9 Klassische Zeit

»Das ist es! Wir sind beim Höhepunkt angekommen!«

»Beim großen Moment der altgriechischen Zivilisation?«

»Moment ist vielleicht nicht das richtige Wort! Es waren ungefähr anderthalb Jahrhunderte. Und es ist der Höhepunkt der altgriechischen Zivilisation, darin sind sich eigentlich alle einig.«

»Warum?«

»Diese Periode und ihre Errungenschaften wurden von den ersten Forschern und später von vielen anderen als Höhepunkt der altgriechischen Zivilisation angesehen. Und nicht zu Unrecht.«

»Das heißt, vor oder nach der klassischen Zeit hat es keine bedeutende kulturelle Produktion gegeben?«

»Im Gegenteil. Wie wir gesehen haben, war sehr, sehr viel von dem, was wir am Altertum bewundern, schon in den vorangegangenen Jahren entstanden, und vieles sollte noch nach Ende der sogenannten klassischen Zeit passieren. Die Klassik war einfach die Periode, in der die kulturelle Produktion so konzentriert war, dass sie uns dazu gebracht hat, die antike griechische Welt als einzigartigen Fall in der Weltgeschichte zu sehen.«

»Das hört sich ein wenig unbestimmt und vollmundig an. Da musst du schon konkreter werden.«

»Als klassisches Griechenland betrachten wir die Periode zwischen zwei weltgeschichtlichen Ereignissen: den Perserkriegen und Alexander dem Großen. 480 vor Christus sind die Perserkriege vorbei, und alles, was danach kam, ordnen wir ins klassische Griechenland ein, bis zum Tod von Alexander dem Großen 323 vor Christus, dessen Marsch die ganze Welt verändert hat.«

»Und was ist jetzt in der klassischen Zeit geschehen?«

»Erst einmal sind die kleinen Griechen, nachdem sie es fertiggebracht hatten, das größte Reich zu besiegen, das die Welt bis dahin gesehen hatte, aus dieser Krise mit einem anderen Bild von sich und voller Selbstbewusstsein hervorgegangen. Der Stolz und die Siege verliehen ihnen Antrieb auf allen Ebenen.«

»Blieb Sparta weiterhin der wichtigste von allen Stadtstaaten?«

»Eigentlich ja, aber auch Athen war eine aufsteigende Macht, und in seinem Übermut, weil es letztlich den Sieg gegen Persien errungen hatte, ging es noch einen Schritt weiter: Es gründete einen Bund mit vielen anderen Städten (vor allem auf den Inseln) als Koalition gegen Persien.«

»Aber hatten sie Persien nicht besiegt?«

»Das haben sie, aber die Gefahr war nicht gebannt. Die bestand weiter, und sie glaubten, es wäre gut, vorbereitet zu sein. Zum Zentrum dieses Bundes machten sie Delos, die heilige Insel von Apollon, und deshalb nannten sie ihn den Delischen Seebund. Weil aber Athen der Anführer bei all diesen Unternehmungen war, nahm es die Bundeskasse an sich, und so sprechen wir auch vom Attischen Seebund. Um die Wahrheit zu sagen, hat sich Athen gegenüber seinen Bündnispartnern nicht sehr ›alliiert‹ verhalten. Es hat sie wie Zitronen ausgepresst.«

»Wie meinst du das?«

»Ich meine, dass in vielen Städten und auf vielen Inseln die Beiträge für die Allianz, also die Steuern, die sie zahlen mussten, damit sie weiterhin zum Bündnis gehören durften, wahnsinnig hoch waren, und wenn eine Stadt austreten wollte, nun … sie konnte gar nicht. Die athenische Armee kam vorbei und zwang sie mit dem Argument ihrer Waffenstärke zum Bleiben. Mit anderen Worten, Athen tyrannisierte die Ägäis.«

»Dann ist das Bild, das wir vom klassischen Athen haben, falsch?«

»Falsch ist es nicht. Manchmal aber ein bisschen einseitig. Nichts ist entweder gut oder schlecht. Und Athen war in der Tat eine beeindruckende Stadt.«

»Das Goldene Zeitalter von Perikles, wann war das?«

»Genau in dieser Periode. Auf dem Höhepunkt des Ruhms und der Macht stand er am Steuer von Athen, ein charismatischer Politiker, der bis heute in den Geschichtsbüchern steht. Perikles aus Cholargos. Seine Mutter, Agariste, stammte von den Alkmeoniden ab. Erinnerst du dich an sie?«

»War das nicht diese Aristokratenfamilie, die die Tyrannen aus Athen gejagt hat?«

»Genau. Gemäß der Legende träumte Agariste, als sie schwanger war, sie werde einen Löwen gebären. Erkennst du, was für eine Botschaft die Legende uns überbringen will?«

»Sie hat es tatsächlich geträumt?«

»Nimm das nicht so ernst. Immer wieder haben die Mächtigen solche Gerüchte in die Welt gesetzt, um ihrem Namen Glanz zu verleihen. Sicher haben sie später auch ihren Spaß mit Perikles getrieben und behauptet, dass der Traum seiner Mutter bedeute, er sei mit einer Entstellung geboren worden. Es heißt, Perikles habe einen entstellten Schädel gehabt und trage deshalb bei allen Büsten den Helm auf dem Hinterkopf. Wie dem auch sei, Perikles war ein politischer Schakal und verband sich mit einer Hetäre, Aspasia, die großen Einfluss auf ihn gehabt haben soll. Sie muss nicht nur gebildet gewesen sein, sondern auch eine sehr kluge Frau.«

»Ja, aber … eine Hetäre. Eine Hure also.«

»Die Hetären waren keine Huren in dem Sinn, wie du es meinst! Sie waren gebildete freie Frauen, die nicht als Ehegattinnen leben wollten. Damit lebten sie außerhalb der gesellschaftlichen Norm, waren aber paradoxerweise in den Kreisen der gebildeten starken Männer akzeptiert und respektiert. Da sie keine andere Erwerbsmöglichkeit hatten, mussten sie für ihre Anwesenheit, intellektuell, aber auch körperlich, etwas verlangen.«

»Von Aspasia habe ich gehört. Gab es auch andere berühmte Hetären?«

»Da gab es zum Beispiel Phryne, mit einem richtigen Filmleben. Sie kam in einem Ziegendorf in Böotien auf die Welt, packte aber schon früh ihre Siebensachen und ging in die große Stadt, genauer gesagt nach Athen, um dort Karriere zu machen. Es heißt, sie habe eine Riesensumme für den Beischlaf verlangt (bis zu hundert Taglöhne für eine Nacht), und je weniger ihr einer gefallen habe, desto mehr habe er zahlen müssen. Aber dem Philosophen Diogenes, der ein sorgloser und armer Mann war – er lebte freiwillig in einem Fass –, hat sie ihre Reize völlig gratis angeboten, denn sie war hingerissen von seinem Verstand.«

»Sie war eine schöne Frau, was?«

»Sie war vor allem eine selbstbewusste Frau. Einmal, bei einem Fest am Meer, so heißt es, wollte sie sich abkühlen. Also zog sie einfach ihre Kleider aus und sprang nackt vor der Menschenmenge ins Wasser. Der Maler Apelles hat sie gesehen und nach ihr sein Bild der Aphrodite Anadyomene geschaffen. Sie hatte auch eine Beziehung zum Bildhauer Praxiteles und inspirierte diesen zur ersten Statue einer nackten Frau in der Antike, der Aphrodite von Knidos. Die Statue hat schockiert, aber sie wurde instant classic, richtig gehypt. Es kam so weit, dass man Phryne in Athen vor den Areopag, den Obersten Rat, zerrte und ihr vorwarf, sie sei mit ihrer Schamlosigkeit für die jungen Mädchen ein schlechtes Vorbild. Während des Prozesses, so sagt die Legende, habe ihr Anwalt ihr das Kleid ausgezogen und sie nackt dastehen lassen. Sie war so schön, heißt es, dass die verblüfften Geschworenen sie sofort freisprachen. Nach einer anderen Version sei sie hingegangen und habe mit den Richtern, einem nach dem andern, einen Händedruck ausgetauscht und diese gebeten, sie freizusprechen. Und sie haben sie freigesprochen.«

»Nur weil sie sie berührt hat?«

»Eine Berührung reichte aus. Sie war Aphrodite.«

»Unsere alten Vorfahren scheinen die Schönheit geliebt zu haben.« Er lächelte.

