NEUNZEHN

Unvermittelt lachte Isa los.

»Isa!«, zischte ihre Mutter.

Sie kämpfte gegen den verrückten Impuls, aber das machte alles nur schlimmer. Ihr Glucksen klang tatsächlich wie das einer Irren.

»Findest du das etwa witzig?«

Noch immer lachend schüttelte Isa den Kopf. Nein, sie fand gar nichts witzig, ganz im Gegenteil, trotzdem –

Du wartest hier!

Wohin, bitte schön, hätte sie noch gehen können? Sie hockte auf der Rückbank eines Streifenwagens, eingesperrt wie ... ja, wie?

Wie eine Mörderin!

Ihr Lachen erstarb, wich einem Schluchzen. Wieder stiegen Tränen in ihr auf.

Natürlich, sie hatte nicht richtig auf Lukas aufgepasst, sodass er zurückgelaufen war. Aber es war nicht sie gewesen, die ihn ermordet hatte.

»Was ist das?«, fragte ihre Mutter, die zum Heckfenster hinaussah.

Isa folgte ihrem Blick. Durch den Tränenschleier sah sie einen Transporter, der hinter ihnen zum Stehen kam.

Spurensicherung, stand auf der Motorhaube.

Der junge Polizist eilte herbei und schwang sich hinter das Steuer des Streifenwagens.

»Was hat das zu bedeuten?«, wollte Isas Mutter wissen.

Schweigend fuhr der Beamte den Wagen über den Parkplatz bis vor den Eingang des Indoor-Spielplatzes. Sofort sprang er wieder ins Freie und winkte den Transporter heran.

Frauen und Männer stiegen aus, zwängten sich in weiße Overalls und verschwanden mit Koffern im Gebäude.

Kurz darauf tauchte ein weiterer Streifenwagen auf, blieb in der Zufahrt stehen. Mit Flatterband sperrten die Beamten den Parkplatz ab.

Für eine ganze Weile geschah nichts mehr.

Trotzdem stieg in Isa Hoffnung auf. Was immer die Beamten drinnen im Spieleland taten, offenbar hatten sie etwas gefunden.

Vielleicht würden sie ihr jetzt endlich Glauben schenken.

Irgendwann fuhr ein Zivilfahrzeug vor, dem ein junger Mann in Anzug entstieg, groß, schlank, mit gescheiteltem Haar, gestutztem Vollbart, der typische Hipster aus Mitte.

Er wechselte einige Worte mit dem jungen Polizisten, der auf Isa zeigte. Dann zog er ebenfalls einen Overall an und lief ins Gebäude.

Eine gefühlte Ewigkeit blieb er verschwunden.

Bis er irgendwann zurückkam und sich einen längeren Wortwechsel mit einer Frau in Plastikanzug lieferte.

Dann streifte er den Overall ab, kam zum Streifenwagen und öffnete die Hintertür.

Isas Mutter setzte zu einer Begrüßung an.

»Frau Beckmann?«, kam ihr der Mann zuvor. »Ich möchte mit Ihrer Tochter reden.«

»Aber ...«

»Ich bin Kriminaloberkommissar von Heist, darf ich dir kurz einige Fragen stellen, Isa?«

Isa nickte.

»Du hast meinen Kollegen gegenüber ausgesagt, du hättest gestern Abend zwei Morde beobachtet, richtig?«

Erneut nickte sie.

»Wann ungefähr?«

»Das«, schimpfte Isas Mutter, »das hat sie doch schon alles ...«

»Frau Beckmann, bitte«, schnitt ihr der Kommissar das Wort ab. Er wandte sich wieder an Isa. »Wann hast du die Morde beobachtet?«

»Gegen halb sieben.«

»Kennst du das andere Opfer, die Frau?«

»Nein, ich ...«

»Hattest du ...« Der Kommissar hielt inne, als ein weiterer Wagen in die Zufahrt bog. »Einen Moment bitte, da kommen meine Kollegen.«

Schon eilte er davon.