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F steht für Fremdgehen
Als ich aufwachte, wusste ich, dass ich in meinem eigenen Bett lag. Feinste ägyptische Mako-Baumwolle lügt nicht. Ich wusste allerdings nicht, wer die brünette Sexbombe war, die in meinen Armen schlief.
Ich hatte einen unglaublichen Kater. Zwar war ich schon mal schlimmer dran gewesen, doch nicht viel und nicht oft. Ich versuchte, mir den letzten Abend in Erinnerung zu rufen, doch alles war ein bisschen verschwommen. Ich meinte, mich an ein Spiel der Lakers zu erinnern sowie an Tequila-Bodyshots.
Warum ich diese Frau mit nach Hause genommen hatte, war mir allerdings ein Rätsel. Versteht mich nicht falsch, ich wusste genau, warum ich mit ihr ins Bett gegangen war – jetzt, wo ich darüber nachdachte, war ich mir auch ziemlich sicher, dass sie eine Cheerleaderin der Lakers war –, aber warum waren wir hier hingegangen? Die einfache Regel lautete: Geh mit den Frauen immer zu ihnen nach Hause. So ist es leichter, wieder zu verschwinden, und gleichzeitig minimiert es das Risiko, dass psychotische Stalker in mein Haus einbrechen.
Nun ja, was geschehen war, war geschehen. Jetzt musste ich mir nur überlegen, wie ich sie rauswerfen konnte, ohne wie ein Riesenmistkerl zu wirken. Am besten würde es sein, ihr Frühstück anzubieten und sie dann nach Hause zu fahren. Doch das Wichtigste zuerst – Kaffee, Aspirin und eine schöne heiße Dusche.
Vorsichtig, um sie nicht aufzuwecken, hob ich ihre Hand von meiner Brust und schob mich von ihr weg. Mein Rücken stieß gegen etwas Warmes und Festes. Ein leises Stöhnen ertönte hinter mir, und jemand legte seinen Arm um meine Taille. Ich war nicht allein im Bett. Ich meine, abgesehen von der Brünetten natürlich.
Ich blickte über meine Schulter und sah ein sinnliches Lächeln. Offenbar hatte ich eine zu der Brünetten passende scharfe Blondine mit nach Hause genommen. Es war nicht das erste Mal, dass ich zwei Frauen auf einmal im Bett hatte, aber es kam selten vor.
»Morgen, Hübscher«, sagte Blondie und schmiegte sich an mich.
Die Brünette rührte sich nun auch, drängte sich ebenfalls an mich und begann, sanfte Küsse auf meine nackte Schulter zu hauchen. Eine war schon schlimm genug. Wie zum Teufel sollte ich gleich zwei davon loswerden?
»Wilder Abend gestern, was?«
»Mmm«, stimmte ich zu. Angesichts meines Filmrisses musste es das wohl gewesen sein. Vielleicht wären ein, zwei Tequila-Shots weniger gestern besser gewesen. »Ihr zwei wisst auf jeden Fall, wie man Spaß hat.«
»Nur ihr zwei?«, fragte eine schläfrige Stimme.
Drei? Ernsthaft?
Eine sexy Rothaarige setzte sich auf und schmollte verführerisch.
Verdammt. Das war selbst für mich neu. »Ich habe das Gefühl, in einem dieser Witze gelandet zu sein. Eine Blondine, eine Brünette und eine Rothaarige wachen in deinem Bett auf …«
Die Frauen kicherten, und die Blondine wollte eindeutig wiederholen, was letzte Nacht passiert war, aber mir war nicht danach. Ich hatte Kopfschmerzen, schlechte Laune und war wütend auf mich selbst, dass ich sie mit nach Hause genommen hatte. Und obwohl es gleich drei Frauen waren, half mir das nicht, den Schmerz zu vergessen, den mir Adrianna zugefügt hatte. Ich wollte, dass diese Frauen gingen.