»Na ja, sie waren ein bisschen abergläubisch. Sie hielten die Schönheit für eine Gunst und die Hässlichkeit für eine Strafe der Götter. Das klingt unfair. Aber war es nur das? Aberglauben war sehr verbreitet. Sie hatten ein echt surreales Opferritual, die Bouphonia, bei dem man auf der Akropolis einen Ochsen töten musste. Aber die Ochsen durften, weil sie bei der Landwirtschaftsarbeit halfen, nicht getötet werden. Die waren unabdingbar für die Bebauung des Bodens und fürs Überleben. Also warfen sie Getreide auf den Altar der Akropolis, banden die Ochsen los, und jedes Mal fraß einer vom Getreide auf dem Altar und ›beleidigte‹ damit automatisch die Götter. Folglich musste er sterben! Aber er durfte nicht öffentlich getötet werden. Alle gingen weg, scheinbar uninteressiert, als wüssten sie nicht, was nun folgen würde. Ein Priester blieb, tötete den Ochsen mit einer Axt, warf diese auf den Boden und rannte davon. Als die anderen zurückkamen, sahen sie den Ochsen tot, der Mörder war verschwunden. Das Einzige, was von der Tat kündete, war die Axt. Und so haben sie diese Axt des Mordes schuldig gesprochen. Und alles war gut.«

»Was war denn das für ein surreales Theater? Sie wussten es doch!«

»Siehst du, das hast du nicht erwartet von der Heimat der Demokratie. Unsere antiken Vorfahren waren ziemlich abergläubisch, sodass sie sogar glaubten, dass seelenlose Dinge einen Willen haben können und man sie dafür bestrafen muss. Das nächste Mal, wenn du darum kämpfst, etwas auszudrucken, und der Drucker will einfach nicht, fühl dich ein bisschen wie ein alter Grieche, während du auf ihn losgehst.«

»Solche Sachen haben sie auf der Akropolis veranstaltet? Und wir halten sie für das Symbol einer hohen Kultur?«

»Aber die Akropolis ist tatsächlich ein Symbol. Ihre Monumente sind wirklich unbegreiflich. Sie ist der Höhepunkt der klassischen Bildhauerkunst und Architektur.«

»Warum?«

»Dank dem Geld seiner Bündnispartner beschloss Athen, sich schön zu machen. Perikles initiierte ein Bauprogramm mit Gebäuden in ganz Attika: Sounion, Eleusis, der Tempel des Hephaistos auf der alten Agora und so weiter. Ganz Attika war eine endlose Baustelle. Der wichtigste Teil des Programms aber war die Erneuerung der Akropolis. Und es wurde beschlossen, das perfekteste Gebäude zu errichten, das jemals geschaffen wurde. Der unübertreffliche Parthenon.«

»Warum ist der Parthenon anderen antiken Tempeln überlegen?«

»Aus vielen Gründen. Erstens ist er vollständig aus Marmor gebaut. Bis zu den Ziegeln. Und nicht aus Marmor zweiter Qualität, sondern aus pentelischem. Dem guten, feinkörnigen, der dir frostkalt ins Auge leuchtet.«

»Was ist denn so besonders an ihm? Vor ein paar Jahren habe ich Verwandte aus Australien auf die Akropolis geführt. Ich habe mir den Parthenon angesehen und gedacht, dass er gar nicht so blendend weiß ist. Mir schien, dass er mit den Jahren rosa wurde. Warum ist er nicht weiß geblieben?«

»Im pentelischen Marmor ist Eisen, darum hat er diese feine Rosafärbung, die ihn noch lieblicher aussehen lässt. Der Tempel von Poseidon in Sounion zum Beispiel ist mit Marmor aus Agrileza gebaut, der kein Eisen enthält, und immer noch schneeweiß. Und das ist herrlich, denn das Weiß bildet einen Kontrast zum Blau des Meers.«

»Du schweifst ab, Herr Archäologe. Welches Sounion? Du hast vom Parthenon gesprochen.«

»Jaja, ich bin ja schon wieder da. Ich war bei zweitens: Der Parthenon hat statt sechs Säulen, wie es üblich war, an der Front und auf der Rückseite, an den schmalen Seiten also, acht, um dem Gebäude ein größeres Volumen zu geben. Und dementsprechend hat er an den Längsseiten nicht 15, sondern 17 Säulen.«

»Die Zahlen beeindrucken mich nicht so sehr.«

»Okay, vielleicht kann ich dich damit beeindrucken: Die alten Künstler wussten, dass der pentelische Marmor aufgeht und sich ›ausdehnt‹, und zwar ein paar Jahre lang nach seinem Abbau, und so haben sie einen winzigen Raum an den Stellen, welche die Marmorstücke berührten, gelassen, sodass diese nach wenigen Jahren, wenn sie ihre endgültige Form angenommen hatten, so gut aneinanderlagen, dass keine Luft dazwischen passte! Als man bei seiner Wiederaufrichtung gezwungen war, Stücke von den Säulen abzunehmen, die seit dem Altertum nicht die Lage gewechselt hatten, strömten die hölzernen Dübel in der Mitte, welche die einzelnen Teile verbanden, immer noch den Duft nach Holz aus.«

»Wow!«

»Noch etwas. Der Parthenon hatte den größten und besten Skulpturenschmuck von allen Tempeln. Er war der einzige Tempel, dessen Metopen allesamt mit Skulpturen verziert waren.«

»Was ist eine Metope?«

»Anfangs hatten die Teile des Tempels, die sich auf die Säulen stützten, Muster mit drei senkrechten Linien direkt über jeder Säule.«

»Ja.«

»Die nennen wir Triglyphen. Dort kamen die Balken, die das Dach der ersten Holztempel stützten, heraus. Dann wurden die Tempel aus Marmor gebaut, aber das Muster blieb als Schmuck.«

»Und die Metopen?«

»Die Metope ist die viereckige Platte, die den Raum zwischen den Triglyphen füllt. Damit das nicht so verloren wirkte, beschloss man, die Platte zu verzieren. Dieser beträchtliche Raum konnte eine Skulptur aufnehmen, eine ganze Geschichte erzählen! Und es waren viele Metopen am Parthenon, 92 insgesamt. Wunderbar und voller Symbolik.«

»Was symbolisierten sie denn?«

»Die Metopen an der Ostseite, beim Haupteingang also, zeigten die Gigantomachie, den Sieg der olympischen Götter gegen die Urkräfte am Anfang der Zeit und der Welt. Man kann das als Symbol für den Sieg der Ordnung und der göttlichen Kraft über das ursprüngliche Chaos sehen. Die Metopen an der Südseite zeigten die Kentauromachie, die Schlacht zwischen den Menschen und den Kentauren, das heißt diesmal den Sieg der Menschen über die primitiven Ungeheuer. Sieh es wie einen Sieg des zivilisierten Menschen über seine wilde Natur. Die Metopen an der Nordseite zeigten den Krieg um Troja, die erste und legendärste Expedition der Griechen, die Ehre der Vorfahren und die viel besungene Geschichte, und die Metopen an der Westseite zeigten die Amazonenschlacht, als die Amazonen in Asien aufgebrochen waren, um Athen zu erobern, und unterhalb der Akropolis besiegt wurden; ein Mythos also, der wunderbar zur tatsächlichen Vorgeschichte der Athener passte. Die Großväter der Athener, die den Parthenon errichtet haben, hatten solch eine Invasion erlebt und sich gegen die Bedrohung durch Persien gewehrt.«

»Und das sind die wichtigen Skulpturen des Parthenon?«

»Das waren die Metopen. Der Tempel hatte viel mehr und noch bedeutendere Skulpturen. Zum Beispiel an den Giebeln.«

»Wo sind denn bei einem Tempel die Giebel?« Er atmete tief ein.

»Giebel nennen wir den dreieckigen Raum, der vom Dach und der Frontseite beziehungsweise der Rückseite des Tempels gebildet wird. Beim Parthenon zeigte der Ostgiebel die Geburt der Athene aus dem Kopf von Zeus, denn die Ostseite war die Hauptfassade des Tempels. Der Westgiebel zeigte den Wettstreit zwischen Athene und Poseidon um die Vorherrschaft in Athen. Diese Skulpturen waren perfekt gemeißelt, von allen Seiten, selbst bei den Hinteransichten, die nie ein Mensch zu Gesicht bekommen hat, nachdem sie an ihrer endgültigen Stelle weit oben am Tempel platziert worden waren. Die sind aber in hohem Maß zerstört. Und ein großer Teil von ihnen befindet sich immer noch außerhalb von Griechenland, auch wenn der griechische Staat sie offiziell zurückfordert.«

»Warum gibt es wegen diesen Skulpturen so eine Aufregung?«

»Die Skulpturen sind in einer Zeit angefertigt worden, in der die Bildhauerkunst neue Wege einschlug und die archaischen Schablonen hinter sich ließ. Sie stammen aus der Werkstatt des berühmten Bildhauers Phidias. Und vergessen wir nicht den riesigen und wunderschönen Fries, einen Gürtel also, der in seiner ganzen Länge über die Außenwand des inneren Hauptraums führte und der den Umzug an den Panathenäen, einem Fest zu Ehren der Göttin Athene, zeigt. Jede Figur ist anders. Alle sind außerordentlich kunstvoll. Und ebenso verblüffend ist, dass die ionischen Tempel Friese hatten, die dorischen aber nicht. Und der Parthenon, obwohl dorisch, hatte einen Fries. Wie das? Er war eben ein Prototyp, sagen wir. Und keine Gestalt auf den Metopen, den Giebeln und dem Fries gleicht einer anderen! Aber wir sind noch nicht fertig.«

»Was – noch mehr?«

»Allerdings. Alle Maße des Parthenon folgen dem Verhältnis 4 zu 9. Dieses Verhältnis gilt zum Beispiel für die Breite zur Länge, die Höhe zur Breite und so weiter. Außerdem hat der Parthenon keine geraden Linien. Alle sind ganz leicht gebogen, damit sie dem Auge als gerade erscheinen. Dieser Trick heißt optische Verfeinerung. Und diese Verfeinerungen wurden millimetergenau geschaffen.«

»Für diese detaillierte Arbeit werden sie wohl Jahre gebraucht haben.«

»Auch in dieser Hinsicht ist der Parthenon erstaunlich, mein Freund, denn er ist in nur neun Jahren erbaut worden. Nimmst du noch die sechs hinzu, die sie benötigten, um auch die Verzierungen zu vollenden, dann sind das 15 Jahre für das perfekteste Gebäude, das je geschaffen wurde, und zwar nicht nur von den Athenern, sondern von Hunderten anderer Griechen aus allen Fachgebieten; sie lebten als Immigranten in Athen, waren Freie und Sklaven, die alle den gleichen Taglohn bekamen. Und natürlich waren auch jede Menge Tiere beteiligt. Einem ins Alter gekommenen Esel, der die Schlepperei nicht mehr durchhielt, wurde symbolisch die Ehre erwiesen – er wurde gemäß einer Volksabstimmung vom Prytaneion der Stadt verpflegt. Diese Ehre kam sonst nur den Wohltätern, den offiziellen Gästen und den Siegern der athletischen Wettkämpfe zugute.«

