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Aliyah

I ch mustere mein Spiegelbild, wische mir den knallpinken Rosana vom Mund und trage stattdessen nudefarbenen Lipgloss auf. Mit einem Schritt Abstand begutachte ich das Resultat und nicke. Zu diesem Anlass weit passender. Ich stelle mir Amys Gesicht vor, als ich einfach auflegte, und muss lächeln. In einem Punkt ist auf meine Schwiegertochter absolut Verlass, nämlich dass sie spätestens um fünf Uhr nachmittags sternhagelvoll ist. Wenn mein Anruf die erwartete Wirkung erzielt hat, dürfte sie heute schon um drei besinnungslos flachliegen.

Das Flittchen sieht gut aus, taugt jedoch zu nichts. Eine einzige Fähigkeit hatte Amy besessen, und die haben wir inzwischen aufgebraucht. Aber dass sie auf einen meiner Söhne derart fixiert bleibt, ist schmerzhaft für dessen Bruder. Schon allein aus diesem Grund hätte ich sie gern raus aus unserem Leben. Lange wird das nicht mehr dauern. Denn aus einem Glas Wein zum Abendessen wurden schnell zwei, dann eine ganze Flasche. Warum das Ganze nicht morgens durch einen kleinen Spritzer Whiskey ergänzen, bloß um richtig in den Tag zu kommen? Gefolgt natürlich von einem Cocktail zum Mittagessen. Es war alles ein Kinderspiel. Sie hätte sich sowieso am liebsten kopfüber in das Zeug gestürzt. Ich war ihr nur dabei behilflich, indem ich ihr einen kleinen Schubs gab.

»Fertig?«, fragt Darius und erscheint hinter mir im Spiegel. Er trägt bereits sein Sakko. Über seine ausgeprägte Stirn zieht sich eine tiefe Falte. Sein Parfüm duftet dezent und wohltuend, eine holzige Note, die ich speziell für ihn kreiert habe. Sie passt zu ihm. Er ist stark und fest verwurzelt wie ein Mammutbaum. Wie er geraten ist, erfüllt mich wirklich mit Stolz. Viele Mütter erziehen ihre Söhne ohne jede Achtung Frauen gegenüber.

»Hast du die Entwürfe sicher verschlossen?«, frage ich und drehe mich zu ihm um.

»Ja, klar doch. Woher sonst komme ich wohl gerade?«

Das dunkle Haar fällt ihm kunstvoll frisiert in die Stirn. Die markant ausgeprägten Züge in dem schmalen Gesicht ähneln meinen, die blassblauen Augen dagegen sind die seines Vaters. Ein enorm prägnantes Merkmal, diese Augen. Ramin und Rosana haben sie auch.

»Wir sind fast fertig«, fährt er in leicht genervtem Ton fort. »Eigentlich könnten wir das Ganze heute noch mit all unseren Anmerkungen zurück an den Architekten gehen lassen.«

»Der es sich selbst aber frühestens am Montag ansieht«, entgegne ich und streiche sein Revers glatt.

Wenn Amy wüsste, dass ihr Ehemann seine Freitagnachmittage in Wahrheit damit verbringt, mit mir gemeinsam an dem Konzept für unsere geplante Forschungsanstalt in Seattle zu arbeiten. Stattdessen traut sie ihrem Mann lieber sofort jede Gemeinheit zu. Die kleinste Anspielung genügt, schon setzt ihre Paranoia ein.

Aber Darius ist kein Fremdgeher wie mein erster Mann Paul. Den Vater von Kane hatte ich einst in Verdacht, eine Affäre zu haben, konnte es ihm jedoch nicht nachweisen. Also redete ich mir lieber ein, dass er ein Scheitern unserer Ehe gewiss nicht riskieren würde, da ich ihm zu viel bedeute – nicht nur als Ehefrau und Mutter seines Sohnes, sondern auch wegen der Firma, bei deren Aufbau ich maßgeblich geholfen hatte. Schließlich war Baharan Pharmaceuticals sein Lebenswerk, unser Lebenswerk, und er liebte Kane abgöttisch. Zumindest dachte ich das bis zu dem Moment, da ich erfuhr, dass er jeden verfügbaren Cent aus der Firma abgezogen und sich nach Südamerika abgesetzt hatte.

