Katharina, sechs Monate später
Sie hatte es ihr versprochen, und ein solches Versprechen musste man halten.
Sie streifte das dunkle Kleid ab und schlüpfte aus den schwarzen Pumps – die Beerdigung war nicht so furchtbar gewesen wie erwartet. Ihre Yaya war in hohem Alter und so, wie sie es sich gewünscht hatte, friedlich verstorben. Es war ein leichter Tod gewesen. Sie hatte ganz entspannt in ihrem Sessel gesessen, und die Haushaltshilfe hatte sie dort gefunden. Hera hatte alles geregelt gehabt und Katharina alles befolgt, und sie würde auch den Rest befolgen, der nach der Beerdigung kam. Sie hatte vierzig Tage dafür Zeit. Das war das Versprechen, das sie ihrer Großmutter gegeben hatte.
Der Herbst nach dem, was sie mit Carsten erlebt hatte, war grauenvoll gewesen. Sie hatte ihn nach seinem Geständnis aufgefordert zu gehen, und er war ihrer Aufforderung kampflos gefolgt. Sie hatte ihn nicht mehr wiedergesehen und keinen Kontakt zu ihm aufgenommen. Es war zu schön gewesen, um wahr zu sein. So etwas Schönes konnte ihr nicht widerfahren. Das Schicksal meinte es nicht gut mit ihr, denn wie groß war bitte die Wahrscheinlichkeit, dass der Mensch, den man als seinen Seelenverwandten erkannte, ein Nachfahre des Mannes war, der den eigenen Großvater ausgeliefert hatte und für den Tod vieler anderer Dorfbewohner verantwortlich war? All das, was sich in ihrer Familie aus dieser Tat entwickelt hatte, hatte letzten Endes auch dafür gesorgt, dass ihr Onkel zum Mörder geworden und ihr Vater oben im Dikti einsam verstorben war.
»So darfst du das nicht sehen, Kathi«, hatte ihre Yaya in einem der vielen Gespräche zu ihr gesagt. »Es war eine besondere Fügung, dass ihr euch begegnet seid und dass ihr so tief füreinander empfunden habt. Vielleicht ist es ein Zeichen.«
»Ein Zeichen«, hatte sie schrill gemeint, »wofür denn? Dass sich die Moiren über mich lustig machen? Dass ich mich für Minuten normal gefühlt habe, um dann in ein Loch zu fallen, das tausendmal schlimmer ist als alles vorher!«
»Nein, Kind!« Ihre Yaya war laut geworden und hatte auf den Tisch gehaut – mit einer Kraft, die Katharina ihr nicht mehr zugetraut hatte. »Nein. Ein Zeichen dafür, dass Vergebung möglich ist und dass Gräben sich durch Liebe überwinden lassen.«
»Wir sind hier nicht bei Romeo und Julia «, hatte Katharina bitter gesagt und sich dann gleich verbessert, »oder vielleicht doch, denn das endet ja auch nicht gut, und keiner vergibt dem anderen.«
»Aber du könntest es tun, denn Carsten kann nichts dafür. Es ist nicht seine Schuld, und er ist auch nur ein Opfer in der ganzen Geschichte. Wie seine Großmutter und seine Mutter Opfer waren. Vielleicht denkst du da mal darüber nach, wenn du aus deinem Tunnel herauskommst. Das wäre nämlich klug, und wenn ich ganz ehrlich bin und kein Blatt vor den Mund nehme, dann sage ich dir, was ich wirklich denke.«
Katharina erinnerte sich mit Reue an ihr Verhalten der Großmutter gegenüber. »Das kannst du machen, aber es ist nicht so, als würde mich das alles nicht betreffen.«
»Das habe ich mit keinem Wort gesagt, Kathi. Es betrifft uns alle, denn es ist unsere Vergangenheit, aber wenn hier jemand mit alldem hadern darf, dann bin ich das. Ich habe dir berichtet, wie mein Leben verlaufen ist, und ich habe einen hohen Preis bezahlt, denn ich habe sogar mit ansehen müssen, wie meine Kinder an den Folgen dieses Verrates zerbrochen sind. Und wenn ich verzeihen kann, dann hast du kein Recht, es nicht zu tun!«
Katharina war gegangen, ohne ein weiteres Wort zu sagen, doch es war nicht das letzte Gespräch geblieben, und im Herzen wusste sie, dass Hera recht hatte. Es war nicht nur die Vergangenheit, die sie Carsten nachtrug, sondern auch, dass er sie verlassen hatte, trotz allem, was sie gespürt und erlebt hatten. Warum hatte er nicht aufbegehrt, warum hatte er sich einfach gefügt. Weil er dich respektiert, du dumme Kuh, hatte ihre innere Stimme gebrüllt, aber sie hatte ihr Sprechverbot erteilt. Er war zu leicht gegangen – hatte seine Sachen zusammengerafft und war mit dem weißen Suzuki Jimny in die Dunkelheit der Nacht davongebraust.
