Kommen wir nun zur Lektion 2, »Bildung«. Gemeint ist die Allgemeinbildung im weiteren Sinne. Sie wundern sich womöglich, was Bildung auf einem persönlichen Erfolgsfahrplan zu suchen hat, zumal das Wort »Bildung« keinen ansprechenden Klang genießt. Im heutigen Sprachgebrauch empfinden viele den Begriff als altmodisch. Im Unterton schwingt die Assoziation »eingebildet« mit. Manche Leser werden sich aus dem Geschichtsunterricht an das steife Bildungsbürgertum der Wilhelminischen Ära erinnert fühlen. Andere denken vielleicht an den Heinz-Rühmann-Film Die Feuerzangenbowle mit seiner verstaubten, universitären Professorenverherrlichung.
Lassen Sie sich nicht irritieren. Die Komponente »Bildung« ist zu allen Zeiten – und erst recht heute – einer der wichtigsten Schlüssel für ein erfolgreiches Leben. Dennoch werden Sie abfällige Bemerkungen hören wie diese: »Bildung, ja mein Gott, das ist doch eine Sache für Geisteswissenschaftler. Wozu brauche ich im modernen Zeitalter überhaupt noch Bildung? Hauptsache, ich komme in meinem Job klar. Und alles darüber hinaus, das finde ich doch im Internet.« Diese Sichtweise ist falsch.
Betrachten wir das Thema daher aus einem anderen Blickwinkel. Im Beruf werden Sie auf Kollegen oder Konkurrenten stoßen, die fachlich ihre Arbeit im Griff haben. Diese können genauso gut Texte redigieren, Anfragen beantworten oder Aktenbearbeiten wie Sie. Es wird nicht ausbleiben, dass Spezialisten Ihren Weg kreuzen, die Ihnen auf Ihrem Fachgebiet überlegen sind.
Das ist aber nicht der springende Punkt. Langfristig sind solche fachbezogenen Kriterien nicht entscheidend. Denn Ihre Laufbahn wird ab einer gewissen Stufe in der Hierarchie oder Verantwortung nicht von Aspekten einer Sachbearbeiterbeurteilung abhängen. Ab diesem Moment kommt die (Allgemein-)Bildung ins Spiel. Den Ausschlag für überdurchschnittlichen Erfolg in Ihrer Karriere oder im Unternehmertum macht Ihr Niveau.
Das Niveau Ihrer Persönlichkeit ist das Resultat eines langen Prozesses, bei dem Sie sich – bewusst oder unbewusst – mit Ihrer Allgemeinbildung auseinandersetzen. Das Streben nach Bildung verhilft Ihnen zu einem besseren Durchblick. Salopp formuliert, zu dem Wissen, wie es im Leben wirklich läuft.
Es geht um den Blick über den Tellerrand und um das Verständnis für die Zusammenhänge, die sich jenseits Ihrer tagtäglichen Beschäftigung abspielen. Je besser Sie den Bildungs- und Kulturhintergrund verstehen, je mehr Sie die Gepflogenheiten der gesellschaftlichen Ordnung kennen, umso leichter werden Sie durchs Leben kommen.
Unterschiedliche Startbedingungen
In puncto Bildungsniveau gehen wir alle mit unterschiedlichen Bedingungen an den Start. Niemand kann sich sein Elternhaus und seine Kindheit aussuchen. Wir haben auch keinen Einfluss auf die Gene, mit denen wir zur Welt kommen. Es gibt begünstigte Menschen, die schon früh im Leben mit Bildungsaspekten in Berührung kommen, doch viele andere sind nicht so privilegiert und mussten erst später den Weg zu Themen der Allgemeinbildung finden.
Ich kann Sie beruhigen. Der Unterschied in den Startbedingungen, was Ihre Bildung angeht, ist kein Beinbruch. Wenn Sie es klug anstellen, werden Sie keine Probleme haben, jedes noch so große Bildungsdefizit auszugleichen. Ich möchte Ihnen das konkret veranschaulichen und skizziere dazu kurz meine eigene Erziehungs- und Bildungsgeschichte.
Aufgrund des Berufes meines Vaters bin ich international aufgewachsen: Kindergarten in London, Grundschulbesuch in Hongkong in englischer Sprache, später folgte eine Gymnasialausbildung in einem erstklassigen Internat. Das waren prägende Jahre.
Trotz all dieser ungewöhnlich guten Voraussetzungen hat sich der richtige Zugang zum Thema Bildung bei mir erst spät eingestellt. Ich war ein ziemlicher Ignorant, völlig einseitig auf berufsbezogene Qualifikationen erpicht. Lange Zeit hat es mir an der Einsicht um die Bedeutung eines guten Bildungsniveaus gefehlt. Im Erwachsenenalter hat es dann endlich »klick« gemacht. Ich habe mich fortan bemüht, meinen geistigen Horizont zu erweitern – und das tue ich bis heute mit Freude.
