D AVID R OCKEFELLER , MILLIARDÄR UND FAMILIENOBERHAUPT DES ROCKEFELLER -CLANS
David Rockefeller (1915–2017) war ein US-amerikanischer Milliardär und Oberhaupt der Rockefeller-Familie. Seine Mutter gründete in den Zwanzigerjahren das MoMA, das Museum für moderne Kunst in New York City, sein Vater erbaute dort das Rockefeller Center. Sein Großvater gilt als reichster Mensch der Neuzeit. Rockefeller war Vorsitzender der Chase Manhattan Bank, der größten Bank der Welt, und galt als leidenschaftlicher Kunstsammler. Ich treffe den Banker und Philanthropen 2008 in München zum Gespräch. Er ist damals 93 Jahre alt.
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Der Mann ist sichtlich nervös. Unruhig irren Tobias Meyers Augen durch die Menge. Der Chefauktionator von Sotheby’s in New York ist ein eloquenter Mittvierziger, der es wie kaum ein anderer versteht, die reiche Kunstklientel zu Höchstpreisen zu animieren. Meyer ist ein alter Hase im Geschäft, und so schnell bringen ihn ein Picasso oder Jackson Pollock nicht aus der Ruhe. Er gilt als Jahrhundertverkäufer und Superstar der Szene. »Sotheby’s 007« nannte ihn die New York Times einmal. Doch an diesem 15. Mai 2007 ist auch Meyer, der gebürtige Wuppertaler, im Auktionssaal des Versteigerungsriesen in Midtown Manhattan sichtlich unentspannt.
Der Saal ist rappelvoll. Alles, was Rang und Namen hat in der New Yorker Kunstszene, ist vertreten bei der Versteigerung zeitgenössischer Kunst des Jahres. An den Seiten telefonieren Sotheby’s-Mitarbeiter mit Interessenten aus aller Welt. Und am Pult steht Tobias Meyer im weißen Hemd, dunkler Krawatte und dunklem Anzug, neben ihm zwei Kunstwerke, die die Blicke aller auf sich ziehen: zu seiner linken Seite »Study from Innocent X« von Francis Bacon und zu seiner rechten »White Center« von Mark Rothko.
Meyer hangelt sich gekonnt durch die Auktion, versteigert einen Jeff Koons für über zwei Millionen Dollar, einen Willem de Kooning für über vier, einen Damien Hirst für eineinhalb, einen Basquiat für knapp 15 und »Four Jackies« von Andy Warhol für 2,8 Millionen Dollar. Die Spannung steigt. Bei Roy Lichtensteins »Mädchen im Spiegel« fällt der Hammer bei vier Millionen Dollar. Dann kommt Los 22 an die Reihe. Es ist das Papstporträt von Francis Bacon, das links hinter Meyer an der Wand hängt. Es geht hin und her, Meyer guckt immer wieder zu seinen Mitarbeitern, die durch ein stummes Nicken den Preis auf Wunsch ihrer anonymen Käufer akzeptieren und nach oben treiben. Bei über 52 Millionen Dollar fällt der Hammer, und ein Raunen geht durch den Saal.
Doch Meyer bleibt cool. Er weiß, dass da noch mehr geht, dass gleich Los 31, das Bild »White Center« an der Reihe ist. Der Starauktionator guckt einmal kurz verstohlen zur Seite auf die erste Etage. Dort oben in der Galerie sitzt ein älterer Herr. Er ist hinter Glaswand und Gardine nicht zu erkennen. Dann ist endlich der Rothko an der Reihe, der Höhepunkt des Abends. Das Gemälde mit Untertitel »Gelb, Pink und Lavendel auf Rosa« ist mit seinen drei verschiedenfarbigen, untereinander angeordneten Farbblöcken typisch für den amerikanischen Maler und stammt aus dessen wichtigster Schaffensperiode.
