Kapitel 28
Laurie war von Finolas Humor nicht wirklich begeistert gewesen, hatte sich jedoch höchst zufrieden damit gezeigt, dass Finola Zugang zur Burke Dental Clinic
und deren Angestellten gefunden hatte. Leider wusste sie, wie sie erklärte, nichts Näheres über Gladys, sodass Finola sich entschloss, eine Mittagspause zu Hause einzulegen und einfach mal ganz unschuldig Anne und Lachie nach ihr zu fragen.
Sie fand beide einträchtig über ihren Suppentellern in der Küche.
»Ah, Finola. Magst du auch eine Suppe?«, bot Anne sofort an. »Cock-a-leekie, ganz traditionell?«
Nach zwei Cupcakes war Finola zwar nicht hungrig, aber etwas Herzhaftes wie diese Hühnersuppe mit Lauch war jetzt genau das Richtige. Und es gab ihr Gelegenheit, sich zu den anderen zu setzen.
»Was macht deine Brasilianerin?«, erkundigte sich Lachie.
»Zur ersten Vorlesung ist sie heute Morgen um neun nicht erschienen. Sie hat aber nachher noch ein Seminar. Die Vermieterin sagt, sie war gestern Abend in ihrer Wohnung. Ansonsten hält sie sich bei ihrem Freund Tyler auf.«
»Gute Arbeit«, lobte Anne.
Finola ging nicht darauf ein, sondern fragte: »Habt ihr gehört, dass diese Zahnärztin – Helen Burke – tot ist? Vergiftet? Jetzt also wirklich?«
Anne nickte. »Das hat sich schnell rumgesprochen. Ihre Putzhilfe, die sie gefunden hat, ist wohl keine von der verschwiegenen Sorte. Beim Einkaufen im Waitrose war praktisch von nichts anderem die Rede.«
»Kennst du sie?«
»Wen? Die Putzhilfe? Nein.«
»Ich kenne Gladys«, sagte Lachie. »Oder eigentlich eher ihren Mann. Nicht besonders gut, aber er ist oft im Canny Man’s
, und manchmal holt sie ihn nach ihrer Arbeit ab und trinkt noch ein
Gläschen mit. Ich glaube, sie hat mehrere Putzstellen.«
»Und wie geht es ihr? Weißt du das?«, erkundigte sich Finola. »Das hat sie wahrscheinlich ganz schön mitgenommen, ihre Chefin tot zu finden.«
Lachie nickte. »Bob hat mich heute Vormittag angerufen. Ihr Mann«, fügte er erklärend hinzu. »Gladys ist ziemlich hysterisch und fantasiert jetzt, dass man sie verdächtigen könnte. Da wollte er mal wissen, wie das so ist bei Verbrechen, ob er ihr sicherheitshalber mal einen Anwalt besorgen soll.«
»Das klingt aber ganz schön übertrieben! Oder traust du dieser Gladys einen Mord zu? Hätte sie denn ein Motiv?«
»Nee, ein Motiv sicher nicht. Sie verliert ja damit ihre Arbeitsstelle. Und ehrlich gesagt, Gladys ist nicht die Person, der ich die Planung für so einen Mord zutraue. Ich hab Bob dann auch entsprechend beruhigt. Ihm geraten, Gladys solle einfach mal alles für die Polizei aufschreiben, was ihr in den letzten Tagen aufgefallen ist. Damit ist sie eine Weile beschäftigt. Und vielleicht hilft’s ja sogar der Polizei.«
Finola nickte. »Schon seltsam, dass Helen Burke jetzt doch vergiftet wurde. Dann war das am Donnerstag vielleicht ebenfalls keine Lebensmittelgeschichte, sondern ein erster Anschlag? Habt ihr was davon gehört, ob das Labor rausgefunden hat, was für ein Gift das war?«
»Ich hab nichts gehört«, sagte Lachie.
»Du interessierst dich, glaube ich, ein bisschen zu sehr für den Fall, Finola«, meinte Anne.
Finola zuckte mit den Achseln. »Es reden ja alle davon. So was passiert schließlich nicht jeden Tag.«
»Zum Glück.«
»Habt ihr eine Idee, wer dahinterstecken könnte? Also nur so als Gedankenübung. Jemand aus der Praxis? Ein rivalisierender Kollege? Eine unzufriedene Patientin? Verfeindete Nachbarn?«
Lachie schüttelte den Kopf. »Such nicht so kompliziert, Lassie. Die meisten Frauen werden von ihren Partnern oder Ex-Partnern umgebracht.«
Finola stutzte. »Bist du da genauer im Bilde? War sie nicht geschieden?«
Anne sah sie überrascht an. »Woher weißt du das schon wieder?«
»Ich erinnere mich nicht«, behauptete Finola. »Hat wohl irgendjemand erwähnt. Kennt ihr den Ex?«
Beide verneinten.
»Dazu passt aber nicht so richtig, dass es Gift gewesen sein soll«, gab Anne zu bedenken. »Das gilt doch eher als Waffe der Frau.«
»Damit könnte es gut davon ablenken, dass es ein Mann war«, erwiderte Finola.
»Nun, wie gut, dass es nicht unsere Aufgabe ist, das herauszufinden«, sagte Anne, stand auf und räumte ihren Teller und den Löffel in die Spülmaschine. »Ich finde solche friedlichen Aufträge wie die Überprüfung einer Nanny oder die Observierung einer rebellischen Studentin wesentlich angenehmer. Helen Burke sollten wir getrost der Polizei überlassen.«