Es gibt keinen Grund, mit der Vergangenheit zu hadern. Auch wenn Sie es noch so schlecht in Ihrer Jugend angetroffen haben, machen Sie Ihrer Familie keine Vorwürfe. Alte Geschichten gehören ins Fotoalbum. Blicken Sie lieber nach vorn.
Wenn Sie Ihren derzeitigen Bildungsstand analysieren, dann werden Sie auf Lücken und Schwachstellen stoßen. Um diese sollten Sie sich kümmern. Dazu brauchen Sie ein »Korrekturprogramm«, das auf Sie persönlich zugeschnitten ist. Aus dem Kreis meiner Geschäftsfreunde habe ich dazu ein Beispiel für Sie.
Mein Freund, ein erfolgreicher Unternehmer, 76 Jahre alt, ist für mich ein Vorbild. Er stammt aus einer Handwerkerfamilie. Kurz vor dem Abitur verstarb sein Vater. Der Familienbetrieb hatte expandiert. Ein neues Geschäftshaus steckte mitten in der Bauphase. Der Tod des Vaters war eine Katastrophe, denn die Bankschulden drückten und die Bauten waren noch nicht fertiggestellt. Mein Freund musste in dieser prekären Notsituation sofort von der Schule abgehen. Tag und Nacht ackerte er auf der Baustelle. Es gelang ihm die Firma zu retten, die Bauten wurden fertiggestellt und er übernahm die Leitung des Handwerksbetriebs.
Während seine ehemaligen Klassenkameraden an Universitäten studierten und ihre Karrieren antreten konnten, steckte mein Geschäftsfreund in dem kleinen Gewerbebetrieb fest. Und dies, obwohl er in seiner Schulklasse der intelligenteste Schüler gewesen war. Er fühlte sich vom Schicksal benachteiligt. Doch statt sein Los zu beklagen, analysierte er seine Situation messerscharf und entwickelte seinen Korrekturplan.
Er wollte mit dem Handwerksbetrieb seine Existenz absichern, doch die Einkommensmöglichkeiten waren limitiert und daran war nichts zu ändern, selbst mit noch so viel Fleiß. Mit diesen Aussichten war er nicht zufrieden. Deshalb bemühte er sich um internationale Projekte. Diese ermöglichten es ihm, bei bezahlten Kosten die Welt kennenzulernen, Kontakte zu knüpfen und Sprachen zu lernen. So baute er ein Netzwerk an internationalen Kontakten auf. Dieses pflegte er mit viel Einsatz. Er war zudem ein großzügiger Gastgeber. Im Gespräch mit seinen ausländischen Freunden hörte er gut zu. Er war an allem interessiert, was es über Land und Leute zu erfahren gab.
Um der finanziellen Enge seines Handwerksbetriebs zu entkommen, begann er an Wochenenden mit dem Bau einer zusätzlichen Gewerbeimmobilie. Durch geschickte Organisation und dank guter Bauqualität konnte er diese nach kurzer Bauzeit mit erheblichem Gewinn veräußern. Das Kapital investierte er in den folgenden Jahren in den Aufbau eines Gewerbeparks. Um seine Mieter und die Pflege der Anlage kümmerte er sich selbst. Ich schätze sein Privatvermögen inzwischen auf 50 Millionen Euro.
Als Ausgleich für seine fehlende Bildung startete er frühzeitig sein eigenes, systematisches Bildungsprogramm. Bis heute liest er bis zu vier Stunden am Tag querbeet alles, was ihm in die Finger kommt: Politik, Wirtschaft, Kultur, Wissenschaft, Auslandsnachrichten und alle nur denkbaren Interessensgebiete. Sein Credo lautet: lesen, lesen, lesen. Ich kann mit Fug und Recht behaupten, dass mein Geschäftsfreund zu den gebildetsten Personen gehört, die ich kenne. Und dies, obwohl er nie eine Universität von innen gesehen hat. Heute geht er auf dem internationalen Parkett ein und aus. Auf Auslandsdelegationsreisen kann er es in Diskussionen mit jedem Minister, Konzernvorstand oder Universitätsprofessor aufnehmen. Übrigens: Seinen Handwerksbetrieb hat er heute immer noch.
Wenn Sie Ihre Potenziale im Leben richtig ausschöpfen möchten, brauchen Sie neben einer gründlichen Ausbildung ein gehöriges Maß an Allgemeinbildung. Wie Sie auf pragmatische Art und Weise dazu kommen, erfahren Sie in den folgenden Abschnitten.
In Lektion 1 erwähnte ich bereits das Stichwort »Wanderjahre«, die hinsichtlich der Allgemeinbildung vielleicht von noch größerer Bedeutung sind. Nicht von ungefähr gingen Handwerksgesellen, Köche und Angehörige anderer Berufe in früheren Zeiten auf Wanderschaft.
