»Bist du bereit dafür?«, fragte Brice.
Levi hob sich das Nachtsichtmonokular ans linke Auge und erblickte die Umgebung in verschiedenen Schattierungen von Grün. Es war vier Uhr morgens. Er befand sich nicht weit vom Haus des Lobbyisten Alex Conway aus der K Street entfernt.
Mit einem Finger aktivierte er sein Kehlkopfmikrofon und flüsterte: »Du bist viel zu intelligent, um so dumme Fragen zu stellen. Sonst wäre ich wohl kaum hier. Hat sich irgendwas Neues ergeben, seit wir vor ein paar Stunden telefoniert haben?«
»Tatsächlich ja. Die russischen Medien haben gerade Porschenkos Tod bekanntgegeben. Ich vermute, unser Lobbyist weiß noch nichts davon, weil’s bei uns mitten in der Nacht ist. Aber er wird es mit Sicherheit heute erfahren.«
»Na toll. Was glaubst du, wie er reagieren wird?«
»Schwer zu sagen. Aber wir haben einen unserer Leute, einen ehemaligen FBI-Profiler, durchsehen lassen, was wir über ihn haben. Seiner Meinung nach wird Conway entweder gar nichts tun – oder heftig reagieren. Nichts dazwischen.«
»Wunderbar. Also haben wir eine Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent, dass der Lobbyist vor lauter Wut über den Tod seines Lovers versucht, einen Bürgerkrieg anzuzetteln.«
»Ausschließen kann man es nicht. Übrigens hat Mason aus Europa angerufen. Wir brauchen mehr Daten für Verhaftungen der Hauptakteure bei dem Schlamassel, und wir brauchen sie schnell. Ich kappe den Internetzugang zu den Bürocomputern dieses Kerls. Wenn die Leute morgen früh zur Arbeit antraben, habe ich ein Team bereit, um den Zugang zu ›reparieren‹.«
»Warte, so was kannst du? Wieso zum Teufel bin ich dann hier?«
»Ich dachte, das hätte ich klar gemacht. Scheiß, Mason ist bei so was viel besser.«
»Du bist gerade nicht sehr vertrauenserweckend, Brice. Jetzt sag mir, warum ich bei dem Kerl einsteigen soll, obwohl du seinen Geschäftsbetrieb anscheinend schon im Griff hast.«
»Tut mir leid. Als Porschenko zuletzt mit ihm telefoniert hat, war Conway laut Handyaufzeichnungen im Südflügel seines Hauses. Und er hat gesagt, er hätte Porschenko gerade etwas gemailt, weißt du noch? Deshalb glauben wir, dass es dort wichtige Daten gibt. Die brauchen wir – und alles andere, was er auf dem Computer hat.«
»Wenn wir handeln können, dann handeln wir auch«, zitierte Levi das Motto des Outfits. »Na schön, tun wir’s.«
»Gut. Ich hab mir Zeit auf einem Satelliten besorgt, der soeben über unserem Teil der Welt schwebt, und er ist auf dich gerichtet. Ich habe Live-Bilder, und deine GPS-Position wird als roter Punkt angezeigt. Du bist gerade an einer Verzweigung nah am Ende der Potomac School Road, richtig?«
»Richtig. Aber warum hab ich das Gefühl, hier wie ein Elefant durch ’nen Porzellanladen zu stolpern? Ich sehe hier Reihe von Briefkästen neben einer schmalen Privatstraße, die in den Wald führt. Auf einem Schild steht, dass es eine Sackgasse ist. Irgendwie hab ich nicht den Eindruck, dass da hinten Villen stehen.«
»Vertrau mir, du bist richtig. Nutz die Dunkelheit. Erbring die Dienstleistungen, für die wir dich haben, und verdien dir dein Honorar, geschätzter Herr Yoder.«
»Ach was? Hältst du dich für Thorin Eichenschild und mich für Bilbo?«
»Ah, hast die Anspielung verstanden, was?«
Levi überquerte die Privatstraße und betrat den dichten Wald daneben. Er blieb parallel zur Straße, kam dabei jedoch langsam voran, weil er sich durch dichtes Unterholz schlängeln musste.
