18
Das Landeskriminalamt wirkte immer lebendig. Die Flure vermittelten eine sonderbare Dringlichkeit; jeder schien mit Feuereifer damit beschäftigt zu sein, etwas aufzuklären. Alex ließ seinen Blick schweifen und fühlte ein wenig Neid. Sein Büro ähnelte im Vergleich dazu einem Kloster.
Er kehrte mit den Gedanken zu der bevorstehenden Befragung zurück.
»… obwohl mein Vorschlag etwas unorthodox klingen mag, wäre ich Ihnen allen sehr verbunden, wenn wir uns auf diese Herangehensweise verständigen könnten«, sagte Frau Dr. Wolf gerade und schaute von Strobelsohn zu Henrik. »Sollten wir den Butler dazu bringen, dass er uns einen tieferen Einblick in die Familie Carstens gewährt, würde mir das bei meiner Arbeit mit Suzanne Carstens helfen.«
Henrik nickte sofort in seiner ihm eigenen, übereifrigen Art. Gleich darauf sah er verstohlen in Strobelsohns Richtung – vermutlich um sicherzugehen, dass er den Kommissar mit seiner hastigen Zustimmung nicht verärgert hatte
.
Strobelsohn blieb die Gelassenheit in Person. Er zuckte lediglich mit den Schultern. »Wenn das für Herrn Gutenberg in Ordnung geht…«
Dr. Wolf wandte sich Alex zu und musterte ihn eingehend. Sie hatte dunkelblaue Augen, wie ihm erstmals auffiel.
»Gut«, sagte er. »Warum nicht.«
Die vier machten sich zügig auf den Weg, angesteckt von der Dynamik, die in den Fluren herrschte.
Der hagere Mann, der sie im Vernehmungszimmer erwartete, hatte Ähnlichkeit mit einem Bilderbuch-Totengräber in Kleinformat. Strobelsohn übernahm die Vorstellungsrunde. Michael Kirchner, der leitende Hausangestellte von Björn Carstens, erhob sich, und sie schüttelten sich nacheinander die Hände.
Der Butler musste um die fünfzig sein, schätzte Alex. Er hatte Tränensäcke unter seinen tief hängenden Augen. Dem Gesicht nach zu urteilen, hatte Alex erwartet, dass sich der Hausangestellte eher schwerfällig bewegen würde. Doch die Gestik des Mannes, seine Reaktionen wirkten überraschend flink, präzise und insgesamt mühelos.
Zum Einstieg bot Alex dem Butler eine Tasse Kaffee an. Als dieser akzeptierte, warf Henrik Frau Dr. Wolf einen unauffälligen Blick zu und sagte dann: »Ich hole alles und bringe gleich noch einen weiteren Stuhl mit, wir haben einen zu wenig.«
Ohne auf eine Antwort zu warten, verließ er den Raum.
Alex, Dr. Wolf und Strobelsohn zogen sich die drei vorhandenen Sitzgelegenheiten heran, die sich auf der gegenüberliegenden Seite des Tisches befanden. Aus Gewohnheit wartete Alex, bis jeder Platz genommen hatte, bevor er sich selbst setzte. Er studierte seine Notizen. »Herr Kirchner, lassen Sie uns gleich anfangen, in Ordnung? Wie lange waren Sie bei Björn Carstens beschäftigt?«
Der Butler dachte für einen Moment nach. »Etwas über achtzehn Jahre«, antwortete er beinahe trotzig.
»Mit unverändertem Aufgabenbereich?
«
Kirchner veränderte seine Position nahezu unmerklich. »Ja. Ich bin ein ausgebildeter Kammerdiener.«
»Haben Sie in der Carstens-Villa letzten Samstag gearbeitet?
»Ja.«
»Wann sind Sie gegangen?«
»Das Personal und ich wurden um fünf Uhr nachmittags nach Hause geschickt«, erwiderte Kirchner knapp.
Dr. Wolfs Vermutung stimmte, dachte sich Alex. Der Butler verhielt sich eher distanziert und zurückhaltend. Ihm die Informationen zu entlocken, die sie brauchten, würde nicht leicht werden. Es gab einen Grund, warum der Hausangestellte soeben betont hatte, ein ausgebildeter Kammerdiener zu sein. Er nahm seine Arbeit und die damit einhergehende Verpflichtung zur Diskretion ausgesprochen ernst.
