten der Männer auf den Holzboden. Quinn und Reid heben ihre Revolver und richten sie auf unsere Gäste.
„Zu eurer Sicherheit müssen wir euch die Waffen abnehmen“, erklärt Jake. Meine Aufmerksamkeit richtet sich auf den kleineren Mann, der vor den anderen Kerlen steht. Mit seinem dunklen, kahlen Kopf und den wachen Augen ist er unschwer als derjenigen zu erkennen, den wir in unserer Datei auf Bildern abgespeichert haben. Arturo.
„Unsere Sicherheit?“ Arturo grinst. „Dann verlange ich im Gegenzug das Gleiche. Sonst wäre das wohl kaum fair, sollte heute etwas schief gehen“, sagt er mit einer gewissen Arroganz.
„Du bist in meiner Stadt, Arschloch, also spielst du nach meinen Regeln oder ich erschieße dich und deine Männer auf der Stelle und werfe eure Leichen den Wölfen zum Fraß vor“, droht Jake in düsterem Ton.
Ich hebe meinen Arm, greife unter meine Kutte und lege meine Hand um den Griff meiner Waffe.
Arturo kneift die Augen zusammen, beherzigt jedoch die Warnung. Er gibt seinen Schlägern ein Zeichen und sie heben ihre Hände zur Decke. Während Quinn und Reid sie weiterhin im Visier behalten, durchsucht Gabriel die Männer und konfisziert ihre Waffen. Überall nimmt er die Magazine heraus, überprüft die Patronenlager und wirft sie dann in eine leere Whiskeykiste in der Nähe. Arturo streicht seinen Anzug zurecht, als wolle er den Dreck wegwischen, und ich wünsche mir nichts sehnlicher, als mit seinem aufgeblasenen Arsch den Boden zu polieren.
„Setz dich.“ Jake deutet auf den Stuhl gegenüber von seinem Tisch. Arturo schiebt sich durch den Raum, sein Gesicht ist vor Verärgerung angespannt. Ich grinse und er bemerkt es. Das Arschloch ist es nicht gewohnt, Befehle entgegenzunehmen, und das sieht man. Arturo reißt seinen Blick von mir los, als sein Handlanger einen Stuhl herauszieht und er sich setzt.
„Verdammtes Weichei“, zische ich und kann meinen Ekel nicht verbergen.
„Wie zum Teufel hast du mich genannt?“ Arturo macht eine Bewegung, als wolle er aufspringen, doch bevor sein Arsch den Stuhl auch nur verlässt, hat er den Lauf meiner Waffe im Gesicht. Der stämmige Kerl, der ein paar Meter hinter Arturo steht, mit kahlgeschorenem Kopf und einer gezackten Narbe an der Seite seines Gesichts, tritt vor. Charley stellt sich ihm in den Weg und stößt ihm den Lauf seiner Schrotflinte in die Brust.
„Sei nicht dumm, Junge“, warnt Charley ihn, woraufhin der Mann die Hände hebt und einen Schritt zurückgeht.
Arturo spannt den Kiefer an. Mein Zeigefinger zuckt und ich hätte liebend gerne einen Grund, um abzudrücken, doch der Mistkerl lehnt sich in seinem Stuhl zurück und räuspert sich. „Dann lass hören, was du zu sagen hast.“ Jake lehnt sich in seinem Sitz zurück und verschränkt die Arme vor der Brust.
„Etwas dagegen, wenn dein Mann hier seine Waffe senkt?“ Arturo starrt mich weiter an.
„Austin, halt dich zurück“, befiehlt Jake und ich zögere, was in letzter Zeit zur Gewohnheit zu werden scheint. „Halt dich zurück“, wiederholt er und ich senke widerwillig meine Hand.
Im Raum herrscht einen Moment lang Schweigen, bevor Arturo wieder das Wort ergreift. „Ich möchte dir einen Olivenzweig reichen. Ich möchte, dass wir keine Feinde mehr sind.“ Seine Worte wirken gezwungen.
„Klingt, als wäre das lediglich ein halbherziges Friedensangebot“, ruft Jake ihm zu.
„Ich habe schon genug um die Ohren und die Kings sind mir ein Dorn im Auge. So etwas kann ich nicht gebrauchen. Außerdem haltet ihr meine Nichte fest. Ich will sie zurückhaben. Wenn ich sie bekomme, werde ich gehen. Und wir müssen uns nie wieder sehen“, fordert Arturo und seine Worte schüren die Flammen, die bereits in mir toben.
„Lelani geht nirgendwohin, du Wichser. Du wirst mich zuerst töten müssen, wenn ich dir nicht zuvor eine Kugel in den Wanst jage.“ Meine Worte triefen vor mörderischer Absicht. „Sie hat etwas Besseres verdient als einen Onkel, der sie verheiratet, um seinen eigenen Arsch zu retten.“ Seine Augen werden groß, aber er beruhigt sich schnell wieder.
