Teil II
Kapitel 6
Rüsten für die Schlacht
Nach seiner Landung in Tel Aviv schritt Trump am 22
. Mai 2017
zu den triumphalen Klängen einer Militärkapelle einen roten Teppich ab und gelobte, dem Nahen Osten Frieden zu bringen. Er besichtigte die Jerusalemer Altstadt, besuchte die Grabeskirche, um die Christen zu würdigen, und steckte, eine Kippa auf dem Kopf, in Solidarität mit den Juden ein Gebet in eine Ritze der Klagemauer, wo er auch seine Hand auf die uralten Steine legte. Beim Dinner mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu umriss Trump in groben Zügen einen Friedensplan zwischen Israelis und Palästinensern und erklärte eine neue Entschlossenheit, sich dem Iran entgegenzustellen. In den eilends eingeübten Reden, die er den Tag über von sich gab, ging es um den endlosen Konflikt im Nahen Osten, doch in Gedanken war Trump vor allem bei der plötzlich im Raum stehenden Sonderermittlung, die sich mit seinem Wahlkampf beschäftigen würde.
Trumps Berater wussten, dass er einen gestandenen Strafverteidiger mit Erfahrung im juristischen wie im politischen Kampf würde anheuern müssen. Das Problem war nur, dass die meisten Profis ihn nicht vertreten wollten. Trumps Suche nach einem Anwalt wurde zu einem unkontrollierten und schmerzlichen Hindernislauf, der durch Interessenkonflikte, falsche Versprechungen und Verrat innerhalb des Teams noch erschwert wurde. Trump war unsicher, was seinen Wert als Mandant anging, und fürchtete eine persönliche Bloßstellung. Beides beeinträchtigte seine Arbeit als Präsident und brachte ihn dazu, die Untersuchung vereiteln zu wollen. Der mächtigste Mann der Welt fand einfach keinen Anwalt.
Am 22
. Mai rief Trump von Israel aus Marc Kasowitz an und bat ihn offiziell, ihm als Anwalt zur Seite zu stehen. Kasowitz war lange der Drachentöter des Präsidenten gewesen, er hatte Trump jahrelang in Geschäfts- wie Privatangelegenheiten vertreten, darunter auch bei
mehreren Bankrotten und im Kampf um die Geheimhaltung von Scheidungsvereinbarungen. Der ebenso aggressive wie gerissene Kasowitz hatte in schwierigen Fällen für Trump gekämpft und gewonnen. Zudem hatte er Ivanka und Donald junior gegen Betrugsvorwürfe verteidigt. Trump vertraute diesem Pitbull und wollte ihn unbedingt auf seiner Seite. Allerdings würde er wohl auch noch Anwälte mit speziellen Fähigkeiten im Umgang mit Washingtoner Krisen brauchen, die dem in New York ansässigen Kasowitz fehlten.
Kasowitz willigte ein, sah sich aber bald mit einer Meuterei einiger seiner Partner in der Kanzlei konfrontiert. Der weißhaarige, 64
Jahre alte Prozessanwalt hatte eine enorm profitable Sozietät aufgebaut und wichtige Wall-Street-Leute und Unternehmen mit dem Versprechen umworben, schneller zu arbeiten als die schwerfälligen alteingesessenen Promi-Kanzleien. Er war sehr erfolgreich damit, doch seine Kanzlei – Kasowitz Benson Torres – hatte schon wegen seiner Verbindung zu Trump im Wahlkampf 2016
Federn lassen müssen. Als Kasowitz der The New York Times
mit einer Klage drohte, weil die Zeitung über Anschuldigungen wegen sexueller Übergriffe gegen den damaligen Kandidaten Trump berichtet hatte, beschwerten sich einige größere Mandanten, darunter vor allem Unternehmen mit Anwältinnen an der Spitze ihrer Rechtsabteilung. Mehrere eher liberal eingestellte Partner der Sozietät waren persönlich entsetzt, als Trump die Wahl tatsächlich gewann, doch sie akzeptierten, dass es finanzielle Vorteile bringen konnte, »externer Rechtsberater« des Präsidenten zu sein.
Ihr Optimismus schwand schlagartig nach dem 17
. Mai, als Mueller zum Sonderermittler ernannt wurde, um mögliche Wahleinmischungen oder Wahlkampf-Absprachen zwischen Trump selbst oder seinen Mitarbeitern und einer feindlichen Macht zu untersuchen.
Die Partner waren sich durchaus bewusst, dass ihr Anteil an den saftigen Jahresgewinnen von Kasowitz’ erstaunlichem Geschäftssinn abhing, doch sie fürchteten, dass die Profite der Kanzlei einbrechen könnten, wenn Kasowitz eine so publicityträchtige Rolle bei der Verteidigung Trumps in der Mueller-Untersuchung spielte. Verstärkt wurde diese Angst noch dadurch, dass dem Wirtschaftsanwalt Kasowitz die
juristische Expertise für den Umgang mit einem Washingtoner Regierungsskandal fehlte. Allerdings besaß Kasowitz etwas, das selbst den meisten Spitzenbeamten im Weißen Haus fehlte – Trumps Vertrauen.
