Ich stehe im Dunkeln und zittere. In Oslo ist es fast Frühling, aber hier oben ist es noch immer eiskalt. Ich schaue hinaus auf den Schnee, der fast blau ist, und mich überkommt ein hoffnungsloser Gedanke: Es ist wie beim ersten Mal, vor der Haustür bei Aksels Fest. Also wie zurück auf Start. Obwohl ich bei der Psychologin war, obwohl ich Beruhigungstabletten bekommen habe, obwohl ich es Lea erzählt habe und mehrere Monate vergangen sind, stehe ich hier, als wäre es das erste Mal, dass ich Angst erlebe.
In mir geht eine Lawine herunter – mein Körper füllt sich mit pappigem Schnee. Ich beuge mich vor und übergebe mich in den Schneehaufen gleich neben mir. Kotze auf den dunklen Fleck und merke, wie kalt die Tränen auf meiner Haut sind. Wäre es später, könnte ich einfach sagen, dass ich müde bin, und mich im Schlafraum verstecken. Aber es ist erst acht, es gibt keinen Fluchtweg, ich bin so weit weg von zu Hause. Die Kälte sticht mir in die Oberschenkel. Es ist eine völlig unmögliche Stille hier draußen. Ich schaue hoch und es ist sternenklar.
Dann kommt mir eine Idee. Ich ziehe mit meinen zitternden Fingern das Handy heraus, gehe online und suche eine Nummer, schreibe eine Nachricht: Bin ich hier richtig bei Dr. Thomas Aagard? Freundliche Grüße, Cornelius Strand
Ich tue es aus einem Instinkt heraus – schicke die Mitteilung, ehe ich weiterdenken kann. Ich bin ein Mensch in Panik, habe Angst vor etwas, das es nicht gibt. Ich schaue in der Dunkelheit auf das Display und denke, dass meine Nachricht aussieht wie ein Notsignal, ein Hilferuf zwischen meinen Händen.