Sie hatte zu sehr unter Schock gestanden, um etwas zu tun, und so hatte sie die nächsten Stunden damit verbracht, ihre Sachen zu packen, aufzuräumen und alles so zu richten, dass die Putzfrau wirklich nur noch einmal durchwischen musste. Dann hätten die Interessenten eintrudeln und den Palast kaufen können, damit sie nie mehr an ihn und das, was sie hier erlebt hatte, denken musste.
Sie hatte sich in ihren Alltag gestürzt wie eine Ertrinkende an das rettende Land und zu vergessen versucht. Doch das, was zwischen ihr und Carsten war, konnte man nicht vergessen. Es war zu besonders. Er geisterte durch ihre Träume – bei Tag und Nacht –, und da sie wusste, wie das Journal hieß, für das er die Reportage gemacht hatte, googelte sie ihn auch immer wieder, um zu lesen, was er über das Kastro geschrieben hatte und welche Bilder erschienen waren. In ihrem tiefsten Inneren hatte sie gehofft, etwas zwischen den Zeilen des Berichts zu lesen, was nur für sie bestimmt war.
Als sie seinen Text schließlich entdeckt hatte, war sie zu Tränen gerührt gewesen, denn alles war nur für sie geschrieben worden: ein magischer Ort, an dem sich nicht nur frisch Verliebte vollkommen in der zauberischen Umgebung verlieren, sondern auch alte Seelen ihre Heimat finden … Er hatte sie nicht vergessen.
»Wenn es wirklich so war, wie du es erzählst, dann vergisst er dich nie«, sagten sowohl ihre Yaya als auch ihre beste Freundin Tina, aber es war zu spät. Sie hatte ihn fortgeschickt – nein, sie hatte ihn in der Nacht rausgeschmissen –, ohne dass er ein Zimmer irgendwo gehabt hatte. Sie war egoistisch gewesen und hatte nur ihren eigenen Schmerz gesehen. Selbst wenn sie über ihren Schatten springen würde, so konnte er ihr dieses Verhalten keinesfalls verzeihen.
Vor ungefähr drei Wochen hatte ihre Großmutter sie gebeten, zu ihr zu kommen, um wichtige Dinge zu besprechen, und hatte ihr dann all ihre Wünsche für ihre Beerdigung und die folgenden Feierlichkeiten vorgelegt: »Ich will, dass du – also ihr alle – das so einhaltet. Es sind meine Wünsche.« Als Letztes hatte ihr die alte Dame eine Seite mit einigen handgeschrieben Sätzen vorgelegt, und Katharina hatte sie erstaunt angeschaut. »Was soll das, Yara?«
»Das hast du zu tun. Verstehst du? Und ich will, dass du es mir versprichst!«
»Ich soll nach Deutschland fliegen und meine Beziehung … ich habe keine Beziehung …«
»Hör auf damit, Kathi, keine Wortklaubereien oder dummen Ausreden. Du liebst ihn, und er liebt dich. Findet einen Weg, und wenn ihr es versucht habt und scheitert, dann ist es eben so! Aber sitz nicht hier herum und blase Trübsal, weil du ihn verloren hast. Das ist nicht gut für dich und auch nicht für die Jungs.«
»Aber für die ist es toll, wenn rauskommt, wer Carsten ist …«, hatte sie noch immer bockig widersprochen.