»Hab ich. Dir ist schon klar, dass Thorin den Spruch nie so gebracht hat, oder? Vielleicht im Film, den hab ich nie gesehen. Aber im Buch lässt Tolkien ihn viel blumiger reden. ›Nun kommt der Augenblick, wo unser hochgeschätzter Herr Bilbo Beutlin, der sich schon auf unserer ganzen langen Reise als ein vortrefflicher Mitarbeiter erwiesen hat ...‹ So geht es eine Weile weiter, bevor er damit endet: ›Nun kommt der Augenblick, wo er die Dienstleistung erbringen kann, um derentwillen er in unsere Gesellschaft aufgenommen wurde; nun kommt für ihn der Augenblick, sich sein Honorar zu verdienen.‹«
»Ich hätte wissen müssen, dass du das Buch auswendig kennst. Machen bestimmt alle amischen Mafiosi, was?«
Levi grinste. »Du suchst dir einen echt merkwürdigen Zeitpunkt dafür aus, Sinn für Humor zu entwickeln.«
»Gehört mit zu meinem besonderen Charme. So werde ich in Stresssituationen. Und offen gestanden ist meine Analogie auch irgendwie verkehrt, weil ich derjenige bin, der Conway Geheimnisse zu stehlen versucht. Du bist nur mein ...«
»Helfer?«
»Genau. Okay, genug Spaß gehabt. Was siehst du jetzt?«
»Da gibt’s nicht viel zu sehen. Schon schräg, dass ich in McLean in Virginia bin, dem Inbegriff einer Vorstadt, und gerade durch einen dichten Wald stapfe. Selbst mit dem Nachtsichtgerät von dir kann ich nicht viel erkennen. Ich muss mich hier alle paar Schritte um einen Baumstamm schlängeln. Im Augenblick bin ich an der südlichen Kurve der Privatstraße. Bin gerade an einem Haus zu meiner Linken vorbeigekommen. Und es ist nicht gerade klein.«
»Das sind sie alle nicht. Unser Lobbyist residiert in einer Villa mit acht Schlafzimmern auf 1.500 Quadratmetern am Ende der Straße.«
»Ich weiß, du hast mir ja die Grundrisse geschickt. Wer wohnt alles in den acht Schlafzimmern?«
»Conway hat vier Kinder, aber sie sind alle erwachsen und weggezogen. Wahrscheinlich haben alle längst eine eigene Villa. Er ist verheiratet, also müssen wir wohl von einer Ehefrau ausgehen. Und bei einem Haus dieser Größe hat er vielleicht auch ein Hausmädchen, das bei ihm wohnt. Aber hoffentlich brauchst du rein und raus ja nicht mehr als ein paar Minuten. Den Rest übernehme ich von hier aus.«
»Rein und raus.« Levi schnaubte. »Da hat aber einer leicht reden.«
Er warf einen Blick auf seine GPS-Anzeige. Sein Ziel befand sich nur noch 60 Meter entfernt. Er verlangsamte die Schritte, als er sich dem Waldrand näherte. Und tatsächlich lag unmittelbar vor ihm eine Villa.
»Sieht so aus, als wärst du westlich vom Haus.«
Levi bewegte sich nach Süden und schwenkte dann nach Osten. »Verstanden, bin jetzt unterwegs zur Südseite.« Als er sie erreichte, berichtete er, was er sah.
»Ich hab das Fenster zum Elternschlafzimmer vor mir. Das Licht ist aus. Im Bereich darunter sind keine Fenster.«
Wie zu erwarten. Aus den Grundrissplänen ging hervor, dass es sich beim Büro um einen fensterlosen Raum handelte, zugänglich nur über eine Treppe aus dem direkt darüberliegenden Schlafzimmer. Wahrscheinlich hätten die Baupläne so nie von der Aufsichtsbehörde abgesegnet werden dürfen. Bestimmt gab es Verordnungen, die vernünftige Fluchtwege aus Räumen vorschrieben oder so.
»Wie wir dachten. Wie gut kannst du klettern?«
»Hab schon mal dabei zugesehen.«
Levi verstaute das Nachtsichtgerät – es nützte ihm ohnehin nicht viel. Er nahm den Rucksack ab und holte seine Kletterausrüstung samt gummibeschichtetem Enterhaken heraus.