Mein Großvater väterlicherseits kam als Zimmermannsgeselle zu Fuß durch die Schweiz und Tschechien. Das war vor dem Ersten Weltkrieg. Die vielfältigen Erfahrungen, die er dabei sammelte, und sein Interesse an Kultur und Geschichte der Länder bildeten die Basis für seinen späteren Erfolg als Architekt und Professor. Er erzählte mir, wie er erst bei seinen vielen Stationen in den Meisterbetrieben und privaten Haushalten begriffen habe, wie unterschiedlich Menschen im Beruf und im Privatleben sein können. Mit diesen Beobachtungen fand er als junger Mensch seine Orientierung.
Bei hanseatischen Kaufleuten gehörte es jahrhundertelang zum guten Ton, nach einer absolvierten Lehre am Stammsitz der Firma hinaus in die Welt geschickt zu werden. Die blutjungen Exportkaufleute wurden je nach Branche an Orte wie Riga, Valparaíso, Shanghai oder Yokohama entsandt. In fremden Kulturen, auf sich gestellt, lernten sie ihre Begrenzungen und Defizite kennen. Ob die jungen Leute die Zeit vor Ort in dieser Hinsicht gut nutzten oder sich nach Feierabend dem Nachtleben ergaben, war ihre eigene Entscheidung.
Wanderjahre empfehle ich Ihnen ausdrücklich, gerade wenn Sie an Ihrem Heimatort dauerhaft vor Anker gehen wollen, ganz gleich, ob Sie der Familientradition folgen, um die Apotheke Ihrer Vorfahren in dritter Generation zu übernehmen, oder ob Sie in Ihrer Heimatregion die besten Voraussetzungen vorfinden, um dort eine Firma zu gründen.
Kein Grund zur Unruhe
Nüchtern betrachtet haben Sie alle Zeit der Welt, sich um Ihre Bildung parallel zu Ihrem Beruf zu kümmern. Nutzen Sie die Zeit zur Ausweitung Ihres Bildungsniveaus, wann immer es Ihnen möglich ist. In diesem Zusammenhang ist mir noch ein Gespräch gut in Erinnerung:
Es war im Jahre 1982. Ich hatte ein Riesenglück. Mir wurde zur Berufsorientierung ein privater Gesprächstermin bei dem Vorstandsvorsitzenden eines Weltkonzerns in der Baubranche gewährt. Eine tolle Gelegenheit für mich als Berufsanfänger! Ich weiß noch genau, wozu mir der erfahrene Topmanager damals geraten hat: »Herr Elsässer, merken Sie sich eines. Sammeln Sie viel Erfahrung. Lassen Sie sich Zeit. Bis zum Alter von 40 Jahren ist alles ein Spiel.«
Er wusste, wovon er sprach. Vor seiner Ernennung zum Generaldirektor hatte er mit seiner Familie acht Jahre in der Türkei und fünf Jahre in Südafrika gelebt. Dort hatte er große Bauvorhaben geleitet. Damals konnte ich nicht ahnen, dass mein Lebensweg ähnlich verlaufen würde: Ich habe mich erst mit 42 Jahren selbstständig gemacht.
Setzen Sie alles daran, mehr Lebensklugheit und Umsicht zu erlangen. Ihre Chancen steigen, je öfter Sie sich fragen: »Wie steht es um meine Bildung?«
Sie sind sich wahrscheinlich nicht im Klaren darüber, dass Sie im Berufsleben quasi unter permanenter Beobachtung stehen, vor allem wenn es mit Ihnen beruflich ordentlich vorangeht. Machen Sie sich keine Illusionen. Erfahrene Führungskräfte brauchen nur wenige Minuten, um sich ein Bild von Ihrem Bildungsniveau zu machen. Schon beim ersten Treffen kommen Profis treffsicher zu einem Urteil, was für ein »Vogel« da vor ihnen sitzt. Die Einschätzung Ihrer Fachkompetenz ist im Gespräch schnell abgehakt. Danach reagiert das Barometer auf die intellektuellen Schwingungen, auf Ihr Verhalten und auf Ihr Benehmen. Hier manifestiert sich Ihr Bildungsniveau.
Gehen Sie ehrlich mit sich ins Gericht. Beobachten Sie mit wachen Augen und gespitzten Ohren, woran es Ihnen in puncto Bildung mangelt. Diese Defizite sollten Sie registrieren. Legen Sie eine Liste an. Diese Datei – nennen wir sie einmal Ihre persönliche Aufholliste – brauchen Sie niemandem zu zeigen. Ihre Wissenslücken und Ihre Verbesserungswünsche sind Ihre private Angelegenheit. Sie brauchen keine Minderwertigkeitskomplexe zu haben. Ganz im Gegenteil. Diese Liste wird zu Ihrem Masterplan.
Bei der Allgemeinbildung geht es nicht um eine reine enzyklopädische Wissensanhäufung. Vor allem »kleine Punkte« für Ihr Niveau scheinen mir wichtig. Ich denke da beispielsweise an
Ihr Taktgefühl,
Ihren Anstand,
Ihre Umgangsformen,
Ihre Wahrnehmung,
Ihr Auftreten.