Jake sieht Arturo an. „Wir wissen alles über dich, Arturo. Du hast einen Haufen Schulden. Wenn du diese Schulden nicht bald begleichst, dann bist du mehr als nur einen Kopf kürzer.“ Jake beugt sich vor. „Hat De Burca sich bereit erklärt, deinen Mist auszubaden?“
Arturo räuspert sich. „Wegen deines Clubs ist De Burca nicht mehr im Spiel. Seine Ehe mit Lelani, die euch nichts angeht, wurde aufgelöst. Bei diesem Treffen geht es darum, euren Club aus meinen Angelegenheiten herauszuhalten.“ Seine Überheblichkeit wird ihn noch teuer zu stehen kommen, wenn er sich nicht etwas beherrscht.
„Wenn du sichergehen willst, dass die Kings dich nicht umbringen, bevor du in deinen schicken Jet steigst und die Stadt verlässt, musst du uns schon etwas im Gegenzug anbieten“, entgegnet Jake.
Arturo seufzt schwer. „Na schön. Ich bin bereit, meine Nichte an euren Club zu übergeben, wenn wir dafür unsere Streitigkeiten beilegen.“ Er wedelt abweisend mit der Hand.
„Meine Frau ist nicht dein verdammtes Eigentum, du rückgratloser Mistkerl. Sie wird niemals ein Pfand sein, um dein wertloses Leben zu retten.“ Ich bebe vor Wut. „Prez.“ Ich kämpfe darum, meine Fassung zu bewahren.
Jakes hebt die Hand, um mir zu signalisieren, dass ich mich unter Kontrolle halten soll. „Ich bin geneigt, meinem Mann hier zu erlauben, dir die Seele aus dem Leib zu prügeln. Mach keine Dummheiten, Lelani wäre heute sowieso nicht mit dir gekommen und sie ist auch nicht dein Spielball. Ich habe jedoch jemanden, der für dich von Wert sein könnte.“ Jake sieht zu Logan, der neben ihm sitzt und nickt. Logan holt sein Handy heraus. Ich blicke auf sein Display und sehe den Namen seines Bruders aufleuchten, bevor er auf die Anruftaste tippt.
„Bring ihn her“, weist er Gabriel an. Innerhalb von Sekunden öffnet sich die Tür und Demetri schlendert herein, in seinem typischen schwarzen Anzug, eine Zigarre rauchend. Nikolai tritt im Gleichschritt mit seinem Vater ein und Victor bildet das Schlusslicht mit Lelanis Bruder Derrick im Schlepptau.
„Arturo.“ Demetris Akzent ist stark ausgeprägt, als er spricht. Arturos Augen weiten sich vor plötzlicher Erkenntnis. „Ich dachte mir schon, ich hätte Scheiße gerochen, als ich durch die Vordertür kam“, verhöhnt Demetri Arturo. Mancini schluckt sichtlich den Angstkloß in seinem Hals hinunter, während sowohl Demetri als auch Nikolai an den Tisch treten. Arturo und seine Männer folgen Victors Bewegung, als der einen gefesselten Derrick auf einen freien Platz neben seinem Onkel schiebt.
Arturo mustert seinen Neffen und Derrick weigert sich, Blickkontakt mit ihm aufzunehmen. Demetri zieht einen Stuhl vom Tisch. „Volkov“, spottet Arturo.
„Was? Freust du dich etwa nicht, mich zu sehen?“, provoziert Demetri.
„Nur ein toter Volkov ist ein guter Volkov“, erwidert Arturo höhnisch.
Nikolai lacht, dann verengen sich seine Augen zu scharfen Schlitzen. „Worte bedeuten nichts. Wir beide wissen, dass du dir immer zu schade warst, selbst Hand anzulegen. Deine Männer machen die ganze Drecksarbeit für dich.“
Demetri sieht Arturo an. „Meine Hände kennen den Tod, haben ihn gefühlt und sehnen sich sogar von Zeit zu Zeit danach. Dich zu töten, wäre ein Leichtes.“ Ich spüre, wie Demetris Worte einen Adrenalinschub in mir auslösen, während Arturo in sich zusammenzusacken scheint.
„Jetzt, wo alle versammelt sind, lasst uns zum Punkt kommen. Das ist unser Angebot und eure einzige Möglichkeit. Lelani bleibt bei uns. Lösch deine Nichte aus deinem Gedächtnis, denn ich kann dir versichern, dass sie das Gleiche mit dir und dem Stück Scheiße, das neben dir sitzt, tun wird. Außerdem wirst du uns alle Informationen über Cillian de Burca zukommen lassen, über die du verfügst. Im Gegenzug darfst du deinen Neffen mit nach Hause nehmen.“ Derrick hebt den Kopf, seine Augen huschen durch den Raum, suchen nach einem Ausweg. Er versucht sich zu erheben, um zu fliehen, doch Victor stößt ihn zurück auf den Stuhl. „Meine Familie lässt dich und deine Männer am Leben, dafür verlasst ihr die Stadt.“ Während Jake seine Bedingungen offen ausbreitet, scheint Arturo sie nur schwer verdauen zu können.