Es ist mucksmäuschenstill im Saal, Meyer pustet kurz durch, dann geht das Wettbieten los. Er fuchtelt mit den Armen wie ein Dirigent, er guckt zu seinen Mitarbeitern, die sprechen mit ihren Klienten, nicken und Meyer sagt auf Englisch: »Fifty million.« Er guckt in die andere Richtung, sein Kollege nickt und Meyer sagt: »Fifty-two.« So geht es in Millionenschritten weiter, Meyers Kopf wiegt hin und her. 60, 62, 64. Der Hammer fällt bei knapp 73 Millionen Dollar, der Saal klatscht. Meyer guckt wieder nach oben in die erste Etage, nickt und grinst. Es ist bis dato der teuerste Rothko und das teuerste Nachkriegsgemälde überhaupt. Der Käufer des 1950 gemalten Bildes, das 2 × 1,40 Meter misst, bleibt anonym. Er ist per Telefon zugeschaltet.
Doch der Verkäufer des Rothkos ist nicht anonym. Er ist Patriarch eines Milliardärs-Clans und einer sagenumwobenen Dynastie, sein Name weltberühmt – und er schaut bei der Versteigerung seines Rothkos zu. Es ist der ältere Herr, zu dem Meyer verstohlen auf die Galerie blickt: David Rockefeller. Der Milliardär ist damals knapp 92 und eher als Sammler denn als Verkäufer von Kunstwerken bekannt.
Das Rothko-Gemälde hat eine lupenreine Provenienz – und macht dadurch und durch seinen berühmten Besitzer das Bild derart begehrt. David Rockefeller hat das Bild 1960 für 8 500 Dollar erworben. Zwar wird es 1960 in der Albright Art Gallery in Buffalo kurz öffentlich gezeigt sowie 1985 in Northampton/Massachusetts und von Mai 1998 bis April 1999 in Washington D.C., New York und Paris, doch ansonsten bleibt das Gemälde vor der Öffentlichkeit verborgen. Der Rothko hängt jahrzehntelang in David Rockefellers Büro in der Chase Manhattan Bank. Doch nun hat sich der Milliardär an dem Bild sattgesehen und beschließt den Verkauf. Die beiden großen Auktionshäuser Sotheby’s und Christie’s buhlen im Vorfeld um die Gunst Rockefellers und versuchen, ihm jeweils eine Zusammenarbeit schmackhaft zu machen. Sie kämpfen mit harten Bandagen, bieten garantierte Millionensummen. Das Rennen macht schließlich Sotheby’s, das dem Milliardär vorab eine Verkaufssumme von über 46 Millionen Dollar zusichert.
David Rockefeller sitzt während der Auktion mit einer kleinen Entourage hinter der Glasscheibe und verfolgt gebannt die Versteigerung seines Rothkos. Als gegen Ende der Veranstaltung bekannt wird, dass der Rothko-Verkäufer höchstpersönlich mitgefiebert hat, geht ein Raunen durchs Publikum. Doch da hat der scheue Milliardär die Veranstaltung bereits verlassen.
Die Familie Rockefeller gilt als diskret. Verschwiegenheit ist oberstes Familiengebot. Man hat die Milliarden, man spricht aber nicht darüber. David Rockefeller bricht mit dieser Tradition, als er 2002 in den Vereinigten Staaten seine Autobiografie veröffentlicht. »Mir fiel auf, dass ich ein ziemlich spannendes Leben hatte«, sagt Rockefeller der New York Times nach dem Erscheinen des Buches. »Und ich dachte, dass meine Kinder und meine Familie vielleicht daran interessiert sind.« Er untertreibt maßlos. Spannend ist sein Leben allemal, und sein Buch interessiert nicht nur seine Familie, sondern avanciert zum Bestseller.
David Rockefeller wird 1915 quasi als Milliardär geboren. Sein Vater John D. Rockefeller junior ist es bereits, sein Großvater John D. Rockefeller senior sowieso. David Rockefellers Mutter Abby Aldrich Rockefeller gründet in den Zwanzigerjahren als Kunstmäzenin das MoMA, das weltberühmte Museum für Moderne Kunst in New York City. Ein paar Straßen weiter steht das gigantische Rockefeller Center. Der Erbauer: Davids Vater. Der Name Rockefeller steht für Macht, Ruhm und Reichtum. David Rockefeller ist der letzte lebende Enkel des Ölmilliardärs John D. Rockefeller senior, der 1863 seine erste Raffinerie gründete und die Firma »Standard Oil« nannte. Sie macht ihn zu Amerikas erstem Milliardär und zum weltweit reichsten Mann. Aus der Firma Standard Oil gehen später die Ölriesen Chevron und Exxon hervor.