»Okay, ich habe verstanden. Der Parthenon war einfach wow. Und deswegen ist das klassische Athen von Bedeutung?«

»O nein! Es sind die kulturellen Höhepunkte, die die Stadt erlebte.«

»In welchem Sinn?«

»Das Theater nahm Fahrt auf. Die Tragödien, die immer noch weltweit verehrt werden, wurden unter dem Felsen der Akropolis uraufgeführt. Jedes Jahr versammelten sich die Athener zu einem großen Frühlingsfest, das große oder städtische Dionysien hieß (es gab auch die kleinen Dionysien in den verschiedenen Dorfsiedlungen auf dem Land). Sie nahmen ihren Imbiss in einer Tasche mit, saßen vom Morgen bis zum Nachmittag an den Hängen unterhalb der Akropolis und schauten sich tagelang verschiedene Theaterstücke an und wählten am Schluss das aus, das sie am besten fanden. Der Sieger gewann einen Dreifuß.«

»Na herrlich! Was kann man denn mit einem Dreifuß anfangen?«

»Was machen sie denn heute mit dem Oscar, wenn sie ihn gewonnen haben? Benutzen sie ihn als Türstopper? Hat er neben dem symbolischen irgendeinen anderen Wert? Ähnlich war es beim Dreifuß; der Dichter konnte ihn voller Stolz in der Odos Tripodon, der Straße der Dreifüße, die damals so etwas wie der jetzige Walk of Fame von Hollywood war, aufstellen.«

»In der heutigen Odos Tripodon?«

»Ja, dort, in der Plaka, unterhalb der Akropolis.«

»Ich habe irgendwo gelesen, dass es religiöse Theaterspiele bei sehr vielen Völkern auf der ganzen Welt gegeben habe, und zwar in Zeiten, die älter waren als die griechische Klassik.«

»Das stimmt.«

»Aber wie können wir dann sagen, das Theater sei bei uns geboren?«

»Weil jene religiösen Theaterstücke ganz einfach speziell waren. Sie wurden wieder und wieder aufgeführt. Im alten Athen aber wurde das Szenario geboren. Die Zuschauer wussten nicht, wie sich die Sache entwickeln würde. Vielleicht kannten sie den Mythos, den sie sahen, aber die Dialoge, die Entwicklung der Geschichte, die Offenbarung, wie sich die Angelegenheit abspielte, waren etwas völlig Neuartiges für die Zuschauer. Da waren auch Emotionen im Spiel. In der klassischen Zeit wurde das Theater echtes Theater, dank der drei Großen, Aischylos, Sophokles und Euripides.«

»Warum waren sie groß?«

»Schauen wir sie uns nacheinander an.«

»Nein, bitte nicht! Das wird sicher langweilig.«

»Dir wird ganz bestimmt nicht langweilig, ich versprech’s! Die drei sind wirklich interessant. Aischylos, der Erste, war ein schlichter Arbeiter in den Weinbergen. Der eine seiner Brüder, Kynaigeiros, ein mutiger Bursche, war berühmt geworden wegen seines Heldentods in der Schlacht von Marathon, als er vorgeprescht war, um das persische Schiff am Auslaufen zu hindern.«

»Der, den die Perser in Stücke gehauen haben, um ihm zu entkommen?«

»Genau der. Der andere Bruder war derjenige, der in der Seeschlacht von Salamis als Erster mit dem Schiff voranstürmte, um die persische Flotte anzugreifen.«

»Alles klar. Eine coole Familie.«

»Du kannst sie auch heldenhaft nennen. Aischylos hingegen konnte nichts anderes vorweisen als seine einfache, ehrenvolle Teilnahme am Krieg. Aber seine Neigung lag anderswo. Es heißt, eines Tages sei ihm der Gott Dionysos im Traum erschienen und habe ihn gebeten, ein Theaterstück zu schreiben. Der Junge wachte erschrocken aus dem Traum auf und fing sofort an, sein erstes Stück zu schreiben. Es stand geschrieben, dass er ein berühmter tragischer Dichter werden sollte.«

»Er war ein Dichter? Hast du nicht gesagt, er habe Theaterstücke geschrieben?«

»Die Theaterschriftsteller der Antike nennen wir Tragödiendichter, denn die Stücke, die sie geschrieben haben, wurden Tragödien genannt. Und weil sie nicht in Prosa verfasst waren, sondern in Versen, waren sie Dichtung. Aischylos wird als Vater der Tragödie angesehen.«

»Hast du nicht gesagt, dieser andere sei der Vater? Thespis?«

»Gut aufgepasst. Aber Aischylos hat die Regeln geändert, er legte fest, dass jeder Dichter eine Trilogie präsentieren sollte, und er hat einen zweiten Schauspieler eingesetzt, um die Handlung aktiver zu gestalten.«

»Bis dahin war jeweils nur einer auf der Bühne?«

»Ja, und er unterhielt sich mit dem Chor. Aischylos machte die Sache interessanter, indem er einen zweiten Schauspieler einsetzte. Er sorgte für die Kostüme, das Bühnenbild, für jedes Detail.«

»Okay, Aischylos war wichtig. Und die anderen beiden?«

»Der zweite große tragische Dichter war Sophokles. Er ging noch ein Stück weiter. Er setzte einen dritten Schauspieler ein und entwickelte die Charaktere seiner Werke.«

»Einen dritten? Ein richtiges Gedränge, haha.«

»Er hat die meisten Siege von allen Tragödiendichtern errungen.«

»Und der Dritte?«

»Zeitlich gesehen war das Euripides. Er hat den ›Deus ex Machina‹ eingeführt. Er hat sich weit von den großen Helden der Mythologie entfernt, hat sich auf den Menschen selbst konzentriert und ist tief in die Psyche seiner Charaktere eingetaucht. Zum ersten Mal entwickelte sich vor den Augen der Zuschauer ein reales psychologisches Drama.«

»Was ist der Deus ex Machina, ein Gott aus der Maschine?« Er lachte.

»Beruhig dich, mein Lieber! Die antiken Dramen sind voller Verwirrungen und Komplikationen! Die Dinge geraten durcheinander, Katastrophen entstehen. Es handelt sich um eine Tragödie, keine Sitcom. Irgendwann musste ein Gott auftauchen und die Lösung bringen. Er musste den Verwicklungen ein Ende machen oder auch eine bestimmte Situation retten. Und so hat man einen Mechanismus gebaut, der es dem Schauspieler erlaubte, auf der Bühne zu erscheinen, als Gott aus dem Nirgendwo.«

»So etwas wie ein Kran?«

»Ja, es war tatsächlich wie ein Kran oder ein Katapult, und wusch! Da hast du den Gott, und der sagt: ›Ich räume mal ein bisschen in eurem Durcheinander auf.‹«

»Das ist eine recht einfache Lösung. Erst entwirfst du eine Handlung, und dann bringst du einen Gott und lässt ihn die Scherben zusammenkehren.«

»Ja, und darum ist diese konkrete Methode nur sehr sparsam eingesetzt worden. Gewisse anspruchsvolle Zuschauer haben sie auch missbilligt. Aber das breite Publikum atmete meist erleichtert auf, wenn der Gott eingriff.«

»Aha! Es hat also schon damals Theaterliebhaber mit einem feineren Geschmack gegeben. Und das klassische Athen wird als der größte Moment in der altgriechischen Kultur betrachtet, weil es den Parthenon und das Theater hatte? Was sonst noch?«

»Du bist ein unzufriedener Mensch! Wirklich unersättlich! Nein, es hatte nicht nur das. In Athen begannen sich die Geistesgrößen aus allen Städten Griechenlands zu versammeln. Wissenschaftler, Historiker, Künstler.«

»Warum gerade in Athen?«

»In erster Line, weil Athen eine funktionierende Demokratie hatte. Und was braucht die Demokratie? Dialog und Überzeugung. Zum ersten Mal in der Geschichte bekamen das Wort, der Ausdruck, die Argumentation eine immens starke Bedeutung. Die Sophistik und die Rhetorik gelangten zu Ehren.«

»Und all das nur in Athen?«

»Nicht nur in Athen. Dort aber am meisten. Das heißt natürlich nicht, dass es nicht auch anderswo eine ähnliche geistige Entwicklung gegeben hat. Syrakus auf Sizilien zum Beispiel wird für die Heimat eines der Begründer der Rhetorik, Korax, gehalten.«

»Korax – der Rabe?«

»Sie haben ihn tatsächlich Korax genannt. Es gibt dazu eine Anekdote. Einmal suchte ihn ein gewisser Teisias auf und sagte zu ihm: ›Lehrer, ich habe nicht eine Drachme, aber lehre mich, und ich werde dich von dem Geld bezahlen, das ich bekomme, wenn ich meinen ersten Prozess gewinne.‹ Korax akzeptierte und bildete ihn aus, aber Teisias wandte seine Rhetorikkünste nie in einem Prozess an, und Korax wurde nicht ausgezahlt. Er zerrte den Kerl also vor Gericht und brachte vor, wie es sich auch verhalte, er werde bezahlt werden, denn wenn Teisias verlieren würde, wäre er gezwungen, ihn zu bezahlen, und wenn er gewinnen würde, müsste er ihn ebenfalls bezahlen, denn es wäre das erste Geld, das er in einem Prozess verdient hätte. Teisias erwiderte, er werde in keinem Fall bezahlen, denn wenn er den Prozess gewinnen würde, müsste er den Beschluss des Gerichts achten, also würde er keine Drachme zahlen. Würde er aber verlieren, würde er die Schuld trotzdem nicht begleichen, denn dann hätte er in seinem ersten Prozess nicht gewonnen. Die Richter kamen zu keinem Beschluss. Sie äußerten schlicht den Satz: ›Von einem schlechten Raben kommt ein schlechtes Ei.‹«

