Carsten, Gegenwart
Er hatte am Vorabend so lange hin und her überlegt, bis er dann doch wieder bei Fotini und Tomas gelandet war. Die Zuwendung dieser Frau tat ihm gut und vermochte ihn aus seinem verhärteten Kokon herauszulocken – obwohl Fotini nicht einmal wusste, dass sie es tat. Oder sie wusste es, weil sie über ein magisches Einfühlungsvermögen verfügte, ließ es ihn aber nicht spüren. Er hatte sich erneut geborgen gefühlt, und es war lange her, dass diese Empfindung so präsent gewesen war. Der Tod seiner Mutter hatte ihn schockiert, doch auch die Reaktion des Vaters war furchtbar gewesen. Er war kein Kind mehr, sondern ein erwachsener Mann. Alle glaubten, weil er über die schlimmen Dinge auf der Welt schrieb, sei er hartgesotten. Doch das war er nicht! Er hätte den Vater gebraucht, um gemeinsam mit ihm den Verlust zu verarbeiten, gemeinsam mit ihm zu trauern und auch mal in Erinnerungen an früher zu schwelgen. Seine Mutter war eine temperamentvolle und lebensfrohe Person gewesen. Gewiss hätte sie gewollt, dass Mann und Sohn das nicht vergaßen, doch sein Vater hatte eben versucht, genau das zu vergessen, und sich schnell anderweitig getröstet. Wenn seine Oma noch da gewesen wäre – also nicht nur ihr Körper, sondern auch ihr Geist, hätte er vielleicht mit ihr gemeinsam das Tal der Trauer durchschreiten können, um irgendwann zu feiern, dass es seine Mutter überhaupt gegeben hatte. Doch sie hatte bis zu ihrem Tod nicht begriffen, dass ihre Tochter bereits vor ihr gegangen war.
Die vier Jahre waren für ihn oft fordernd gewesen, denn in ihren wachen Momenten hatte er begonnen, ihr Geschichten über ihre Tochter aufzutischen, um ihr zu erklären, dass sie wohlauf war. Irgendwie hatte es ihm dann sogar geholfen, so über seine Mutter zu berichten. Er hatte sich beiden Frauen dadurch nah gefühlt.
Fotini triggerte in ihm genau diesen Punkt, der Wärme und Geborgenheit versprach, und deshalb konnte er in ihrer Gegenwart Späße machen, das Glas heben und spüren, dass das Lachen auf seinem Gesicht echt war und nicht nur eine gute Miene zum bösen Spiel darstellte. Sie hatte ihm die Hand auf die Schulter gelegt und gesagt: »Carsten mein Lieber, du brauchst nichts zu bestellen. Wir sorgen dafür, dass du alle Leckereien bekommst, die wir in der Küche haben.«
Er hatte genickt – teilweise einfach nur froh, dass er sich nicht entscheiden musste, welche Speise er kosten wollte, und auch verwirrt, weil ihn so lange niemand mehr so unvoreingenommen und freundlich berührt hatte. Nach dem Tod seiner Oma hatte er nicht nur einen weiteren innigst geliebten Menschen verloren, sondern eben auch den Bezug zu sich selbst. Er hatte es nicht mehr ertragen, dass andere ihn berührten – weder liebevoll noch freundschaftlich. Monster streichelte man nicht! Wieso das hier nun anders war, ließ sich nicht rational erklären.
Er saß auf dem Balkon, blickte aufs Meer hinaus und trank seinen Kaffee. Er hatte keinen echten Zeitdruck, denn seine Deadline war erst in einigen Wochen, doch er befürchtete, je länger er in Lygaria blieb, desto schwerer würde es ihm fallen, seine Zelte hier abzubrechen. Er hatte gestern Abend trotz der Wohlfühlatmosphäre und dem guten Gefühl im Magen die Augen und Ohren offen gehalten, um für sich abzuklären, ob Fotinis Verhalten vielleicht nur eine Masche für die Touristen war. Doch sie war zwar zu den anderen Gästen überaus freundlich, aber ihn behandelte sie wahrhaftig wie einen verlorenen Sohn. Es war also nicht nur der Wunsch nach Geborgenheit, der ihn ihre Haltung so wahrnehmen ließ, sondern sie meinte es auch wirklich so.
