Zimmer wie im ersten Akt.
Albertine. Emilie. Frau Klinkert in lebhafter Unterhaltung begriffen. Franziska an dem Sofatisch mit einer Schularbeit beschäftigt.
ALBERTINE. Was sagen Sie dazu, liebe Klinkert?
FRAU KLINKERT. Ich bin starr, liebe Hasemann.
ALBERTINE. Er will sich von ihr scheiden lassen!
FRAU KLINKERT. Es ist empörend.
EMILIE. Ach, es wird ja nicht dahin kommen.
FRANZISKA. Ich finde es geradezu absurd.
ALBERTINE. Und warum? Weil sie ihn nicht aus Liebe geheiratet hat. Aus Liebe! Als ob es nicht schon genug war, daß sie ihn überhaupt geheiratet hat!
FRAU KLINKERT. Natürlich.
EMILIE. Aber Mutter, wie kannst du so sprechen?
ALBERTINE. Etwa nicht? Man liebt doch nicht gleich so darauf los, wenn einer kommt und seinen Antrag macht? So was findet sich vielleicht nach und nach.
FRANZISKA. Unsere Liebe muß sich der Mann überhaupt erst verdienen.
EMILIE. Schweige du still. Mutter, verbiete doch dem vorlauten Ding den Mund.
FRANZISKA. Ach, wieso denn? ich kann ebenso gut mitreden, wie du.
ALBERTINE. Na, streitet Euch doch nicht. Fränzchen, du sollst ja deinen deutschen Aufsatz machen?
FRANZISKA. Wenn Ihr so laut sprecht, kann man nicht arbeiten.[155]
EMILIE. Dann geh doch in ein anderes Zimmer.
FRANZISKA. O nein, ich will zuhören, ich gehöre auch zur Familie.
ALBERTINE. Ich bitte mir Ruhe aus.
FRAU KLINKERT. Die arme Rosa! Das liebe Frauchen ist wohl sehr aufgeregt?
ALBERTINE. Ich habe sie ja gar nicht gesprochen. Mein Mann hat die saubere Mär mit nach Hause gebracht. Ich denke, er sitzt längst auf der Eisenbahn, da reißt es mitten in der Nacht an der Klingel, und Hasemann kommt nach Hause – ganz verstört, wie ich ihn noch nie gesehen. Die ganze Nacht hat er kein Auge zugetan, immerzu ist er im Zimmer herumgelaufen, und nur mit aller Mühe habe ich endlich die Geschichte erfahren. Er war dabei, und heute früh ist er wieder hin, um den Körner zur Rede zu stellen.
FRAU KLINKERT. Das ist recht. O, ich werde schon dafür sorgen, daß sein schändliches Benehmen überall bekannt wird.
EMILIE. O nein, Frau Klinkert, es ist gewiß besser, man spricht vorderhand gar nicht darüber. Wir wissen ja noch nicht einmal, inwieweit Rosa selbst die Schuld trifft.
ALBERTINE. Rosa? Rosa hat sich gar nichts vorzuwerfen – das weiß ich am besten – höchstens, daß sie meinem Rate nicht folgte und einen Mann geheiratet hat, der ihr an Bildung durchaus nicht gewachsen war.
FRANZISKA. Allerdings, ein Mann von Charakter und Erziehung würde sich nie so benehmen.
EMILIE. Du sollst ja deine Arbeit machen.
FRANZISKA. Freilich, du würdest dazu nicht imstande sein.
EMILIE. Mutter?!
ALBERTINE die inzwischen mit Frau Klinkert gesprochen. Was gibt's denn? Vertragt Euch doch, wie es Geschwistern zukommt.[156]