»Du enttäuschst mich«, sage ich zu Darius und richte seine Krawatte.

»Warum?«

»Weil du dich dagegen sträubst, deinem Bruder in solch einer persönlichen Krise zu helfen.«

»Das kann ich nicht und will es auch nicht«, ereifert er sich. »Schließlich nimmt er umgekehrt nie Anteil an irgendwas.«

»Darius.« Mein besänftigender Ton vertreibt schnell den mürrischen Anflug aus seinem Gesichtsausdruck. »Das weißt du doch gar nicht. Und wenn du es schon nicht für ihn tun willst, tu’s mir zuliebe. Mich beunruhigt das immerhin auch gewaltig.«

Er schenkt mir einen sarkastischen Blick, aber mich kümmert es nicht, ob er mich für eine Heuchlerin hält. Ich tat, was ich tun musste, um zu überleben. Mein grundlegender Wandel nach Pauls Verrat war die Voraussetzung dafür, dass ich bei meiner zweiten Ehe schlauer war und alle Bedingungen des Ehevertrags durchstand, bis ich endlich bekam, was mir gebührte. Und es ist ja auch nicht so, als hätte ich Kane nicht bis zur Volljährigkeit unterstützt.

Wie dem auch sei, es ist jedenfalls müßig, Darius jetzt mit dem Argument zu kommen, dass er selbst nie große persönliche Krisen durchleben musste, da Kane, nachdem er zurück in unser Leben getreten war, entsprechende Probleme für ihn stets aus dem Weg räumte. Darius verdankt seinem älteren Bruder so einiges – keine belastenden Studienkredite mehr, einen komfortablen Lebensstil, sogar seine Frau.

Als Kane vor sechs Jahren mit der Idee an mich herantrat, Baharan Pharmaceuticals wieder zu neuem Glanz zu verhelfen, glaubte ich, wir würden zu guter Letzt vielleicht doch noch eine Familie. Mein zweiter Mann – der nicht das geringste Interesse daran hatte, den Sohn eines anderen großzuziehen – stand nicht länger im Weg, und Kane folgte meinem Rat und achtete darauf, dass seine Halbbrüder für Schlüsselpositionen in der Firma ausgebildet wurden. Ich dachte, so fänden all meine Kinder womöglich doch noch zusammen, aber nur Rosana freute sich aufrichtig über die Rückkehr ihres ältesten Bruders. Darius und Ramin missfiel die neue Situation mit Kane vom ersten Tag an, da sie sich nur wie notgedrungen geduldete Anhängsel fühlten.

Selbst wenn es ihm gelänge, Kane von der Spitze des Unternehmens zu verdrängen, würde das den Verdruss wohl kaum lindern, der an Darius nagt, seit er meint, der Rolle des Ältesten, der für seine jüngeren Geschwister verantwortlich ist, beraubt worden zu sein. Aber im Grunde ist es wahrscheinlich sogar besser, wenn die Brüder sich nicht allzu gut verstehen. Schließlich könnte es zum Problem werden, wenn sie irgendwann eine geschlossene Front bildeten.

»Ich verstehe bloß nicht, was so schrecklich eilig daran ist«, widerspricht er mir. »Es wird doch sowieso noch eine ganze Weile dauern, bis er seine neue Lage überblickt und seine Frau behandelt werden kann wegen alldem, woran auch immer sie leidet. Wir schieben also etwas Wichtiges für etwas vollkommen Nebensächliches auf.«

»Ach? Hältst du es im Ernst für nebensächlich, wenn Kane jedem erzählt, er sei Witwer, obwohl das ganz offensichtlich nicht der Wahrheit entspricht?«

Allerdings war Lily auf der Straße nur knapp dem Tode entronnen und auch jetzt noch nicht über den Berg. Allem Anschein nach hatte der Fahrer, der sie erwischt hatte, nicht abgebremst und war vom Unfallort geflüchtet. So hatte es mir jedenfalls Witte bei seinem Anruf geschildert, als Lily gerade in den Krankenwagen geladen wurde. Darius hatte ich jedoch nichts davon erzählt, dass mir bei Wittes Worten ein kalter Schauer über den Rücken lief. Als würde jemand über mein Grab gehen.