Es ist die Missachtung dieser vermeintlichen Kleinigkeiten, die Sie Kopf und Kragen im Beruf kosten kann. Ich habe selbst erlebt, wie lukrative Geschäftsverbindungen oder Beförderungen an einer Bagatelle im Verhalten gescheitert sind. Typischerweise erfährt der Betroffene nie,
warum ein Geschäft nicht zustande gekommen ist,
warum es mit der Berufung in den Vorstand einfach nicht klappen will, obwohl er auf der zweiten Hierarchieebene der beste Leistungsträger ist,
warum er als loyaler Lieferant eines internationalen Konzerns bei Großaufträgen nicht berücksichtigt wird,
warum es ihm nicht gelingt, das Vertrauen der kreditgebenden Bank zu gewinnen und ihm – trotz guter Finanzdaten – Expansionskredite verweigert werden,
warum er bei hochrangig gestellten Persönlichkeiten kein Gehör findet, obwohl er gute Argumente hat.
Solche Konstellationen haben meist nichts mit Einsatz, Fleiß oder Fachkompetenz zu tun. Unausgesprochen gilt die Gepflogenheit, nicht offen über sensitive Themen zu sprechen, vor allem wenn diese Ihre Persönlichkeitsstruktur und Ihr Bildungsniveau betreffen. In einflussreichen Kreisen werden Sie von niemandem auf die Defizite in Ihrem Auftreten und in Ihrem Gesamtniveau aufmerksam gemacht werden. Diese Themen bleiben tabu. Sie müssen sich selbst darum kümmern.
Was sind das nun für Kleinigkeiten im Bildungsbackground, die Sie teuer zu stehen kommen können? Das Spektrum ist groß. Ich möchte Ihnen an dieser Stelle nur ein paar Fälle exemplarisch nennen, die ich alle mit Bestürzung erlebt habe:
Festredner oder Vortragende mit unangenehmer oder zu leiser Stimme, nuschelnd, mit nervösem Auftreten
unbedachte Umgangsformen
schwacher Händedruck oder verschwitzte Hände
schlaffe Körperhaltung
Vermeidung von Blickkontakt – Ihrem Gegenüber nicht in die Augen zu schauen, kann verheerende Folgen haben.
übergriffiges Verhalten – Ich werde nie vergessen, wie mich ein prominenter Sachbuchautor im Büro besuchte. Kaum eingetreten, knallte er sich ungefragt in den Sessel. Breitbeinig saß er genüsslich da, offensichtlich sehr von sich eingenommen. Er hatte sein neues Buch mitgebracht und wollte mir dieses freundlicherweise signieren. Er stand auf und ging an meinen Schreitisch. Ohne zu fragen, schnappte er sich meinen 600 Euro teuren Füllfederhalter und fing an, mit diesem das Buch zu signieren. Ich wäre beinahe in Ohnmacht gefallen! (Zur Erklärung für diejenigen, die sich mit Füllfederhaltern nicht auskennen: Die Ausformung der Feder verbietet den Gebrauch durch eine andere Hand als die des Besitzers. Die Benutzung durch eine fremde Hand kann das Schreibutensil schwer beschädigen. Bei Kugelschreibern und Bleistiften ist das kein Problem.) Der Mann ist seither bei mir unten durch. Auf weitere Treffen habe ich verzichtet.
verkniffene Gesichtszüge, düsterer Gesichtsausdruck – ungepflegte Zähne
schlechte Garderobe – ausgetretene Schuhe, ausgefranste Schnürsenkel, verbeulte Hosen, abgestoßene Hemdsärmel, farblich schlecht abgestimmte Kleidung
mangelhafte Tischmanieren – Den Suppenlöffel mit der Faust zu umklammern, kann in gehobenen Kreisen einem »Todesurteil« gleichkommen.
Damen nicht höflich zu begegnen – Es gehört immer noch zum guten Ton,
einer Lady in den Mantel zu helfen,
ihr den Stuhl anzureichen,
ihr den Vortritt in der Drehtür zu lassen,
eine ältere Dame in der Tischanordnung stets neben einem jüngeren Herrn zu platzieren.
Alles kalter Kaffee? Täuschen Sie sich nicht: Daran haben auch alle modernen Gepflogenheiten nichts geändert.
Unpünktlichkeit
arrogantes Auftreten
schlechtes Zuhören
kein Gespür für gute Gesprächsführung – Monologe zeugen von einem großen Ego. Ein Nonstop-Redefluss hat schon so manch guten Geschäftsvorgang im Keim erstickt. Die Mutter des texanischen Ölmilliardärs Boone Pickens (Amerika, 1928–2019) warnte einmal ihren Sohn: »Sohn, du redest zu viel. Du solltest mehr zuhören. Du weißt nicht einmal, wer deine Feinde sind.«
kein angemessener Dank: Bei diesem Punkt muss ich an das Lebensmotto des großartigen Financiers Sir Moses Montefiore (London, 1784–1885) denken. Think and thank – denken und danken, das hat mir immer schon sehr imponiert. Meine Empfehlung für Sie lautet: »Wer früh gibt, gibt doppelt.«
Ihnen fallen sicher noch weitere Patzer ein. Mangelndes Wissen um Regeln und Gepflogenheiten lässt sich aber mit ein wenig Initiative und Achtsamkeit leicht beheben. Angeborene Handicaps oder persönliche Benachteiligungen lassen sich ebenfalls wettmachen. Dazu ein paar Tipps:
Besuchen Sie einen Rhetorik- oder Phonetikkurs. Nehmen Sie gegebenenfalls Unterricht bei einem Gesangslehrer zur Verbesserung Ihrer Stimme. Denken Sie immer daran: Die meisten Menschen lassen sich von einer angenehmen oder sonoren Stimme leicht beeindrucken. Eine heisere Fistelstimme hingegen wird als unangenehm und wenig überzeugend empfunden.