»Und die Philosophie? War sie bedeutsam in Athen?«

»Die ersten Philosophen fingen, wie wir schon gesehen haben, in den Kolonien an. Sie waren Naturphilosophen, sie interessierten sich für die Entstehung der Welt. Jetzt war die Stunde gekommen, dass sich der menschliche Geist philosophisch mit dem Ganzen befasste: mit der Natur, dem Menschen, der Gesellschaft, der Liebe, dem Tod. Und welches war der hauptsächliche Ort, wo sich die Philosophie in der klassischen Zeit entwickelte?«

»Ich sag mal – Athen.«

»Du sagst mal … Ja, in Athen entwickelte sich auch die neue Philosophie. Es wäre gut, wenn du dir drei große Philosophen merken würdest.«

»Wieder ein Trio?«

»Sokrates, Platon und Aristoteles. Jeder der Lehrer des Nächsten.«

»Ich bin froh, wenn ich Aischylos, Sophokles und Euripides im Kopf behalte. Und jetzt willst du, dass ich mir merke, in welcher Reihenfolge die drei Philosophen kommen?«

»Um sie in die richtige Reihenfolge zu bringen, denk einfach an SPA, die Anfangsbuchstaben ihrer Namen. Und was ist die Philosophie anderes? Ein Spa für die Seele.

Sokrates ist der größte athenische Philosoph. Und wegen seines Einflusses auf Platon und dessen Einfluss auf Aristoteles und von diesen beiden auf die nachkommenden Philosophen können wir sagen, Sokrates sei der Vater von allen gewesen.«

»So wichtige philosophische Dinge hat Sokrates geschrieben?«

»Er hat nichts geschrieben. Er hat nur gesprochen.«

»Und wie können wir wissen, was er gesagt hat?«

»Seine Schüler haben über ihn geschrieben, vor allem Platon und Xenophon. Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass der Erste, der daran dachte, aufzuschreiben, was Sokrates sagte, kein Schüler war, sondern ein Schuhmacher namens Simon.«

»Schuhmacher? Ein normaler Schuster?«

»Das war so: Sokrates redete am liebsten mit frischen, jungen Köpfen. Die Jugend zweifelt immer und hört mit klarem Verstand zu, ohne gedanklich schon allzu festgefahren zu sein. Die Jungen, die noch nicht in der Armee gedient hatten, durften die Grenzen der antiken Agora nicht überschreiten.«

»Aha. Der Spruch ›Die Armee macht dich zum Mann‹ galt schon damals!«

»Die jungen Leute trafen sich also in den Läden am Rand der Agora und hingen dort herum. Der Schusterladen von Simon lag außerhalb der Agora. Obwohl er barfuß war, kam Sokrates immer gern dorthin – aber er hat natürlich nichts gekauft –, und die jungen Burschen trafen sich haufenweise, um mit ihm zu diskutieren. Simon scheint der Erste gewesen zu sein, der sich gesagt hat: ›Mensch, wie schön er das sagt … Soll ich es nicht aufschreiben, damit wir uns daran erinnern?‹ Und natürlich erwähnt keiner der Schüler von Sokrates den Namen Simon.«

»Wie das?«

»Vielleicht aus Neid, vielleicht aus Snobismus. Spätere Schriftsteller aber erwähnen ihn. Doch seine Existenz wurde auch angezweifelt, vor allem, was er an Texten verfasst hat. Das ist ein schönes Beispiel, was für Überraschungen die Archäologie bereithält. Während der Ausgrabungen der antiken Agora wurde an ihrem Rand ein Haus entdeckt. Darin waren kleine Kapseln aus Knochen, vielleicht zur Aufbewahrung von Schnüren, kleinen Nägeln für die Schuhsohlen … und ein Gefäß hatte eine Inschrift. Und die besagte, dass dieses Gefäß jemandem mit dem Namen Simon gehöre. Also war dieses Haus höchstwahrscheinlich die Schusterwerkstatt, in der Sokrates verkehrte.«

»Warum wird ein solches Aufheben um Sokrates gemacht, mein Lieber?«

»Sokrates war viel mehr als ein einfacher Philosoph. Erstens war er – das tut nicht viel zur Sache, aber ich erzähle es, damit du dir ein vollständiges Bild von seiner Persönlichkeit machen kannst – ein starker Krieger. In einer Schlacht, in der er mitkämpfte, unterlagen die Athener. Xenophon, ein Mitkämpfer und Schüler von ihm und späterer Geschichtsschreiber, stürzte vom Pferd und wurde verletzt. Sokrates nahm ihn auf seine Schultern und brachte ihn unversehrt aus der Schlacht. Er war auch höchst schlagfertig! Als ihn einer fragte: ›Soll ich heiraten oder nicht?‹, erwiderte er, welches von beidem er auch tue, er werde es bereuen. Als er einmal Leute zu sich einlud – sein Haus war eher armselig –, flippte seine Frau aus. Sie schämte sich, in einem solchen Stall Gäste zu empfangen. Ganz gelassen sagte der Philosoph: ›Wenn es gute Leute sind, wird unser Haus sie nicht stören, stört sie aber unser Haus, hat es keinen Sinn, dass wir uns um sie kümmern.‹«

»Das würde ich auch sagen.«

»Schließlich störte Sokrates mit seinen Fragen und seiner Klugheit die anständigen Athener, sie machten ihm den Prozess und verurteilten ihn zum Tod. Ein Freund sagte zu ihm: ›Du stirbst zu Unrecht‹, und er erwiderte gelassen: ›Wäre es dir lieber, wenn du zu Recht sterben würdest?‹«

»Aber warum wollte jemand Sokrates anklagen?«

»Aus vielen Gründen, und das ist eine große Diskussion, aber bedenke, es war nicht nur ein Ankläger, es waren drei: Meletos, Lykon, über die wir nur ganz wenig wissen, und Anytos, von dem wir wissen, dass er ein Gerber war und sich gestört fühlte, weil Sokrates ihn drängte, seinen Sohn studieren zu lassen.«

»Und der Sohn wollte nicht?«

»Nein, der Sohn wollte ebenfalls Gerber werden. Sokrates spornte ihn an und wurde lästig. Er hatte die falschen Feinde und manchmal auch die falschen Freunde. Sie legten ihm beispielsweise seine alte Freundschaft zu Kritias zur Last, einem Abenteurer, den sie zwar verbannt hatten, der aber, als es in Athen eine Diktatur gab, eiligst zurückkam und eine hohe Position in der Tyrannenjunta, dem Rat der Dreißig, einnahm, und alle ermordete, die er nicht mochte.«

»Und Sokrates war mit ihm befreundet?«

»Da schon nicht mehr. Es kam zum Bruch. Sie gingen getrennte Wege. Und Sokrates war nicht wählerisch in seinen Worten gegen die Tyrannen. So erließ Kritias ein Gesetz, das es jungen Leuten unter dreißig nicht erlaubte, mit Sokrates zu reden.«

»Und was hat Sokrates getan?«

»Er lachte und sagte: ›Wenn der Bäcker zu jung ist, darf ich dann mein Brot nicht bei ihm kaufen?‹«

»Aber warum haben sie ihm diese Freundschaft angelastet, wo die beiden doch miteinander stritten?«

»Besser, du verlierst ein Auge, als dass der Name leidet. Wie auch immer, die Gedanken von Sokrates haben seine Schüler, von denen Platon der berühmteste ist, stark beeinflusst.«

»Okay. Dann erzähl mir von Platon.«

»Platon war ein Schüler, der den anderen leidtat – sie nannten ihn Platon, weil er korpulent war, eben platýs. Eine Legende erzählt, dass, während der kleine Platon in seiner Wiege schlief, Bienen gekommen seien und sich auf seine Lippen gesetzt hätten, ein Vorzeichen für die Süße, die diese Lippen der Welt schenken sollten.«

»Immer wieder Sagen und Märchen über ihre Kinderjahre. Durften sie nicht einfach in die Windeln machen?«

»Gut, ich schließe nicht aus, dass er auch in die Windeln gemacht hat. Jedenfalls, als er älter wurde und sein Lehrer Sokrates gestorben war, wurde er zu dessen bestem Schüler und machte Sokrates schließlich zu einer herausragenden Figur, denn er spielte in den meisten von Platons Büchern die Hauptrolle. Diese Bücher waren nicht einfach trockene philosophische Abhandlungen, sondern Dialoge. Und auf den Feldern außerhalb von Athen, in einer schönen und vegetationsreichen Gegend, in der Nähe des Heiligtums des Helden Akademos, gründete er die erste offizielle philosophische Schule der Welt, die Akademie.«

»Kannst du mir in einfachen Worten erklären, was Platon in seiner Philosophie gesagt hat?«

»Die Philosophie von Platon ist nicht einfach. Du kannst sie auch nicht in wenigen Worten beschreiben, ohne sie zu zerstückeln. Er hat sie im Laufe seines Lebens entwickelt und immer wieder umgestaltet.«