Alex lehnte sich ein wenig zurück, und Strobelsohn fragte: »Siebzehn Uhr, das ist Ihr reguläres Dienstende?«
Kirchner zögerte erneut. »Nein. Wir hören normalerweise um neunzehn Uhr auf.«
»Also war fünf eine Ausnahme?«
»Ein- oder zweimal im Monat entließ uns Herr Carstens früher.« Der Butler setzte sich auf seinem Stuhl zurecht. »Für gewöhnlich an einem Samstag«, fügte er hinzu.
Strobelsohn kratzte sich an der Seite seines Kopfes, direkt über dem linken Ohr. »Er schickte sie an diesen Tagen zeitig nach Hause als eine Art Prämie oder Bonus?«
»Nein. Herr Carstens hat uns großzügig bezahlt und das war ihm bewusst. Er hielt es nicht für erforderlich, uns irgendwelche gesonderten Zuwendungen zu geben.«
»Warum ließ er Sie dann früher gehen?«, fragte der Oberkommissar.
»Ich glaube, Herr Carstens wünschte sich an den Abenden … Privatsphäre.«
Der Butler mied Strobelsohns Blick. Alex erkannte, wie unwohl sich Kirchner inzwischen fühlen musste, als der
Mann rot wurde.
Alex beugte sich vor und stützte seine Handgelenke am Rand des Tisches ab. »Was macht Sie so sicher, dass er sich Privatsphäre wünschte?«, fragte er. Beim Aufrichten tauschte er mit Strobelsohn einen Blick aus.
Der Butler schuldete Alex eine Antwort. Aber er senkte die Lider und blieb still.
Frau Dr. Wolf räusperte sich. »Das alles ist bestimmt schwierig für Sie, Herr Kirchner. Sie waren für den Mann über ein Jahrzehnt tätig.«
Der Butler schaute auf und nickte schweigend.
Dr. Wolf nickte ebenfalls – einmal. Dann legte sie den Kopf leicht schief und sah den Butler aufmerksam an, ohne ein Wort zu sagen.
Nach kurzem Zögern holte Kirchner tief Luft. »Herr Carstens war nicht der ideale Arbeitgeber. Ich will ihm gegenüber nicht respektlos erscheinen. Ich blieb in seiner Anstellung, weil er im Vergleich zu den meisten anderen mehr zahlte. Das geschah nicht aus irgendeiner persönlichen Loyalität heraus, wie Kammerdiener in fiktiven Berichten bevorzugt beschrieben werden. Und ich möchte Ihnen gerne in seinem Gedenken nach bestem Wissen und Gewissen helfen, damit der Verantwortliche gefunden wird.«
»Das ist in Ordnung. Wir schätzen Ihre Offenheit«, sagte Dr. Wolf. »Ich wollte Sie auch nicht in irgendeine Schublade stecken: Allerdings ist mir nicht entgangen, dass Sie sich unbehaglich gefühlt haben, als das Gespräch auf diese Abende kam. Wenn das nicht an Ihrem Bedauern liegt, Ihren Arbeitgeber verloren zu haben – ist es möglich, dass Sie besorgt sind? Befürchten Sie, Sie könnten sich selbst belasten, indem Sie uns über einige seiner Anweisungen berichten, die Sie ausgeführt haben?«
Kirchner biss sich auf die Lippe. Er schwieg.
Die Aufmerksamkeit aller richtete sich auf den Eingang. Henrik kam zurück. Er hielt die Tür mit einem Fuß auf und schob einen schweren Stuhl mit dem anderen Bein hinein. In den Händen trug er ein Tablett mit
Kaffeekanne und Tassen und hatte sich zudem einen Notizblock unter den Arm geklemmt. Der Schoß seines Jacketts blieb an der Klinke hängen und der Block fiel zu Boden. Beinahe wäre ihm das volle Tablett entglitten. In letzter Sekunde gelang es ihm, es auszubalancieren. Die Tassen klirrten bedenklich.
»Könnte mir jemand …?«, fragte er und sah dabei Hilfe suchend den Butler an, der am nächsten zu ihm saß.
Dienstbeflissen sprang Kirchner auf, nahm dem jungen Polizisten den Stuhl ab und brachte ihn zum Tisch.