Besorgen Sie sich eine moderne Ausgabe des Knigge (das klassische Benimmbuch von Adolph Knigge stammt aus dem Jahr 1788). Die aktuelle Edition gibt Ihnen einen guten Einblick in heutige Anstandsregeln – eine lohnende Lektüre.
Wenden Sie sich an eine Stilberatung, falls Sie in Fragen der Kleidung unsicher sein sollten.
Generell im Beruf, aber besonders auf dem gesellschaftlichen Parkett fahren Sie mit der alten Weisheit gut: »Lächeln, auch wenn kein Grund.«
Falls Sie sich erstmals in einer Situation befinden, in der Sie sich nicht auskennen, legen Sie nicht unbedacht los. Schauen Sie beispielsweise bei einem Galadiner, wie Ihre Tischnachbarn zur Rechten, zur Linken oder gegenüber mit dem Besteck hantieren, welche Gläser sie benutzen, und machen Sie es nach. So können Sie sich manchen Fauxpas ersparen.
In der Konversation können Bonmots bei passender Gelegenheit die Stimmung heben. Tragen Sie immer einen Zettel mit drei guten Witzen im Sakko oder in der Handtasche bei sich. Wenn es dann so weit ist, verabschieden Sie sich kurz auf einen Gang zur Toilette. In der WC-Kabine schauen Sie auf Ihren Zettel und rufen sich Ihre Witze in Erinnerung. Für gepflegten Small Talk brauchen Sie keinen gewaltigen Wissensschatz. Ein gesundes Maß an Allgemeinbildung, Cleverness und ein paar Tricks werden Ihnen helfen, sich bei Empfängen und wichtigen beruflichen Zusammenkünften wohler in Ihrer Haut zu fühlen. Besonders in angelsächsischen Kreisen ist dies ein gewichtiger Punkt. Mein Vater verbrachte als Student einige Zeit in Oxford an einem der traditionellen Colleges. Aus seinen Erzählungen weiß ich, dass es in der englischen Oberschicht nichts Schlimmeres gibt, als a bore – ein Langweiler – zu gelten. Ein vernichtendes Urteil. Anzustreben ist witty – geistreich und unterhaltsam – zu sein. Das fällt vielen im deutschsprachigen Kulturraum schwer.
Wenn Sie gesundheitlich nicht gut beieinander sind, halten Sie sich an die Maxime des Philosophen Oswald Spengler (Deutschland, 1880–1936), der sinngemäß meinte: »Wenn Sie nicht fit sind, dann treten Sie unter keinen Umständen auf.« Diesen Rat habe ich in jüngeren Jahren des Öfteren nicht beherzigt und es anschließend immer bereut.
Sie müssen nicht alles wissen. Aber Sie sollten sich bewusst sein, dass sich Bildungslücken nachteilhaft für Sie auswirken können. Ihr Ziel sollte es sein, dass Sie selbstsicher auftreten können. Was meine ich damit? Falls Sie in einer Konversation oder Konferenz etwas nicht verstehen oder Sie beispielsweise ein Fremdwort nicht kennen, dann sollten Sie nicht betreten wegschauen. Haben Sie keine Angst vor einer Blamage. Es gibt auch keinen Grund, im Gesicht rot anzulaufen. Parieren Sie mit der Frage: »Ach, das ist ja interessant, das wusste ich noch gar nicht. Können Sie mir das bitte näher erklären?« Wenn Sie dazu unverkrampft in der Lage sind, dann haben Sie viel erreicht und sind eine Station weiter in Ihrem Erfolgsfahrplan.
Nach meiner Beobachtung sind gebildete Menschen besser in der Lage, Nein zu sagen. Sie haben ein Gespür entwickelt, das sie vor Fehltritten schützt. Eine Art inneres Echolot bewahrt sie vor Untiefen. Sie vertrauen auf ihr Wissen und ihren Erfahrungsschatz. Bei bedenklichen Berufsofferten oder dubiosen Geschäftsangeboten sind sie in der Lage, dankend abzulehnen. Es bereitet ihnen kein Kopfzerbrechen, Versuchungen zu widerstehen.