Meine Gebete wurden erhört, als meine Ex-Verlobte ins Zimmer stürzte. »Die Show ist vorbei, ihr Schlampen. Ihr habt dreißig Sekunden, um das Bett meines Freundes zu verlassen, bevor ich euch rauswerfe.«
Meine Gäste waren von der Drohung nicht besonders angetan, und ich wusste, ich sollte Adrianna ihren Wutanfall nicht durchgehen lassen – aber zumindest hatte sie damit mein Problem gelöst. »Tut mir leid, Ladys, aber wie es aussieht, müssen meine Ex und ich uns unterhalten.«
Ich stieg aus dem Bett und zog mir einen Morgenmantel an. Während ich ihn zuknotete, sah ich Adrianna gelangweilt an. »Offenbar muss ihr jemand mal die Regeln einer Trennung erklären. Zum Beispiel, dass sie nicht uneingeladen in mein Haus kommen kann und dass es sie absolut nichts mehr angeht, mit wem ich mein Bett teile.«
Ich lächelte den Frauen zu und deutete in Richtung Badezimmer. »Die Dusche ist dort. Lasst euch Zeit. Ich setze Kaffee auf.«
Dann folgte ich Adrianna in die Küche und beschäftigte mich mit der Kaffeemaschine. Adrianna wartete, bis ich ein paar Kopfschmerztabletten genommen hatte – dann legte sie los. »Drei Frauen auf einmal, Kyle?«
Es fiel mir schwer, mein Temperament im Zaum zu halten. Sie sollte nicht mal hier sein, geschweige denn sich wie eine Betrogene aufführen. »Nicht irgendwelche Frauen«, sagte ich und öffnete den Kühlschrank. »Professionelle Cheerleader. Turnerinnen.«
Hmm … Reste vom Chinesen. Kaltes Chow Mein würde jetzt erst mal reichen müssen.
»Mit wie vielen Frauen hast du diese Woche geschlafen?«
Ich schob mir eine Gabel voll Nudeln in den Mund und zuckte mit den Schultern. »Ich habe eigentlich nicht wirklich mitgezählt, warum? Mit wie vielen Männern hast du denn gevögelt? Natürlich abgesehen von dem Typen, für den du mich an meinem Geburtstag verlassen hast. Von dem weiß ich schon. Celebrity Gossip hat ein tolles Foto von euch gemacht, wie ihr zu ihm gegangen seid, nachdem du mir das Herz gebrochen und mich vor halb L.A. gedemütigt hast.«
Ich deutete auf das Cover des Klatschmagazins, das ich mit Magneten an den Kühlschrank gehängt hatte. Ich wusste selbst nicht genau, warum ich es wie eine Weihnachtskarte zur Schau stellte.
Adrianna betrachtete das Foto. Plötzlich schossen ihr Tränen in die Augen, und ihre Unterlippe begann zu zittern.
Ich musste wegsehen. Ich hasste sie zwar, doch meine Liebe für sie war echt gewesen. Ich versuchte alles, um diese Gefühle zu unterdrücken. Sollte sie losheulen, würde mich das emotional wieder zurückwerfen.
Der Kaffee war durchgelaufen, also schenkte ich mir eine dampfende Tasse ein, gab Zucker dazu und nahm sie zusammen mit meinem Frühstück raus auf die Terrasse. Ich brauchte frische Luft.
Es war ein wunderschöner Tag hier in Südkalifornien, und mein Anwesen in Malibu lag an einem Hang mit Blick auf den Pazifik. Ich atmete tief ein. Der Geruch des Ozeans, die kühle Meeresbrise und der Klang der Wellen beruhigten meinen Kopf und meine Nerven ein wenig.
Adrianna kam mir nach und sah sich mit schmerzverzerrtem Gesicht um. Ihr schien es genauso schlecht zu gehen wie mir. Vor einer Woche war es noch ganz normal gewesen, dass wir hier morgens zusammensaßen. Wir hatten Kaffee getrunken, ich hatte ihr von den Lakers erzählt oder von etwas, das ich im Spin Magazine gelesen hatte, und sie hatte mich mit Hochzeitsdetails zu Tode gelangweilt. Klingt furchtbar, aber es hatte mir nichts ausgemacht. Wir waren glücklich gewesen.
Adrianna brach das Schweigen als Erste. »Ich habe einen Fehler gemacht.«
Ihre Stimme zitterte, während sie sichtlich mit ihren Emotionen kämpfte. Mir fiel es ebenfalls schwer, meine Gefühle zu kontrollieren. »Mir vor all unseren Freunden das Herz herauszureißen und unsere zweieinhalbjährige Beziehung wegen eines Songs wegzuwerfen, war ein Fehler? «
»Es ging nicht nur um einen Song , Kyle!« Sie begann zu weinen. »Es ging um die Tatsache, dass du ihn nicht singen kannst. Es ist über drei Jahre her, und du bist immer noch nicht über das hinweg, was passiert ist.«
»Aber es ist doch nichts passiert. Du bist eifersüchtig auf ein Mädchen, mit dem ich nie zusammen war.«
Adrianna starrte mich an. »Du musst nicht mit einer Person zusammen sein, um sie zu lieben.«
»Zu lieben  …« Ich konnte einfach nicht fassen, dass wir darüber sprachen. Ich hatte jede Erinnerung an dieses besagte Mädchen so tief wie möglich vergraben. »Babe, wie kommst du auf die Idee, dass ich sie lieben würde? Ich habe sie auch damals nicht geliebt. Ja, ich hasse es, dieses Lied zu singen, aber ich habe seit Jahren nicht mehr an sie gedacht.«
»Aber du hast sie auch noch nicht losgelassen, oder?«
Ich schaute wieder hinaus aufs Meer und trank schweigend meinen Kaffee. Was sollte ich auch sagen? Es wäre eine Übertreibung zu behaupten, meine Gefühle für Val als Liebe zu bezeichnen, aber sie war die Einzige in einer langen Reihe von Frauen, die ich nie wirklich gehabt hatte. Weil ich Idiot sie hatte gehen lassen.
