22
H steht für Heirat
Als ich aufwachte, dachte ich kurz, dass ich alles nur geträumt hätte – den Pool, Val, die mir sagt, dass sie mich liebt, unser gemütlicher Fernsehabend mit chinesischem Essen, wie sie die Szene meines Musikvideos umgesetzt hatte, bis ich vor Verlangen fast explodiert wäre, und dann in ihren Armen einzuschlafen. Es war einfach zu gut, um wahr zu sein. Ich wollte die Augen nicht aufmachen, aus Angst, dass ich allein im Bett lag. Doch dann bewegte sich jemand neben mir, und ich wusste, dass es echt war.
Das Lächeln stahl sich in mein Gesicht, bevor ich die Augen aufschlug. Val hatte sich irgendwann nachts von mir weggedreht und lag nun eingerollt auf der Seite. Ich rutschte rüber, kuschelte mich an ihren Rücken und legte meinen Arm um ihre Taille, um sie an mich zu ziehen. Sie murmelte etwas Unverständliches, während sie sich herumdrehte und sich an mich schmiegte. Sie streckte ihre
langen Beine, verschränkte sie mit meinen und fiel wieder in einen friedlichen Schlaf.
Am Abend zuvor hatte ich nicht die Geduld gehabt, sie im Schlaf zu beobachten, aber nun hatte ich das Gefühl, ewig hier liegen zu können. Es war verrückt, dass ich so entspannt und zufrieden aufwachen konnte, obwohl ich schmerzhaft unbefriedigt eingeschlafen war.
»Hör auf, so breit zu grinsen«, sagte Val plötzlich. »Niemand sollte morgens so munter sein. Das ist unnatürlich.« Sie hatte sich nicht bewegt, und ihre Augen waren immer noch geschlossen.
»Ich grinse gar nicht«, log ich.
»Du grinst so breit, dass ich es fühlen kann. Es hält mich vom Schlafen ab.«
Lachend gab ich ihr einen Kuss auf die Stirn. »Habe ich dir schon gesagt, wie wahnsinnig komisch es ist, dass du kein Morgenmensch bist?«
»Ich finde es enttäuschend, dass du
einer bist«, brummte Val. »Du bist ein Rockstar. Du solltest die ganze Nacht lang Party machen und tagsüber schlafen.«
»Normalerweise bin ich das auch nicht, aber der heutige Morgen scheint mir das Aufwachen wert zu sein.«
Schließlich nahm Val den Kopf von meiner Brust und sah mich an. Sie versuchte, ernst zu bleiben, schaffte es aber nicht, als ich sie weiterhin angrinste. Auch sie musste lächeln und stützte sich auf, um mir einen Kuss auf die Wange zu geben. »Guten Morgen.«
»Der beste Morgen meines Lebens.«
Ich hatte es scherzhaft gesagt, aber als Val lachte, wurde mir bewusst, dass es stimmte. Es war lange her, dass ich so zufrieden gewesen war. Jetzt war ich glücklich – wahrhaft glücklich. Zum ersten Mal, seit langer, langer Zeit. Val
machte mich glücklich.
»Ich will das hier«, sagte ich und drückte sie an mich, als ob dies das plötzliche Kribbeln in meiner Brust beruhigen würde. »Ich will jeden Morgen so mit dir aufwachen.«
»Das ist keine gute Idee.« Val lachte. »Eine kleine Versuchung ab und zu ist das Eine, aber wir halten es keine Woche aus, wenn wir das jeden Tag machen würden. Wir haben es ja schon gestern fast nicht ausgehalten.«
»Dann heirate mich.«
Die Worte hatten meinen Mund verlassen, bevor mir klar gewesen war, dass sie überhaupt in meinem Kopf waren. Wir beide erstarrten. Val setzte sich auf und sah mich mit großen Augen an, so als ob sie herauszufinden versuchte, ob sie mich richtig verstanden hatte.
»Was?«, fragte sie.
Mein Gehirn war das reinste Chaos, doch während ich dasaß und zu verstehen versuchte, was gerade passiert war, stellte ich fest, dass das Gefühl in mir keine Panik war. Sondern Freude. Ich wollte das hier.