»Vielen Dank. Das war knapp.« Henrik lächelte dankbar.
Der Butler lächelte ebenfalls. »Gern geschehen«, sagte er und wirkte mit einem Mal viel entspannter.
Henrik goss allen Kaffee ein. Er hob den Notizblock auf und ließ sich erschöpft auf seinen Platz fallen. »Was habe ich verpasst?« Er nahm seinen Becher und trank einen Schluck.
»Herr Kirchner hat uns darüber informiert, dass Björn Carstens das Personal des Öfteren früher nach Hause geschickt hat, weil er Privatsphäre wollte«, klärte ihn Strobelsohn auf.
»Privatsphäre?« Henrik blickte in die Runde.
Der junge Polizist spielt seine Rolle wirklich gut und überzeugend, das muss man ihm lassen
, dachte sich Alex. Laut sagte er: »Genau das haben wir Herrn Kirchner gefragt, bevor Sie hereinkamen, Herr Breiter.«
»Und?«, wandte sich Henrik an den Butler. Er nippte erneut am Kaffee, bevor er anfügte: »Wir haben gewisse Dinge
im Keller gefunden. Diese Privatsphäre,
auf die Sie anspielen – kann es sein, dass sie damit zusammenhängt?«
Der Butler verschränkte die Hände ineinander und begann, die Innenseiten seiner Finger mit dem Daumen zu kneten. Nach einer Weile hörte er auf. »Herr Carstens wies uns an, beim Gehen die Außenbeleuchtung und die Überwachungskameras auszuschalten und die Hintertür zu öffnen«, sagte er, sichtlich aufgewühlt. »Ich habe nur meinen Job getan. Das gesamte Personal von Herrn Carstens wird Ihnen bestätigen, dass sie alle bei der ein oder anderen dieser Abendveranstaltungen
ebenfalls gebeten wurden, die Überwachungskameras zu deaktivieren.«
»Und das beunruhigt Sie«, übernahm Dr. Wolf, »was vollkommen verständlich ist.«
»Nein«, beeilte sich der Butler, zu erwidern. »Ich bin nur deshalb verlegen, weil Herr Carstens nicht immer …« Er räusperte sich und senkte die Lider. »Nun, er war nicht immer diskret.«
Alex lehnte sich vor. »Was meinen Sie mit Abendveranstaltung
und nicht immer diskret
?«
Der Butler konzentrierte sich auf ihn. »Ich kann Ihnen nicht sagen, wer anwesend war, aber es handelte sich eindeutig um eine größere Anzahl von Gästen. Und für gewöhnlich ließ Herr Carstens Dinge herumliegen. Dinge, die einige Mitarbeiter des Hauspersonals nicht anfassen wollten, weshalb sie zu mir kamen. Ich nahm die Sachen und schmiss sie weg.«
»Björn Carstens hat Sie gebeten, das Sicherheitssystem auszuschalten und sogar die Türen unabgesperrt zu lassen, damit er ungestört seine ausschweifenden Partys feiern konnte«, sagte Strobelsohn. »Ist diese Zusammenfassung zutreffend, Herr Kirchner?«
»Ja, das ist sie. Mit der Ergänzung, dass wir nicht vor Ort waren. Wir haben die Schlussfolgerung auf die … Orgien aufgrund des damit einhergehenden Chaos gezogen.«
»Wer sind diese Wir
?«, hakte Strobelsohn nach.