Er hatte in den dunklen Wochen und Monaten begonnen, an allem zu zweifeln – vor allem an seiner Fähigkeit, Situationen und Menschen einschätzen zu können. Er kam sich vor wie ein Komapatient, der nach seiner Zeit an der Herz-Lungen-Maschine alles neu erlernen musste, um die Welt und die Menschen darin unvoreingenommen zu betrachten.
Der Duft von frischem Gebäck und gebratenem Speck durchzog die Luft, und obwohl er am Vorabend so viel gegessen hatte, dass er sich kaum noch bewegen konnte, lief ihm dabei das Wasser im Mund zusammen. Doch er war noch nicht so weit, sich schon wieder in Gesellschaft zu begeben. Der Kaffee belebte seine Sinne langsam, und der Ozean, der am Horizont in einer sanften Linie mit dem Himmel zu einer Einheit verschwamm, faszinierte ihn erneut. Die Insel Dia, die er von hier aus sehen konnte, hatte es ihm angetan. Die Kriti erzählten die Geschichte von Zeus, der erst ein Monster erschaffen hatte, das die Bewohner Kretas vernichten sollte, es dann aber versteinert hatte, um sie zu erretten. Ob das wohl auch ein Teil der kretischen Mentalität war? Ging es dabei um das Verzeihen oder um die Tatsache, sich etwas schönreden zu können? Je länger er allein war, umso mehr hatte er begonnen, Fragen von allen philosophischen Standpunkten aus zu durchdenken. Das war nicht immer hilfreich, denn er verirrte sich oft in Details und vergaß am Ende, warum genau er sich damit auseinandersetzte. Er war ein Sonderling geworden. Ein Sonderling mit einem schlimmen Geheimnis – noch dazu auf der Insel, die mehr mit ihm zu tun hatte, als ihm klar gewesen war. Das Leben war wirklich unplanbar. Dabei war es doch ein grundsätzlich menschliches Bedürfnis, zu planen und Strukturen zu folgen. So war das Gehirn gebaut. Durch die Veränderungen in den vergangenen zwei Jahrzehnten war die Menschheit immer mehr auf Abwege geraten. Die permanente Verfügbarkeit aller möglichen Informationen und die Zeitverschwendung, die durch die Nutzung sozialer Medien passierte, versuchte immer wieder – im krassen Gegensatz zu den ursprünglichen Denkprozessen des Menschen – einen in zwei oder gar mehrere Teile zu reißen. Die moderne Entwicklung lief immer mehr dahin, permanent verfügbar zu sein und jedem Impuls zu folgen, doch der ursprüngliche Teil im Gehirn, der für das Verhalten verantwortlich war, konnte sich nicht in diesem Tempo mitentwickeln. Er blieb streng dem verhaftet, was vor Urzeiten nötig gewesen war: Entscheide sofort, ob Gefahr droht oder nicht. Eine Flut an Informationen nach diesem Raster zu bearbeiten, benötigte jede Menge an Energie und machte auf eine unauffällige Art lenkbar … Doch er driftete gedanklich ab. Wieder wurde alles zur Grundsatzfrage und damit philosophisch.