David Rockefeller kommt auf der privaten Krankenstation im Elternhaus zur Welt und wächst in der größten New Yorker Privatresidenz auf. Auf dem Schloss Kykuit in Pocantino Hills lernt er George Marshall, Charles Lindbergh und John McCloy kennen, der sein Mentor werden soll. Er studiert in Harvard und an der London School of Economics, wo er das erste Mal John F. Kennedy trifft. Nach dem Studium arbeitet er eineinhalb Jahre als Assistent des legendären New Yorker Bürgermeisters Fiorello LaGuardia. 1960 wird er Präsident der Chase Manhattan Bank, quasi die Hausbank der Rockefellers. Von 1969 bis 1980 ist Rockefeller Generaldirektor der Bank, die heute als JPMorgan Chase & Co firmiert.
Politisch agiert David Rockefeller im Nachkriegsamerika mit wie kaum ein Zweiter. Er hat seit Dwight D. Eisenhower mit jedem amerikanischen Präsidenten zu tun. 1979 sorgt Rockefeller für eine weltweite Affäre. Gemeinsam mit Henry Kissinger und John McCloy überredet er den damaligen Präsidenten Jimmy Carter, den krebskranken Schah von Persien, der kurz zuvor den Iran verlassen hat, zur Behandlung in einem US-Krankenhaus ins Land einreisen zu lassen. Als die Nachricht von der Einlieferung des Ex-Diktators in ein New Yorker Hospital bekannt wird, besetzen am 4. November 1979 iranische Studenten die US-Botschaft in Teheran und nehmen die US-Botschaftsangehörigen als Geiseln. 444 Tage dauert die Geiselnahme von Teheran. Rockefeller steht massiv in der Kritik und ungewollt im Rampenlicht der Weltöffentlichkeit.
Rockefeller mischt überall mit, sei es als Vorsitzender der renommierten Denkfabrik Council of Foreign Relations oder noch 2013 als Jury-Ehrenmitglied der Gedenkstätte des World Trade Center. 1958 hatte Rockefeller den Bau des World Trade Center in Downtown Manhattan mit initiiert. Schon zu Lebzeiten spendet er Hunderte Millionen Dollar. Und plant, wohin die Milliarden nach seinem Tod fließen sollen: 140 Millionen Dollar nach Harvard, 200 Millionen für die Rockefeller-Universität, 250 Millionen ans MoMA, 225 Millionen für die Dritte Welt über die Stiftung der Rockefeller-Brüder und eine Milliarde Dollar an die Spendengemeinschaft The Giving Pledge von Microsoft-Gründer Bill Gates.
Knapp über ein Jahr nach der Sotheby’s-Versteigerung, im Juni 2008, reist der nun 93-Jährige nach München. Rockefellers Memoiren sind gerade als »Erinnerungen eines Weltbankiers« auf Deutsch erschienen. Eine gute Gelegenheit, mit dem zurückgezogen lebenden Milliardär persönlich über dessen Kunstleidenschaft und »White Center« zu sprechen sowie über seine Treffen mit den Mächtigen der Welt. Rockefeller residiert in einer Suite des Münchener Luxushotels Mandarin Oriental und reist von dort zu Orten, die ihm noch aus seiner Jugend in den Dreißigerjahren in Bayern in Erinnerung geblieben sind.
Es ist Sommer, beileibe keine Oktoberfestzeit, doch die Mitarbeiterin des Verlages, bei dem Rockefellers Memoiren erschienen sind, begrüßt mich in der Lobby des Hotels in Tracht. Ich kenne die Verlagsfrau nicht, aber ob sie freiwillig ein schweres Dirndl im Hochsommer trägt? Ob sie sich darin wohlfühlt? Zumindest sieht sie nicht besonders glücklich aus, meint aber professionell, dass Herr Rockefeller diesen Wunsch geäußert habe. Diesen Gefallen habe sie ihm gern getan, zumal sie später auch noch gemeinsam ins Hofbräuhaus gingen.
