Als Gwen am nächsten Morgen aufwachte, fühlte sie sich wie gerädert. Obwohl sie sofort eingeschlafen war, hatte sie das Gefühl, gar nicht geschlafen zu haben. Der Traum, der sie heimgesucht hatte, war die horrormäßige Weiterführung des gestrigen Tages. Gordon war einfach überall! In der Uni, in ihrer Wohnung, neben ihr in ihrem Auto, selbst hier in Arisaig. Sie war ständig auf der Flucht vor ihm gewesen, doch egal wohin sie auch kam, er war bereits da. Wenn sich ihr Traum als vage Vorahnung entpuppte, dann musste sie dringend Vorbereitungen treffen, um so schnell wie möglich verschwinden zu können. Aber noch war es zum Glück ja nur ein beschissener Traum, der hoffentlich nichts zu bedeuten hatte.
Gwen atmete ein paarmal tief durch, dann machte sie sich auf den Weg ins Speisezimmer. Larna MacKinnon stand bereits hinter dem Tresen und erwartete sie.
»Madainn mhath, Gwendoline! Ich hoffe, du hast gut geschlafen. Du weißt ja, was man in der ersten Nacht in einem fremden Bett träumt, geht in Erfüllung!«, begrüßte die Alte sie grinsend. Gwen stöhnte innerlich auf.
Das hatte ihr gerade noch gefehlt! Ein Orakelspruch, der von ihrer Großmutter hätte stammen können. Aber Larna hatte ja nichts mit diesem Humbug zu schaffen, dementsprechend war ihre Bemerkung wahrscheinlich nur als Scherz gedacht. Deshalb zwang sie sich zu einem Lächeln.
»Aye! Ich scheine gerade unter einem Glücksstern zu stehen. Ich kann mich nämlich an nichts erinnern. Umso schöner wird die Überraschung«, log sie der Alten ins Gesicht.
»Na, dann kannst du dich aber auf etwas gefasst machen. Wie es so schön heißt, jede Überraschung hat etwas Gutes, das das Schlechte überwiegt ... Aber lassen wir das. Ich habe Tee und Porridge auf den Tisch im Salon gestellt. Du kannst gleich frühstücken. Megan müsste auch jeden Moment eintreffen. Sie freut sich schon auf dich.«
Obwohl das Porridge ausgezeichnet schmeckte, aß Gwen nur ein paar Löffel und auch den Tee rührte sie kaum an. Ihr war der Appetit gehörig vergangen. Auch wenn Larna ihre Bemerkung wahrscheinlich nur so dahin gesagt hatte, so war sie ihr dennoch gewaltig auf den Magen geschlagen. Vielleicht half es ja, wenn sie sich erst einmal einige Tage Urlaub gönnte. Ein wenig Abstand von der Uni und somit von Gordon tat ihr mit Sicherheit ganz gut. Wenn Adams einverstanden war, dann war das die Gelegenheit, Cat und Fiona einen Besuch abzustatten. Sie musste nur mit Adams darüber reden, wenn sie auf Eigg war. Sie hatte den Entschluss gerade gefasst, als eine junge Frau in der Tür erschien und sie anlächelte.
»Gwendoline?« Gwen nickte.
»Dann bist du mit Sicherheit Megan.« Die junge Frau nickte ebenfalls.
»Bist du so weit? Wir sollten langsam aufbrechen. Das Wetter soll umschlagen und ich möchte ungern in einen Sturm kommen.« Gwen nickte erneut.
»Aye, ich werde zwar nicht seekrank, aber in einen Sturm möchte ich auch nicht kommen.«
Megans Boot erwies sich als ein kleiner Fischkutter, der seine besten Jahre bereits hinter sich hatte. Trotz ihrer Befürchtungen war die See ruhig und sie kamen gut voran. Megan selbst war im Gegensatz zu ihrer Mutter eher der ruhige Typ. Deshalb dauerte es auch eine ganze Weile, bis sie schließlich ein wenig auftaute und die beiden Frauen ins Gespräch kamen.
»Ist die Jacke OK?« Gwen nickte.
