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Er hatte sich ihr gegenüber tatsächlich etwas geöffnet, aber dennoch verschwieg er ihr auch weiterhin einige Dinge, die höchstwahrscheinlich nicht gerade unerheblich waren. Auf jeden Fall hatte er ihr noch immer nichts über Dunvegan erzählt. Die Sonne ging bereits unter, als sich Gwen schließlich erhob. Doch Cairan, dessen Hand auch weiterhin in ihrer ruhte, hielt sie zurück.

»Es tut mir leid«, flüsterte er ihr zu. Gwen sah ihn fragend an.

»Was?«

»Ich kann nicht darüber reden. Noch nicht.«

»Ich weiß«, gab sie genauso leise zurück.

»Gwendoline, ich ...« Cairan stand nun ebenfalls auf, doch anstatt sie loszulassen, zog er sie näher an sich heran. Dann sah er ihr tief in die Augen. Seine Augen funkelten im Schein der untergehenden Sonne und schlugen sie dermaßen in ihren Bann, dass Gwen nicht in der Lage war, ihren Blick von ihnen abzuwenden. Auch nicht, als er sich zu ihr hinunterbeugte und leise »Verzeih!« murmelte, dann seine Lippen sanft auf ihre legte und sie fester an sich zog.

Gwen war völlig überrumpelt. Ihr Verstand schrie zwar noch immer, dass es ein Fehler sei, sich auf ihn einzulassen, aber diese Schreie wurden inzwischen von einer inneren Stimme übertönt, die immer mehr von ihm forderte. Diese Stimme hatte sich schon Jahre nicht zu Wort gemeldet und Gwen schrak innerlich zusammen, als sie jetzt vehement in ihrem Kopf erklang.

Konnte sie sie dann einfach ignorieren und so tun, als hörte sie sie nicht? Nein, beantwortete sie sich selbst ihre Frage, denn nicht nur ihre innere Stimme, sondern auch ihr Körper forderte zunehmend mehr.

Aye! Ihr verräterischer Körper glühte geradezu bei jeder noch so kleinen Berührung von ihm.

Vielleicht war sie ja wirklich gerade dabei, sich in ihn zu verlieben. Dabei?, meldete sich die Stimme erneut.

Schon sein erster Kuss hat dich völlig aus der Bahn geworfen und da fragst du dich gerade ernsthaft, ob du dabei bist, dich in ihn zu verlieben? Wenn du jetzt nicht die Gelegenheit ergreifst, dann bist du es selbst schuld, wenn du als alte Jungfer endest und niemals das haben wirst, was du dir sehnlichst erträumst. Cairan ist nicht wie heutige Männer. Bei ihm hat ein Kuss noch eine Bedeutung, also frage dich nicht länger ob, sondern seit wann?

Aye es stimmte. Sie musste sich gar nicht mehr in ihn verlieben, sondern war es bereits. Und sie wusste auch genau seit wann. Damals, als sie das erste Mal von ihm geträumt hatte und er sie mit seinen Saphiraugen genauso angesehen hatte, wie gerade, kurz bevor er sie küsste. Bereits da war es um sie geschehen. Sie hatte es nur nicht wahrhaben wollen, weil das, was nicht sein durfte, einfach nicht sein konnte. Aber es war so.

Als ihr das endlich klar wurde, schlang sie ihre Arme um Cairans Nacken und erwiderte seinen Kuss, als würde ihr Leben davon abhängen. Cairan schien ihre Reaktion als Aufforderung zu betrachten. Er stöhnte leise und presste sie fester an sich, sodass sie seine pralle Männlichkeit unter dem weichen Leder seiner Hose spüren konnte. Das raubte ihr noch mehr den Verstand. Sie war drauf und dran eine ihrer Hände von seinem Hals zu lösen und sie hinunter zum Knopf seiner Hose wandern zu lassen, als sie plötzlich zusammenschrak.

Verdammt! Die Mails! Was, wenn der Kerl oder wer auch immer, sich noch in der Nähe aufhielt? Fotos von sich und Cairan beim Sex am Strand in der untergehenden Sonne, waren so ziemlich das Letzte, was sie von sich sehen wollte. Womöglich würden diese anschließend genauso wie ihre Bilder von damals im Netz landen und dann ...

Gwen löste sich abrupt von ihm, so als hätte sie sich plötzlich an ihm verbrannt. Cairan öffnete seine Augen und sah sie wieder auf seine ganz eigene faszinierende Art an.

»Bin ich dir zu nahe getreten?«, wollte er leise von ihr wissen. Er klang so niedergeschlagen, dass sie ihn am liebsten wieder in ihre Arme gezogen hätte, aber das war unmöglich. Jedenfalls solange sie sich weiter wie auf einem Präsentierteller dem Spanner darboten. Gwen schüttelte ihren Kopf.

»Nein! Ganz im Gegenteil. Von mir aus darfst du mich jederzeit küssen, aber nicht hier. Komm!« Ihre Stimme klang so heiser, dass sie sie kaum selbst erkannte. Auch er schien es zu merken.

»Gwen, was ist geschehen. Du hast mir nicht alles gesagt. Es liegt nicht nur an dem Treffen mit deiner Base.«

»Das erzähle ich dir später!« Viel später, wenn überhaupt. »Wir sollten jetzt von hier verschwinden. Mir ist kalt und ich ...« Noch während sie sprach, zog Cairan seine Lederjacke aus, legte sie ihr sanft über die Schultern und küsste sie auf die Stirn. Gwen hielt mitten im Satz inne.

Wenn er so weiter machte, dann würde sie sich nicht bloß in ihn verlieben, sondern ihm mit Haut und Haaren verfallen bis es nie wieder ein Zurück geben würde.