Monatelang hatte »Virgin Val« Jensen Tag und Nacht meine Gedanken beherrscht, bis ich gezwungen gewesen war, sie schließlich ganz aus meiner Erinnerung zu verbannen. Sobald es mir gelungen war, diese Büchse der Pandora zu schließen, hatte ich sie fest verschlossen und den Schlüssel verloren. Doch zu einem richtigen Abschluss war es zwischen Val und mir nie gekommen.
Ich vertrieb Val aus meinen Gedanken und konzentrierte mich auf mein gegenwärtiges Problem. »Ich habe dich geliebt, Adrianna. In was für einem Zustand mein Herz auch war, es gehörte dir. «
»Ich weiß«, flüsterte Adrianna und tupfte sich mit einem Taschentuch die Augen ab. »Das verstehe ich jetzt. Ich kann sehen, wie sehr ich dich verletzt habe, und es tut mir leid.«
Es tat ihr leid? Ich schnaubte in meinen Kaffee. Sie war nicht die Einzige, der es leidtat.
»Ich habe einen Fehler gemacht, Kyle«, sagte sie flehend. »Als du dich geweigert hast, dieses Lied zu singen, hat mich das verletzt. Brian hat mich in diesem Moment getröstet, aber er bedeutet mir nichts. Ich war wütend und hatte Angst, auf ewig mit einer Erinnerung konkurrieren zu müssen. Aber ich wusste, dass ich einen schrecklichen Fehler gemacht hatte, als ich dich auf dieser Bühne gesehen habe.«
»Und trotzdem bist du mit ihm an diesem Abend nach Hause gegangen.«
Adrianna warf frustriert die Hände in die Höhe. »Na ja, du bist abgehauen, ohne mit mir zu reden! Du hast dieses schreckliche Lied gesungen und mir noch ein schönes Leben gewünscht.«
»Genau. Was normalerweise bedeutet, dass die Person, die das sagt, die andere Person niemals wiedersehen will. Also was genau machst du hier? Warum rauschst du in mein Schlafzimmer und wirfst meine Gäste raus, als hättest du noch irgendein Recht dazu?«
Adrianna nahm über den kleinen Terrassentisch hinweg meine Hand in ihre. »Weil ich dich liebe. Wir können das hinter uns lassen, Kyle. Wir haben diese Woche beide Fehler gemacht, also lass uns doch einfach übereinkommen, dass …«
»Du hast diese Woche Fehler gemacht«, berichtigte ich sie und entzog ihr meine Hand. »Ich habe nichts falsch gemacht. Bevor dieses Foto an meinem Kühlschrank gelandet ist, bin ich mit niemandem außer dir ins Bett gegangen. Meine Verlobte hat mich betrogen. Ich habe das Recht, damit so umzugehen, wie ich will.«
Ich stand vom Tisch auf und lehnte mich über das Terrassengeländer. Nachdem ich tief durchgeatmet hatte, drehte ich mich wieder zu ihr um. »Das Geknutsche hätte ich dir vielleicht verzeihen können, aber du bist mit ihm nach Hause gegangen. Und behaupte ja nicht, das hätte daran gelegen, weil ich verschwunden bin. Ich habe mein Handy den ganzen Abend lang angelassen. Weil ich auf deinen Anruf gewartet habe. Für eine einzige lausige Textnachricht hätte ich meine Seele verkauft, so verzweifelt habe ich gehofft, dass du zurückkommen würdest.«
Adrianna stellte sich zu mir ans Geländer. In ihren Augen lag Verzweiflung. »Ich war gekränkt«, sagte sie. »Dieses Lied, das du gesungen hast …«
Ich hatte so sehr versucht, mein Temperament zu zügeln, doch jetzt wollte ich nicht mehr. Diese Frau hatte vielleicht Nerven. »Du warst gekränkt?«, brüllte ich. »Was denkst du, wie ich mich gefühlt habe? Du hättest mich während der letzten zweieinhalb Jahre jederzeit nach Valerie fragen können. Stattdessen hast du es vorgezogen, mich vor all unseren Freunden zu verletzen und zu demütigen. Und das Schlimmste ist, du hast es genossen. Ich habe den Blick in deinen Augen gesehen, als dir klar wurde, dass ich innerlich zerbrochen bin.«
Ich machte eine Pause, um ihr die Gelegenheit zu geben, sich zu verteidigen, aber ihre Schuld ließ sie schweigen.
