Beides wissen wir nur dank eines hugenottischen Seidenhändlers aus Hanau mit dem Namen Denis Nolhac, der damals zufällig in Rom weilte und Händel traf. Am 13. Januar 1707 fand im Hause der beiden Kastraten Pasqualino Tiepoli und Pasqualino Betti eine musikalische Gesellschaft statt, auf der sich auch Händel einfand. Als Nolhac seine Reiseerinnerungen 1737 in Frankfurt am Main zum Druck beförderte, gab er seiner Schilderung dieses Abends den Titel „Histoire du Musicien Haindel“ („Geschichte vom Musiker Händel“)38:
„Während dieses Aufenthaltes, den ich in Rom verbrachte, kam dort der berühmte Händel an, ein deutscher Musiker, dessen Ruf damals, um die Wahrheit zu gestehen, noch nicht so etabliert war, wie es seitdem der Fall ist; ich hatte die Gelegenheit, ihn im Hause der beiden berühmten Musiker des Papstes namens Pasqualino zu sehen; da sie lange Zeit in Paris gewesen waren, im Dienste des Herzogs von Orléans, waren sie bezaubert, wenn sie Franzosen trafen, erwiesen ihnen tausend Ehren und kamen sogar manchmal zu mir, um eine Suppe à la Française zu essen. Monsieur Händel stattete allen renommierten Musikern in Rom einen Besuch ab, also kam er auch zu den Beiden, die mich zu dieser Gelegenheit einluden. Ich fand mich ein und traf dort alles an, was es an fähigen Musikern in Rom gab, sowohl für Singstimmen als auch für Instrumente. Uns wurde mit Erfrischungen aufgewartet, mit ‚Rinfreschi‘, wie man sagt. Nach einer kleinen Konversation trat Händel an ein Cembalo heran und spielte, den Hut noch unter dem Arm, in einer sehr unbequemen Haltung, dieses Instrument so kenntnisreich, dass Alle davon überrascht wurden. Und weil Monsieur Händel Sachse und folglich Lutheraner war, ließ sie dieser Umstand auf den Argwohn verfallen, dass sein Spiel übernatürlich sei. Ich hörte sogar einige sagen, dass er wohl nicht zufällig seinen Hut bei sich behalte. Ich lachte in mich hinein angesichts dieses amüsanten Einfalls. Und indem ich mich Monsieur Händel näherte, um ihn spielen zu sehen, erzählte ich ihm – und zwar auf Deutsch, damit sie mich nicht verstanden – von dem lächerlichen Verdacht dieser Signori Virtuosi. Einen Augenblick später ließ er wie zufällig seinen Hut fallen, setzte sich bequem hin und spielte viel besser als zuvor ... Was dem berühmten Monsieur Händel passiert ist, bestätigt mich in meiner Meinung, wie sehr doch die Italiener und besonders die Römer vom Aberglauben an die Macht des Teufels und der Zauberer besessen sind.“