»Heirate mich.« Ich klang so erstaunt, wie sie aussah, doch es fühlte sich richtig an. Es war richtig. Als ich wieder sprach, war es zu meiner eigenen Überraschung mit Bestimmtheit. »Werde meine Frau, Val. Sei die Frau, die für den Rest unseres Lebens jeden Morgen mit mir in diesem Bett aufwacht. Streite dich mit mir, wie es Robin und Alan tun. Liebe mich. Bekomme meine Kinder.« Sie riss die Augen so weit auf, dass ich lachen musste. »Du weißt schon … irgendwann.«
»Kyle … ich … meinst du das ernst?«
Ich hatte nicht vorgehabt, ihr einen Antrag zu machen, aber jetzt, wo ich es getan hatte, würde es mich umbringen, wenn sie ablehnte. »Ich gebe es nur ungern zu, aber ich war mit genug Frauen zusammen, um zu wissen, dass da draußen niemand
so ist wie du. Du bist die Einzige für mich, Val. Ob du es akzeptiert oder nicht, es wird keine andere für mich geben.«
Es dauerte eine Ewigkeit, bis sie etwas sagte. Ich wartete mit angehaltenem Atem auf ihre Antwort.
»Aber wir werden uns doch trotzdem wieder verabschieden müssen«, flüsterte sie mit sorgenvoll gerunzelter Stirn. »Machst du dir deswegen gar keine Gedanken?«
Mir hatte es den ganzen Sommer davor gegraut, aber nun war ich mir sicher. Ich grinste. »Val, wie oft muss ich es dir noch sagen? Du bist es wert, zu warten.«
Sie wusste den Witz nicht zu schätzen. »Ich meine es ernst, Kyle.«
»Genau wie ich. Wir stehen diese Trennung durch. Es sind ja nur ein paar Monate, in denen ich toure, und wir können uns jedes
Wochenende sehen, wenn du willst. Wir planen lange Pausen zwischen den US-Konzerten und den internationalen Auftritten ein, und ich bin mir sicher, dass ich die gleichen Feiertage freinehmen kann wie du. Du wirst mit dem Studium ohnehin so viel zu tun haben, dass die Zeit wie im Flug vergeht.« Ich schnaubte. »Außerdem ist diese Trennung während unserer Verlobungszeit der einzige Weg, um dich noch als Jungfrau zum Altar zu führen.«
Val überraschte mich mit einem Lachen. »Das stimmt«, murmelte sie.
Ich wusste nicht, was das bedeute sollte. War das ein Ja? Ich hoffte, es war ein Ja. Ich hoffte, dass ich zu ihr durchdrang, denn je mehr ich darüber redete, desto überzeugter war ich davon, dass es so bestimmt war. Dass es so sein sollte. Ich war regelrecht ekstatisch, als ich ihre Hände in meine nahm. »Val, wenn wir eine Beziehung ohne Sex überleben können, sind wir stark genug, um alles zu schaffen. Egal, was uns das Leben auch für Steine in den Weg legen mag. Ich liebe dich so sehr. Ich will, dass du für immer mein bist. Sag, dass du mich heiraten wirst. Bitte.«
Sie zögerte immer noch, also zog ich eine Augenbraue in die Höhe, um sie wissen zu lassen, dass ich es ernst meinte. »Zwing mich nicht dazu, etwas so Drastisches zu machen, wie dich live im Fernsehen zu fragen, damit du Ja sagst. Denn du weißt, dass ich das tun werde.«
Sie lachte hysterisch auf, brach in Tränen aus und schlang ihre Arme um mich. »Nein!«, schluchzte sie und mein Herz setzte einen Sprung aus, bis sie sagte: »Auf keinen Fall live im Fernsehen. Ich werde dich umbringen. Dieser Antrag war perfekt und ist der einzige, den du machen musstest.«
Ich zog mich zurück, damit ich ihr in die Augen sehen konnte. »Ist das also ein Ja?«
Sie lachte durch ihre Tränen. »Es ist ein Ja.«
Sie wollte gerade noch etwas anderes sagen, doch ich war nicht mehr in der Stimmung für eine Unterhaltung. Ich war so überwältigt von Leidenschaft und Liebe für diese Frau, dass ich sie einfach küssen musste.
Ich hatte vor, niemals wieder damit aufzuhören, doch sie ruinierte die Stimmung, indem sie unter meinen Lippen zu kichern
begann. Bevor ich wusste, wie mir geschah, lachten wir beide so sehr, dass wir uns nicht mehr weiterküssen konnten. »Du magst mich«, neckte ich sie, als mir ein alter Scherz zwischen uns wieder einfiel. »Du magst mich zu hundert Prozent.«
Wieder lachte sie und schüttelte den Kopf. »Ich mag dich höchstens zu achtundneunzig Prozent. Aber ich liebe dich zu hundert Prozent.«
Ich versuchte, gekränkt zu wirken, musste aber zu sehr grinsen. »Das reicht mir.«
Wir saßen einen Moment lang nur da und grinsten uns an wie zwei Idioten. Schließlich hielt sich Val die Hand vor den Mund, während sie gähnte. »Bitte sag mir, dass du jetzt auch einen Kaffee willst.«
»Ich will.«
»Übst du etwa schon?«, scherzte Val.