»Sag mir also, was ich mir von Platon merken muss.«

»Wenn du etwas von ihm im Kopf behalten willst, würde ich das Höhlengleichnis empfehlen. Darin erklärt er, warum es die menschliche Dummheit gibt und warum man sie nur sehr schwer besiegen kann. Und warum die Menschen die Tendenz haben, konservativ zu sein, und sich vor dem Neuen fürchten.«

»Erzähl!«

»Nehmen wir an, wir leben alle in einer Höhle. Wir sind mit Ketten gefesselt und können nur die Wand gegenüber von uns sehen. Über uns, hoch oben in der Ferne, brennt ein Feuer, und verschiedene Gegenstände ziehen vorbei und werfen ihre Schatten an die Wand. Also besteht die ganze Welt, die wir sehen, aus diesen Schatten. Und jetzt erlöst dich einer, der dir die Wahrheit zeigen will, von deinen Ketten und bringt dich langsam an die Oberfläche. Zuerst wird der Aufstieg in die Höhe, der deinen Körper überanstrengt, sehr schmerzhaft sein. Und du kommst mit Müh und Not und grässlichen Schmerzen zum Ausgang. Das Licht blendet dich. Dir wird schwindlig. Die Sonne brennt in deinen Augen. Und selbst wenn du das alles aushältst, was tust du? All die realen Objekte und Dinge, die du ein Leben lang als schattenhafte Bilder gekannt hast, siehst du nun anders. Es ist wie ein Schock. Du glaubst, du bist verrückt geworden. Denn es ist schwer, die Wahrheit zu ertragen. Doch schließlich akzeptierst du sie und willst auch die anderen wecken, die diesem Lügengebilde unterworfen sind! Du steigst wieder hinunter, um ihnen die Wahrheit zu verkünden. Schon ans Licht gewöhnt, können deine Augen in der Finsternis nicht sehen. Du stolperst und kriechst, während die anderen dich sehen, denn ihre Augen sind an die Dunkelheit gewöhnt. Und sie hören, wie du unverständliche Dinge erzählst und ihr bisheriges Leben infrage stellst. Wer bist du denn, ihre Wahrheiten und ihren Glauben an die Schatten anzuzweifeln, die sie ein Leben lang unterwiesen haben? Du schwankst und weißt nicht, wie dir geschieht! Logisch, dass sie dich ignorieren. Oder dich hassen. – Wenn du mehr wissen willst über Platon, musst du tief in seine Philosophie eintauchen. Von da an wurde die Philosophie kompliziert.«

»Mit Sokrates und Platon?«

»Der Dritte war Aristoteles.«

»War es bei ihm ähnlich wie bei den anderen zwei?«

»Nicht ganz! Aristoteles stammte aus Stageira, einer Kolonie von Andros. Er wurde früh zur Waise, kam aber aus einer reichen Familie und ging zum Studium an die Akademie von Platon. Als dieser starb, gelang es Aristoteles nicht, seine Nachfolge anzutreten, aber er bekam ein Jobangebot von Philippos II., dem König von Makedonien; er sollte eine private Hochschule für den makedonischen Thronfolger aufmachen, einen gewissen Alexander.«

»Hat er angenommen?«

»Hat er, und als Gegenleistung ließ Philippos die Geburtsstadt von Aristoteles, die er einst zerstört hatte, wiederaufbauen.«

»Sehr gut, und Aristoteles hat eine ›Schule‹ mit nur einem einzigen Schüler aufgemacht?«

»Alexander war der Anlass, aber nicht der einzige Schüler. Auch die anderen reichen Sprösslinge der makedonischen Aristokraten besuchten den Unterricht. Als diese Generation, die mit dem Feldzug von Alexander dem Großen die Welt dominieren sollte, ihr Studium beendet hatte, machte Aristoteles sein Institut im Norden zu und eröffnete ein neues, mit einer breiteren Klientel, im Lykeion in Athen. Aristoteles befasste sich mit allem und jedem. Mit der Philosophie, der Zoologie, der Botanik, den politischen Wissenschaften, der Dichtung, der Musik, dem Theater, er hatte sehr, sehr viele Fragen. Wir könnten sagen, er war der erste Universalgelehrte. Doch die Werke, die er geschrieben hat, sind leider verloren! Der Hauptteil seines Werks, der uns erhalten geblieben ist, besteht im Wesentlichen aus Lektionen, die er für seine Schüler vorbereitet hat.«

»Ich dachte, du wolltest mir von der Archäologie erzählen.«

»Das stimmt, und ich komm auch gleich darauf zurück. Die klassische Zeit brachte nämlich auch viele bedeutende Veränderungen in der Kunst, vor allem in der Bildhauerei. Das archaische, fast ironische Lächeln weicht einem strengen Blick, die Statuen schauen nun alle recht ernst drein. Darum wird diese Art als Strenger Stil bezeichnet. Aber nicht nur das hat sich verändert.«

»Was noch?«

»Ich weiß nicht mehr, ob ich das schon gesagt habe, aber im Allgemeinen war die archaische griechische Kunst recht konservativ. Sie veränderte und entwickelte sich jedoch regelmäßig weiter, etwa alle 25 Jahre.«

»Warum alle 25 Jahre?«

»Der Grund ist sehr einfach. Jede neue Generation behielt bei, was sie an ihren Lehrern mochte, aber sie versuchte gleichzeitig, diese zu überholen, indem sie etwas Besseres schuf. Die Statuen werden von den klischeehaften Formen und Mustern der archaischen Zeit befreit, und in der Bildhauerei wurde der Contrapposto entdeckt.«

»Du wirfst mir schon wieder einen Begriff an den Kopf und tust so, als wäre das die selbstverständlichste Sache der Welt.«

»Kontrapost! Das heißt Gegenpositur. Wenn du dir die archaischen Statuen ansiehst, wirst du bemerken, dass sie ziemlich steif dastehen. Von nun an steht die Statue nicht mehr da, als hätte sie einen Besenstiel verschluckt, starr und unnatürlich. Jetzt legt der Bildhauer das Körpergewicht auf einen Fuß, lockert den anderen, dreht leicht die Schultern, die Hüfte, und die beiden Körperhälften unterscheiden sich voneinander. Die eine steht in einer Gegenpose zur anderen. Wie wenn wir heute in der Schlange vor dem Bankschalter stehen. Ganz natürlich also. Jetzt macht der Künstler mit den Körpern, was er will. Nimm als Beispiel den archaischen Bildhauer Ageladas.«

»Ageláda bedeutet doch Kuh, hat er wirklich so geheißen?«

»Ja, das war wirklich sein Name! Ein unglücklicher zwar, aber wie es heißt, war er ein außerordentlicher Bildhauer. Leider ist von ihm nichts erhalten geblieben. Er war ein ›archaischer‹ Künstler, aber all seine Schüler gehören zur Klassik. Die berühmtesten waren Phidias, der die Skulpturen am Parthenon machte; Myron, der den berühmten Diskuswerfer schuf – dort kannst du sehen, wie der Athlet sich in dem Moment dreht, in dem er sich bereit macht, den Diskus zu werfen –, und Polyklet, der den Doryphoros …«

»Einen Satelliten?«[10]

»Nein, er ist nicht um die Erde gekurvt, erst in unserer heutigen Zeit meint dieses Wort einen Satelliten im Weltraum. Er hat diesen Namen bekommen, weil er einen Speer hielt, denn Doryphoros heißt ja auch Speerträger. Er ist seitdem Hunderte Male kopiert worden und wurde als Regel für die idealen Proportionen des menschlichen Körpers betrachtet. Polyklet hat sogar ein Buch darüber geschrieben! Leider ist es nicht erhalten. Polyklet der Jüngere, der das berühmte Theater in Epidauros gebaut hat, war vielleicht sein Sohn. Viele Architekten haben damals Bücher über ihre Werke verfasst. Zum Beispiel hat ein gewisser Theodoros ein Buch über seinen Bau in Delphi geschrieben, ein mysteriöses, kreisförmiges Gebäude.«

»Und das Buch ist erhalten geblieben?«

»Leider ist es ebenfalls verloren gegangen.«

»Und wir wissen nicht, wofür er dieses runde Gebäude gebaut hat?«

»Nein, das ist immer noch unklar. Ein ebensolches rundes Gebäude gibt es auch in Epidauros. Das hat Polyklet der Jüngere geschaffen, der, wie gesagt, das Theater gebaut hat. Aber auch bei diesem runden Gebäude wissen wir nicht viel in Bezug auf seinen Zweck.«

»Und sie haben weiterhin alles mit diesen klassischen Säulchen gebaut?«

»Wir sagen nicht klassische Säulchen.«

»Ich meine dorisch und ionisch, wie du vorhin gesagt hast.«

»Hauptsächlich ja, aber in der klassischen Zeit wurde der dritte große Stil der Antike geschaffen, der korinthische. Nach der Legende soll sich der Bildhauer Kallimachos außerhalb von Korinth herumgetrieben haben, bis er das Grab eines Mädchens sah …«

»Ist er auf Friedhöfen spazieren gegangen, oder was? Was war das denn für ein Typ?«