»Okay, Brice, ich bin in Position. Jetzt warten wir, bis unser Lobbyist aufbricht – und beten, dass seine Frau nicht den ganzen Tag im Schlafzimmer abhängt.«
»Das klappt schon. In 55 Minuten geht die Sonne auf, danach kann ich dich im Voraus über alles informieren, was ich über den Satelliten sehe. In der Zwischenzeit stifte ich Chaos in der K Street. Gib einfach Bescheid, wenn du was brauchst. Ich behalte dich auf dem Lautsprecher.«
»Verstanden. Mach du nur deinen Nerd-Kram.«
* * *
Mittlerweile war es kurz vor sieben Uhr morgens. Levi beobachtete durch ein Fernglas, wie ein Rolls Royce aus der Garage fuhr. Am Steuer saß eine Frau mit blondem, zu einem Pferdeschwanz zusammengebundenem Haar.
»Ich glaube, die Mutterhenne hat den Stall gerade verlassen«, meldete er.
»Tja, das vereinfacht es, oder? Bestimmt ist sie unterwegs zu ihrem Therapeuten oder so.« Brice verstummte kurz. »Ich kann ihr Auto auf den Satellitenbildern nicht sehen – die Bäume stehen zu dicht an der Straße zum Haus. Aber solange sie weg ist, haben wir einen Grund weniger zur Sorge.«
»Ihr Auto war das einzige in dieser Garage.« Levi schwenkte das Fernglas nach links zu einer zweiten für zwei Fahrzeuge. Kaum hatte er das Tor im Blick, begann es, nach oben zu rollen. »Bewegung in der zweiten Garage. Oh, damit hätte ich jetzt nicht gerechnet.«
»Was?«
»Ein Toyota Camry. Wenn das Conway ist, überrascht mich, dass er so was fährt. Vor allem, da seine Frau einen Rolls hat.«
»Vielleicht ist es das Dienstmädchen.«
»Glaub ich nicht. Sonst sind da drin keine Autos.«
Levi konnte zwar nicht das Gesicht des Fahrers erkennen, aber das Profil entsprach eindeutig dem eines Mannes mit grau meliertem Haar.
»Vielleicht ist sein richtiges Auto in der Werkstatt, und er fährt einen Leihwagen«, schlug Brice vor.
»Vielleicht. Jedenfalls sind alle Autos weg, und das ist mein Stichwort dafür, loszulegen.«
Mit dem Enterhaken in der Hand überquerte Levi das Grundstück, bis er sich direkt unter dem Fenster im ersten Stock befand.
»Wird schon schiefgehen.«
Er warf den dreizackigen Haken nach oben, zielte auf den höchsten Teil des Dachs. Er landete, holperte die schräge Fläche herab und fiel herunter.
»Achte auf soliden Halt, du musst nämlich an den Glasscheiben herumhantieren, und die sind schwer.«
Levi unternahm einen zweiten Anlauf. Diesmal zielte er etwas weiter nach recht aufs Dach. Der Haken fand Halt. Levi zog kräftig am Seil, um sich zu vergewissern, dass sich der Haken nicht lösen würde. Dann blickte er auf den an seiner Kletterausrüstung befestigten Motor hinab. Er wirkte ziemlich klein.
»Bist du sicher, dass der Motor für mein Gewicht geeignet ist?«
»Wenn du seit gestern nicht mehr als 50 Kilo zugelegt hast, klappt das schon. Er ist auf 150 Kilo ausgelegt. Drück einfach den Hebel runter, dann zieht er dich hoch. Wenn du den Schalter umlegst, gibt er Leine frei.«
Levi drückte den Hebel. Der Motor surrte leise und zog die Leine straff. Dann verließen seine Füße langsam den Boden.
Einen halben Meter.
Anderthalb Meter.
Bei zwei Metern konnte Levi die Unterkante der Fensterbank im ersten Stock erreichen.
Bei drei Metern ließ er den Hebel los und hing mit dem Fenster auf Brusthöhe. Er blickte direkt ins Schlafzimmer.
Von der Seite seines Rucksacks löste er ein Gerät mit einem großen Saugnapf daran. Er setzte ihn an der Scheibe an und betätigte einen Hebel, um unter dem Saugnapf einen starken Unterdruck zu erzeugen.