»Die drei Mitarbeiter, die am Samstag Dienst hatten – mich eingeschlossen und zwei weitere Aushilfskräfte.«
»Wusste darüber hinaus noch ein Außenstehender von diesen Soirées
?«
»Das entzieht sich leider meiner Kenntnis.«
Strobelsohn lächelte und signalisierte seine Zustimmung mit einem Kopfnicken. »Was ist mit den Männern, die neben ihm tot aufgefunden wurden? Karl Marten, Alistair Grauel, Hans Schilling – kannten Sie einen von ihnen?«
Der Butler lächelte ebenfalls, aber nur kurz. Dann wurde er wieder ernst. »Sicher. Alle drei waren feste Größen an
Herrn Carstens’ Seite – nicht unbedingt zusammen, aber wenn Herr Carstens nicht gerade an einer formellen Veranstaltung teilnahm, war häufig zumindest einer der Herren im Haus anzutreffen. Lediglich Herr Dr. Schilling besuchte auch die offiziellen Partys von Herrn Carstens.« Er stockte. »Ich möchte so weit gehen, zu behaupten, dass die vier gute Freunde waren. Allerdings bekam ich hin und wieder mit, dass sie negativ übereinander gesprochen haben – in unterschiedlichen Zusammensetzungen. Sie verschworen sich gegeneinander, hatten untereinander Abmachungen, als wären sie Geschäftspartner.« Er zuckte entschuldigend mit den Schultern. »Mehr kann ich dazu nicht sagen. Ich wusste nie wirklich, was sie machten. Normalerweise beredeten sie keine Details, wenn ich in der Nähe war. Auch hier kann ich nur aus den Gesprächsfetzen schließen, die ich über die Jahre hinweg zufällig aufgeschnappt habe.«
»Nahmen weitere Personen an diesen Gesprächen teil?«, fragte Alex.
»Nein. Um Ihnen die Wahrheit zu sagen, habe ich Herrn Carstens selten Zeit mit irgendjemand anderem verbringen sehen«, antwortete der Butler und sah dabei nach links zu Boden. Ein Zeichen, dass er tatsächlich die Wahrheit
sagte oder zumindest angestrengt versuchte, sich seine Erinnerungen ins Gedächtnis zurückzurufen.
»Was ist mit Suzanne Carstens?« Offenbar versuchte Frau Dr. Wolf, die Atempause des Butlers dazu zu nutzen, ihn zu überrumpeln. Alex war ehrlich daran interessiert, wie sie die Gesprächsführung übernahm. Er dachte darüber nach, dass das in der Tat ihrer Vereinbarung von vorhin entsprach. Zwischen der Erinnerung an Henriks Auftritt und seinen eigenen Überlegungen zu Dr. Wolfs Befragungsstil musste Alex ein jähes Lächeln unterdrücken. Er schloss ein Auge, biss sich in die Unterlippe und wandte sich vom Butler ab.
Dr. Wolf formulierte ihre soeben gestellte Frage genauer. Alex konzentrierte sich auf sie
.
»Björn Carstens und seine Enkelin – wie kamen die beiden miteinander zurecht?«
»Sie erkundigen sich nach deren Beziehung?« Der Butler runzelte die Stirn. »Ich würde sagen, zwischen ihnen gab es nicht viel Liebe oder irgendein emotionales Band. Sie haben nicht einmal zusammen gegessen. Sie lebten mehr nebeneinanderher als miteinander.«
»War das stets so gewesen?«, wollte Dr. Wolf wissen. »Oder hatten sie früher eine gute Beziehung, die sich – aus welchen Gründen auch immer – über die Jahre hinweg gewandelt hat?«
»Nein. Solange ich für die beiden gearbeitet habe, hatten sie keine enge Verbindung, wie man es für gewöhnlich von einem Großvater und seiner Enkelin erwarten würde. Sogar nach dem Tod von Frau Carstens’ Mutter änderte sich nichts. Das kam mir immer seltsam vor.«
»Denken Sie im Grunde Ihres Herzens, dass sich Suzanne Carstens vor Ihrem Opa fürchtete, oder hatte Herr Carstens Angst vor ihr?«, durchbrach Dr. Wolf die bedeutungsschwere Stille.
Kirchner schüttelte den Kopf. »Wenn Sie mich so fragen … Ich glaube, sie war diejenige, die ihm aus dem Weg ging. Ich kann nicht sagen, ob ihn das störte. Nach außen hin zeigte Björn Carstens diesbezüglich keine Gefühlsregung. Und er war immer besonders streng mit ihr. Als Kind war sie stets darum bemüht, seine Regeln zu befolgen.«
»Vielen Dank, Herr Kirchner.« Frau Dr. Wolf blickte in die Runde. »Das war alles, was ich wissen wollte. Wenn meine Kollegen keine weiteren Fragen haben, können Sie gehen.«
Die Psychologin vermittelte inzwischen den Eindruck, es handle sich um ihr Gespräch. Das ging jetzt doch zu weit. Alex unterdrückte eine scharfe Erwiderung und atmete hörbar aus. »Ich glaube, wir sind fertig für heute. Wir haben Ihre Aussage und Sie haben Oberkommissar Strobelsohns Visitenkarte. Falls Ihnen etwas Wichtiges einfällt, zögern Sie bitte nicht, uns anzurufen. Danke, dass Sie
gekommen sind.«
»Ich freue mich, dass ich Ihnen behilflich sein konnte«, sagte der hagere Mann.