Auch er hatte durch seine Arbeit dazu beigetragen, ebendiesen oft angstbesetzten Teil des Menschen zu verstärken, denn seine Berichte hatten sich nie mit den guten Dingen beschäftigt, sondern immer nur die Bösartigkeit der Welt gezeigt und ihre schwelenden Wunden offengelegt. So sahen Menschen in Nachrichten und Schlagzeilen immer nur Gefahren, und das verschob den Blick auf die Realität, denn tatsächlich war die Wahrscheinlichkeit, von einem herabfallenden Dachziegel getötet zu werden, größer als die, bei einem terroristischen Anschlag ums Leben zu kommen. Die Verfügbarkeit einer jeden Information durch die Medien vermittelte jedoch den Eindruck, dass ein Selbstmordattentäter auch in irgendeinem winzigen Kaff im Odenwald durchaus denkbar war. Er hatte sich in dieses Räderwerk eingefügt, es mit seinem ganz persönlichen Schmieröl reibungslos am Laufen gehalten, und diesbezüglich hatte es auf jeden Fall auch etwas Gutes, dass er ausgestiegen war, sein Körper und seine Psyche ausgestiegen waren …
Carsten erhob sich so schnell, dass er mit dem Knie gegen das Tischchen stieß und die Kaffeetasse bedrohlich zu taumeln begann. Er konnte sie gerade noch ergreifen, bevor sie umfiel. Es war Zeit, aus dem Gedankenkarussell auszusteigen. Mittlerweile hatte er sich dafür einige Techniken antrainiert. Dazu gehörten seine Notizen in Mindmap-Form: Er malte sich den Hauptgedanken mittig auf ein Blatt und setzte dann Zweige an, in denen er die Untergedanken in eine Art Struktur brachte. Noch dazu fragte er sich regelmäßig, ob dieser oder jener Punkt wirklich der Wahrheit entsprach. Das ging jedoch nur, wenn er sich schon genügend mit der Thematik auseinandergesetzt hatte, denn sonst war er grundsätzlich geneigt, jeden Strang seiner Gedankenflut als real und wahr einzustufen. Aber gerade jetzt würde er das nicht tun, sondern zum Meer gehen, das Wasser spüren und dessen machtvolle Energie aufnehmen – das war gestern wunderbar gewesen und hatte dafür gesorgt, dass er sich leicht und frei fühlte.
Er schnappte sich seine Badehose, streifte sich das Hemd über, schlüpfte in die Flipflops und warf sich das Handtuch über die Schulter. Er war schon fast aus dem Zimmer, als er bemerkte, dass er sein Handy nicht bei sich trug. Es war interessant, dass er den Fluch und Segen seiner Zeit tatsächlich »vergessen« konnte, und dabei beließ er es auch. Am Strand und beim Schwimmen war es nicht nötig, und es gab niemanden, von dem er einen dringenden Anruf erwartete. Er schob seine Sonnenbrille über die Augen und ging zügigen Schrittes durch die Anlage in Richtung Strand. Es war noch früh, und die Frühstückszeit hatte gerade erst begonnen, sodass er es später gemütlich auf Fotinis Terrasse genießen konnte.
Es waren nur wenige Menschen am Strand. Er legte sein Handtuch ab, die Brille darauf, den Zimmerschlüssel darunter und kraulte kurze Zeit später durch das erfrischende Nass hinaus in die Bucht. Es war ja nicht so, dass er noch nie am Meer gewesen war, doch er musste sich erneut eingestehen, dass er noch nie an und in einem solchen Meer gebadet hatte. Er hatte sich mit der Geschichte Kretas befasst – freiwillig und unfreiwillig – und festgestellt, dass man sich hier gern mit Superlativen umgab: Das Größte von dem, das Schönste von diesem und natürlich auch das Beste von jenem … Tatsächlich musste er einigem bereits zustimmen, denn das Essen war wirklich wie Soulfood und befriedigte dadurch irgendwie alle Sinne, und das Meer war schlicht unglaublich. Er – der rationale Berichterstatter, der immer nur faktenbasiert arbeitete – war innerhalb weniger Stunden bereit gewesen, an Magie zu glauben und die bezaubernde Wirkung seiner Zimmerwirtin zu akzeptieren.
Das Wasser umgab ihn samtig salzig und fühlte sich zwischen seinen Fingern wie Seide an. Ihn überkam plötzlich das irrationale Gefühl, hier draußen in den sanften Wellen des Ozeans tanzen zu wollen. Er schob alles weg, was ihn belastete. Und was in Deutschland nur selten gelungen war, funktionierte hier auf Anhieb. Die Sonne ließ das Wasser wie Edelsteine funkeln, und das Farbenspiel berauschte ihn erneut. Er tauchte hinab in die klare Tiefe und ließ sich dann wieder an die Oberfläche treiben, um das Salz von seinen Lippen zu lecken, das wirklich köstlich schmeckte. Wahrscheinlich waren doch Drogen im Essen gewesen, oder eine seiner Hauptsicherungen war komplett durchgeknallt, denn all diese Empfindungen waren ihm fremd. Erst hatte er fremd geworden im Sinn gehabt, doch dann hatte er sich sehr schnell klargemacht, dass er sich nicht erinnern konnte, sich je so gefühlt zu haben. Die Natur Afghanistans war wahnsinnig schön, Indien besaß Landstriche, die einen an Märchen erinnerten, und so hing jeder Region eine Besonderheit an, die ihn außerhalb des Kriegsgeschehens fasziniert hatte. Doch es waren kognitive Wahrnehmungen gewesen – gesteuert von seiner Ratio. Hier waren es reine Gefühle.