»Wie, um Himmels willen, soll das herauskommen? Der Mann hat mehr als fünfzig Jahre mit einer falschen Identität gelebt und ist nicht aufgeflogen, und jetzt soll jemand herausbekommen, dass Carsten Wegner der Enkel von Ioannis Miserakis ist, den selbst die Regierung für tot hält. Du merkst hoffentlich, dass das blanker Unsinn ist.«
»Also soll ich meine Söhne belügen? Alle belügen?«
»Katharina!« Ihre Großmutter war laut geworden. »Wir haben euch damals nicht alles erzählt, um euch zu schützen, und nicht, weil wir gesagt haben: Lasst uns die Kinder belügen! Gib deinem Glück eine Chance. An Carstens Händen klebt kein Blut – und nun genug der Diskussionen. Da steht übrigens noch etwas.«
»Ich soll Giorgos’ Haus kaufen?«, hatte sie fassungslos ausgerufen.
»Mir gehört davon auch ein Stück, und das vermache ich dir. Also kauf es. Du magst es doch.«
Katharina hatte sich Bedenkzeit ausgebeten, und ihre Yaya hatte ihr großzügige vierundzwanzig Stunden gewährt.
»Ich mache das alles hier, damit ich endlich in Frieden gehen kann. Verstehst du. Ich bin müde, Kathi. Sehr müde. Und was das Ritual angeht, da liegt es an dir, wie du damit umgehen möchtest. Du hast von mir nun alles gehört.«
Sie wusste, dass sie eigentlich nur mit ihrem sturen Kopf haderte. Den hatte sie von ihrer Mutter geerbt. Olympia hatte jedoch eher positiv damit gearbeitet und ihre Ideen durchgesetzt, statt sich so zu verrennen. Wenn sie doch nicht aufhören konnte, an ihn zu denken, wenn sie noch immer seine Hände auf ihrer Haut spürte, die Gedankenfetzen der vergangenen Leben mit ihm zu sehen glaubte – wie konnte sie dann nicht für diese Beziehung kämpfen? Sie verurteilte ihn für die Vergangenheit seiner Familie, so, wie sie von den Menschen auf Kreta für Giorgios’ Vergangenheit verurteilt wurde. Eigentlich müsste sie es besser wissen.
Nun musste sie sich auch noch von ihrer beinahe einhundert Jahre alten Yaya dazu zwingen lassen, ihr Glück in die Hand zu nehmen, um nicht weiterhin wie ein Zombie umherzuirren. Na ja, Zombies hatten kein Gehirn mehr – bei ihr war es eher so, als wäre ihr Herz mit Carsten gegangen. Diese Leere in ihrer Brust machte ihr tatsächlich schwer zu schaffen, obwohl sie sich immer und immer wieder einredete, dass sie doch prima funktionierte. Mehr war es aber tatsächlich nicht: Sie funktionierte.
Kurz bevor das Ultimatum ausgelaufen war, hatte sie zum Telefon gegriffen und gesagt: »In Ordnung, Yara, du hast gewonnen. Ich verspreche es.«
»Das ist ein Ehrenwort, Katharina, das ist dir hoffentlich bewusst.«
»Ja«, hatte sie genervter als beabsichtigt geantwortet, und die Sache war irgendwie beschlossen gewesen: vielleicht auf das Meer hinausfahren und einen Stein reinwerfen, auf jeden Fall nach Deutschland fliegen und den Cousins den Glaspalast abkaufen.
Für ihre Großmutter schien das eine der Aufgaben gewesen zu sein, die sie dringend noch hatte erledigen müssen, und danach hatte sie loslassen können. Obwohl es in Ordnung für Katharina war, denn ihre Yaya hatte wirklich ein langes Leben gehabt, machte es sie traurig, denn mit wem sollte sie nun reden? Die alte Dame war lebensklug gewesen und hatte ihre Enkelin eben auch oft auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt.