»Im Altertum lagen die Friedhöfe außerhalb der Stadt, wegen der Krankheiten; viele starben an Infektionen, aber auch, weil der Tod allgemein als schmutzig und ein böses Vorzeichen galt. Die Welt der Lebenden sollte von der Welt der Toten ferngehalten werden. Weil die Toten aber auch Vorfahren und Verwandte waren und auf gebührende Weise geehrt werden mussten, hat man sie in der Regel neben den Straßen, die zur Stadt führten, begraben. Und darum siehst du auf vielen alten Grabplatten eine Inschrift, die zum Vorbeigehenden spricht. Außerdem haben die Feinde, wenn sie ihre Gegner treffen wollten, oft die Friedhöfe zerstört, oder sie brachten die Toten der Stadt woanders hin – wie es die Athener den Leuten von Delos angetan haben. Aber das kam nur selten vor, denn man hielt es für eine schreckliche Gotteslästerung.«

»Das ist unheimlich. Gehen wir zurück zum Spaziergang von Kallimachos in Korinth.«

»Während er seine Runden dreht, sieht Kallimachos also das Grab eines Mädchens und darauf einen kegelförmigen Korb. In diesem Korb liegen die Spielsachen und die persönlichen Dinge des kleinen Mädchens, die es in seinem Leben nicht lange genießen konnte. Offensichtlich lag der Korb schon jahrelang dort und war der Natur überlassen worden, die das wohl in Vergessenheit geratene Grab überwucherte, und die Blätter eines Akanthus hatten sich um den Strohkorb gewickelt. Dieses Bild soll Kallimachos zum kunstvollsten aller Kapitelle der Antike inspiriert haben, dem korinthischen.«

»Wenn ich es also recht verstehe, hat sich das alte Griechenland nach einem großen Krieg besonders eindrucksvoll entwickelt.«

»Sehr richtig. In den ersten fünfzig Jahren nach den Perserkriegen gab es eine sprunghafte Entwicklung in den Künsten, den Wissenschaften und im Handel. Und was passiert, wenn sich so viele neue Wege im Denken, in der Kunst und in der Zivilisation eröffnen?«

»Was?«

»Ein Bürgerkrieg!«

»Das meinst du jetzt ironisch.«

»Nein, ganz und gar nicht! Der Aufstieg von Athen erschreckte Sparta und dessen Alliierte, und so begann der Peloponnesische Krieg, der 27 Jahre lang dauerte. Er war so groß, dass das restliche Griechenland gezwungen war, sich den einen oder den anderen anzuschließen.«

»Und wer hat diesen Wahnsinnskrieg gewonnen?«

»Sparta.«

»Das großartige Athen mit Perikles als Anführer und einer so starken Flotte und einem derartigen Netz … wie konnte es verlieren?«

»Perikles starb an der großen Seuche, die Athen in den ersten Kriegsjahren befiel. Die Stadt ging wortwörtlich in die Knie. Und obwohl es sich wieder erholte und in gewissen Phasen den Krieg zu gewinnen schien, beugte es sich schließlich, und die Allianz wurde aufgelöst. Die Demokratie fiel, und es kam die Diktatur, bei der dreißig Männer am Ruder saßen. Die Dreißig Tyrannen. Diese Tyrannen exekutierten die Demokraten zuhauf, sie erledigten jeden, der mit ihrer Clique nicht einverstanden war.«

»Puh! Hielt dieser Zustand lange an?«

»Zum Glück nicht! Die Athener ertrugen es nicht, in einer Diktatur zu leben. Nach ein paar Monaten stand das Volk auf, jagte die Tyrannen davon und führte die Demokratie wieder ein. Athen versuchte zaghaft, sich zu erholen und seine Wunden vom Krieg und in der Gesellschaft zu heilen. Ein echter Diamant aus dieser Zeit ist eine Grabplatte, die uns erhalten geblieben ist. Sie steht aufrecht und zeigt einen Reitersoldaten, der einen Feind tötet.«

»Wie der heilige Georg?«

»Ja, richtig. Das Motiv des tötenden Reiters zieht sich bis in die christliche Zeit hinein.«

»Deshalb ist diese Grabplatte von Interesse?«

»Nicht nur. Sie gehört zu einem jungen Burschen, Dexileos, der als berittener Soldat bei einem Geplänkel in Korinth getötet wurde. Er war gerade 28 Jahre alt. Diese Grabplatte ist die einzige uns vom antiken Athen erhaltene, auf der die Jahre der Geburt und des Todes aufgeführt sind.«

»Das war nicht üblich?«

»Nein.«

»Und warum haben sie es bei Dexileos aufgeschrieben?«

»Weil er wenige Jahre nach dem Ende der Herrschaft der Dreißig Tyrannen gestorben ist. Und diese Tyrannen waren natürlich keine Fischer, Bauern und Arbeiter. Sie waren Aristokraten. Sie hatten das Geld für Kriegspferde. Die Familie des jungen Toten wollte folglich zeigen, dass der Knabe erst elf Jahre alt war, als die Junta die Macht an sich riss. Er war also nicht mitverantwortlich für den Schaden, den die Aristokraten anrichteten.«

»Und was ist nach dem Ende des großen Bürgerkriegs passiert?«

»Nach dem Peloponnesischen Krieg endete das berühmte, ruhmvolle und stolze 5. Jahrhundert – Athen leckte sich die Wunden, und die griechische Welt war erschöpft von den ständigen Konflikten. Sparta glaubte, es habe seine Stellung als Führerin aller griechischen Städte wiedergewonnen. Aber auch ihm hat der Hochmut das Hirn aufgebläht. Und nun war eine andere Stadt an der Reihe, für eine Überraschung zu sorgen. Einige Jahre später hatte Theben das Glück, die Heimatstadt nicht nur eines, sondern zweier hochintelligenter Feldherren zu sein: Epaminondas und Pelopidas. So entwickelte das bis dahin provinzielle Theben seine Armee und wurde zur stärksten Macht in Griechenland. Aber nur für ein paar wenige Jahre.«

»Der Underdog hat es geschafft, sich durchzusetzen?«

»Nicht nur das, er schaffte auch das Unmögliche: Er besiegte Sparta! Zum ersten Mal stand da eine Armee, die Sparta bedrohte, die einzige griechische Stadt, die keine Mauern hatte.«

»Sparta hatte keine Mauern?«

»Warum auch? Es hatte ja die Spartiaten als Krieger! Aber letzten Endes kam das Heer der Thebaner nie in die Stadt hinein. Trotzdem hat Sparta die Kontrolle über die Peloponnes verloren. Messenien und Arkadien, die jahrhundertelang unterworfen gewesen waren, erlangten ihre Unabhängigkeit und bekamen neue Hauptstädte, Messene und Megalopolis. Als Theben sein unschlagbares Zweiergespann Epaminondas und Pelopidas abhandenkam, verlor es jedoch auch seine Vormachtstellung in griechischen Angelegenheiten.«

»Und welche Stadt hatte dann den Vorrang?«

»In diesem Zeitraum versuchte Athen, sich wieder aufzurappeln. Es ging aufs Neue ein Bündnis mit fast der ganzen Ägäis ein, aber diesmal bemühte es sich, seinen Alliierten gegenüber etwas diskreter und weniger unterdrückerisch zu sein, um sie nicht zu verärgern, damit sie ihm nicht wieder den Rücken kehrten. Aber seine alte Macht hat es nie wiedererlangt.«

»Ich schätze, in all diesen Kriegen haben sie aufgehört, großartige Kultur zu machen, oder?«

»O nein. Die Entwicklung und der Fortschritt der Künste hielten an. Auch die Philosophie und die Wissenschaft schritten weiter voran. Obwohl der Peloponnesische Krieg in dieser Zeit so etwas wie ein kleiner Weltkrieg war, lebten diese Menschen auch vorher nicht gerade friedlich miteinander. Es gab immer Geplänkel, Schlachten und Kriege untereinander. Aber währenddessen entwickelten sich Kunst und Wissenschaft dennoch weiter.«

»Das ist alles ja sehr schön. Aber ich muss schon sagen … Genau das ist das Problem mit euch Archäologen und Historikern. Ihr gebt uns all diese Begriffe und Analysen zur Kunst und Wissenschaft – aber wo bleibt der Mensch?«

»Der Mensch ist inmitten von allem.«

»Aber du erzählst mir vor allem von der Geschichte und von der Kultur! Wie sahen die Menschen aus, die darin lebten?«

»Wenn du lernst, die Details besser zu verstehen, siehst du die Menschen ganz lebendig, ein Leben voller Freude, Glück, Schauder, Schmerz, Bedrohung selbst in den winzigsten Dingen! Nimm zum Beispiel die Gerichtsreden des Pseudo-Demosthenes aus dem Athen der Zeit, von der wir gerade sprechen.«

»Was für Gerichtsreden? Welche Zeit meinst du genau? Und wer ist überhaupt Demosthenes?«

»Ich meine die Zeit nach dem Peloponnesischen Krieg. Diese Reden sind Klagen, welche die Athener Bürger vor das Gericht brachten. Und Demosthenes war ein berühmter Redner und Politiker. Es sind uns einige Reden erhalten geblieben, die angeblich von ihm geschrieben wurden, in Wahrheit aber nicht von ihm stammen. Darum nennen wir ihn Pseudo-Demosthenes.«

»Und warum hat man erst gedacht, sie seien von ihm?«

»Weil sie so gut waren! In diesen Reden wird eine unglaubliche Geschichte enthüllt, die einen Sklaven, eine Hure und einen zivilen Mann umfasst.«