Er ließ sich treiben und schwamm dann mit kräftigen Zügen zurück an Land. Das Wasser hatte die dunklen Gedanken abgewaschen, und er freute sich auf das Frühstück und den Tag. Heute würde er ein bisschen umherfahren, um sich einen ersten Eindruck von der Umgebung zu verschaffen. Auf jeden Fall wollte er durch Heraklion streifen und die Menschen in der Hauptstadt beobachten. Morgen würde er seine Reise in den Osten der Insel planen. Fotini hatte schon angekündigt, dass sie ihn dabei unterstützte. »Carsten, meine Cousine Meri hat eine hübsche Frühstückspension direkt am Meer in Skaleta, einem kleinen Ort zwischen Bali und Rethymno. Da wird es dir gut gehen – natürlich nicht so gut wie bei uns hier, aber gut. Darauf kannst du dich verlassen. Ich rufe sie gern an, und du kannst von dort aus nach Meronas zum Kastro Koules fahren, um deine Reportage zu beginnen.«
Es war alles so unkompliziert, und hatte er sich im Griff, erschien ihm sogar sein eigenes Leben schön. Doch er wusste, was da unter der Oberfläche lauerte und dass er sich der Klärung nicht dauerhaft entziehen konnte.
Er duschte rasch das Salzwasser ab, schlang sich das Handtuch um die Hüften und lehnte sich an die Mauer, auf der der gepflasterte Weg der Promenade entlanglief. Die Sonne trocknete das Wasser auf seiner Haut, und er hatte das Gefühl, zu spüren, wie sie ihm einen Hauch von Bräune ins Gesicht zauberte.
Sein Magen knurrte plötzlich, und er nahm das verwundert zur Kenntnis, denn gestern Abend hatte er ihn reichlich mit frittierten Pilzen, einem Bauernsalat, gegrilltem Kalamar und einer Schale mit duftender Moussaka gefüllt. Im Anschluss hatte Tomas einen köstlich cremigen Kuchen auf den Tisch gestellt, der nach Frischkäse und Limettenabrieb, einer Spur Zimt und jeder Menge Zucker geschmeckt hatte. Dazu war noch ein hausgemachter Granatapfellikör gekommen. »Den hat Mutter selbst gemacht. Den musst du unbedingt probieren.« Tomas hatte ihm ein Schnapsgläschen eingeschenkt und sich selbst einen großzügigeren Schluck in eines der kleinen Wassergläser gegönnt, aus denen man hier verwirrenderweise den Wein trank.
»Yámas, Carsten«, hatte er gerufen, was sofort Fotini auf den Plan gebracht hatte.
»Wollt ihr etwa ohne mich anstoßen, oh, ihr bösen Jungen!« Sie hatte ihnen scherzhaft mit dem Finger gedroht und sich ebenfalls ein Schnapsgläschen vollgegossen. Dann hatten sie angestoßen und einander Glück gewünscht.
Er wusste, dass er nicht zum Säufer geboren war, aber der Likör hatte ihm überraschend gut geschmeckt, und es hatte ihm durchaus gefallen, ein schönes Glas Wein zum Essen zu genießen … und den Schnaps zum Nachtisch. Das machte ihn gewiss nicht gleich zum Alkoholiker, aber zusammen mit seinen seelischen Tiefs war die Gefahr grundsätzlich gegeben, durch eine bewusstseinsverändernde Droge einen Ausweg suchen zu wollen. Daher ließ er Vorsicht walten und achtete darauf, nicht zu viel zu trinken. Solange es beim Genuss blieb, war es okay – wenn es jedoch darum ging zu vergessen, dann wurde es gefährlich.