Kasowitz wollte ein »Dream-Team« zusammenstellen, um den Präsidenten abzuschirmen. Zusammen mit einem weiteren Partner der Kanzlei, dem 50
Jahre alten Mike Bowe, Sohn eines Feuerwehrmanns konservativer Gesinnung, dessen kampferprobten Instinkten Kasowitz vertraute, machte er sich daran, einen erfahrenen Skandalanwalt zu rekrutieren. Die ersten Kontaktaufnahmen mit Spitzenjuristen endeten in Absagen. Einer jedoch bot seine Hilfe kostenlos an: John Dowd. Am 18
. Mai erhielt Bowe in seinem New Yorker Büro in der Nähe des Times Square eine E-Mail von Dowd.
»Gern bereit, DJT
in aller Stille hinter den Kulissen zu helfen. … Ich bin nicht sicher, ob er externe Juristen braucht, aber es kann nicht schaden, ein Auge drauf zu haben und ihn unabhängig zu beraten. Ich kenne Bobby Mueller«, schrieb Dowd und hängte einen New York Times-
Artikel an, in dem berichtet wurde, dass Trumps Berater ihn drängten, einen Anwalt aus Washington zu engagieren.
Bowe antwortete Dowd, dass er darüber nachdenken und es mit seinem Partner besprechen wolle. Die ersten Reaktionen erfahrener Profis auf Kasowitz’ Anfragen ließen da schon ahnen, dass es schwierig werden würde. Kasowitz rief Brendan Sullivan an, der zur Crème de la Crème der Strafverteidiger gehörte; er bot an, mit Empfehlungen weiterzuhelfen, erklärte Kasowitz aber, er könne Trump nicht als Mandanten annehmen. Am 23
. Mai machte die Nachricht die Runde, dass Trump Kasowitz engagiert hatte. Am nächsten Tag schrieb Dowd noch einmal an Bowe: »Großartige Neuigkeit. Gern bereit, jederzeit pro bono
mitzuhelfen.«
Dowd, 67
Jahre alt, war in Juristenkreisen eine Legende, deren beste Zeit allerdings bereits zwei Jahrzehnte zurücklag. Der einstige Marineinfanterist hatte in der Militärjustizbehörde gedient und war in der Vietnam-Zeit zum Captain aufgestiegen. Später ging er ins Justizministerium und leitete dort in den 1970
er Jahren eine Einsatzgruppe
gegen organisierte Kriminalität, mit der er gegen Auftragskiller und Mafiabosse vorging. Bowe und Dowd hatten sich bei der Arbeit an einigen gemeinsamen Fällen angefreundet, in denen sie Marineinfanteristen vertraten, die sich von ihrem Führungsstab ungerecht behandelt fühlten. Die beiden Anwälte mochten einander und hatten viel gemeinsam. Beide waren chauvinistische Iren und stürzten sich verbissen in den Kampf für ihre Mandanten.
Bowe stellte sich vor, dass Dowd eine unterstützende Rolle in Trumps Juristenteam spielen könnte. Dowd kannte die inneren Abläufe im Justizministerium und hatte zudem viele Kontakte in Washington. Am 25
. Mai schickte er ihm noch einmal eine E-Mail, um zu melden, dass er im Acela Express auf dem Weg nach New York sei, weil er an jenem Abend im Intrepid Museum am Hudson River an einer Veranstaltung teilnehmen wolle. Wie wäre es mit einem Treffen? Bowe bat ihn, doch um 16
Uhr vorbeizukommen. Dann würde er ihn Kasowitz vorstellen. Die drei Männer trafen sich kurz in Kasowitz’ Büro. »Schön, Sie kennengelernt zu haben, John«, sagte Kasowitz zum Abschied. Er glaube, es könnte einen Platz im Team für ihn geben. »Mike wird es Sie wissen lassen.«
An jenem Memorial-Day-Wochenende, kurz nach
7
Uhr morgens am Sonntag, dem
28
. Mai, feuerte Trump eine Twitter-Kanonade ab, in der er sich über die Meldungen zu seinen Problemen aufregte. Besonders sauer war er wegen einer Story, die am
26
. Mai in der
Washington Post
erschienen war und die noch immer die Schlagzeilen beherrschte. Darin hieß es, sein Schwiegersohn Jared Kushner habe im Wahlkampf den Aufbau eines inoffiziellen Kommunikationskanals zu den Russen vorgeschlagen.
[22]
Das führte in Medienkommentaren zu der Frage, ob Kushner Landesverrat begangen habe, was den Schwiegersohn des Präsidenten zu einer Belastung machte und ihm selbst das Gefühl gab, Opfer eines Lynchmobs geworden zu sein. Trump erklärte Leaks aus seinem Weißen Haus zu »Lügengeschichten« und stellte die Behauptung auf, Journalisten würden »Quellen erfinden«. Dann fügte er hinzu: »#FakeNews is the enemy!« (Fake News sind der Feind!) Der Präsident brauchte dringend Streitkräfte, die ihn im Fernsehen
verteidigten und sich juristische Tricks ausdachten, um die Untersuchung scheitern zu lassen, aber bisher waren nur Kasowitz und Bowe an Bord.