»Perfekt! Danke nochmal!«
»Nicht dafür! Ma sagte mir, du willst zu der Forschergruppe?«
»Ich schreibe gerade an meiner Dissertation und Professor Adams, mein Doktorvater, meinte, sie hätten etwas entdeckt, das mich vielleicht interessieren könnte. Außerdem soll ich ihm ein paar Bücher vorbeibringen.«
»Und da machst du dich sofort auf den Weg? Dein Professor kann froh sein, dass er dich hat.«
»Ich glaube, auch wenn er es weiß, würde er es niemals zugeben.« Megan grinste sie breit an.
»Männer! Sie würden nie zugeben, dass sie unsereins brauchen, aber ohne uns wären sie völlig aufgeschmissen.«
»Das kannst du laut sagen. Anscheinend hast du auch schon Erfahrungen in dieser Richtung gemacht.«
»Wer hat die nicht? Meine Letzte habe ich vor einem halben Jahr in die Wüste geschickt. Jetzt leckt er seine Wunden und lässt mich in Ruhe. Ist auch besser so. Im Frühling trete ich meine neue Stelle an und dann hätte ich ihn sowieso nicht mehr gesehen.« Gwen sah sie erstaunt an.
»Du lebst nicht hier?«
»Nein, bis vor einem halben Jahr habe ich noch in Stirling gelebt. Arisaig ist nur ein kurzer Zwischenstopp, um meiner Ma etwas zur Hand zu gehen. Sie ist ja auch nicht mehr die Jüngste. Ich bleibe noch bis Hogmanay und dann ziehe ich nach Edinburgh. Ich habe Kunstgeschichte studiert und werde dort in der National Gallery of Schottland arbeiten.«
»Dann wirst du dort mit Sicherheit einer guten Freundin von mir über den Weg laufen. Raelyn MacLeod ist dort die leitende Restauratorin.«
»Raelyn? Ich habe sie bereits bei meinem Einstellungsgespräch getroffen. Sie macht einen sehr netten Eindruck.«
»Nett? Lass sie das bloß nicht hören. Nett ist nämlich nur ein anderer Ausdruck für langweilig und wenn du sie erst einmal richtig kennenlernst, dann wirst du feststellen, dass sie das genaue Gegenteil davon ist.«
»Ich werd es mir merken. Ach und Gwendoline, nenn mich doch bitte Meg. Megan sagt nur meine Mutter zu mir.«
»Aber nur, wenn du mich Gwen oder Gwenny nennst. Gwendoline sagen alle bloß, wenn sie wütend auf mich sind.«
Aufgrund ihrer Unterhaltung verging die Zeit viel schneller, als gedacht, denn sie war eine willkommene Abwechslung, die Gwens trübe Gedanken wenigstens für eine kurze Zeit vertrieb. Eh sie sich versah, tauchte der Anleger von Eigg vor ihnen auf, an dem Megan ankerte und den Kahn vertäute.
»Soll ich auf dich warten?«, wollte sie von Gwen wissen.
»Wenn es dir nichts ausmacht? Ich weiß nicht, was der Professor genau von mir will, deshalb kann ich auch nicht sagen, wie lange es dauern wird.«
»Kein Problem! Ich mache erst einmal ein paar Besuche und erledige dann meine Arbeit. Wenn du so weit bist, kannst du mich ja anrufen. Ich gebe dir meine Nummer. Ach und Gwen, falls doch noch ein Sturm aufzieht, sollten wir auf jeden Fall hier bleiben. Ich frag mal im B&B, ob sie notfalls Zimmer für uns haben.« Gwen nickte.
»Dann sehen wir uns später.« Megan nickte.
»Die Uamh Fhraing liegt übrigens nicht sehr weit von hier. Wenn du dich von der Fährstation aus links hältst, kannst du sie gar nicht verfehlen. Ich komm später nach. Ich habe hier in Galmisdale noch etwas zu erledigen.«
Als Gwen die Uamh Fhraing erreichte, war dort nicht, wie befürchtet eine Zeltstadt samt Schlafzelten aufgebaut, sondern nur ein paar Grabungszelte. Wahrscheinlich kampierten die Männer auf dem nahe Galmisdale gelegenen Zeltplatz, dessen Schild sie vom Pier aus gesehen hatte. Wie dem auch sei, sie würde auf keinen Fall mit ihnen dort übernachten. Immerhin hatte sie ja inzwischen mindestens eine komfortable Alternative. Gwen atmete noch einmal tief durch, dann ging sie auf die Zelte zu.