Doch dann singt das Wiesel, wie wir es erwartet hatten. „De Burca hat mich zuerst ausfindig gemacht. Er wusste um meine geschäftlichen Misserfolge, also versprach er meine Schulden zu begleichen. Somit wollte er mich zwingen, der Fusion durch Heirat zuzustimmen.“
„Gezwungen, von wegen.“ Ich knirsche mit den Zähnen und beiße mir auf die Zunge, um nicht noch mehr zu sagen.
Er ignoriert meinen Ausbruch. „Als Lelani verschwand und er herausfand, dass sie an Menschenhändler ausgeliefert wurde, denen mein Neffe hier Geld schuldete, wusch De Burca seine Hände in Unschuld.“
„Was weißt du über seine Männer und den Angriff auf meinen Club?“, fragt Jake.
Arturo hebt das Kinn. „Nichts. Die letzte Information, die ich erhalten habe, ist, dass De Burca die Staaten verlassen hat. Ich habe seit drei Wochen nichts mehr von ihm gehört.“
In der Bar herrscht Schweigen und die Luft scheint stillzustehen. Mit glühendem Blick starre ich Derrick und Arturo an, während ich darauf warte, dass Jake sein endgültiges Urteil fällt. Wenn es nach mir ginge, würde ich sie alle töten und ihnen keine Möglichkeit bieten, meiner Frau jemals wieder etwas anzutun. Jake blickt Arturo an. „Die Wahrheit ist, dass du ein toter Mann bist. Ob einer von uns dich tötet oder nicht, deine Zeit ist begrenzt“, bringt Jake es auf den Punkt und Arturos Lippen werden schmal. „Wenn du dich mit Lelani oder meinem Club anlegst, wirst du eine Kugel in die Fresse bekommen.“ Jakes Gesicht verhärtet sich. „Wir werden dich beobachten. Ich werde über jeden deiner Schritte Bescheid wissen. Du schläfst besser mit einem offenen Auge. Wenn der Club herausfindet, dass du heute hier gelogen hast, werden wir dir einen langsamen, qualvollen Tod bereiten. Und jetzt nimm dein Drecksgefolge mit und verpiss dich aus Polson.“
Arturo steht auf. Jeder Muskel in meinem Körper ist angespannt. Dass Jake ihn gehen lässt, ist eine harte Pille, aber ich weiß, was er vorhat, und vertraue seinem Urteil, auch wenn mein Herz nach Rache schreit. Arturo und seine Männer bewegen sich auf die Tür zu. Einer von ihnen packt Derrick am Kragen seines zerrissenen Hemdes und zerrt ihn vom Stuhl. Er versucht, sich loszureißen, aber es gelingt ihm nicht, sodass er zur Vordertür hinaus geschleift wird. Gabriel trägt die Kiste mit den Waffen nach draußen, während wir anderen uns auf den Parkplatz der Bar begeben. Mein Bruder lässt die Kiste auf den Boden fallen und tritt dann wieder zu uns.
Wir überwachen das Geschehen mit gezogenen Waffen, falls sie auf die Idee kommen, etwas Dummes zu tun. Pop stellt sich neben mich, er legt seine Hand auf meine Schulter. Er sagt nichts, aber dass er hier ist, bedeutet mir viel. Arturo und seine Männer bewaffnen sich wieder und gehen zu dem Geländewagen, mit dem sie gekommen sind. Bevor er sich auf den Rücksitz setzt, hält Arturo inne. Er spricht mit einem seiner Männer, dann dreht er sich um und wirft seinem Neffen einen letzten Blick zu, bevor er in den Wagen steigt und die Tür schließt.
Sein Mann zieht seine Waffe und zielt auf Derrick. Bevor der bedauernswerte Kerl reagieren kann, verpasst Arturos Mann Derrick eine Kugel in den Kopf, dann steigt er wie ein Roboter auf den Beifahrersitz des Geländewagens, der schnell davonfährt und die Leiche seines Neffen zurücklässt.
„Das war eiskalt“, sagt Quinn und schüttelt den Kopf.
„Scheiße.“ Logan seufzt. „Jemand soll das aufräumen“, befiehlt er und Gabriel und Reid kümmern sich darum.
„Habt ihr die Kameras platziert?“, fragt Jake Demetri.
„Eine im SUV und mehrere an Bord seines Jets“, informiert ihn Demetri.
„Glaubst du, er lutscht immer noch De Burcas Schwanz?“, frage ich und hoffe, dass uns das zu Cillians Aufenthaltsort führt.
Jake fährt sich mit der Hand durch seinen Bart. „Das werden wir bald wissen.“
„Kommt schon, Männer. Ich würde sagen, wir haben uns alle einen Drink verdient“, verkündet Charley und wir folgen ihm zurück hinein.
„Danke, dass du uns heute den Rücken gestärkt hast, Pop“, sage ich ihm, während wir zusammen hineingehen.
„Nicht nötig. Nirgendwo wäre ich lieber als an der Seite meines Enkels.“