Doch bevor er mit dem Madl im Dirndl mit einer Maß im Wirtshaus anstößt, ist David Rockefeller bereit zum Gespräch. Es ist eine Begegnung mit einem Jahrhundertmann. Rockefeller sitzt in einem Konferenzzimmer des Hotels, ihm gegenüber ein Mitarbeiter, der ihn auf seiner Reise nach Deutschland begleitet. Rockefeller trägt einen dunkelblauen Anzug mit lilafarbener Krawatte und weißem Einstecktuch. Er guckt freundlich und ist bestens aufgelegt. Er begrüßt meinen Kollegen Paul Sahner und mich auf Deutsch. »Guten Tag, wie geht’s?«
Wo haben Sie denn Deutsch gelernt?
Ich war im Sommer 1933 für ein paar Monate in München, um Deutsch zu lernen. Für mein Harvard-Studium brauchte ich eine zweite Fremdsprache, Französisch konnte ich schon. Ich wohnte bei Familie Defregger in der Kaulbachstraße 20a. Meine talentierte Deutschlehrerin hieß Frau Bergmann. Ende des Sommers konnte ich Goethe übersetzen, so bestand ich meine mündliche Prüfung in Harvard. 1935 und 1937 war ich erneut in Deutschland. Direkt nach dem Krieg kam ich als Soldat nach München, klingelte am Defregger-Haus, das als einziges in der Straße nicht zerstört war. Und die Haushälterin sagte: »Grüß Gott, Herr Rockefeller. Schön, Sie wiederzusehen.« Es war Resi, die schon damals bei den Defreggers in Diensten stand. Auch die Familie hatte zu meiner Freude den Krieg überlebt.
Was fasziniert Sie an Deutschland?
Vermutlich meine deutschen Wurzeln. 1723 kam Johann Peter Rockefeller als Auswanderer aus Neuwied im Rheinland nach Amerika.
Keine Lust auf Spurensuche?
Ich bin leider nur eine Woche in Deutschland, und zwar in München und Berlin. Gestern habe ich mir Schloss Neuschwanstein und die berühmte Wieskirche angeschaut. Von deren Schönheit war ich schon vor 70 Jahren fasziniert.
Mr Rockefeller, Sie sind gläubiger Christ. Gibt es im Himmel Millionäre oder ist dort jeder Mensch gleich?
(Er lacht.) Gott sei Dank hatte ich bislang noch keine Möglichkeit, das herauszufinden. Richtig ist, dass ich mehrmals im Jahr die Kirche besuche und überzeugt davon bin, dass Jesus Christus einen großen Einfluss auf die Welt hat.
Wie sehen Sie heute Ihre Treffen mit mehreren Diktatoren, wie zum Beispiel Nikita Chruschtschow, Fidel Castro oder Saddam Hussein?
Ich bin ja kein Sammler von Diktatoren. Der charismatischste Mensch, den ich je getroffen habe, ist Nelson Mandela. Kommt er nach New York, wohnt er selbstverständlich bei uns. Erst neulich habe ich ihn in Südafrika besucht. Allerdings wollte ich immer wissen, was in den Ländern der Diktatoren vorgeht. Und Castro hat mich auch deswegen interessiert, weil er ein Freund meiner Tochter Peggy ist. Er ist jetzt alt und krank.
Würden Sie ihm helfen?
Natürlich könnte ich ihm helfen, in einem guten Hospital behandelt zu werden. Das ist doch menschlich, obwohl ich seine Politik nicht gut finde.
Die Rockefellers gelten als eingeschworene Republikaner. Haben Sie jemals Demokraten gewählt?
Nein, niemals. Nicht einmal Franklin D. Roosevelt, was vielleicht ein Fehler war.
Ende des Jahres wird in den USA gewählt. Nach dem Ende der Amtszeit von George W. Bush geht für die Republikaner John McCain und für die Demokraten entweder Barack Obama oder Hillary Clinton ins Rennen. Völlig klar, wen Rockefeller unterstützt: »Natürlich werde ich nun auch John McCain wählen. Allerdings mag ich Barack Obama. Ein interessanter Mann. Hillary Clinton ist eine gute Senatorin. Ich bin mir aber nicht sicher, ob sie auch eine gute Präsidentin sein könnte.«
David Rockefeller macht eine kurze Pause, um ein Glas Wasser zu trinken. Er lacht, scheint das Gespräch zu genießen. Mit rund drei Milliarden Dollar Vermögen gilt der Ex-Chef der Chase Manhattan Bank als einer der reichsten Menschen der Welt.
Mr Rockefeller, wann haben Sie sich zum letzten Mal nach einem Cent gebückt?