Das ist auch für Sie wichtig. Denn Sie sind auf Ihrem Weg zum Erfolg einem gefährlichen Dreigestirn ausgesetzt:
der Eitelkeit
der Besitz- und Geldgier
dem blinden Ehrgeiz
Hüten Sie sich vor diesen drei Eigenschaften. Sie sind des Teufels! In meinem Leben habe ich mehrfach erlebt, wie Menschen sich nicht im Griff hatten. Mangels Umsicht und fehlender Bildung sind sie in die Falle gegangen. Im Rhein-Main-Gebiet konnte ich vor einiger Zeit ein typisches Beispiel beobachten.
Ein Konsumgüterkonzern hatte mit Führungsproblemen zu kämpfen. Nach dem Rausschmiss des Generaldirektors kam der Aufsichtsrat auf die Idee, den Finanzvorstand zum Vorstandsvorsitzenden zu ernennen. Der altgediente Finanzchef fühlte sich gebauchpinselt. Zudem wurde sein Gehalt deutlich angehoben. In völliger Missachtung seiner eigenen Schwächen nahm er die Beförderung an. Vor den Herausforderungen der exponierten Stellung eines Konzernlenkers verschloss er die Augen.
Finanzvorstände haben im Vergleich zu ihren Vorstandskollegen meist den besten Kontakt zum Aufsichtsrat. Sie verstehen es, sich vorteilhaft bei ihren Brötchengebern in Szene zu setzen. Ein intelligenter und meist introvertierter »Zahlenmensch« ist aber noch lange kein geeigneter Unternehmensführer – erst recht nicht für einen Marketing- oder Industriekonzern. Das Ende vom Lied: Nach einer Weile entpuppte sich die personelle Rochade als glatte Fehlbesetzung.
In einer solchen personellen Schieflage kommt es häufig zu folgendem Phänomen: Mit viel Aufwand wird versucht, die Defizite der Persönlichkeit zu übertünchen. Man versucht – so gut es geht – mit Hilfskrücken, die Situation einigermaßen zu retten. Ich kann vor solchen Abkürzungen und Taschenspielertricks nur warnen. Letztlich nützt das alles nichts. Sie können aus einem Turnschuh keinen Lackschuh machen. Man sollte die Intelligenz der Mitmenschen nicht unterschätzen. Glauben Sie mir, im Geschäftsleben merken die entscheidenden Leute im Handumdrehen, ob ein Generaldirektor authentisch auftritt oder nicht. Limitationen im Niveau der Person lassen sich nicht verbergen.
Ich veranschauliche dies anhand zweier Beispiele, die mir in lebhafter Erinnerung geblieben sind. Vielleicht entdecken Sie Parallelen zu eigenen Beobachtungen.
»Aus leeren Fässern ist gut tönen«
Nach mühsamen und teuren Coaching-Trainingsstunden legt der neu ernannte Generaldirektor auf der Pressekonferenz einen unnatürlichen Auftritt hin. Vor lauter Einstudierung kann er nicht mehr normal sprechen. Mit einer steifen Standardmasche versucht er, die Show zu retten.
»Klug daherschwätzen«
Beiratspositionen sind bei Vorständen beliebt, allerdings nicht so sehr wegen der zusätzlichen Tantiemen. Viel wichtiger ist ihnen, dass sie in den Sitzungen neue Ansichten und Informationen zu hören bekommen. Zurück in der eigenen Firma schmückt sich der Vorstand dann mit fremden Federn. Tief Luft holend versucht manch schwache Figur, auf diese Weise Eindruck zu schinden und die Bedeutung der eigenen Position in der Firma zu unterstreichen. Dabei handelt es sich um ein dünnes Nachplappern, welches der gute Mann versucht, als eigene Weisheit zu verkaufen. Oft dauert es Jahre, bis ein solcher Blender vom Aufsichtsrat oder von der Eigentümerfamilie entlarvt wird.
Zurück zu Ihnen: Natürlich sollen Sie Ihr berufliches Potenzial voll ausschöpfen. Aber denken Sie daran, dass nicht jeder Weg, der sich Ihnen öffnet, zwingend richtig für Sie sein muss. Je mehr Sie auf Ihr Fingerspitzengefühl und Ihre Umsicht achten, umso leichter wird es Ihnen fallen, die richtige Entscheidung an solchen Weggabelungen zu treffen.
Sie werden in Ihrem Bemühen um einen breiteren Bildungshorizont auf nur wenige Menschen stoßen, die ähnlich denken wie Sie. Konzentrieren Sie sich ganz auf sich selbst. Legen Sie jeglichen missionarischen Eifer ad acta, Ihre Mitmenschen mit auf den Bildungsweg zu nehmen. Akzeptieren Sie, dass Sie im Berufsleben überwiegend von einem Typus Mensch umgeben sein werden, von dem es im Jiddischen heißt: »Er ist ein Mittelmensch. Er ist kein großer Weiser, aber auch kein kleiner Narr.« Etwas spöttisch, aber aus meiner Erfahrung treffend formuliert. Die Aussage hat es in sich. Führen Sie sich den Satz noch einmal zu Gemüte: »Kein großer Weiser, aber auch kein kleiner Narr – ein Mittelmensch!« – Meinem Freund Hermann Alter, einem in der Tat »weisen Menschen«, möchte ich hier für diesen Hinweis danken.
