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S steht für Sex!
Wir verschwendeten keine Zeit. Wir füllten online den Antrag für die Eheerlaubnis aus und entschieden uns für den ersten verfügbaren Termin für die Zeremonie. Das verschaffte uns gerade genug Zeit, um einen Zwischenstopp einzulegen und Val etwas zum Anziehen zu kaufen. Ich versuchte sie davon zu überzeugen, mich in meinem Hemd zu heiraten, hatte aber keinen Erfolg.
Wir hielten bei Macy’s, und während Val ein paar unterschiedliche Kleider anprobierte, kaufte ich die halbe Dessousabteilung leer. Es gab einfach zu viel schönes Zeug. Es war schwer, zu all der Spitze und Seide nein zu sagen. Alles sah so aus, als würde es Val hervorragend stehen.
Kurz darauf befanden wir uns im Standesamt. Wir saßen im Wartezimmer, und ich zappelte mit den Knien, während Val auf dem Platz neben mir herumrutschte. »Nervös?«, fragte ich neugierig.
Der gereizte Blick, den ich als Antwort bekam, überraschte mich. »Nicht nervös. Ich fühle mich unbehaglich, weil ich einen String
trage, Kyle«, brummte Val, während sie wieder eine andere Position einnahm.
»Mm«, erwiderte ich genüsslich. »Einen schwarzen aus Spitze. Ich weiß. Ich hab ihn ausgesucht.« Mit den Fingerspitzen strich ich über ihren Oberschenkel. Er war jetzt leider bedeckt, weil Val ein wadenlanges, lilafarbenes Kleid ausgesucht hatte, um mich heute zu heiraten. »Ich kann es kaum erwarten, ihn an dir zu sehen.«
Das brachte mir ein Augenrollen ein, und sie schob meine Hand weg, als diese ein bisschen zu nah an das fragliche Kleidungsstück kam. »Nur für die Zukunft, ich bin kein großer Fan von Strings. Die sind mir ein bisschen zu trashig und unbequem.«
Ich lehnte mich vor, um ihr ins Ohr zu flüstern: »Dann ist es ja gut, dass ich vorhabe, ihn dir sehr bald vom Leib zu reißen.«
Sie zischte peinlich berührt meinen Namen, vergaß ihre Verärgerung jedoch, als ich die empfindliche Stelle unter ihrem Ohr küsste. Sie schloss die Augen und seufzte leise. Es machte mich verrückt vor Verlangen. Wenn schon ein einziger Kuss das mit ihr machte, konnte ich kaum erwarten zu sehen, wie sie mit dem umgehen würde, was ich noch mit ihr vorhatte.
Wieder richteten sich meine Gedanken auf das, was wir nach der Eheschließung vorhatten. Ich wanderte mit meinen Lippen ihr Kinn entlang und legte sie schließlich auf ihre. So wie sie meinen Kuss erwiderte, wusste ich, dass sie ebenso bereit war wie ich. Kurz vergaßen wir, dass wir in der Öffentlichkeit waren.
Wir wurden von einem Räuspern unterbrochen und sahen verlegen zu einer großen Frau um die Fünfzig auf, die uns stirnrunzelnd ansah. »Ich nehme an, Sie sind das Paar mit dem Eheschließungstermin?«
Wir begannen zu grinsen wie Teenager. »Ja, Ma’am.«
Aus irgendeinem Grund wirkte die Frau nicht so erfreut, wie ich es war. »Haben Sie den Antrag?«
Ich zog das Dokument aus meiner Tasche und reichte es ihr. »Frisch aus der Presse.«
Sie überflog den Antrag und seufzte. »Folgen Sie mir.«
Es war nicht weit bis zu dem Raum, in dem die Eheschließungen
durchgeführt wurden, dennoch kam es mir wie eine Ewigkeit vor, dorthin zu gelangen. Es war ein kleiner Raum, in dem höchstens dreißig Leute Platz hatten, aber da es nur Val, ich und der Standesbeamte waren, würde es reichen. Auf beiden Seiten standen Reihen von Plastikstühlen, die einen Gang zu einem kleinen Podium schufen. Dahinter befand sich ein Spalierbogen, der mit Stoffblumen geschmückt war.