Trump bestellte zwei zuverlässige Helfer zu sich: Corey Lewandowski und Dave Bossie, seinen ehemaligen Wahlkampfmanager und dessen Stellvertreter. Beide Männer waren politische Raufbolde, der Typ Arbeiter, den Trump besonders bewunderte, und Bossie war versiert im Umgang mit Washingtoner Skandalen. Der ranghohe Republikaner hatte in Clintons Präsidentschaft in einem Untersuchungskomitee des Repräsentantenhauses gearbeitet und unter anderem die Untersuchungen des Kongresses im Whitewater-Skandal geleitet.
Trump wollte wissen, ob Lewandowski und Bossie Interesse daran hätten, in die Regierung einzutreten und das Krisenzentrum zu leiten. Die beiden hatten den Vorschlag schon mit Reince Priebus und Steve Bannon besprochen, und alles schien in trockenen Tüchern. Doch Trump änderte seine Meinung. Er erklärte Lewandowski und Bossie: »Ich will nicht, dass ihr hierherkommt, und dann, wenn ich alle rausschmeiße, seid ihr auch dabei.«
Am selben Tag waren Kasowitz und Bowe nach Bedminster, New Jersey, gefahren, um Jared Kushner und Ivanka Trump zu treffen und dann gemeinsam vom privaten Golfclub des Präsidenten aus nach Washington zu reisen. Das Paar war durch die Story über die geheimen Kommunikationskanäle verunsichert und wollte ihren Rat einholen. Vor seiner Ankunft in Bedminster hatte Kasowitz anderen Gesprächspartnern seine wachsenden Bedenken hinsichtlich Kushners Anwesenheit im Weißen Haus anvertraut und ihnen zu verstehen gegeben, dass dieser wegen der Komplikationen, die seine russischen Kontakte mit sich brachten, womöglich sogar werde gehen müssen. Als er und Bowe ankamen, klagte Kushner über die Untersuchung und behauptete, der Artikel in der Post
sei falsch. Die Russen hätten ihn um den inoffiziellen Kanal gebeten und er sei sicher, nichts Falsches getan zu haben – diese Argumentation sollte man später noch öfter hören. Jared Kushner und Ivanka Trump baten Kasowitz und Bowe auch, ihnen dabei zu helfen, den Präsidenten zu beruhigen. Das Paar klagte, im West
Wing gehe es drunter und drüber, er werde von Priebus und Bannon furchtbar schlecht geführt.
Inzwischen suchten Priebus und Bannon händeringend nach dem, was in den Augen des Präsidenten sicher der wichtigste Pfeiler war: nach einem fernseherfahrenen Sprecher, der die Verteidigung Trumps übernehmen würde. Sie arbeiteten aus einer denkbar schlechten Position heraus, weil Mike Dubke, der geholfen hatte, die Reaktion des Weißen Hauses auf solche Krisen wie die Entlassung von James Comey zu leiten, gerade als Kommunikationsdirektor gekündigt hatte – nach nicht einmal drei Monaten.
Nach dem Memorial Day traf sich Bannon mit Mark Corallo, einem republikanischen Fachmann, den Trumps Berater zu Regierungsanfang erfolglos gebeten hatten, sich der Kommunikationsabteilung anzuschließen. Corallo, 51
Jahre alt, war ein Armeeveteran, der unter George W. Bush im Justizministerium gearbeitet hatte, was ihm Erfahrung in Bezug auf strafrechtliche Untersuchungen gab, die sich als wertvoll erweisen könnte. Außerdem sah er einfach so aus, wie Trump sich seinen Frontmann vorstellte: drahtig und fit, mit kurz geschnittenem Silberhaar und maßgeschneiderten Anzügen.
Corallo zählte Mueller und Comey zu seinen früheren Kollegen. Er erklärte, er habe Comey zunächst bewundert. Im Laufe der Zeit allerdings, so Corallo, sei er zu dem Schluss gekommen, dass Comey ein »scheinheiliger Wichtigtuer« sei. Comey habe die Angewohnheit gehabt, alle schräg anzuschauen, die nicht seiner Meinung waren, erzählte er Bannon. Comey schulmeisterte seine Kritiker mit einem kleinen Augenrollen, das laut Corallo nur eine Botschaft vermittelte: »Ich bin wirklich enttäuscht von Ihnen. Ihr moralischer Kompass ist verrutscht.«
Ich würde ihm nicht weiter trauen, als ich seine 2
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Meter werfen kann«, meinte er Bannon gegenüber.
»Oh, wow, das ist interessant«, antwortete Bannon. »Dann müssen Sie auch Mueller kennen.«
Da sprudelte es aus Corallo hervor: »Oh, ich liebe Bob. Er ist unglaublich beeindruckend.«
»Ernsthaft?«, fragte Bannon.