Das Thema Bildung sollten Sie nicht als zusätzlichen Ballast empfinden. Es ist kein unangenehmer Punkt auf Ihrer To-do-Liste. Betrachten Sie das Streben nach Bildungsausweitung eher als eine lebensbegleitende Attitüde.
An dieser Stelle möchte ich Ihnen vier Ansätze aufzeigen, mit denen Sie in der Frage der Allgemeinbildung nachhaltig Fortschritte machen können:
Systematischer Angang
Zufallsbedingtes Vorgehen
Der Weg der kleinen Schritte
Ein Semester Eigenstudium
Systematischer Angang
Erstellen Sie eine Bildungsmängelliste, also Ihre persönliche Aufholliste. Finden Sie den richtigen zeitlichen Rahmen und Rhythmus, um die Punkte auf Ihrer Liste nach und nach abzuarbeiten. Manches werden Sie nach Feierabend erledigen können, als Alternative zum gewohnten Fernsehprogramm. Andere Themen behandeln Sie besser an einem regnerischen Wochenende. Und schließlich wird es Wissensgebiete auf Ihrer Liste geben, die sich für die Ferienzeit anbieten.
Zufallsbedingtes Vorgehen
Ich arbeite viel mit dieser Methode. Ich nenne sie »sich von Ast zu Ast schwingen«. Dabei gehe ich zufallsbedingt vor, das heißt, ich lasse mich bei der Erschließung neuer Wissensbereiche gleiten: Nach der Lektüre eines interessanten Buches gehe ich immer die Bibliografie durch. Dort stoße ich häufig auf vielversprechende Bücher. Deren Lektüre führt mich zu neuen Themen. Genauso halte ich es mit Interviews und Querverweisen, die ich mir in digitalen Medien anhöre.
Dazu ein Beispiel: Als Student konnte ich öfter richtig lange »Bildungsketten« mit dieser »von Ast zu Ast«-Methodik entwickeln. Ich schaute mir im Jahr 1980 einen alten Hitchcock-Film an. Dadurch angeregt, besuchte ich eine Volkhochschulvortragsreihe über Hitchcocks Regietechnik. Diese Abende machten mich auf Hollywood neugierig, also suchte ich mir Lektüre über die Anfänge der Filmindustrie. Dabei kam ich mit der politisch problematischen Mc-Carthy-Ära (Amerika, 1947–1956) in Berührung. Dadurch wurde mein Interesse für ähnliche politische Ereignisse geweckt, zum Beispiel die Prohibitionszeit (Amerika, 1920– 1933). In der Folge befasste ich mich mit der Historie der Firmen, die von der Prohibition betroffen waren. Das führte mich zur Person von Edgar Bronfman senior (Montreal, 1929–2013), dem Chairman des Alkoholkonzerns Seagram in seiner Zusatzfunktion als langjähriger Präsident des Jüdischen Weltkongresses. So wurde ich auf die Rolle der Schweizer Banken während des Zweiten Weltkriegs aufmerksam und beschäftigte mich daraufhin mit der Thematik der »herrenlosen Treuhandvermögen«. Und all diese Wissenserweiterung hatte mit einem Hitchcock-Film angefangen!
Der Weg der kleinen Schritte
Dies ist als ein Parallelprogramm zum Alltag für Sie gedacht. Der Weg der kleinen Schritte, der zu einer Gewohnheit werden kann. Ich verdanke diese Empfehlungen dem Frankfurter Gelehrten und Seelsorger Shlomo Raskin.
Wenn Sie an einer Fremdsprache interessiert sind oder im Beruf ausländische Kunden haben, sollten Sie pro Woche sieben neue Wörter lernen, gerne auch in exotischen Sprachen. Dann haben Sie nach zwei Jahren einen Wortschatz von etwa 700 Wörtern.
Während der Woche sollten Sie eine Stunde gute Musik hören. Nehmen Sie die Melodie bewusst wahr – nicht als Hintergrundmusik. Danach recherchieren Sie über den Komponisten oder Sänger.
Es wäre zu begrüßen, wenn Sie alle zwei Monate mit Freunden oder der Familie zusammenkämen. Jeder Anwesende sollte in einem fünfminütigen Vortrag die Vita einer lebenden oder verstorbenen Persönlichkeit kurz skizzieren.
Lesen Sie stets ein gutes Buch.