Erst gestern.
Donnerwetter, ganz schön sportlich für einen Mann mit 93 Jahren .
Ich finde es gar nicht so außergewöhnlich, schließlich gehe ich fast täglich eine Stunde ins Fitnessstudio im Rockefeller Center. Dort arbeite ich auch jeden Tag in meinem Büro.
Sein Vermögen bringt uns auf die Idee, ihm eine naheliegende Frage zu stellen: »Haben Sie eigentlich ein Portemonnaie?« Er erhebt sich aus seinem Sessel und zieht aus seiner rechten Gesäßtasche eine schwarze Geldbörse aus Schlangenleder, prall gefüllt mit Dollar-Scheinen.
Können Sie uns jeweils einen Dollar schenken?
Natürlich.
Signieren Sie uns die Scheine?
Okay. Aber was habe ich denn davon?
Wir geben Ihnen zwei Euro.
Das nenne ich einen Deal. So schnell habe ich selten ein gutes Geschäft gemacht.
Sie irren. Erinnern Sie sich noch an Mark Rothkos »White Center«?
O ja! Ich habe das Gemälde dieses großartigen Künstlers 1960 für 8 500 Dollar gekauft. 2007 wurde es bei Sotheby’s für 73 Millionen Dollar versteigert. Schade ist nur, dass ich immer noch nicht weiß, wer mein Lieblingsgemälde gekauft hat.
Sie sind als Sammler weltberühmt. Wer entfachte Ihre Leidenschaft?
Ein Freund von mir war der deutsche Stahlbaron Heini Thyssen, dessen Witwe und Nachlassverwalterin Tita ich gern kennenlernen würde. Heini hat mich gelehrt, dass Kunstsammeln die beste Wertanlage ist, davon überzeugte mich auch Gianni Agnelli (langjähriger Fiat-Boss). Heinrich und ich riefen uns gegenseitig an, wenn wir hörten, dass wir irgendwo zuschlagen sollten. Manchmal flogen wir mit Agnellis Privatjet zu Auktionen. In Stuttgart ersteigerte ich einmal eine Skulptur von Käthe Kollwitz, die noch heute in meinem Büro in New York steht. Meine Sammlung macht einen beträchtlichen Teil meines Vermögens aus. Kunstwerke kann man nicht mit ins Jenseits nehmen. Einen Großteil meiner Sammlung vermache ich dem MoMA. Kunst gehört allen Menschen.
Was halten Sie eigentlich von Britney Spears und Paris Hilton?
Wer soll das sein? Ich habe die Namen zwar schon mal gehört, aber solche Menschen lassen mich kalt.
Auch Hollywood?
Gregory Peck und Liz Taylor sind mir natürlich näher als Brad Pitt und Angelina Jolie. Allerdings schätze ich Richard Gere. Ich mochte besonders seinen Film »Ein Offizier und Gentleman«. Als er mich in meinem New Yorker Büro besuchte, waren alle Frauen seltsamerweise sehr aufgeregt.
Kurz nach dem Gespräch mit David Rockefeller kommt heraus, wer Rothkos »White Center« gekauft hat: Scheich Hamad bin Khalifa Al-Thani und seine Frau Sheikha Musa bint Nasser al-Missned, das damalige Herrscherpaar von Katar. Ob er gewollt hätte, dass sein Lieblingsgemälde nach Katar geht? Zu gern hätte man auch gewusst, ob Rockefeller bei der Präsidentschaftswahl 2016 in den USA den Republikaner-Kandidaten Donald Trump gewählt hat – oder doch Hillary Clinton, von der er ja, wie er sagte, nicht überzeugt war.
Dieses Geheimnis nimmt David Rockefeller mit ins Grab. Er stirbt 2017 im Alter von 101 Jahren an Herzversagen in seinem Haus in Pocantico Hills. Ein Jahr später wird die private Kunstsammlung von David und Peggy Rockefeller bei Christie’s in New York versteigert – darunter bedeutende Werke von Monet und Matisse, Picasso und Gauguin. Rockefeller hat noch zu Lebzeiten verfügt, dass der Erlös ausschließlich gemeinnützigen Stiftungen zugutekommt.
David Rockefeller – ein Jahrhundertmann. Und ein Jahrhundert-Philanthrop.