Der Mann, der uns verheiraten sollte, empfing uns an der Tür. Er war klein, hatte silbergraue Haare und trug einen Anzug mit einer roten Krawatte. Er wirkte wie ein typischer Beamter, aber zumindest schenkte er uns ein aufrichtiges Lächeln. »Willkommen! Nur hinein mit Ihnen, kein Grund zur Schüchternheit.«
Val lachte leise auf. Als ob die Vorstellung, dass ich schüchtern sein könnte, wahnsinnig komisch wäre.
Der Mann begrüßte uns mit einem kraftvollen Handschlag. »Ich bin Gordon Pierce, und ich habe das Vergnügen, Sie heute in den heiligen Stand der Ehe zu bringen.«
»Klingt gut, Gordon«, sagte ich. »Vielen Dank für den schnellen Termin. Wenn Sie sich beeilen ist auch noch ein schönes Trinkgeld für Sie drin.«
Gordon schmunzelte. »Haben Sie es eilig, mein Sohn?«
»Eiliger, als Sie es sich vorstellen können. Wir haben gewartet.«
Gordon runzelte die Stirn. »Auf was?«
Ich wollte Val den Vortritt lassen, doch sie errötete und sah weg, also legte ich meinen Arm um ihre Schulter und erklärte es. »Wir haben bis zur Heirat gewartet, um … äh, Sie wissen schon …«
Ich wackelte mit meinen Augenbrauen und grinste breit. Gordon schmunzelte. »Ich verstehe. Gut gemacht.«
»Es war eine sehr lange Wartezeit. Vier Jahre.
«
Gordon sah zwischen uns hin und her und lachte schließlich. »Okay, dann haben Sie es wohl wirklich
eilig. Wir machen es kurz. Haben Sie einen Trauzeugen dabei?«
Das hatte ich ganz vergessen. Ich drehte mich um und lächelte die humorlose Frau an, die uns hergeführt hatte. »Wanda?«, fragte ich nach einem Blick auf ihr Namensschild. »Haben Sie Lust, unsere Trauzeugin zu sein?«
Ich klimperte sogar mit meinen Wimpern für sie, dennoch konnte
ich ihr kein Lächeln entlocken. Vielleicht war sie gar nicht dazu fähig. »Das Bereitstellen eines Trauzeugen durch das Standesamt kostet dreißig Dollar«, sagte sie.
Ich zog etwas Bargeld aus meiner Geldbörse, reichte ihr die dreißig Dollar und hielt dann einen zusätzlichen Fünfziger und mein Handy hoch. »Und wollen Sie auch mal Kamerafrau spielen?«
Sie sah erst das Geld, dann mich an. »Sie wollen, dass ich für fünfzig Dollar Ihre Eheschließung mit dem Handy filme?«
»Ist das ein Problem?«
Sie hielt mich eindeutig für verrückt, riss mir das Geld aber dennoch aus der Hand. Dann sah sie zu Gordon, der inzwischen am Podium stand und etwas auf dem Dokument eintrug, das Wanda ihm gegeben hatte. Leise murmelte sie: »Schätzchen, für fünfzig Dollar würde ich dir sogar den Hintern küssen.«
Val und ich sahen uns überrascht an, dann begannen wir zu lachen. »Sie kann es ja doch!«, jubelte ich, als ich sah, wie sich Wandas Mundwinkel nach oben krümmten. »Sie sind eine wunderschöne Frau, Wanda. Sie sollten wirklich öfter lächeln.«
Wanda errötete und scheuchte uns zum Podium. »Na los, ihr verrückten Turteltauben. Geht heiraten und verschwindet dann von hier, bevor ihr das ganze Gebäude zum Lächeln bringt.«
Das musste sie uns nicht zweimal sagen. Wir gingen durch den Mittelgang zu Gordon, der bereits auf uns wartete. Wanda stellte sich neben ihn, um Val und mich gut mit dem Handy einzufangen. Ich zwinkerte sie an, und sie warf mir einen Luftkuss zu.
»Willst du das vielleicht lieber mit ihr durchziehen?«, fragte Val scherzhaft.