»Dich soll überraschen, dass Kane lügt?«, stichelt mein Sohn. »Nun hör aber auf! Außerdem behaupte ich ja gar nicht, dass seine Frau uns nicht kümmern sollte. Meiner Meinung nach braucht sie uns bloß gerade jetzt nicht so dringlich zu kümmern. Kane bekommt doch seit Jahren sein Leben auch ohne uns ganz prima geregelt. Er soll seinen Scheiß gefälligst selbst regeln. Mein Problem ist das nicht.«

Er sagt das nur, weil er nicht viel von früher weiß. Er war in der Schule, im letzten Jahr der Highschool, als die Polizei von Greenwich zu unserem Haus in Saddle River kam und sich nach meinem Ältesten erkundigte, den ich seit Jahren nicht gesehen oder gesprochen hatte.

Die Zivilbeamten erklärten, es seien reine »Routinefragen«, die sie zu Kanes Charakterzügen und seinem Temperament hätten. Mag sein. Doch es wurde schnell offenkundig, wie wenig ich über das Leben meines erwachsenen Sohnes wusste – nicht einmal von der offiziellen Änderung seines Nachnamens hatte ich etwas mitbekommen –, und sie fragten mich, warum wir nicht in Verbindung stünden, woraufhin ich ihnen die Wahrheit erzählte: Er kam nicht gut mit meinem Ehemann, seinem Stiefvater, zurecht. Sie tauschten vielsagende Blicke aus, dankten mir für das Gespräch und verschwanden.

Ich weiß bis heute nicht, ob dieser Besuch etwas mit seiner Frau zu tun hatte. Zum damaligen Zeitpunkt hatte ich gar keine Ahnung, dass er überhaupt verheiratet war. Gesprochen habe ich über diesen Besuch mit niemandem, selbst mit Kane nicht, der nur wenige Tage später an meiner Haustür erschien, um über den Wiederaufbau von Baharan zu reden.

Unsere Beziehung ist heikel, um es vorsichtig zu formulieren, und ich werde ganz sicher kein Zerwürfnis riskieren, nicht, bis ich Baharan übernehmen kann.

»Natürlich ist das auch dein Problem«, lasse ich nicht locker. »Das ist ein Problem für jeden von uns. Warum kehrt sie ausgerechnet jetzt zurück? Was hat sie all diese Jahre gemacht?«

»Warum sie zurück ist, kann ich dir sagen. Diesem dämlichen Gefasel vom Sexiest Man Alive kann doch keiner entgehen. Kane beutet das doch noch stärker aus als Dwayne Johnson! Sie bekommt die Berichte mit, hält ihn nun, da er reich ist, für eine bessere Partie und kehrt nach Hause zurück. Ich bin nicht blöd, Mutter. Ich sehe in ihr bloß keine Bedrohung, solange sie das nicht definitiv überlebt hat und für Ärger sorgt.«

Auf mein Betreiben hin hatte Social Creamery die Kampagne zu Kanes Aufnahme in die Liste der Sexiest Men Alive viral gehen lassen. Bekanntheit bedeutet nun mal Geld. Dabei hatte ich zu meinem Leidwesen allerdings nicht mit all den ehemaligen Freundinnen und Geliebten – und schon gar nicht mit angeblich toten Ehefrauen – gerechnet, die plötzlich aus der Versenkung auftauchten, um sich in seinem Glanz zu sonnen. Aber wie hätte ich so etwas auch vorausahnen können?

Lily. Ich kenne nicht einmal ihren Mädchennamen. Es gab keinerlei Gedenkveranstaltung nach ihrem Tod – ihrem angeblichen Tod. Zumindest keine, zu der ich eingeladen worden wäre oder von der ich irgendwo eine Anzeige entdeckt hätte. Zudem weigerte Kane sich beharrlich, über sie zu reden. Wenn ich einmal vage auf das Thema seiner Ehe zu sprechen kam, ging er sofort an die Decke, also ließ ich es lieber bleiben. Und letzten Endes hatte ein Collegeschwarm, dem ich nie begegnet war, ja auch nichts mit mir zu tun.