Ich rollte nur mit den Augen über diesen schlechten Witz. Die Verlobung hatte uns beide offiziell in Schwachköpfe verwandelt. »Also, Miss Kein-Morgenmensch, was würdest du heute gern tun?« Ich schnappte mir ihre Hand und küsste sie. »Sollen wir shoppen gehen, damit ich dir einen Ring mit einem angemessenen Diamanten an diesen Finger stecken kann? Dir einen Antrag zu machen, bevor ich einen hatte, ist eigentlich echt nicht mein Stil.«
»Hey, rede deine Spontanität nicht schlecht«, sagte sie. »Das war kein schlechter Stil. Sondern perfekt. Der Antrag war perfekt. Dein Herz hat gesprochen, bevor dein Hirn es aufhalten konnte. Was übrigens wieder total typisch für dich war.«
Dies brachte ihr einen weiteren Kuss ein. »Die Kaffeemaschine steht in der Küche. Der Kaffee sollte gleich daneben stehen. Warum stellst du sie nicht schon mal an, während ich mir etwas anziehe, und dann gehen wir einkaufen. Dann können wir dir auch direkt neue Kleidung kaufen, denn ich will dich nicht erst nach Hause fahren müssen.«
»Klingt gut.«
Val lächelte und schlang ihre Arme um mich. Nachdem sie mich erneut geküsst hatte, grinste ich sie diabolisch an. »Ich darf deine Unterwäsche aussuchen.«
Sie schlug mir spielerisch auf den Arm, doch als sie das Zimmer verließ, fiel mir auf, dass sie zu der Idee nicht Nein gesagt hatte.
Val war mit ihrem Kaffee auf der Veranda, als ich sie fand. Sie stand am Geländer und blickte hinaus aufs Meer. Dabei trug sie immer noch nicht mehr als mein Hemd. Ich nutzte den Moment, um ihre ellenlangen Beine zu bewundern, doch das weckte in mir nur das verzweifelte Verlangen, sie zu berühren, also stellte ich mich hinter sie und tat genau das.
»Siehst du, es ist wirklich Schicksal«, sagte ich zu ihr, während ich meine Hände über ihre Hüften und Beine gleiten ließ. »Du kennst bereits die Routine. Ich trinke meinen Kaffee jeden Morgen hier draußen.«
Meine Berührung ließ sie erschauern, und sie lehnte sich rückwärts gegen mich. »Es ist eine so herrliche Aussicht.«
»Jetzt gerade ist sie noch besser geworden.«
Sie schmunzelte zu mir hoch. »Lass mich raten, weil mein Wie-frisch-aus-dem-Bett-gekrochen-Look so sexy ist?«
»Du weißt, dass es so ist. Und du weißt, dass ich eine Schwäche für diese Beine habe. Ab jetzt solltest du nie wieder etwas anderes tragen«, sagte ich und ließ mich wieder von ihr küssen. Ich würde es niemals leid sein, sie zu küssen. Nicht mal diese kleinen gehauchten Küsse. Noch in fünfzig Jahren würde ich sie jedes Mal, wenn ich sie sah, so küssen.
Wir gingen mit unseren dampfenden Bechern zu einer Bank und setzten uns. Dann genossen wir für eine Weile die friedliche Stille. »Also«, sagte Val schließlich. »Ich habe noch mal über diese ganze Hochzeitssache nachgedacht.«
»So schnell kalte Füße bekommen?«, neckte ich sie. »Du Angsthase.«
Sie lächelte, blieb aber konzentriert. Sie hatte etwas auf dem Herzen, und sie würde sich von mir nicht davon ablenken lassen. »Wie stehst du zu Hochzeiten?«
Oh nein. Und schon ging es los. Ich unterdrückte ein Stöhnen und rief mir ins Gedächtnis, dass Val es wert war. »Was meinst du?«
»Hast du irgendwelche Vorstellungen? Groß, klein, wo, welches Thema?«
Thema? Mir lief ein Schauer über den Rücken und ich sah sie an. »Ich will, was immer du willst.«
Sie schnaubte. »Gesprochen wie ein typischer Mann.«
»Nein, gesprochen wie ein Mann, der schon ein paar Bräute miterlebt hat. Eine Hochzeit ist für die Frau. Es ist dein Tag, Val. Wir können tun, was immer du willst.«
Wieder verfielen wir in Schweigen, und ich blickte aufs Meer hinaus, während ich überlegte, was für eine Hochzeit sich Val wohl wünschte. So irre wie Adrianna würde sie wahrscheinlich nicht werden, doch nachdem ich gesehen hatte, wie sie gestern zusammen mit meiner Mutter die Gäste im Griff gehabt hatte, konnte ich mir ein großes Event mit hochkarätigen Gästen aus der Politik vorstellen, bei der ein exklusiver Hochzeitsplaner und meine Mutter das Sagen hatten. Die Hölle auf Erden.