»Ich habe im Leben nur sehr wenige Helden, die keine Ballspieler sind, und [der frühere Justizminister] John Ashcroft und Bob Mueller stehen ganz oben auf der Liste«, erwiderte Corallo. »Wenn es unbedingt ein Sonderermittler sein muss, gibt es niemand besseren als Bob Mueller. Wenn da nichts ist, wird es einen Bericht geben, in dem steht, dass da nichts ist. Er ist ein Glückstreffer für euch.«
Bannon und Priebus wollten Corallo Trump vorstellen. Es war mitten am Nachmittag. »Ich habe keine Krawatte dabei«, sagte Corallo überrascht. Unter George W. Bush war der Zeitplan des Präsidenten schon Wochen im Voraus eng getaktet gewesen, und niemand war einfach so vorbeigekommen, wenn es nicht wirklich dringend war – und ganz sicher nicht direkt aus einer Besprechung, ohne Krawatte. Doch solche Formalitäten waren Trump egal. Also gingen sie los, den Gang hinunter und ins private Speisezimmer des Präsidenten, wo der Fernseher lief und Trump einen Stapel Papiere durchsah. Er begrüßte Corallo warm und herzlich, dann kamen sie zur Sache. Bannon erklärte Trump, dass Corallo Mueller gut kenne, und Trump sagte: »Ich bin ganz Ohr.«
»Es ist so, Mr. President«, erklärte ihm Corallo. »Wenn Sie einen Sonderermittler bekommen, könnten Sie es nicht besser treffen. Mr. President, anders als Sie vielleicht denken, sind Jim Comey und Bob Mueller nicht unbedingt beste Freunde. Es gibt da keinen Interessenkonflikt. Und Bob Mueller ist der anständigste Mann in der ganzen Stadt. Sie müssen verstehen, dieser Knabe ist Staatsdiener durch und durch. Ihn interessieren nur Fakten. Er hat kein Hühnchen mit irgendwelchen Politikern zu rupfen. Er ist nicht für Sie oder gegen Sie, wenn es um das Gesetz geht. Er ist wirklich der ehrlichste Mensch, den dieses Land je hervorgebracht hat.«
»Oh, ich weiß nicht«, sagte Trump. »Diese ganze Sache …«
Er verstummte.
»Ich kann Ihnen das nicht verdenken«, sagte Corallo. »Ich verstehe, dass es unangenehm ist. Aber ich glaube wirklich, dass Sie letztendlich, wenn da nichts dran ist, eine Unbedenklichkeitsbescheinigung
bekommen werden. Und wenn die von Robert Mueller kommt, ist sie unangreifbar.«
Trump schien die praktische Herangehensweise, mit der Corallo die Sache auf den Punkt brachte, zu gefallen, aber offenbar war er nicht davon überzeugt, dass Mueller zu trauen war. Trump bat Corallo, später am Tag noch einmal wiederzukommen und an einem Meeting zur Russland-Untersuchung teilzunehmen. Das war Mark Corallos erste Besprechung im Oval Office. Er bekam eine Gänsehaut, als er vor dem Resolute Desk Platz nahm. Trump zog über die Mueller-Ermittlung her – wie unfair sie ihm gegenüber sei, wie verfolgt er sich fühle –, doch Corallo dachte nur: »Reagan saß dort. FDR
saß dort. Truman saß dort. Ike saß dort.«
Er verstand sich sofort gut mit Trumps Anwälten, vor allem mit Bowe, einem etwa gleichaltrigen praktizierenden Katholiken, der auch in einem Arbeitervorort von New York aufgewachsen war. Sofort willigte er ein, für Kasowitz und Bowe als Kommunikationsstratege des Juristenteams im Weißen Haus zu arbeiten. Er hatte nur eine Bedingung: »Ich werde nie etwas Unangebrachtes über Bob Mueller sagen. Ich werde ihn nie persönlich angreifen. Das wird es nicht geben. Und wenn man mich dazu auffordert, bin ich raus, und wenn irgendwer aus diesem Team ihn persönlich angreift, bin ich auch raus.«
Kasowitz und Bowe willigten ein: Sie würden Muellers Integrität oder seine Motive nicht in Frage stellen.
Trump, der immer noch keinen prominenten Washingtoner Anwalt an seiner Seite hatte, war angreifbar. Und so tat er, was er in Momenten der Unsicherheit oft tat: Er übernahm selbst das Ruder. Trump glaubte, es gäbe vielleicht einen Weg, auf Muellers Patriotismus zu rekurrieren und ihn davon zu überzeugen, dass die Untersuchung schnell abgeschlossen werden müsse, da sie dem Präsidenten schade und damit die Vereinigten Staaten in den Augen ihrer Gegner in aller Welt schwäche.
»Gehen Sie zu Mueller. Sie müssen mit ihm reden«, wies Trump Kasowitz und Bowe mehrmals an. »Sagen Sie ihm, dass dies hier meine Möglichkeiten, als Präsident zu arbeiten, wirklich
beeinträchtigt. Versuchen wir doch herauszufinden, worum es eigentlich geht. Vielleicht können wir schnell aus der Sache rauskommen.«
Das war eine klassische Trump-Taktik, Probleme zu bereinigen. Er glaubte, er könne sich aus allem herausreden, indem er eine persönliche Beziehung aufbaute und das Problem im Gespräch unter Männern löste. Deshalb war er begeistert, als er erfuhr, dass Corallo Mueller von ihrer gemeinsamen Arbeit im Justizministerium her kannte. Sofort bat er Corallo, seinetwegen mit Mueller zu reden.