»Okay, ich hab das Ding mit dem Saugnapf am Fenster befestigt.«
»Die Scheiben sind wahrscheinlich zweifach oder dreifach verglast. Gib Bescheid, wenn du mit der ersten Schicht fertig bist.«
Levi zog den Glasschneider von seinem Gürtel, setzte das Schneiderad an, zog es über das Fenster und zuckte bei dem schrillen, kratzenden Geräusch zusammen. Er machte weiter, bis er ein ausreichend großes Quadrat geschaffen hatte, um hindurchzupassen.
»Okay, bin fertig mit dem Glasschneider. Weiter mit dem Gas.« Levi sah sich um, als ihm plötzlich bewusst wurde, wie weithin sichtbar er vom Dach baumelte. »Ich hoffe, du behältst die Vorderseite im Auge, während ich hier oben bin.«
»Keine Sorge.«
Levi holte den Kanister mit komprimiertem Gas aus seinem Rucksack und besprühte damit die rechte obere Ecke des Quadrats. Brice hatte ihm erklärt, dass es das Glas entlang der geritzten Stellen gefrieren würde. Dadurch würde genug Spannung entstehen, um es entlang der Linien brechen zu lassen. Tatsächlich beschlug sich das Glas mit Raureif, und es folgte ein lauter Knall.
Levi stöhnte, als das Gewicht der herausgebrochenen Scheibe plötzlich auf dem Saugnapf lastete, den er mit der anderen Hand hielt.
»Okay, die erste Scheibe ist raus.«
Er schwenkte sie linkisch zur Seite, drehte sich am Seil und betätigte den Hebel zum Lösen des Saugnapfs. Die Glasscheibe fiel nach unten und landete im taufeuchten Gras, ohne zu zerbrechen.
»Lass mich kurz nach dem Alarm sehen, bevor du ... Oh. Wow.« Brice lachte.
»Was ist?«
»Wir haben Glück. Wer auch immer zuletzt gegangen ist, hat die Alarmanlage nicht eingeschaltet. Gut, für dich macht es keinen Unterschied. Aber ich muss die Anlage nicht hacken, damit nicht automatisch eine Meldung an die Polizei abgesetzt wird, wenn du sie auslöst.«
»Na, wie schön, dass du weniger Arbeit hast.«
Levi wiederholte den gesamten Vorgang bei der zweiten Scheibe. Als er das Gas auftrug, kippte die Scheibe nach innen und wollte ihn mitziehen.
»Ich bin drin«, meldete er.
»Denk dran, rein und raus. Installier nur den Virus.«
Levi schwang das linke Bein durch das beschädigte Fenster. Das Bett befand sich direkt unter ihm. Er ließ die Scheibe auf die Matratze fallen, ließ etwas von dem Seil nach, das ihn trug, und senkte sich selbst auf das Bett. Nachdem er sich vom Gurtzeug befreit hatte, stieg er auf den Boden.
Als er die Treppe nach unten erblickte, steuerte er sofort darauf zu. Es handelte sich um eine Wendeltreppe, die in einen dunklen Raum hinabführte. Als er vorsichtig hinunterstieg, ging unten automatisch das Licht an. Ein Bewegungsmelder.
Bücherregale aus dunklem Holz säumten die Wände. Es sah wie in der Bibliothek eines reichen Besitzers aus. Eine Leiter auf Rädern war an Schienen befestigt, die an drei der vier Wände entlang verliefen. In der Mitte des Raums stand ein Schreibtisch. Darauf lag neben dem Desktopcomputer ein Schreibblock.
Levi holte den USB-Stick von Brice heraus und schloss ihn an der Rückseite des Computers an.
»Der Stick ist angeschlossen. Ich nehme an, der Rechner muss eingeschaltet sein, richtig?«
»Ja. Schalt ihn ein. Sobald er eine Verbindung hergestellt hat, fang ich an, Daten zu saugen.«
Levi drückte auf den Einschaltknopf. Der Desktop gab einen Piepton von sich. Während das Windows-Logo auf dem Bildschirm angezeigt wurde, behielt Levi den Stick im Auge. Eine rote LED leuchtete einmal kurz auf.