»Die waren sicher keine Freunde! Der Sklave war das Eigentum des Bürgers?«

»Der Sklave war der Vater des Bürgers! Pasion also war ein Fremder, wohl aus Syrien oder von dort in der Nähe, er gehörte zwei Athenern, die in Piräus eine kleine Bank hatten. Er war so gut in seiner Arbeit und half so tatkräftig bei der Entwicklung der Bank mit, dass die Besitzer ihm die Freiheit schenkten. Und nicht nur das. Als sie sich vom Geschäft zurückzogen, übergaben sie ihm auch die Bank. Dieser Pasion hatte eine Frau, Archippe, die genauso zäh und fähig war, und gemeinsam machten sie die Bank zur stärksten von Athen. Sie gründeten auch eine Fabrik zur Herstellung von Schilden, und als die Stadt sich einmal in einer Notlage befand, schenkten sie ihr tausend Schilde und ein ganzes Kriegsschiff! Athen verlieh Pasion für seine Spende ehrenhalber den Titel des Bürgers von Athen und machte auch seine beiden Söhne zu Bürgern der Stadt.«

»Und seine Frau?«

»Die wurde höchstwahrscheinlich nie Bürgerin. Frauen hatten keine politischen Rechte im antiken Athen. Pasion ist mit rund sechzig gestorben, aber er vermachte sein Unternehmen nicht seinem 24-jährigen älteren Sohn Apollodoros, sondern übertrug es lieber einem anderen freigelassenen Sklaven, Phormion. Der nahm die Witwe Archippe zur Frau und wurde der Vormund des anderen Sohns, der noch nicht erwachsen war. Zu dritt hielten sie das Unternehmen am Laufen.«

»Und Apollodoros war draußen?«

»Ja, und obwohl er finanziell gut gestellt war und eine reiche Athenerin aus der feinen Gesellschaft geheiratet hatte, gab er keine Ruhe und zerrte Phormion vor Gericht. Doch er hat verloren. Lass uns nun nach Korinth schauen, wo zur selben Zeit eine Hure lebte, Neaira.«

»Warum springst du so?«

»Wart’s nur ab. Du hast ja Geschichten über Menschen gewollt. Diese Neaira, wahrscheinlich eine Waise, war einer Puffmutter aus Korinth ins Netz gegangen, die in ihrem Bordell noch weitere Mädchen hatte; die präsentierte sie als ihre Töchter, damit sie für sie mehr Geld verlangen konnte. Mit den Jahren nahm diese Dame namens Nikarete Neaira auf Touren außerhalb Korinths mit. Ins reiche Athen natürlich. Dort lernte Nikarete einen gewissen Phrynion kennen, der ihr schöne Augen machte. Als sie aber nach Korinth zurückkam, war Nikarete gerade dabei, sie an zwei Freunde zu verkaufen. Und weil der eine noch im Haus seiner Mutter lebte, kamen sie überein, dass Neaira im Haus des anderen wohnen sollte. Bis die beiden Bürschchen beschlossen, ein geregeltes Leben anzufangen, und ihr anboten, dass sie sich ihre Freiheit erkaufen könne.«

»Konnte sie das? War das nicht teuer?«

»Weil ihre Einkünfte nicht ausreichten, bat sie Phrynion um Hilfe, der sich in Athen nach ihr verzehrte. Natürlich half er ihr und kaufte sie frei. Er holte sie zu sich nach Athen und nahm sie auf seine Ausschweifungen mit. Irgendwann floh Neaira nach Megara. Dort lernte sie einen gewissen Stephanos kennen. Und auch der scheint sich in sie verliebt zu haben.«

»Ich bin gespannt, wo das alles hinführen soll.«

»Sie kehren nach Athen zurück, aber ihr Verflossener, Phrynion, erfährt davon und will sie entführen. Seinem Liebesschwur treu, hindert Stephanos ihn daran. Sie werden vor ein Volkstribunal geführt, und dort passiert etwas Überraschendes! Die Richter entscheiden, dass Neaira niemandem gehöre und ihre eigene Herrin sei. Das war für das antike Athen sehr innovativ.«

»Also Ende gut, alles gut?«

»Absolut nicht! Stephanos war nur ein Süßholzraspler ohne Geld und ein fauler Nichtsnutz. Neaira war gezwungen, wieder als Hure zu arbeiten, damit sie und ihre Kinder etwas zu beißen hatten.«

»Seine oder ihre Kinder?«

»Man wusste nicht, von wem sie waren. Bis Stephanos als Zeuge im Prozess erschien, den Apollodoros, der Sohn jenes früheren Sklaven, der steinreich geworden war, gegen Phormion, der das Werk seines Vaters übernommen hatte, angestrengt hatte. Und weil Stephanos auf der Seite von Phormion war und Phormion den Prozess gewann, stieß das Apollodoros sehr sauer auf. Sie waren auch in verfeindeten politischen Parteien … und Apollodoros wollte sich an Stephanos rächen.«

»Dieser Apollodoros war wohl scharf auf Stress und Streit?«

»Das weiß ich nicht, aber es macht einen schon nachdenklich, dass sein Vater ihm das Unternehmen nicht hinterlassen hat und seine Mutter und sein Bruder nicht auf seiner Seite standen.«

»Und hat er sich an ihm gerächt?«

»Er hat sich gerächt, oder es zumindest indirekt versucht, indem er ihn über Neairas Leumund drankriegen wollte. Es gab einen langen Prozess, an dem sich Apollodoros auf Neaira stürzte und vor Gericht ihr ganzes Leben und ihre Lebensführung ausbreitete, alle ihre Schändlichkeiten in den Jahren, in denen sie als Hure gearbeitet hatte. Mittlerweile um die fünfzig, war Neaira wohl beim Prozess anwesend, aber als Frau hatte sie kein Recht zu reden. Sie saß einfach da, lief Gefahr, alles zu verlieren und wieder als Sklavin verkauft zu werden.«

»Hat man sie schließlich freigesprochen oder nicht?«

»Das wissen wir nicht. Wenn sie schuldig gesprochen wurde, dann hat sie wahrscheinlich alles verloren und wurde als Sklavin verkauft.«

»Wir wissen es nicht – was meinst du damit?«

»So ist das Altertum! Uns fehlen viele Puzzleteile. Darum regt es die Fantasie an – und das Denken.«

»Erschütternd, diese Geschichte vom Sklaven, der Hure und diesem elenden Sohn.«

»Es ist allerdings sehr wahrscheinlich, das Apollodoros den Prozess verloren hat. Er hatte vorher schon andere verloren. Wir können nur hoffen, dass Neaira für unschuldig erklärt wurde. Wie du siehst, haben sich innerhalb der großen historischen Vorkommnisse auch Geschichten von einfachen Leuten abgespielt.«

»Schön. Athen war müde. Sparta war müde. Theben war ein One-Hit-Wonder. Wer hat nun in der griechischen Welt das Ruder übernommen?«

»In der Mitte des 4. Jahrhunderts vor Christus kam die Stunde für eine andere Macht: Makedonien.«

»Makedonien war ein Stadtstaat wie die anderen?«

»Die Griechen im Norden hatten keine Stadtstaaten, sondern Königreiche: Epiros, Thessalien und Makedonien. Makedonien war ein kleines Königreich, das von allen eins auf den Kopf bekam. Von Athen und Sparta während des Peloponnesischen Kriegs, es hatte nämlich Hölzer und andere Rohstoffe, die unter anderem nützlich für die Marine waren, und von den Thrakern, den Illyrern, von allen Nachbarvölkern auf dem Balkan und sogar von den Thebanern.«

»Bis zur klassischen Zeit war Makedonien demnach ein Nichts?«

»Nein, sicher nicht! In gewissen Zeiten hatte es fähige Könige, die das Königreich stärkten. Der bedeutendste war Archelaos, der auch die Hauptstadt von Aigai nach Pella verlegte. Aber nach Archelaos kam eine sehr schwierige Zeit. Die Nachbarn trieben ihre Spielchen über eine lange Zeit. Bis Philippos II. an die Macht kam. Er übernahm ein Königreich, das wortwörtlich eine Ruine war. Innerhalb von wenigen Jahren brachte er es fertig, sein halb totes Königreich nicht nur wieder zum Leben zu erwecken, sondern es so stark zu machen, dass es alle anderen beherrschte. Aber wie immer, wenn eine Macht im griechischen Raum aufstieg, verbündeten sich die anderen gegen sie. 338 vor Christus prallte die letzte Allianz gegen Philippos mit diesem in Chaironeia in Böotien zusammen. Und dank dem Vorgehen des jungen Sohns von Philippos und Prinzen von Makedonien, der natürlich Alexander hieß und die Reiterei in der Schlacht kommandierte, siegten die Makedonier, sie errangen einen überwältigenden Sieg. Mit Alexander überschritt Griechenland seine Grenzen. Die klassische Zeit war an ihrem Ende angekommen. Was folgte, war die hellenistische Zeit.«

»Okay, ich sehe mal, was mir von all diesen Namen, die du aufgezählt hast, im Kopf geblieben ist. Die klassische Zeit begann mit dem Sieg der Griechen in den Perserkriegen und endete mit der Vorherrschaft Makedoniens im griechischen Raum.«

»Richtig! Und was ist in dieser Klassik geschehen?«

»Die Entwicklung von Kultur und Künsten, und natürlich der ungeheure Peloponnesische Krieg.«

»Genau! Und jetzt siehst du, wie die Geschichte der Kultur und die des Krieges zueinander in Beziehung stehen. Erinnerst du dich, dass wir die drei Tragödiendichter erwähnt haben? Aischylos, Sophokles und Euripides? Nun, dank einer Laune des Schicksals verbinden diese drei herausragenden Künstler alles, was wir gerade erwähnt haben, die gesamte klassische Zeit. Zuerst verkörpern sie die höchste Kunst der Epoche. Theater, Sprache, Philosophie, Reflexion. Daneben ist Aischylos mit den Persern am Anfang der Epoche verbunden, Sophokles mit ihrer Mitte und dem Peloponnesischen Krieg und Euripides mit ihrem Ende und der neuen Macht, die aufstieg, dem Königreich Makedonien.«