Sie begann zurückzutreten, doch ich schnappte sie mir und zog sie an mich. »Denk nicht mal daran. Du bist hier, du bist endlich mein, und du wirst heute ›Ich will‹ sagen – selbst, wenn ich es erst aus dir herauskitzeln muss.«
Gordon lachte. »Wir sollten dann jetzt wohl besser anfangen.«
»Die Kurzversion«, erinnerte ich ihn. Meine Hände auf Vals Taille begannen bereits zu wandern. »Meine bessere Hälfte und ich haben danach noch Pläne.« Ich drückte sie noch etwas fester. »Und zwar jede Menge heißer, wilder, sexy Pläne.«
Val und Gordon starrten mich nur an. »Sorry. Ich bin mit den
Gedanken gerade woanders.«
Gordon räusperte sich. »Okay, die absolute Kurzversion. Haben Sie Eheversprechen, die Sie austauschen möchten?«
Ich sah zu Val. »Ich will«, sagte sie.
Ich lächelte. Sie hatte mir mal gesagt, dass sie unkreativ wäre und nicht mit Worten umgehen konnte, aber diese beiden waren perfekt. »Ich will auf jeden Fall«, versprach ich.
Wir sahen beide erwartungsvoll zu Gordon. »Wie war das?«, fragte ich.
Er schmunzelte. »Sehr … funktional. Haben Sie Ringe?«
Upps. Wieder sahen Val und ich uns an, und ich konnte sehen, wie sie ein Lachen unterdrückte. »Die haben wir vergessen.«
Ich wandte mich wieder an Gordon. »Sind Ringe nötig, damit es legal ist?«
Eine Sekunde lang befürchtete ich, dass wir später wiederkommen mussten. Ich hätte Wanda um ein paar Büroklammern, Klebeband oder sogar Kaugummi gebeten – alles, was wir uns um den Finger hätten machen können. Doch dann lachte Gordon erneut und schüttelte seinen Kopf. »Die sind nur traditionell.«
Ich seufzte so erleichtert, dass selbst Wanda über mich lachen musste. »Großartig. Wir besorgen die Ringe später. Was kommt als Nächstes?«
Gordon lächelte. »Durch die mir vom Staat Kalifornien verliehene Befugnis erkläre ich Sie hiermit zu Mann und Frau. Sie dürfen die Braut nun … okay, wie ich sehe, wissen Sie schon Bescheid.«
Val und ich mussten lachen, ohne jedoch unseren Kuss zu unterbrechen. Ich legte meine Arme um sie, und sie sprang an mir hoch, während sie ihre Beine um meine Taille schlang. Ich drehte sie ein paarmal im Kreis, und unser Kuss wurde immer leidenschaftlicher, bis sich Wanda wieder räusperte. Wir drehten uns zur Handykamera um und lächelten. »Herzlichen Glückwunsch, ihr Verrückten.«
»Danke, Wanda.«
Ich küsste Val noch einmal und ließ sie dann wieder sachte herunter. Es war an der Zeit, von hier zu verschwinden.
»Wir sind hier jetzt fertig«, sagte Gordon. »Sie erhalten die Heiratsurkunde innerhalb von zwei Wochen mit der Post. Herzlichen Glückwunsch. Ich glaube, das war die kürzeste Eheschließung, die ich jemals durchgeführt habe.«
»Sie war perfekt«, sagte Val.
Die Emotion in ihrer Stimme überraschte mich, und plötzlich hatte ich selbst einen Kloß im Hals, als ich die Freudentränen in ihren Augen schimmern sah. »Ich liebe dich«, flüsterte sie.
»Ich liebe dich noch viel mehr«, erwiderte ich und zog sie erneut in meine Arme, weil ich plötzlich ganz dringend einen weiteren Kuss brauchte. »Lass uns von hier verschwinden.«
Ausnahmsweise antwortete Val mit einem Lächeln und nickte. »Dann los.«
»Viel Glück!«, rief uns Gordon nach, als wir den Raum verließen. Er zwinkerte Val zu, und sie wurde wieder knallrot. Ich grinste sie an. »Glück hat rein gar nichts damit zu tun.«
Wir schafften es gerade so zu unserem Wagen, bevor wir uns in einer weiteren Zwickmühle befanden. Es gab noch einen kleinen Teil unseres brillanten Plans, den wir nicht bedacht hatten. »Wo willst du jetzt hin?«, fragte ich, als wir uns anschnallten. »Ich würde dich überall hinbringen, wohin du nur willst … morgen. Aber heute brauche ich dich schneller. Marina Del Ray liegt in der Nähe. Oder dieses tolle Urlaubsresort gleich hinter der Grenze in Tijuana.«
Val ergriff meine Hand. »Warum fahren wir nicht einfach zurück zu dir?«, fragte sie. »Ernsthaft, da ist es doch schöner als in jedem Hotel, die Aussicht ist unschlagbar, es ist voller Essen, und der Pool und das Jacuzzi sind privat.«
Ich blinzelte sie an und konnte kaum glauben, dass eine so perfekte Frau existierte.