»Okay, hat rot geblinkt. Passt das?«
»Moment ... ich überprüf’s gerade.«
Levi hörte einen doppelten Piepton aus dem Zimmer über ihm. Dasselbe Geräusch gab seine Alarmanlage von sich, wenn die Eingangstür geöffnet wurde. Vielleicht ein Dienstmädchen?
Kostbare Sekunden verstrichen. Er hörte das Knarren von Dielen irgendwo über ihm.
»Ich bin drin! Ziehe jetzt die Daten.«
»Mist!« Levi schnappte sich den USB-Stick, rannte die Treppe zum Schlafzimmer hinauf – und bremste schlitternd ab.
Das konnte nicht sein.
»Levi, raus da!« Brice’ panische Stimme nahm Levi kaum wahr.
Ein Mann mit einer Pistole stand vor ihm. Ein Mann, der eigentlich tot sein sollte.
Porschenko.
»Sie!«, stieß Porschenko mit wutverzerrter Miene hervor.
In einer Hand hielt Levi nach wie vor den USB-Stick von Brice. Die andere bewegte er hinter den Rücken zu seiner eigenen Waffe.
Er antwortete auf Russisch. »Wieso sind Sie nicht tot?«
»Dasselbe wollte ich Sie gerade fragen.« Obwohl Levi Russisch gesprochen hatte, antwortete Porschenko in perfektem amerikanischem Englisch. Einen Moment lang war Levi verwirrt ... dann fügte sich plötzlich alles zusammen, als ihm etwas einfiel, das Nadia gesagt hatte.
»Auf der Straße erzählt man sich, er hätte seinen Zwillingsbruder wegen eines Mädchens umgebracht, für das sie als Jugendliche beide geschwärmt haben.«
Blanker Unsinn. Er hatte eindeutig nichts dergleichen getan.
Levi grinste. »Alexej Porschenko, richtig?«
Zwischen den Brauen des Mannes bildete sich eine Falte. Aber er antwortete nicht auf die Frage. »Bestimmt gibt es eine Erklärung dafür«, sagte er stattdessen, »warum Ronald Warren alias Lazarus Yoder in meinem Schlafzimmer ist.«
Levis Hand schloss sich um den Griff seiner Glock.
»Halt«, sagte Porschenko. Er hielt eine Granate hoch. »Der Stift ist bereits gezogen, Mr. Yoder. Oder soll ich Sie Mr. Warren nennen? Spielt keine Rolle, wer Sie wirklich sind. Eigentlich freue ich mich sogar, Sie hier zu haben. Ich schulde Ihnen noch etwas für meinen Onkel. Und gerade habe ich auch das von meinem Bruder erfahren. Ihre Anwesenheit hier verrät mir, dass Sie dahinterstecken. Sie sind eine Geißel meiner Familie. Ich verfluche den Tag, an dem Sie geboren wurden. Ich vermute, Sie sind hier, um es zu Ende zu bringen.
Eigentlich hätte ich etliche Fragen, aber keine davon ist wichtig. Keine Sorge, heute erfüllen sich unser beider Wünsche. Wir kommen hier beide nicht lebend raus.«
Eine solche Granate hatte Levi schon mal gesehen – eine alte sowjetische F-1. Mit etwas hatte Porschenko recht – wenn er sie explodieren ließe, würden sie beide draufgehen. Daran bestand kein Zweifel.
Porschenkos Kinn bebte, und zum ersten Mal wechselte er zu Russisch. »Etwas wüsste ich noch gern, bevor wir hier fertig sind.«
Levi atmete tief ein. Als er zum Ausatmen ansetzte, riss er die Pistole hervor. Projektile rasten in beide Richtungen los. Als Levi spürte, wie ihn etwas wie ein Vorschlaghammer in die Schulter traf, schrie Porschenko: »Für Russland!«
Der Schalthebel der Granate fiel auf den Teppich.
Levi zögerte nicht. Er sprang aufs Bett, zertrümmerte dabei die dort liegende Glasscheibe und hechtete durchs Fenster hinaus. Hinter ihm dröhnte eine heftige Explosion. Schmerzhafte Splitter trafen ihn, als er in die Luft geschleudert wurde.
Dann wurde die Welt schwarz.