»Wie sind sie damit verbunden?«

»Aischylos ist weit weg in Unteritalien, in der alten Kolonie Gela, bei einem Unglücksfall gestorben. Es heißt, ein Adler habe eine Schildkröte auf seinen kahlen Schädel geworfen, denn der Vogel habe ihn für einen Felsen gehalten. Das Einzige, was er auf sein Grabmal geschrieben haben wollte, war, dass er in der Schlacht von Marathon gekämpft und – wie seine Brüder – den Heimatboden gegen die persische Invasion verteidigt habe. Die Invasion, die das Zeichen für den Beginn der Klassik Griechenlands war. Er hatte bereits eine Tragödie darüber geschrieben, Die Perser. Diese Tragödie war der erste Sieg von Aischylos, und sein Sponsor war der damals junge Perikles, der später als Politiker Athen anführen sollte. Sophokles ist während des Peloponnesischen Kriegs gestorben, entweder hat er – gemäß der Legende – Trauben gegessen und ist daran erstickt, oder er hat sich bemüht, einen langen Vers aus seinem Stück Antigone zu rezitieren, ohne zwischendurch Luft zu holen. Als er starb, belagerte das spartanische Heer Athen. Die Friedhöfe lagen außerhalb der Stadt, und die Athener waren in ihren Mauern eingeschlossen, da die Spartiaten die Stadt während des ganzen Peloponnesischen Kriegs belagerten. Diese waren einverstanden, die Feindseligkeiten einzustellen, und erlaubten das Begräbnis des berühmten Dichters.«

»Es hat also zumindest einen Augenblick gegeben, wo es der Kultur gelungen ist, den Krieg zu unterbrechen, wenn auch nur für einen Tag?«

»So ist es. Euripides schließlich, der nach der Sage genau an dem Tag zur Welt gekommen war, als die Seeschlacht von Salamis stattfand, hat die menschlichsten antiken Dramen geschrieben. Aber er hat Athen verlassen, weil er sich durch seine Mitbürger belästigt fühlte – als Künstler war er wohl auch ein wenig menschenscheu –, und ging nach Pella, wo er am Hof des Königs Archelaos von Makedonien seine letzten Lebensjahre verbrachte. Archelaos war ein großer Freund der Künste und hat die ganze künstlerische Crème de la Crème seiner Zeit um sich versammelt. Um ihm die Ehre zu erweisen, hat Euripides die Tragödie Archelaos geschrieben, und dort, in der üppigen Vegetation von Makedonien, wurde er auch zu seinem Werk Die Bakchen inspiriert. Schließlich haben ihn auf einem Spaziergang aufs Land Hunde zerfleischt, und er ›ist für immer in Makedonien geblieben‹, in einem Makedonien, das ihn in seine Arme geschlossen hatte, einem Makedonien, das, als Alexander der Große das Ruder übernommen hatte, die griechische Kultur über Griechenland hinaus in die ganze Welt trug; und so fand die klassische Zeit der Antike ihr Ende, und es brach eine neue Epoche an, die hellenistische.«

»Ich muss dich noch einmal mit einer Frage unterbrechen! Wenn ihr jemals das Grab von Alexander dem Großen finden solltet, wird das dann als der bedeutendste Fund aller Zeiten betrachtet werden?«

»Das musste ja kommen! Ich sage dir kurz, was ein bedeutender Fund für einen Archäologen ist.«

FAQ: Was ist der bedeutendste Fund bei einer Ausgrabung?

»Bevor du dir ein konkretes Objekt vorstellst, muss ich dich bremsen. Der wichtigste Fund, den wir bei einer Ausgrabung machen und der uns die wesentlichsten Informationen gibt, auf denen alles andere basiert, ist die Stratigrafie.«

»Was ist das?«

»Eine archäologische Stätte ist – wie wir schon gelernt haben – im Lauf der Jahrhunderte von verschiedenen Erdschichten angefüllt worden. Die Erforschung dieser Schichten ist außerordentlich wichtig für das zeitliche und bodenmäßige Verständnis der Stätte. Wie viele Jahre war sie bewohnt? Wie viele Jahrhunderte lang? In welchen Epochen? War sie in vorgeschichtlichen Zeiten bewohnt, ist sie verlassen und in der klassischen Zeit wieder besiedelt worden? Oder erst in der Römerzeit? Was enthält jede einzelne Schicht? Wann ist diese Mauer errichtet worden? Wann ist sie zusammengefallen? Wann ist jenes Loch entstanden? Was war darin? Wann ist es zugedeckt worden? Auf diese Fragen antwortet die Stratigrafie mit Beweisen. Und du kannst alle Funde zeitlich einordnen. Du brauchst keine Zweifel an der Datierung eines Gefäßes oder einer Statue zu haben. Das Indiz der Erde und der Schichten ist Beweis genug.«

»So einfach ist das?«

»Die Stratigrafie ist keine einfache Sache. Aber ihre Logik ist sehr einfach. Stell dir drei Bücher auf einem Tisch vor. Das Buch zuunterst ist als erstes auf den Tisch gelegt worden. Also ist es das ›älteste‹. Das Buch zuoberst ist das ›jüngste‹. Das Buch in der Mitte ist jünger als das Buch zuunterst, aber älter als dasjenige, das auf ihm liegt. Stell dir das Ganze jetzt als drei Erdschichten vor. Aber es ist in der Praxis natürlich nie so einfach, denn wir sprechen nicht nur von drei Schichten, sondern von Dutzenden, ja Hunderten, die in der archäologischen Stätte nicht immer einheitlich verteilt sind. Sehr oft kann man sie nicht leicht voneinander unterscheiden. Und natürlich wird einer im Lauf der Jahre graben, zum Beispiel für einen Brunnen oder eine neue Abfallgrube. Daraus wird er ältere Erdschichten heraufholen, aber wenn diese gefüllt ist, wird sie neueres Material enthalten.«

»Und wie unterscheidet ihr das?«

»Indem wir diese Schichten sehr sorgfältig erforschen. Der geübte Archäologe ist in der Lage, die verschiedenen Schichten zu unterscheiden. Natürlich können in der ganzen archäologischen Stätte auch Störungen vorkommen. An einer Stelle gibt es einen Brunnen, etwas weiter drüben gibt es Löcher, wo sie die Pfähle hineingeschlagen haben, um eine Hütte zu bauen, ein Zelt aufzustellen, irgendeine Konstruktion und so weiter.«

»Besteht da nicht die Gefahr, dass euch etwas entgeht, dass ihr eine Schicht verwechselt, sie nicht eingrenzen könnt …«

»Diese Gefahr ist groß, ja. Darum muss man bei einer Ausgrabung so sorgfältig vorgehen wie bei einem chirurgischen Eingriff. Das Ziel besteht nicht einfach darin, das, was in der Erde ist, ans Licht zu holen. Aus diesem Grund zerstören illegale Ausgrabungen viel mehr, als du denkst, und es gehen Informationen verloren, die uns eine Menge über das Altertum sagen könnten. Wenn die Schichten sicher und unberührt sind, dann können wir sie datieren.«

»Gib mir ein Beispiel.«

»Hier ist ein vereinfachtes Beispiel: Du gräbst und hast fünf Schichten bei der Grabung. In der ersten Schicht ganz oben findest du Keramiken aus der byzantinischen Zeit, in der zweiten findest du eine römische Inschrift, in der dritten Schicht findest du Keramiken aus der hellenistischen Zeit, in der vierten schwarzfigurige Gefäße aus der Klassik und in der fünften mykenische Gefäße. Du hast also eine archäologische Stätte, die von der mykenischen bis zur byzantinischen Zeit reicht. Wenn du jetzt einen Schlüssel oder einen Helm findest, analog zur Schicht, die du findest, weißt du, in welche Epoche der Fund gehört.«

»Ich habe geglaubt, die Archäologen graben, damit sie auf die Funde stoßen.«

»Ja, aber nicht nur. Bei einer Ausgrabung wird nicht obligatorisch nach dem beeindruckenden Fundstück oder der schönen Skulptur gesucht. Natürlich sind die Freude und die Überraschung riesig, wenn ein solcher Fund auftaucht. Aber das ist nicht das Ziel. Wir jagen keinen Kunstwerken nach. Wir suchen nach vielem mehr. Vor allem nach Antworten. Wir suchen nach Antworten auf Fragen.«

»Du meinst, wenn du nichts findest, spielt das keine Rolle?«

»Wenn du im Zentrum einer großen alten Stadt nichts findest, ist auch das eine Information. Zentrum, Ladenviertel? Haben sie etwa nie gebaut? Warum wollten sie einen derart großen öffentlichen Raum unbebaut lassen? Gab es vielleicht Konstruktionen, die die Zeit nicht überlebt haben? Provisorische Holzbänke, die aufgestellt und abmontiert wurden? Wo ist Diotima wohl hingegangen, um ihre Früchte und ihr Gemüse einzukaufen? Haben sich irgendwo alle versammelt, um zu tanzen wie an einer Kirchweih? Die Abwesenheit von Fundstücken ist nicht die Abwesenheit von Fragen, Antworten und Folgerungen. Also, wenn wir das Grab von Alexander dem Großen fänden, wäre das sehr interessant, aber das ist keineswegs die einzige Sache, mit der wir uns als Wissenschaftler beschäftigen.«

»Jetzt erzähl mir von Alexander dem Großen, komm schon!«