Corallo bekam schon bei dieser Vorstellung Beklemmungen. Er dachte bei sich: »Das werde ich ganz sicher nicht tun.« Kasowitz ergriff das Wort und erklärte Trump, dass das absolut keine gute Idee sei.
»Das ist völlig unangemessen und juristisch nicht vertretbar«, sagte er. »Mark ist kein Rechtsanwalt.«
Dann beschwor der Präsident seinen Verteidigungsminister Jim Mattis, der in der Regierung wegen seines untadeligen Rufs einen besonderen Rang einnahm. Er dachte, da sie beide bei der Marineinfanterie gewesen seien, könne Mattis doch vielleicht Sympathien bei Mueller wecken. Trump wies seine Anwälte an, Mueller gegenüber zu erklären: »General Mattis sagt, dass dies ein Problem ist.«
Bannon und Priebus waren einhellig der Meinung, dass es besser sei, sich in nächster Zeit von Mueller fernzuhalten, doch Bowe gab ihnen einen Rat: Glauben Sie nicht, dass Sie Trump ständig im Zaum halten können.
»Ich weiß nicht, ob Sie fischen gehen«, erklärte Bowe ihnen. »Manchmal müssen Sie mehr Leine geben. Sie laufen Gefahr, dass die Leine reißt, wenn Sie die ganze Zeit daran ziehen. Sie können nicht ständig an der Kurbel drehen. Sie können nicht jedes Mal Nein zu ihm sagen.«
Zu Trumps Juristenteam gehörte als Vertretung nach außen auch Jay Sekulow, den Trump Ende Mai anheuerte. Als Anwalt mit weitreichenden Beziehungen in das konservative Establishment Washingtons war der sechzigjährige Sekulow Chefberater des American Center for Law and Justice. Er moderierte eine Talkshow im Radio und war schon seit langem Kommentator im Fox News Channel und dem Christian
Broadcasting Network. Außerdem stand er dem Fox-Moderator und Trump-Freund Sean Hannity nahe. Sekulows telegene Ausstrahlung und seine schnellen Reaktionen hatten Trump beeindruckt. Er hatte das Gefühl, der redegewandte, kluge Sekulow könne seiner Verteidigung in den Medien Glaubwürdigkeit verleihen und ihm helfen, die politische Szene zu beeinflussen.
Inzwischen hatte Dowd seinen Weg ins Team des Präsidenten gefunden, und er empfahl, auch Ty Cobb anzuwerben, Partner der Kanzlei Hogan Lovells und Veteran unabhängiger Untersuchungskommissionen aus der Clinton-Ära. Dowd kannte Cobb durch ihre Karrieren im Justizwesen und ihre sich überschneidende Arbeit an einem massiven Fall von Insiderhandel an der Wall Street. Cobb fand die Herausforderung, Trump zu vertreten, attraktiv, doch seine Kanzlei verweigerte die Zustimmung, vor allem, weil Trump ein zu riskanter Mandant war. Cobb willigte ein, sich mit voller Pension aus seiner Partnerschaft zurückzuziehen, und begann dann nicht als persönlicher Anwalt Trumps, sondern als juristischer Sonderberater im Weißen Haus zu arbeiten.
Dennoch fehlte Trump immer noch ein großer Name, ein glaubwürdiger Washingtoner Anwalt in seinem persönlichen Juristenteam, einer mit einer starken Kanzlei im Rücken. Mit einem Alle-Mann-an-Deck-Aufruf kontaktierten Trumps Berater schließlich Ted Olson, A.B. Culvahouse Jr., Emmet Flood, Robert Giuffra, Paul Clement und Dan Levin. Sie alle taten es Sullivan gleich und antworteten mit einem höflichen »Nein«.
[23]
Flood hatte über die Anfrage des Teams nachgedacht, allerdings wollte er als der Berater des Präsidenten im Weißen Haus arbeiten. Bei einem Telefonanruf in der ersten Juniwoche erfuhr er zu seinem Erstaunen, dass das Team auf Bannons Vorschlag hin überlegte, sich im Eisenhower Executive Office Building eine eigene Krisenzentrale einzurichten. Vom Gelände des Weißen Hauses aus zu arbeiten würde unangemessen wirken, für den Präsidenten wie auch für sein privates Team. Floods Aussprache dagegen war mehr als deutlich: »Das ist absoluter Wahnsinn«, sagte er.
Bowe dachte, er habe den perfekten Kandidaten in Dan Levin gefunden, einem Fachmann für politische Verfahren, der als Muellers Stabschef beim FBI
und im Justizministerium gearbeitet und dessen Bitte, sich seinem Team bei der Sonderermittlung anzuschließen, abgelehnt hatte. Levin hatte Mueller davor gewarnt, aggressive Staatsanwälte wie Andrew Weissmann anzuheuern, weil sie womöglich nur auf einen Skalp aus wären und auf eine Anklage drängen würden, selbst wenn die Fakten eine Verfolgung nicht rechtfertigten. Levin war kein Trump-Unterstützer, vertrat aber eisern die Überzeugung, dass auch unbeliebte Menschen Anwälte verdienten. Levins Sozietät aber lehnte Trump als Mandanten ab.