Erstaunlicherweise wirkte das gesamte Lager wie ausgestorben. Selbst in den Zelten fand sie keine Menschenseele. Das war ungewöhnlich! Es sei denn, die gesamte Gruppe wäre in die Höhle geklettert, was sie sich beim besten Willen nicht vorstellen konnte. Obwohl, wenn die Entdeckung, die sie gemacht hatten, wirklich so erstaunlich war, dann wer weiß! Da sie im Augenblick sowieso nichts tun konnte, beschloss sie sich ein wenig genauer umzusehen.
In einem der Zelte befanden sich ausschließlich Kisten und Kästen, die sich dort an den Wänden auftürmten. Ein anderes war voll von Gerätschaften. Das Dritte allerdings erweckte schon eher ihr Interesse. Auf drei großen Tischen lagen dort sorgsam aufgereiht und mit Schildern versehen, diverse Gegenstände und Knochen. Mit Sicherheit die Funde aus der Uamh Fhraing.
Bei den Knochen handelte es sich ausschließlich um menschliche. Anhand der Schilder konnte sie sehen, dass es sich dabei sowohl um die Knochen von Erwachsenen als auch um die von kleinen Kindern handelte. Gwen bekam eine Gänsehaut. Das Massaker lag jetzt fast 500 Jahre zurück und noch immer gab die Höhle Teile davon preis. Damals hatten sich ihre Vorfahren wirklich nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Die gesamte Inselbevölkerung einschließlich Frauen und Kinder waren hier zu Tode gekommen. Ein Racheakt, der bis heute seines Gleichen suchte. Damals zählten Menschenleben nicht viel und wenn man einen ganzen Clan ausrotten wollte, dann mussten auch Frauen und Kinder dran glauben. Eine grausame Realität, die leider nicht nur einmal praktiziert wurde. Noch schlimmer allerdings war die Tatsache, dass sich in den darauffolgenden Jahrhunderten viele einen Spaß daraus gemacht hatten, die Uamh Fhraing zu besuchen und als Andenken die Schädel der Toten mitnahmen, die noch immer einfach dort herumlagen, weil niemand sie begraben hatte. Es war schon grauenhaft, darüber nachzudenken, dass all diese Menschen in der Höhle einfach verrottet waren, ohne in geweihter Erde zu ruhen, sich dann aber noch vorzustellen, dass ihre Schädel in diversen Salons zur Schau gestellt wurden, war der blanke Horror. Welche morbide Vorstellung sie dazu getrieben haben musste, konnte Gwen sich beim besten Willen nicht vorstellen. Aber zu dieser Zeit wurden ja auch altägyptische Mumien zermahlen und das Pulver für medizinische Zwecke verwendet. Sie selbst würde niemals auf den Gedanken kommen, einen dieser Knochen ... Und dann auch noch die Schädel ...! Gwen schüttelte sich allein schon bei dem Gedanken.
War es nicht erstaunlich, dass die Höhle immer wieder neue Relikte von damals zum Vorschein brachte, so als würden die Menschen, die dort umgekommen waren, nach Gerechtigkeit schreien und darauf pochen, dass ihre Geschichte nicht in Vergessenheit geriet? Vor ein paar Jahren hatte die Höhle auf jeden Fall auch einige Überreste preisgegeben, sodass sie in aller Munde gewesen war. Selbst die BBC hatte dieser Tatsache einen ganzen Beitrag gewidmet. Dass nun ebenfalls Knochen zum Vorschein kamen, war daher keine so große Sensation. Wenn man allerdings noch etwas anderes entdeckt hatte, dann ... Adams hätte sich mit Sicherheit erst gar nicht auf den Weg gemacht, wenn Knochen der einzige Fund wären. Was sollte ein Musikwissenschaftler auch damit anfangen und bei ihrer Dissertation helfen, würden sie schon gar nicht.
Gwen ließ ihren Blick erneut über die Tische schweifen. Neben den Knochen lagen dort noch einige diverse Alltagsgegenstände wie zerbrochene Keramik, Münzen und auch kleine geschnitzte Holzfiguren. Wahrscheinlich Kinderspielzeug! All diese Dinge machten das damals Geschehene viel greifbarer und realer. Gut, sie kannte die Geschehnisse bereits seit ihrer Jugend. Dennoch war es immer nur eine Geschichte gewesen. Jetzt allerdings konnte sie sich fast bildlich ausmalen, wie all die Menschen in der Höhle gehockt und auf ihren baldigen Tod gewartet hatten. Gwen rann ein Schauer über den Rücken. Keine schöne Vorstellung. Sie konnte nur hoffen, dass sie niemals auch nur annähernd in solch eine Situation geraten würde.