Langsam stieß er sich von der Mauer ab, er konnte den Geruch, den die Sonne auf der Haut hinterließ, wahrnehmen und speicherte diese Empfindung ab. Dann zog er sein Hemd an und knöpfte es zu. Die Badehose war bereits getrocknet, und er beschloss, so gekleidet zum Frühstück zu gehen. Sein Gang war schlendernd, und die Leichtigkeit, die er im Meer empfunden hatte, hielt an.
Wenige Minuten später betrat er die Terrasse, auf der schon einige Tische besetzt waren. Tomas sah ihn, begrüßte ihn mit einem fröhlichen Lächeln, und Carsten war erneut verwundert darüber, sofort zu erkennen, dass es echt und nicht aufgesetzt war. Wie war es möglich, dass jemand, der täglich Gäste um sich herum hatte und gewiss unter Stress stand und in vielerlei Hinsicht gefordert wurde, so zufrieden war?
Der Mann geleitete ihn zu einem Tisch unter der Pergola, sodass er im Halbschatten saß und den Blick auf die strahlend blaue Ägäis genießen konnte.
»Hast du irgendwelche Wünsche, Carsten, oder soll ich dir verschiedene Leckereien bringen?«
»Kaffee wäre wunderbar, und ansonsten verlasse ich mich gern auf dich, Toma.«
»Du warst schon schwimmen«, stellte der Mann aufmerksam fest, »wie war das Wasser?«
»Erfrischend und wunderbar. Ich … also … Es … hat so viel Kraft …« Carsten, der mit Worten jonglieren konnte wie kaum ein anderer, stolperte durch diesen Satz. Es war nicht nur ein x-beliebiger Small Talk, sondern die Worte bedeuteten etwas für ihn.
»Die Götter haben nicht nur die Erde unserer Insel geküsst, sondern auch dem Meer ihren Odem eingehaucht. Es ist, wie du es sagst: Es hat Kraft!« Tomas nickte heftig, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen. Dann trabte er los, und kurze Zeit später bereute Carsten beinahe, ihm freie Hand gelassen zu haben, denn der Tisch bog sich praktisch unter der Last der Speisen: Da war ein Spiegelei, auf dem etwas Olivenöl und Salzkörner glitzerten, frische Tomaten, mit Schokoladencreme bestrichene Pancakes, Toast mit Käse und Schinken, zwei buttrig duftende Croissants, eine Platte mit Apfelschnitzen, Melone und Trauben, eine Schale mit Joghurt und einer Schicht goldenem Honig darauf. Dazu gab es »Brot, das Fotini heute Morgen gebacken hat« mit frischer Butter aus Schafsmilch »von unserem Cousin Manolis, der oben in den Bergen seine Schafe weiden lässt« sowie Orangenmarmelade, die Fotini »selbstverständlich ebenfalls selbst gemacht« hatte. Er fragte sich langsam, ob diese Familie auch manchmal schlief.
»Auf dem Weg nach Fodele haben wir ein Feld mit Orangenbäumen. Dort sind sie besonders sonnengereift und saftig. Das wirst du schmecken. Und hier habe ich noch eine Besonderheit für dich!« Tomas zauberte ein Glas hervor, in dem eine Mandarine in einer Flüssigkeit schwamm, und Carsten fürchtete bereits, den rauen Schnaps vorzufinden, doch Tomas belehrte ihn eines Besseren: »Du musst sie komplett essen, am besten mit einem Happs. Sie ist in Sirup eingemacht, und der durchdringt die Schale und macht sie ganz mild. Das ist eine wirkliche Besonderheit, und Fotini …«
»… hat sie selbst gemacht«, beendete Carsten den Satz lächelnd.
Tomas hob einen Daumen, stellte das Glas ab, grinste verschwörerisch, wünschte ihm einen guten Appetit und überließ ihn dem Buffet auf seinem Tisch. Carsten ergab sich den Köstlichkeiten und war zufrieden. Was für ein wundervolles Gefühl!