Bei denjenigen, die sich auf die Jagd nach einem Anwalt für den Präsidenten gemacht hatten, blieb der Kandidat Reid Weingarten besonders in Erinnerung – als derjenige, der ihnen in letzter Minute noch durch die Lappen ging. Weingarten, langjähriger Partner bei Steptoe & Johnson, war eine Legende wegen seiner verblüffenden Fähigkeit, im Prozess gleichzeitig die Geschworenen zu umgarnen, den wichtigsten Zeugen der Regierung zu zerlegen und eine geradezu kultische Verehrung unter einigen eben jener Staatsanwälte zu entfachen, denen er gerade eine Abreibung verpasste. Einer seiner Milliardärsmandanten, der Casinomogul Steve Wynn aus Las Vegas, riet Trump, Weingarten zu treffen. »Er ist einfach der Beste. Ich liebe den Kerl.«
Weingarten war schon immer unabhängig gewesen, ein sozial progressiv denkender Mensch und ein enger Freund von Eric Holder, dem ersten Justizminister von Präsident Obama. Weingarten erklärte den Anwerbern, er zweifle daran, ob er Trump vertreten könne. Schließlich willigte er aber doch ein, im Juni mit ihm zu sprechen, weil er, wie er dem Regierungsberater Don McGahn gegenüber erklärte, das Gefühl habe, er könne dem Präsidenten die Bitte um ein Gespräch nicht abschlagen.
Weingarten hatte einen rustikalen Charme und fluchte gelegentlich wie ein Bierkutscher, was ihm und dem Präsidenten eine kleine gemeinsame Basis gab, als sie sich im Oval Office kennenlernten. Wie bei den meisten Anwälten ging Trump auch jetzt eine zerfledderte
Checkliste mit Fragen dazu durch, wie diese Art Untersuchung ablaufen würde. Das war ein leichtes Spiel für Weingarten, der viele Jahre lang Erfahrungen als Staatsanwalt für Korruption in Verwaltung und Politik gesammelt hatte. Trump wollte wissen: Was hatte Mueller vor? Was würde er sich anschauen?
Trump erzählte Vertrauten später, dass Weingartens Antwort ihn geschockt habe: Inzwischen habe Mueller sicher Kopien von Trumps Steuererklärungen, wahrscheinlich mindestens für die letzten fünf bis zehn Jahre. Das sei eine der ersten Abfragen, die man als Staatsanwalt bei jedem, gegen den wegen potenzieller Interessenkonflikte ermittelte werde, mache. Trump stellte Weingarten zwei weitere Fragen, die er in den letzten Tagen auch anderen Anwälten vorgelegt hatte: Konnte Trump eigene Familienmitglieder begnadigen? Konnte er sich selbst begnadigen?
Weingarten hat es abgelehnt, über sein Treffen mit dem Präsidenten zu sprechen. Trump jedoch erzählte anderen, dass Weingarten ihn gewarnt habe: Er sei vielleicht technisch dazu berechtigt, doch diese juristisch zweifelhafte Taktik wäre politischer Selbstmord. Schließlich trennten sich die beiden Männer in aller Freundschaft, wenn auch ziemlich betreten. Trump war noch immer nicht ganz davon überzeugt, dass er einen Strafverteidiger brauchte. Schließlich glaubte der Präsident, er habe kein Verbrechen begangen.
»Danke, Reid«, sagte er. »Wenn ich Ärger rieche, wenn ich die Gefängniszelle rieche, werde ich Sie rufen.«
Dann ging Weingarten. Er traf sich noch mit McGahn zu einer Nachbesprechung seiner Unterredung mit Trump. Wie McGahn später ein paar engen Verbündeten erzählte, warnte der erfahrene Rechtsanwalt ihn, er habe nur eine einzige, entscheidende Aufgabe: Trump davon abzuhalten, Mueller zu entlassen. Weingarten arbeitete zwar letztendlich nicht für Trump, doch der Präsident erwähnte seinen Beratern gegenüber immer wieder, wie sehr er ihn mochte, und erinnerte sich an Einzelheiten aus ihrem Gespräch.