Katharina schlüpfte in bequeme Jogpants und eine dunkle, lockere Tunika, als es an der Tür klingelte. Sie hatten gerade eine Beerdigung hinter sich, wer wollte denn jetzt etwas von ihr? Leicht genervt ging sie zur Tür und sah ihre Tante Maria dort stehen. Sie hatten seit dem Telefonat damals keinen engeren Kontakt mehr gehabt. Diesmal lag es aber nicht an Maria, sondern an ihr.
»Maria – ich will nicht unhöflich sein, aber ich habe gleich einen Termin am Hafen. Was kann ich für dich tun?«
»Oh, entschuldige, Liebes. Ich will dich nicht lange aufhalten, aber da ist etwas, was ich dir schon lange sagen … nein … beichten will.«
Katharina wappnete sich für irgendetwas Schlimmes, auch wenn sie den Zeitpunkt als absolut unpassend empfand.
»Ich war im Herbst oben am Haus – als du dort warst. Ich wollte dich besuchen und spüren, was da von Giorgos noch ist. Aber du warst nicht allein. Ein Mann war bei dir, und ich konnte von draußen spüren, dass es eine besondere Situation war. Das wollte ich dir nur sagen.«
»Hat Hera dich dazu angestiftet?« Katharina wusste, dass sie sich ungerecht anhörte, aber sie sprach eben nur aus, was ihr in den Sinn kam, denn warum sonst sollte Maria ausgerechnet jetzt damit ankommen.
»Nein. Ich hatte keinen Kontakt mit deiner Großmutter. Ich wollte es dir schon lange sagen, aber irgendwie habe ich dich nie erwischt. Entschuldige, wenn es jetzt unangemessen, erscheint. Vielleicht können wir ja mal einen Kaffee zusammen trinken. Was meinst du?«
Katharina besann sich und sagte versöhnlich: »Das würde ich gern machen, doch zuerst fliege ich nach Deutschland und rede mit dem Mann von damals. Das hat mir meine Großmutter so aufgetragen …«
»In Ordnung.« Maria schien ein wenig verdutzt, verabschiedete sich aber wieder.
Katharina kam sich verrückt vor, denn alles häufte sich und wies so deutlich auf Carsten hin. Sie hatte sich nach dem Versprechen an Hera Gedanken über das Ritual und ihr Mantra gemacht, und es war ganz einfach gewesen. Es war ihr tatsächlich auch kein bisschen albern vorgekommen, den Stein zu gestalten. Sie hatte sich sogar besondere Mühe gegeben und ihn mit kleinen Zeichnungen versehen, die jenen Bildern entsprachen, die sie als Vergangenheit mit Carsten wahrgenommen hatte.
Ich will mit meinem Seelenpartner eine in allen Bereichen glückliche Beziehung führen.
So lautete das Mantra. Es war positiv und umfassend und barg nichts Schlechtes.
Sie schaute auf die Uhr und griff sich Tasche, Jacke, Handy, den Koffer und die Schlüssel, denn sie würde gleich nach dem Ritual in Richtung Irakleio aufbrechen, um den nächsten Flug nach Frankfurt zu nehmen.
Sie hatte eines der Boote des Hotels zu Wasser bringen lassen. Alle in der Familie besaßen einen Führerschein. Die See war heute ruhig und glatt – so, als hätte ihre Yaya dafür gesorgt, dass das Wetter das Ritual leicht machte.