Auf der anderen Seite würde ich während der Planungsphase hauptsächlich auf Tour sein. Wenn ich sie also machen ließ, würde ich nicht viel zu tun haben.
Val riss mich aus meinen albtraumhaften Gedanken. »Was, wenn ich keine will?«
Ich wusste nicht, wie ich reagieren sollte. Was meinte sie damit? Vorhin hatte ich sie noch damit auf den Arm genommen, aber hatte sie nun tatsächlich kalte Füße bekommen?
»Was soll das heißen? Dass du nicht heiraten willst?«
Mir fiel ein Stein vom Herzen, als sie loslachte.
»Ich will dich heiraten«, sagte sie. »Aber was, wenn wir diese Sache mit der Hochzeit einfach überspringen würden? Wärst du enttäuscht?«
Keine große Hochzeit? Einfach heiraten? Machte sie Witze? Ich traute mich nicht zu antworten. »Ist das eine Fangfrage? So eine Art Test?«
Wieder lachte sie und schüttelte den Kopf. »Es ist kein Test. Ich weiß nur, wie sehr du dieses ganze pompöse Zeug hasst, was Hochzeiten, wie ich annehme, mit einschließt. Außerdem hast du gesagt, du willst jeden Morgen neben mir aufwachen, und ich finde, das klingt nach einem guten Plan. Warum tun wir es nicht einfach?«
»Warte mal, willst du damit sagen, wir sollten durchbrennen?« Das konnte sie auf gar keinen Fall meinen. So viel Glück hatte ich nicht.
Val zuckte mit den Schultern. »Weißt du, was passieren wird, wenn wir beide unsere Verlobung verkünden? Die Medien werden
durchdrehen. Man wird uns überallhin folgen und sich über jede Entscheidung, die wir treffen, das Maul zerreißen. Wahrscheinlich wird man uns sogar das Angebot machen, aus unserer Hochzeit eine Realityshow zu machen. Aber ich will, dass diese Hochzeit nur uns gehört. Ich will sie nicht mit der ganzen Welt teilen.«
Ich konnte den Medienzirkus, den sie beschrieben hatte, regelrecht vor mir sehen. Und Val hatte recht. Sie würde all die Aufmerksamkeit hassen.
»Wir können auch etwas Kleines machen«, sagte ich. »Wir müssen nicht durchbrennen. Wenn du deine Familie und deine Freunde dabeihaben möchtest, finden wir bestimmt einen Weg, um es dennoch privat zu halten.«
Val schüttelte den Kopf und trank einen Schluck Kaffee. »Ich bin Virgin Val
, Kyle. Weißt du, was meine Hochzeit für die Welt bedeuten würde? Dass die Jungfrau endlich Sex haben wird. Die Leute werden komplett den Verstand verlieren. Selbst wenn wir es irgendwie schaffen, die Hochzeit privat zu halten, werden mir alle bis zum Tag der Hochzeit persönliche Fragen stellen, die ich nicht beantworten will. Und danach würden sie einen Weg finden, uns hinterherzuspionieren. Die Paparazzi würden uns in der Hochzeitsnacht ins Hotel folgen und im Foyer kampieren, um das erste Interview mit der Jungfrau nach dem Sex abzugreifen.«
Ich seufzte, denn sie hatte recht. Ich wünschte, ich hätte ihr sagen können, dass wir das verhindern könnten, doch ich wusste es besser. Ich hatte schon viel zu lange mit den Paparazzi zu tun, um noch naiv zu denken, sie wären zu so etwas nicht fähig. Ich wäre nicht mal überrascht, wenn einer von ihnen herausfinden würde, welches Zimmer wir hatten, und sich eine Möglichkeit ausdachte, um uns in flagranti zu ertappen.
Val würde wegen ihrer Hochzeitsnacht ohnehin nervös sein. Sie brauchte diesen zusätzlichen Stress nicht. Ich wollte, dass Vals erstes Mal perfekt für sie war. Ihr sollte nicht davor grauen, sich am nächsten Morgen der Welt stellen zu müssen.