Unter normalen Umständen hätte es für einen altgedienten Verteidiger in politischen Strafsachen eine prestigeträchtige Krönung seiner
Laufbahn dargestellt, einen Präsidenten zu vertreten. Bei Trump jedoch war das etwas anderes. Diese hochkarätigen Juristen erkannten, dass viele Menschen, die eine Verbindung zu Trump hatten, irgendwann ausrangiert und verleumdet wurden. Er betrachtete seine Anwälte als Werkzeuge, die das Recht für ihn beugen und ihn schützen sollten, während er verdächtige oder ganz eindeutig illegale Dinge tat. Und dann war da die Geldfrage. Niemand in Trumps Umfeld konnte eine klare Antwort darauf geben, wer bezahlen würde, und Trump hatte immer wieder Leute, die für ihn arbeiteten, geprellt, ob es nun Anwälte waren oder Bauunternehmer. Und zu allem Überfluss hatte Trump auch einen Ruf als notorisch starrsinniger Mandant. Ein Anwalt, der Trumps Angebot abgelehnt hatte, drückte es so aus: »Es ist so, als wäre man der Kapitän der Titanic: ›Links steuern, links!‹ ›Nein, nein, ich fahre geradeaus.‹«
Trump war aufgebracht, weil Comey am 8
. Juni vor dem Kongress aussagen sollte. Er verstand einfach nicht, warum es einem Mann, den er einen Monat zuvor rausgeworfen hatte, erlaubt sein sollte, ihn zur besten Sendezeit im Fernsehen zu diskreditieren. Trumps Anwälte begannen zu prüfen, ob die Gespräche des Präsidenten mit Comey durch das Exekutivprivileg des Präsidenten, sein Recht, zum Wohl des Staates bestimmte Informationen und Materialien zurückzuhalten, geschützt werden könnten. Bowe hatte Vorbereitungen getroffen und Flood angerufen, der sich bereiterklärte, ihm einige allgemeine Hinweise zum Einsatz des Exekutivprivilegs zu geben. Flood machte ihm klar, dass er es nie geltend machen würde, bevor nicht das Office of Legal Counsel des Justizministeriums genau analysiert hätte, ob es berechtigt sei, und eine Rechtsmeinung herausgegeben habe. In Bowes Ohren klang das kompliziert und zeitaufwändig. Comey sollte schon in ein paar Tagen aussagen. »Tut mir leid, aber das sind die Regeln«, sagte Flood. »So läuft es nun einmal.«
Trumps Team beschloss, keinen Versuch zu unternehmen, Comey von einer Zeugenaussage abzuhalten. Trump schaute sich die Live-Übertragung der Anhörung in seinem Speisezimmer neben dem
Oval Office an, umgeben von Kasowitz, Bowe, Sekulow und anderen Beratern. Er wurde immer wütender, und noch bevor Comey fertig war, brüllte er, dass Kasowitz noch am selben Nachmittag eine Pressekonferenz abhalten müsse, um alles zurückzuweisen, was Comey gesagt hatte. Dann begann ein kollektives Brainstorming, wobei der Präsident den rüden Ton vorgab, in dem Kasowitz Comey attackieren sollte. An einem Punkt schlug Trump vor, Kasowitz solle Comey als Lügner bezeichnen, doch seine Anwälte widersetzten sich solchen persönlichen Angriffen.
Wie so oft, wenn Berater willfährig Trumps Forderungen nachkamen, beschädigte Kasowitz letztendlich seinen eigenen Ruf, als er an jenem Tag im National Press Club auftrat. Bei diesem im Fernsehen übertragenen Auftritt äußerte sich Kasowitz anhand vorbereiteter Notizen falsch zu wichtigen Ereignissen in der zeitlichen Abfolge von Comeys Memo zu Trumps Aufforderung, er möge die Flynn-Untersuchung »fallen lassen«. Kasowitz hätte diese Fehler leicht vermeiden können, sagte aber voreilig, was sein Mandant wollte.
Auf die Berater im Weißen Haus wirkte Kasowitz bei seinem Auftritt unbeholfen und schlecht vorbereitet. Ein altgedienter Profi, der gebeten worden war, Anwälte für Trump zu rekrutieren, sagte: »Das war schrecklich. Ich sah zu und dachte: ›Wie nutzt es den Interessen seines Mandanten, wenn er solche dummen Dinge sagt?‹ Er war nicht vorbereitet. Seine Antworten waren nicht gut.«
Je länger sie mit dem Präsidenten zusammenarbeiteten, desto deutlicher sahen die Anwälte Kushner und Ivanka Trump als Problem. Die Kids spazierten bei den Strategietreffen zur Ermittlung ein und aus, ohne auch nur anzuklopfen, und fragten, wie es laufe. Ivanka kam herein, sagte »Hi, Dad«, und die Anwälte hörten auf, über das eigentliche Thema zu reden, lächelten ihr einfach nur unbehaglich zu und warteten darauf, dass sie wieder verschwand. Sie und Kushner redeten mit anderen Mitarbeitern wie auch mit dem Präsidenten offen über Einzelheiten der Ermittlung und boten ihm privat ihren Rat an.
»Die Kids sind immer da«, erklärte Corallo später. »Das Missliche
ist, dass die Kids immer da sind und mit anderen im Weißen Haus über den Fall reden, was jeden zu einem Zeugen oder einer Zeugin werden lässt.« Diese Dynamik, so fügte er hinzu, »macht es unmöglich, dass das Weiße Haus normal funktioniert.«
Bannon und Priebus hatten Kasowitz und Bowe schon im Mai vor den Problemen gewarnt, die es mit sich brachte, wenn die Tochter und der Schwiegersohn des Präsidenten während einer Sonderermittlung im Weißen Haus arbeiteten. Doch die Kinder wollten dabei sein, und sie wollten die Anwälte auf ihrer Seite. Sie taten alles, um Dowd zu bezirzen, der sofort für Ivanka eingenommen war, als sie ihm überschwänglich dafür dankte, dass er sich dem Juristenteam angeschlossen hatte, und betonte, wie wertvoll er für ihren Vater sei.