Sie steuerte das Boot hinaus auf das Meer. Sie musste nicht sehr weit rausfahren – nur so weit, dass sie vor neugierigen Blicken geschützt war. Es war schön, auf dem Wasser zu sein, und sie genoss den frischen Wind und das Salz auf ihrer Haut. Als sie die Küste weit genug hinter sich gelassen hatte, nahm sie den Stein aus der Tasche und atmete tief durch. Das Mantra war gut. Sie hatte es mehrfach durchdacht und geprüft. Sollte sie wirklich daran glauben, dass es über eine Macht verfügte, so war es so hieb- und stichfest, wie es nur ging. Carsten war ihr Seelenpartner – dessen war sie sich sicher –, und eine in allen Bereichen glückliche Beziehung war genau das, was sie wollte. Glücklich zu sein beinhaltete auch, wertgeschätzt und respektvoll behandelt zu werden, und dass sie eine wundervolle, körperlich befriedigende Beziehung haben würden, stand außer Frage. Damit all das zustande kam, musste er ihr verzeihen. Sie hatte sich mittlerweile selbst verziehen, und das war schon extrem herausfordernd gewesen. Doch wenn das Ritual funktionierte, dann konnte er ihr ebenfalls verzeihen, und vielleicht konnten sie das dann auch an andere weitergeben: die Fähigkeit, zu vergeben und Gräben zu schließen, sodass dort, wo bis jetzt Kargheit und Zerstörung alles brachliegen ließ, etwas Schönes wachsen konnte. Sie war bereit und trat an das Heck des Bootes. Sie hob die Arme, doch plötzlich wurde ihr vollkommen bewusst, dass sie das hier nicht brauchte. Sie hatte sich verändert, war durch so viele Tiefen gewandert, sich selbst begegnet und hatte ihre hinderlichen Muster erkannt. Sie war an alldem gewachsen, und selbst wenn Carsten ihr ihre Härte jener Nacht nicht verzeihen konnte, so hatte sie doch den Prozess des Vergebens durchlaufen. Das konnte ihr niemand mehr nehmen.
Sie atmete tief durch und genoss es noch eine Zeit lang, dort zu stehen, schloss die Augen und sah sich mit Carsten im Glaspalast sitzen – nicht in der Vergangenheit, sondern in der Zukunft. Sie brauchte kein magisches Ritual, sondern nur den Mut einer starken, selbstbewussten Frau – ihren Mut. Sie steckte den Stein in ihre Handtasche, dann steuerte sie das Boot zurück in die Marina des Oneiro. Ein Mitarbeiter würde es später wieder an Land holen.
Sie fühlte sich dank ihrer Erkenntnis draußen auf dem Meer der kommenden Situation nun endlich gewachsen, stieg in ihr Auto und fuhr zum Flughafen. Die Jungs hatte sie Lambros übergeben und ihrem Ex-Mann ihren Standpunkt sehr deutlich gemacht. »Es ist an dir zu entscheiden, was du deinen Söhnen vorleben und mitgeben möchtest. Ich für meinen Teil habe entschieden, dass ich meinen Weg gehen werde, so, wie ich ihn für richtig halte, ganz egal, ob es dir gefällt oder nicht. Du kannst dich wie ein Vater und ein Vorbild benehmen oder einfach weiterhin ein Idiot sein. Das ist deine Entscheidung. Ich bin in einer Woche zurück, und ich erwarte, dass du wie ein Erwachsener mit der Situation klarkommst. Also bitte keine Anrufe wegen irgendwelcher Pullover, Gemüsesorten oder Zuckerunverträglichkeiten.« Lambros hatte sie angestarrt, als hätte sie drei Augen oder ein Horn auf der Stirn, doch dann war das Wunder geschehen: Er hatte sich ohne Widerworte getrollt.
Es hatte gutgetan, sich ihm gegenüber zu positionieren. Sie wusste nicht, ob sie tatsächlich eine Woche weg sein würde, denn sie hatte keine Ahnung, wie die Situation mit Carsten ausging, aber sie hatte sich zudem vorgenommen, nach Hamburg zu reisen, um das Grab ihres Großvaters zu besuchen. Sicher musste sie ihm nicht sagen, dass seine Frau auf dem Weg zu ihm war, denn gewiss saß sie schon neben ihm und schaute von dort mit strengem Blick auf ihre Enkeltochter herab, ob diese ihre Versprechen auch einhielt. Das erste hatte sie schon eingelöst, denn sie hatte Athanasios und Panagiotis gebeten, ihr einen fairen Preis für das Haus in den Bergen zu unterbreiten, und die Cousins hatten nicht mit ihr diskutiert. Sie vermutete, dass Hera ein Machtwort gesprochen hatte und die Männer sich der Ansage der Familienältesten fügten.
Als sie in das Flugzeug stieg, war sie sonderbar beruhigt, und der Glaube daran, dass alles gut werden würde, hatte mehr Raum in ihr als jegliche negativen Gedanken.