Als weiteren Punkt möchte ich auf neue wissenschaftliche Ansätze des Denkverhaltens hinweisen. Hier geht es darum, von den anerzogenen engen linearen Denkschemata zu einem kreativeren Denkvermögen zu kommen. Dazu sollten Sie bewusst Ihre wöchentliche Stundenverteilung überdenken. Nehmen Sie sich Zeit für:
physical time – Sport oder körperliche Arbeit
Gehen Sie dabei Ihrer Neigung nach und folgen Sie nicht irgendwelchen Verhaltensmustern. Mir macht beispielsweise Gartenarbeit große Freude. Am liebsten mag ich grobe Arbeiten wie Holz sägen, Erde umgraben, aber auch Rasen mähen (mit Kopfhörern). Unkraut jäten, Staudenbeete konzipieren und anlegen und ähnliche Arbeiten sind mir hingegen ein Gräuel.
play time – unbelastetes Spielen, Kindliches zulassen
Wann haben Sie das letzte Mal so richtig geblödelt? Halma, Mühle, Fang den Hut, Mensch ärgere dich nicht gespielt? Ich liebe Monopoly. Da kann ich mich richtig gehen lassen und – wie Generaldirektor Haffenloher (der Schauspieler Mario Adorf) der köstlichen Fernsehserie Film Kir Royal postulierte – »die Sau mal rauslassen«.
connecting time – Eintauchen in unbeschwerte, soziale Kontakte, ohne Hintergedanken
Wie heißt es oft in den sogenannten besseren Kreisen: »Wir haben keine Freunde. Wir haben nur nützliche Bekannte.« Über das Internet können Sie alte, wahre Freunde aus der Kindergarten- oder Schulzeit ausfindig machen. Vereinbaren Sie ein Treffen. Ich habe das viel zu wenig gemacht und bedauere das heute sehr.
Down time – Phasen der Entspannung
Finden Sie heraus, was Ihnen wirklich entspannte Momente beschert. Bei mir ist es das Spazierengehen durch Villenviertel oder auf schönen abwechslungsreichen Wanderwegen. Vielleicht liegt Ihnen eher die Meditation, das Musikhören oder eine Autofahrt ohne festes Ziel.
focus time – konzentriertes Lernen
Mir hilft es, einen freien Schreibtisch zu haben. Weg mit den Zetteln und dem ganzen anderen Kram, der sich im Lauf des Tages ansammelt. Wenn ich müde werde, hilft mir ein großes Kissen im Rücken (gegen die Stuhllehne). Diesen Trick habe ich mir bei dem legendären amerikanischen Fondsmanager Mark Mobius (86 Jahre) abgeschaut.
Wie sehr wir in unseren linearen Denkschemata festgefahren sind, darauf machte mich mein jüngerer Sohn aufmerksam. In seinem Business-Masterstudiengang setzte er sich mit dem Thema intensiv auseinander. Anhand von Fallstudien führte er mir vor, wie viele Lösungsmöglichkeiten und Ideen aufgrund eines festgefahrenen Denkansatzes unberücksichtigt bleiben. Es war für mich ein echter Schock. Ich kann Ihnen nur anraten, sich mit dem Thema Creative Thinking zu befassen.
Ein Semester Eigenstudium
Jungen Menschen, die sich im Studium befinden oder ihre Ausbildung abgeschlossen haben, möchte ich einen unorthodoxen Vorschlag machen: Verbringen Sie ein Semester im Eigenstudium. Das hängt natürlich von Ihrer finanziellen Situation ab. Manche Eltern werden von der Idee vermutlich nicht begeistert sein. Ich kann Ihnen aber versichern: Wenn Sie sich einen vernünftigen Bildungsfahrplan zusammenstellen und sich zutrauen, diszipliniert einen strengen Tagesablauf ein Semester lang einzuhalten, dann werden Sie das nicht bereuen. Solch ein Semester ist keine vertane Zeit. Wahrscheinlich wird es Sie weiterbringen als sechs Monate im Hörsaal einer Universität. In meiner Familie haben wir mit dem Modell »Eigensemester« beste Erfahrungen gemacht, auch hinsichtlich der Persönlichkeitsentwicklung des jungen Menschen. Übrigens: Die Idee eines Eigensemesters empfehle ich auch allen, die im Beruf ein Anrecht auf ein Sabbatical (Sonderurlaub) haben. Nehmen Sie diese Möglichkeit in Anspruch, wenn sie sich bietet!
Ganz gleich, für welche der vier Methoden Sie sich entscheiden, gehen Sie auf Abstand zur Massenverdummung. Lassen Sie sich nicht einlullen. Stumpfen Sie nicht ab. Geben Sie sich einen Ruck und mobilisieren Sie Ihre Energie für gute geistige Nahrung – eben für Bildung. Sie werden schon den richtigen zeitlichen Rahmen finden.
Bildung hat einen weiteren Vorzug. Der Schriftsteller Kurt Tucholsky (Deutschland/Schweden, 1890–1935) hat es pfiffig formuliert: »Der Vorteil der Klugheit besteht darin, dass man sich dumm stellen kann. Das Gegenteil ist schon schwieriger.« Eine gesunde Beschäftigung mit Bildung hat nichts mit Snobismus zu tun. In Kombination mit Ihrer Ausbildung verhält es sich wie beim Eiskunstlaufen: Die Ausbildung ist die Pflicht, die Bildung ist die Kür. Doch nur wenn Sie in beiden Disziplinen brillieren, ist Ihnen ein Medaillenrang sicher.