»Ich will das nicht«, sagte sie. »Ich will nicht, dass die Medien es ruinieren, wenn wir zum ersten Mal miteinander schlafen.«
Wieder war mein Kopf komplett leergefegt. Sie hatte »wir« gesagt. »Wenn wir zum ersten Mal miteinander schlafen.« Sie sprach davon,
dass wir Sex haben würden, und plötzlich konnte ich an nichts anderes mehr denken. Ich konnte nur dasitzen und mir genau vorstellen, wie es ablaufen würde.
»Ich weiß, dass sie fragen werden«, sagte Val. »Ich weiß, dass ich der Presse nicht ewig davonlaufen kann. Ich bin Virgin Val. Ich werde zumindest ein bisschen darüber reden müssen. Aber was, wenn wir einfach heiraten und es für eine Woche oder zwei geheim halten? Das würde uns Zeit verschaffen, unsere gemeinsamen Momente zu genießen, bevor der Medienzirkus beginnt.«
Sie sprach weiter, als wäre ihr nicht klar, dass sie bei mir offene Türen einrannte. Ich war schon nach »Lass uns die Hochzeit überspringen« überzeugt gewesen.
Val stellte ihren Becher ab und drehte sich zu mir um. Sie nahm meine Hände in ihre und sah mich so durchdringend an, dass ich es im Innern spüren konnte. »Wenn ich mich dir hingebe, will ich, dass du die einzige Person in meinem Kopf bist. Ich will an nichts anderes denken müssen als an uns beide. Vergiss die Welt. Es geht hier um uns. Ich mag für Viele ein Vorbild sein, aber ich habe mich für dich aufgespart. Nicht für sie. Ich habe mich für mich selbst aufgespart. Das hier ist, was ich will. Solange es auch für dich in Ordnung ist. Solange du das auch willst.«
Ich glaube nicht, dass ich als Erwachsener jemals geweint habe. Nicht ein einziges Mal. Und ich weinte auch jetzt nicht, aber ich war so
kurz davor. Meine Kehle war wie zugeschnürt, meine Augen brannten, und meine Nase kribbelte. Sie war perfekt. Sie war absolut perfekt, und sie gehörte mir. Oder zumindest würde sie das ganz bald.
Ich überspielte meinen emotionalen Anfall, indem ich anfing zu lachen. »Val, du fragst mich, ob ich überspringen will, dass es monatelang nur noch um Blumengestecke geht, sich meine Verlobte in Brautzilla und meine Mutter in etwas noch viel Schlimmeres verwandelt und wir ein Fest auslassen, bei dem ich gezwungen wäre, den ganzen Tag einen Anzug zu tragen – nur damit ich dich ganz für mich habe und mit niemandem teilen muss. Bist du verrückt? Ich warte immer noch auf die Pointe.«
Val dachte kurz nach und suchte in meinen Augen nach einem Hinweis, dass ich meine Worte nicht ernst meinte. Doch sie fand
keinen. Sobald sie sich endlich davon überzeugt hatte, dass ich mit an Bord war, verzogen sich ihre Lippen zu einem teuflischen Lächeln. Es war die Art Blick, mit der ich sie regelmäßig ansah, doch bei ihr hatte ich ihn noch nie gesehen, und mein Herz begann wie wild zu schlagen.
»Wie wäre es mit dieser Pointe«, flüsterte sie und leckte sich die Lippen, während ihr Blick auf meinen Mund fiel. Der Anblick raubte mir den Atem. »Wenn du mich noch heute heiratest, bleibe ich heute Nacht wieder bei dir, nur dass wir diesmal nicht aufhören werden.«
Ich schnappte überrascht nach Luft und verschluckte mich an meiner eigenen Spucke. Dann packte ich Val und küsste sie auf eine Weise, die geradezu animalisch war, so ursprünglich war mein Verlangen nach ihr. Meine Hände fanden ihre nackten Oberschenkel, und ich stöhnte.
»Wir werden es nie bis nach Vegas schaffen«, knurrte ich, als ich sie auf meinen Schoß zog.
»Dann gehen wir hier zum Standesamt«, keuchte Val.
Das klang viel näher. Näher war gut. »Okay. Lass uns hinfahren. Jetzt sofort.«
»Es ist Montagmorgen. Du hast in ein paar Stunden Probe.«
»Ich melde mich krank. Ich glaube, ich hab mir gerade etwas eingefangen, von dem ich mich mindestens eine Woche lang erholen muss.«
»Ich hab nichts anzuziehen.«
»Wir suchen uns auf dem Weg ein Einkaufszentrum. Aber jetzt darf ich wirklich
die Unterwäsche aussuchen.«