Erstaunlich behände verließ er den Raum. Die Tür fiel ins Schloss.
»Ich muss mich bei Ihnen bedanken, dass Sie mich an der Befragung haben teilnehmen lassen«, sagte Dr. Wolf. »Nachdem Herr Breiter für diese wundervolle Ablenkung gesorgt hat, schien der Butler nicht mehr länger davor zurückzuschrecken, seine Gefühle offen und ehrlich mitzuteilen.«
Alex war sich nicht sicher, ob sie ihre Feststellung sarkastisch meinte. »Auf mich hat Kirchners Verhalten gekünstelt gewirkt. Ich denke, er verheimlicht etwas.«
»Vielleicht«, gestand sie ein. »Aber er hat nicht gelogen. Er hat sich selbst belastet. Ich neige dazu, ihm alles zu glauben, was er uns erzählt hat. Seine Schilderung unterstützt meine These zu Suzannes Kindheit. Er stand in Carstens’ Diensten, seitdem sie ein Mädchen war. Und egal, wie Sie es beurteilen, sie hatte keine schöne Jugend.«
»Das schließen Sie aus dem, was er gesagt hat?«, fragte Alex skeptisch.
»Aus seinem Bericht und aus der Tatsache, dass sie ihren Großvater Herr Carstens
genannt hat, als ich mit ihr gesprochen habe«, bestätigte sie. »Wir können sicher sein, dass er und seine Enkelin keine gute Beziehung hatten. Wir wissen, dass Carstens etwas zu verbergen hatte. Nicht nur, weil er sein Personal heimgeschickt hat – niemand von ihnen wohnte in der Villa. Und nicht nur, weil er die Lichter und das Überwachungssystem ausschalten ließ: Er hat jedes Mal seine Unterhaltungen abgebrochen, wenn der Butler in Hörweite kam.«
»Dass die Außenleuchten in der Mordnacht zunächst nicht gebrannt haben, bestätigt zumindest die Aufzeichnung der Sicherheitskamera eines Nachbarn. Und gegen halb neun abends gingen die Lichter wieder an«, sagte Henrik. »Gegen neun tauchte ein schwarzer Mercedes Vito auf. Wie es aussieht, fuhr er mit den gleichen Insassen ab, nachdem er kurz vor dem Tor gehalten hatte. Wir haben einen Teil des Kennzeichens. Im
Laufe des Tages sollten wir den Halter ausfindig gemacht haben.«
»Wir müssen überprüfen, ob die Schilderungen des Butlers durch ältere Videoaufnahmen des Nachbarn aus den vergangenen Wochen belegt werden können. Henrik, würden Sie das heute zusätzlich in Angriff nehmen?«, fragte Alex und es klang mehr nach einem Auftrag als nach einer Bitte. Dann fügte er hinzu: »Und legen Sie den Nachbarn freundlich ans Herz, ihre Videokamera so auszurichten, dass sie künftig nur ihr eigenes Grundstück filmt. Sie machen sich sonst strafbar.«
Dr. Wolf war offenbar mit der Leitung der Ermittlungen noch nicht fertig. »Jemand muss herausfinden, in welche Geschäfte diese vier Männer verwickelt waren.«
»Ich denke, darum kann sich mein Büro kümmern«, bot Alex an.
»Das wäre hilfreich«, sagte sie. »Aber vielleicht sollten wir zuerst mit Peter Westphal reden.«
Alex’ erster Impuls bestand darin, zu einer schärferen Erwiderung anzusetzen, um die Psychologin in ihre Schranken zu verweisen. Doch der offene Ausdruck in ihrem Gesicht zeigte ihm, dass ihr an dem Fall genauso viel lag wie ihm. Ihr ging es nicht darum, ihm seine Position streitig zu machen. Sein Zorn verrauchte und er lächelte.
Sie blickte ihn irritiert an, beinahe schon forschend. Dann gab sie ihm sein Lächeln zurück.