So faszinierend all die Gegenstände auch waren, so waren sie es dennoch ebenfalls nicht wert, dass der Professor sich hierherbemüht hatte. Da musste es noch etwas anderes geben. Etwas, was nicht so offensichtlich war. Erneut ließ sie ihren Blick über die Tische gleiten. Plötzlich erregte etwas, das auf dem hinteren lag, ihre Aufmerksamkeit. Anscheinend handelte es sich dabei um ein sehr großes Objekt, das mit einem weißen Tuch abgedeckt worden war. Wieso lagen all die anderen Dinge einfach offen herum, aber dieses Fundstück nicht? Gwens Neugier war geweckt. Mit schnellen Schritten durchquerte sie das Zelt, bis sie direkt vor dem abgedeckten Relikt stand, dann schob sie das Tuch beiseite. Zum Vorschein kam eine uralte Sackpfeife. Sie war nicht, wie es heutzutage üblich war, mit Plaidstoff bezogen und auch keine Troddeln oder sonstiger Schmuck waren zu sehen. Im Gegensatz zu den Great Highlands Bagpipes von heute bestand sie nur aus einem Ledersack, einem Blasrohr, einer Bordunpfeife und einer Spielpfeife. Das Leder war verwittert und fleckig. Erstaunlicherweise wies es jedoch keine Bruchstellen auf. Auch das Holz der Pfeifen war in einer erstaunlich guten Verfassung. Es bedurfte zwar einiger Arbeit, um sie in einen Gebrauchszustand zu versetzen, aber wenn sie in der Höhle entdeckt worden war, dann hatte sie die Zeit dort wirklich nahezu problemlos überstanden.
»Miss MacLeod, sie haben sie schon entdeckt? Schade, dadurch haben Sie mir meine ganze Überraschung verdorben.« Gwen, die völlig in die Sackpfeife vertieft war, zuckte beim Klang der Stimme zusammen und drehte sich ihr zu.
»Professor Adams«, brachte sie mühsam hervor, als sie den Mann erblickte, zu dem die Stimme gehörte. »Sie haben mich erschreckt!« Ihr Mentor sah sie grinsend an.
»Solange ich Sie nur erschrecke, geht es ja. Schlimmer wäre zu Tode ängstigen! Aber das wird bestimmt nie geschehen ... Und was sagen sie zu diesem Prachtstück?«
»Erstaunlich! Ich bin sprachlos.«
»Eine absolute Seltenheit, die ich mir im Kalender rot anstreichen sollte. Aber Spaß bei Seite, sie ist eine wahre Schönheit. Als George mich angerufen hat und mir berichtete, sie hätten eine Sackpfeife aus dem 16. Jahrhundert entdeckt, hatte ich mit dem Schlimmsten gerechnet, aber diese hier ist wirklich noch sehr gut erhalten. Sie wird sich bestimmt wundervoll in unsere Instrumentensammlung fügen. Und jetzt kommen Sie ins Spiel. Ihre Dissertation wird ja eine Abhandlung über die keltischen Symphonien. Viele davon wurden bereits im 16. Jahrhundert erdacht und in den Colleges weitergegeben. Zuerst mündlich, dann auf Notenblättern. Einige davon wurden auf eben solchen Sackpfeifen ersonnen, wie dieser, die da vor Ihnen liegt. Um das richtige Gespür dafür zu bekommen, sollte man wissen, wie sich diese Instrumente angefühlt und wie sie geklungen haben. Ich möchte sie bitten, die Sackpfeife an sich zu nehmen und nach Glasgow zu bringen. Ich habe schon mit einer Restauratorin gesprochen, die extra aus Edinburgh anreisen und sich sehr gerne damit beschäftigen wird.«
»Sie reden nicht zufällig von Raelyn MacLeod?«
»Sie kennen sie?« Gwen nickte.