Ich drehte den Kopf und ließ meinen Blick in die Ferne schweifen. »Wenn du auch nur die Hälfte dessen für mich empfinden würdest, was ich für dich empfinde, hättest du mich niemals so behandeln können. Stattdessen suhlst du dich in deinem Triumph.«
»Kyle …«
Ich hörte das Schluchzen in diesem Wort, weigerte mich aber, sie anzusehen. Sie verdiente weder mein Mitleid noch meine Vergebung. »Es ist aus, Adrianna. Lass deinen Schlüssel und meinen Ring auf der Ablage, wenn du gehst.«
Sie zögerte einen Moment, dann ging sie ohne ein weiteres Wort. Ich wartete, bis ich die Haustür zuschlagen hörte, bevor ich wieder reinging. Ich war erleichtert, als ich neben der leeren Kaffeekanne eine kurze Notiz des Cheerleadertrios fand, und noch dankbarer, Shane zu sehen, der meinen Kühlschrank plünderte. Er machte sich gerade über den Karton mit dem chinesischem Essen her, das übrig geblieben war.
»Eine Blondine, eine Brünette und eine Rothaarige kommen in eine Bar«, sagte er, als er sich umdrehte und an den Küchentresen lehnte. »Welche nimmst du mit nach Hause?«
»Warum sich für eine entscheiden, wenn man alle drei haben kann?«, scherzte ich.
Shane schüttelte den Kopf und schob sich eine Portion Schweinefleisch süß-sauer in den Mund.
»Und ich habe sie nicht in einer Bar aufgerissen.« Ich stahl ihm die Packung und die Gabel aus der Hand und steckte mir selbst eine große Portion in den Mund. Ich grinste, obwohl mir eigentlich gar nicht danach war. »Das waren Cheerleader. Von den Lakers. Ich hab sie nach dem Spiel kennengelernt.«
Shane sah mich mit hochgezogener Augenbraue an. Er bemühte sich, ernst zu bleiben, musste aber schließlich doch lachen. »Das ist selbst für dich beeindruckend.«
»Ich schätze, es tut gut zu wissen, dass ich es immer noch draufhabe.«
Dann seufzte ich und setzte mich mit meinen kalten Essensresten an den Küchentisch. Shane entschied sich für eine Banane und ein Glas Milch und gesellte sich zu mir. Sein Tonfall klang ein wenig ernster, als er fragte: »Wie hat Adrianna darauf reagiert?«
»Ungefähr so, wie man es von ihr erwarten würde.« Ich strich mir übers Gesicht, als könnte ich damit meine Kopfschmerzen wegwischen. Ich war mir ziemlich sicher, dass das Hämmern mehr mit Adrianna als mit dem Tequila am Abend zuvor zu tun hatte. »Ich würde ja sagen, dass sie mir leidtut, aber …«
»Ja, ich hab’s gehört. Brutal. Bist du in Ordnung?«
Ich sah Shane über den mit Schweinefleisch gefüllten Karton hinweg an. »Ich muss mich nicht an deiner Schulter ausheulen, wenn du das damit meinst, Blödmann.«
Shane schnaubte. »Könntest du meiner Verlobten gegenüber zumindest behaupten, dass du das musstest? Sie hat mich hergeschickt, um sicherzugehen, dass du immer noch zu unserer Hochzeit dieses Wochenende kommst, aber sie hat mir nur erlaubt, zwanzig Minuten zu bleiben. Es gibt gerade irgendein Dekoproblem, und sie dreht deswegen total am Rad. Ich will mich wirklich nicht mit einem Dekoproblem beschäftigen müssen.«
Shane warf einen Blick auf den Zettel der Cheerleader und schmunzelte. Er war mit Lippenstiftabrücken und Handynummern bedeckt. »Außer du lässt mich für ein besseres Angebot im Stich.«
Ich stöhnte auf. »Ehrlich gesagt habe ich jetzt erst mal genug von Frauen. Versprich mir einen Tag voller sinnloser Actionfilme, Videospiele, Burger und Bier, und ich weine für deine irre Verlobte echte Tränen.«
Shane legte mir seine Hand auf die Schulter und sah mich mit einem feierlichen Blick in den Augen an, der mich zum Lachen brachte. »Mein Held.«