Andere, die mit Ivanka zu tun hatten, hielten sie für eine verwöhnte Prinzessin, die die schlimmsten narzisstischen, oberflächlichen und selbstdarstellerischen Eigenschaften ihres Vaters in sich aufgesogen hatte. »Als Zwölfjährige ließ man sie mit Firmenbossen telefonieren, und ihr Vater sagte ihr, sie sei das faszinierendste Wesen auf der Welt und ihre Meinung werde geschätzt«, erklärte ein Regierungsbeamter. »Sie ist das Produkt ihrer Umwelt.«
Als sich die Rechtsanwälte, die Trump für sich, seine Familie und seine Geschäfte angeheuert hatte, von Mitte Juni an in die Wahlkampfunterlagen vertieften, fanden sie keine Beweise, die den Präsidenten mit irgendeiner Abstimmung oder Zusammenarbeit mit den Russen in Verbindung gebracht hätten. Wohl aber fanden sie Hinweise auf Kushner. Der Schwiegersohn des Präsidenten hatte nicht alle seine Treffen mit auswärtigen Amtsträgern, insbesondere Russen, in die dafür vorgesehenen Regierungsformulare eingetragen. Er hatte über 100
persönliche Treffen oder Telefongespräche mit Repräsentanten von mehr als 20
Ländern gehabt, viele davon in der Zeit zwischen Trumps Wahl und seiner Vereidigung. Das Versäumnis, nicht alle auswärtigen Kontakte angegeben zu haben, wenn man als ranghoher Beamter im Weißen Haus zum ersten Mal eine Sicherheitsfreigabe beantragte, war eine ernste Sache und konnte die Chancen auf einen Job zunichtemachen, aber man konnte es auch entschuldigen, wenn es mildernde
Umstände gab. Wenn man den Fehler aber nicht vollumfänglich korrigierte, indem man beim zweiten Mal alle zusätzlichen Kontakte offenlegte – wie es bei Kushner der Fall war –, wurde man normalerweise von vornherein nicht als Regierungsbeamter zugelassen.
Kushner beauftragte einen bekannten Strafverteidiger mit Erfahrung in politischen Prozessen, Abbe Lowell, ihn zu vertreten. Lowell hatte viele hochkarätige Mandanten verteidigt, darunter die Senatoren Robert Menendez gegen den Vorwurf der Korruption im Staatsdienst und John Edwards gegen den Vorwurf des Betrugs bei der Wahlkampffinanzierung, und er war beim Impeachment-Verfahren gegen Präsident Clinton Chefermittler der Demokraten im Repräsentantenhaus gewesen. Lowell war zwar Demokrat, verfügte aber über genau den beruflichen Werdegang, den Trump sich für die Spitze seiner eigenen Verteidigung gewünscht hätte.
Am 13
. Juni kamen Bowe, Dowd, Sekulow und Corallo in den Washingtoner Büros von Kasowitz’ Kanzlei, nur zwei Blocks vom Weißen Haus entfernt, zusammen, um über die Kids zu reden. Sekulow sprach das heiße Thema an, mit dem das Team haderte: »Sollten Jared und Ivanka im Weißen Haus sein?« Einige wagten es kaum, sich klar zu positionieren. Sie wollten es sich nicht mit dem Präsidenten verscherzen, und sie vermuteten, dass er alle Ratschläge zu den Kids an Jared und Ivanka weitergeben werde, und dann würden sie »unter die Räder kommen«, wie einer der Berater es ausdrückte.
In den vier Wänden von Kasowitz’ Anwaltsbüro jedoch sprachen sie offen über die Herausforderungen, die die Mitglieder der Präsidentenfamilie darstellten. Corallo sagte, er habe Sorge, dass Kushner andere Mitarbeiter zu Zeugen in der Untersuchung machen könnte, und dass er nicht das Exekutivprivileg geltend machen könne, um die Gespräche zu schützen, die er mit ihnen führte. Außerdem wies er darauf hin, dass allein schon Kushners Probleme mit der Sicherheitsfreigabe es verbaten, ihn als offizieller Berater im Weißen Haus zu behalten. »Das sieht politisch wirklich übel aus«, sagte er. Bowe meinte, das Juristenteam solle sich wenigstens auf die Möglichkeit einstellen, dass die Kids gehen müssten. Und Sekulow stimmte zu, dass sie bereit sein
müssten, die Vor- und Nachteile mit Trump zu diskutieren. »Bereiten Sie einige Punkte vor, für den Fall, dass wir es empfehlen müssen«, sagte Sekulow. Doch Dowd verteidigte Jared und Ivanka und betonte, Trump verlasse sich auf sie und die Anwälte sollten sich da nicht einmischen.
»Wir werden uns nicht zwischen ihn und die Familie stellen«, erklärte er.