»Sie und ihr zukünftiger Mann sind gute Bekannte meiner Freundin Cat. Sie ist, soweit ich es beurteilen kann, wirklich eine der besten Restauratorinnen in ganz Schottland. Nicht durch Zufall, hat die National Gallerie sie zur Chefrestauratorin ernannt.«
»Dann wissen Sie ja, warum ich gerade Sie beauftragt habe. Aber das ist noch nicht alles.« Gwen sah ihn fragend an.
»Was denn noch?«
»Ich möchte Sie bitten, die Restauration zu beaufsichtigen. Ich würde es ja selbst machen, aber ich reise morgen ab. In Cambridge findet ein Symposium über den Einfluss englischer Komponisten auf die Barockmusik statt. Ich werde also in den nächsten zwei Wochen nicht anwesend sein.«
»Und wer übernimmt dann ihre Vorlesungen?«
»Das schaffen Sie schon.«
»Heißt das, dass ich direkt wieder zurück nach Glasgow soll? Ich hatte nämlich eigentlich vor, sie um ein paar Urlaubstage ...«
»Wenn die Sackpfeife wieder funktionsfähig ist, dann gerne. Sie haben doch noch nichts gebucht?«, unterbrach Adams sie.
»Nein, aber ich wollte eigentlich einen Zwischenstopp in Glencoe einlegen. Ich habe mein Patenkind seit Ewigkeiten nicht gesehen und ...«
»Heute ist Samstag. Diese Raelyn schafft es erst am Mittwoch nach Glasgow zu kommen. Wenn Sie mir garantieren, dass die Sackpfeife am Mittwoch für ihre Restauration in Glasgow bereit liegt, können Sie gerne einen kurzen Abstecher dorthin machen. Glencoe liegt ja quasi auf dem Weg und Sie werden gewiss so umsichtig sein, es sich nicht entwenden zu lassen. Sie wissen ja, von welch unschätzbarem Wert solch ein Objekt für uns ist.« Gwen nickte.
»Gut, wenn das geklärt ist. Hätten Sie noch Lust, sich den Fundort etwas genauer anzusehen bevor Sie wieder aufbrechen?« Gwendoline sah den Professor verständnislos an. Sie war extra wegen der Bücher gekommen und er erwähnte sie mit keiner Silbe. Anscheinend waren sie nur als Vorwand gedacht gewesen. Verdammt! Und sie war auch noch so dämlich, sein halbes Büro nach ihnen abzusuchen. Solch eine Hinterhältigkeit hätte sie dem Professor gar nicht zugetraut, aber man lernte ja immer dazu. Adams, der ihren Blick vollkommen falsch deutete, hakte noch einmal nach.
»Es ist wirklich sehenswert! Ein natürlicher Erdrutsch hat all die Dinge zum Vorschein gebracht. Kommen Sie! Die anderen sind auch noch dort.« Gwen schüttelte ihren Kopf.
»Ich gebe es nicht gerne zu, aber die Höhle ist nichts für mich. Ich bin ein wenig klaustrophobisch.« Adams sah sie fragend an.
»Das ist mir noch gar nicht aufgefallen. In Fahrstühlen und geschlossenen Räumen haben Sie aber keine Probleme?« Erneut schüttelte sie ihren Kopf.
»Nein, das macht mir nichts aus. Ich kann nur nicht in Höhlen, Katakomben oder Ähnlichem hinein. Sie wissen ja, dass ich auf Skye geboren wurde. Als Kinder haben wir oft in den Felsspalten gespielt. Es gab ....«, Gwen stockte. Auch jetzt noch brach ihr der kalte Schweiß aus, wenn sie nur daran dachte.
»Sie müssen es nicht erzählen.«
»Nein, ist schon OK. Ich wurde verschüttet und seitdem ...«
»Kein Wunder, dass sie da nicht ... Aber es war ja auch bloß ein Vorschlag ... Dann lassen sie uns jetzt das gute Stück verpacken. Übernachten Sie auch hier?«
»Nein, Megan war so freundlich, mir anzubieten, dass sie mich mitnimmt.«
»Ach hat sie Sie auch hergebracht?« Gwen nickte.
»Ich denke, bei ihr sind sie und vor allen Dingen unsere Sackpfeife in guten Händen. Dann lassen Sie uns anfangen. Wenn Megan uns nachher unsere Bestellungen bringt, können Sie gleich mit ihr zurück.«