»Vermutlich hat sie ihn verlassen«, fährt er fort, »und er lügt uns allen die ganze Zeit etwas vor, um das Gesicht zu wahren.«

»Meinst du nicht auch, das wäre ein bisschen sehr extrem?«

»Nicht extremer als dieses Penthouse! Oder die bescheuerte Anstellung von Witte. Kane übertreibt eben in jeder Beziehung gern maßlos. Du regst dich also völlig überflüssigerweise auf.«

Die Wut lässt mir das Blut in den Adern gefrieren. Niemand behandelt mich von oben herab, niemand sollte kleinzureden wagen, was ich fühle oder denke. Bei der Sache mit Paul hatte ich meinen Instinkten nicht vertraut und einen hohen Preis dafür bezahlt, das werde ich nie vergessen. »Diesen Ton verbitte ich mir, Darius. Ich bin vorsichtig, nicht hysterisch. Mir geht es vor allem darum, Baharan und unsere Familie zu beschützen, und dafür brauche ich mich nicht zu entschuldigen.«

»Genau, in dieser Reihenfolge«, brummt er.

»Vergiss nicht den Ethikcode in unserem ECRA +-Vertrag mit Cross Industries. Sobald wir in einen Skandal hineingeraten – und den wird der vorgetäuschte Tod eines Familienmitglieds ganz sicher auslösen –, kann das verhängnisvoll sein. Wir können es uns nicht leisten, unsere Investitionen zu verlieren oder womöglich gar irgendwelche Entschädigungen zu zahlen, die Gideon Cross verlangt.«

Pauls Unterschlagungen standen seinerzeit in direktem Zusammenhang mit dem Namen Cross, obwohl Gideon diesen Punkt nur allzu gern vergessen würde. Sein Vater, Geoffrey Cross, hatte nämlich ein berüchtigtes Ponzi-System ins Rollen gebracht, bei dem die Investoren Milliarden verloren. Wenn heute jemand den Namen Cross hört, denkt er jedoch zuerst an Gideon, und der wird es unter keinen Umständen zulassen, dass irgendwer oder irgendwas das erfolgreiche Image des integren Geschäftsmanns beschmutzt, an dem er so sorgfältig gefeilt hat.

Darius runzelt die Stirn, und an seinen Augen kann man ablesen, wie er die möglichen Folgen durchspielt. »Nun lass uns doch erst mal in Ruhe abwarten! Bislang läuft alles exakt nach Plan. Rosana ist das Gesicht der neuen Kosmetiklinie, und Eva Cross möchte ihrem Mann gern beweisen, dass sie in der Lage ist, eine Zusammenarbeit von der Größenordnung ECRA + Cosmeceuticals verantwortlich zu leiten. Solange Rosana die Lust nicht verliert, wird Eva das Projekt weiter vorantreiben. Wir brauchen lediglich eine halbwegs glaubhafte Story, um Kanes Ehestatus aus der Schusslinie zu nehmen, das ist alles. Also werden wir uns etwas ausdenken.«

»Na, das klingt aber reichlich selbstsicher, wenn man bedenkt, dass du nicht das Geringste über Lily weißt oder darüber, was in der Vergangenheit zwischen ihr und Kane gelaufen ist.«

»Du tust so, als wäre sie das Problem, obwohl uns bislang allein Kane Ärger einbrockt.«

Ich funkele ihn warnend an.

»Wie auch immer, jetzt fahren wir erst mal ins Krankenhaus, oder?«, beschwichtigt er schnell und grinst. »Es wird sich schon alles irgendwie aufklären.«

Obwohl er sich für seine anfängliche Weigerung, mit zu seinem Bruder zu gehen, nicht entschuldigt hat, bedränge ich ihn nicht weiter. Aber vergessen werde ich sein Verhalten nicht.

Keines meiner Kinder wird jemals erfahren, welche Opfer es mir abverlangt hat, von den Geschäftspartnern, die Paul in den Ruin getrieben hatte, die Rechte an den Chemiepatenten zurückzubekommen. Und wegen dieser Unkenntnis werden sie auch nie nachvollziehen können, was Baharan mir bedeutet. Eines Tages werde ich es vielleicht Rosana erzählen. Sie sollte wissen, worauf wir Frauen in dieser Welt gefasst sein müssen, wie schutzlos wir sind, wie schnell wir raubtierhaften Männern zur Beute fallen.

Keine Ahnung, was mein Ältester getan oder nicht getan hat. Kane ist schließlich ein Mann, da muss man mit allem rechnen. Aber ich werde nicht den gleichen Fehler machen wie bei Paul. Ich werde nicht am Ende mit leeren Händen dastehen. Baharan wird weiterexistieren, und ich habe es schon längst mehr als verdient, selbst die Leitung des Unternehmens zu übernehmen.

»Das Ganze hat auch etwas Positives«, sagt Darius. »Der Unfall war schwer, oder? Eine komplette Woche hat Kane sich bereits freigenommmen. So etwas hat es bislang noch nie gegeben. Vielleicht zieht er sich ja für längere Zeit zurück, und wir haben Gelegenheit, dem Verwaltungsrat unsere Pläne für den neuen Ableger in Seattle schmackhaft zu machen.«

Anschließend sorgen wir dafür, dass ausgerechnet die Baufirma den Auftrag erhält, an der wir selbst stark beteiligt sind. Die Entwürfe haben wir wohlweislich mit genügend unnützen Posten aufgebauscht, die sich problemlos streichen lassen, um so mit Sicherheit das günstigste Angebot einzureichen. Mit dem Profit aus den Baumaßnahmen kann ich weitere Firmenanteile erwerben, und wenn deutlich wird, wie gewinnbringend die neue Abteilung ist, werden alle sich an Kanes allzu zögerliche Haltung erinnern.

Ich gehe an Darius vorbei, um meine Handtasche vom Konsolentisch an der gegenüberliegenden Seite zu holen. Das schmale Tischchen im Stile der Nachkriegsmoderne ist mein absolutes Lieblingsstück im Büro und passt hervorragend zu dem darüberhängenden Jasper Johns. Da ich bei Baharan das größte Büro habe, einen Eckraum mit einem eindrucksvollen Blick über Midtown aus zwei Fensterfronten, ist der Weg lang genug, um meine Frisur aufzulockern und den Sitz meiner Ohrringe zu überprüfen. Mein Besuch soll einen möglichst ungezwungenen Eindruck machen.

»Wenn die Verletzungen so richtig schwerwiegend sind, stirbt sie vielleicht«, spekuliert Darius weiter. »Dann hast du dir vollkommen grundlos Sorgen gemacht.«

Ich klemme mir die Tasche unter den Arm und erhasche in der Scheibe noch einen Blick auf meine weiße Zigarettenhose und das goldfarbene Seidentop. Der unentbehrliche Aromaspender verbreitet Azaleenduft im Raum.

»Im Ernst, Mom. Mach dir keinen Kopf deswegen. Es gab noch nie jemanden, an dem Kane lange Interesse hatte.« Vor dem glänzenden Walnussholz der Tür hebt Darius’ Gestalt sich groß und dunkel ab. »Er will jagen, sonst nichts. Sollte sie diesmal bleiben wollen, wird er sich schnell langweilen und sie ausbezahlen.«

Liebe und Schönheit vergehen. Treueschwüre bedeuten nichts. Aber Familie ist das Wichtigste. Meine Kinder sind noch jung, doch das werden sie gewiss noch lernen.

Darius hält mir die Tür auf.

Auf der Schwelle bleibe ich stehen und berühre seinen Unterarm. »Schreib Ramin noch mal und mach ihm klar, dass wir uns im Krankenhaus treffen.«

»Ich rufe ihn an«, erklärt Darius und nimmt sein Smartphone aus der Tasche.

Ich ziehe meine Hand wieder fort und schreite mit aufrechtem Gang durch die Tür.