»Und jetzt haben wir außerdem auch noch einen lebenslangen Vorrat an nuttiger Unterwäsche«, fuhr sie fort. »Wir brauchen das Haus die nächsten Tage also gar nicht zu verlassen.«
»Es ist sexy
Unterwäsche«, korrigierte ich sie. »Und du bist einfach perfekt. Also ab nach Hause.«
Die Fahrt zurück nach Malibu fühlte sich länger an als alle zehn Monate meiner Enthaltsamkeit zusammen, aber ich wusste, dass es das wert war, als ich in die Auffahrt einbog und mir klar wurde, dass dies nicht länger mein Haus war, sondern unseres.
Val sah mich fragend an, als ich das Auto nicht in die Garage fuhr. »Ich muss das hier richtig machen«, sagte ich ihr.
Wir gingen zur Haustür, und sobald ich sie aufgeschlossen hatte, hob ich Val in meine Arme. »Willkommen daheim, Mrs Hamilton«, sagte ich, während ich sie über die Schwelle trug.
Die Geste ließ Val erneute Tränen in die Augen schießen. Ich beugte mich vor, um sie zu küssen, und die Art, wie sie meinen Kuss erwiderte, überraschte mich. Sie küsste mich, als hätte sie mich noch nie zuvor geküsst. Offenbar hatte sie sich bis jetzt immer zurückgehalten. Sie legte einfach alles hinein – Lippen, Zunge, Arme, Beine, Körper, Herz, Verstand, Leidenschaft und mehr Lust, als ich von ihr erwartet hätte. Sie zwang mich buchstäblich in die Knie, und um ein Haar hätte ich sie gleich dort im Flur geliebt.
Doch dann erinnerte ich mich, dass dies ihr erstes Mal war, und kam wieder einigermaßen zu Sinnen. Ja, ich wollte Val, aber hier ging es um sie.
Sie hatte sich für diesen Moment aufgespart, also musste ich es richtig machen. Ich hob sie wieder hoch und trug sie wortlos ins Schlafzimmer.
Als ich sie auf dem Bett absetzte, wirkte sie ein bisschen nervös, also küsste ich sie sehr sanft und legte mich neben sie. Ich stützte mich auf meinen Ellbogen und schenkte ihr ein Lächeln, von dem ich hoffte, dass es mehr Liebe als Lust transportierte. »Bist du bereit dafür?«, fragte ich.
Ihre Antwort überraschte mich. »Ich vertraue dir.«
Es war genau das, was ich hören musste.
Ich nahm mir Zeit und führte sie behutsam in die Kunst des Liebens ein. Es fiel mir leicht, nicht an meine eigenen Bedürfnisse zu denken, wenn jede Berührung, jeder Kuss, jede Zärtlichkeit eine neue Erfahrung für sie war. Zunächst war sie schüchtern und vollkommen verletzlich, so dass es sich wie ein Wunder anfühlte, dass sie mir ihren Körper überhaupt anvertraute.
Es war schwer, die Gefühle zu beschreiben, die ich empfand, während wir uns auf diese neue Art kennenlernten. Ich hatte in meinem Leben mit so vielen Frauen geschlafen – Frauen, die ich geliebt hatte, Frauen, die ich erst fünf Minuten gekannt hatte, Frauen, die mich auf hundert verschiedene Arten befriedigen
konnten, und sogar ein paar Frauen, von denen ich wusste, dass sie Jungfrauen gewesen waren. Aber nie
hatte ich eine solche Intimität verspürt wie mit Val.
In gewisser Hinsicht war es fast so, als ob ich mit ihr ebenfalls etwas Neues erlebte. Ich hatte so oft Sex gehabt, dass ich schon vor Jahren aufgehört hatte mitzuzählen, doch ich hatte niemals mit einer Frau geschlafen, die ich so sehr liebte, dass mein Herz vor Sehnsucht schmerzte.
Während dieser Zeit mit Val verstand ich endlich, warum sie hatte warten wollen. Denn jedes Mal, wenn ich sie ansah, konnte ich nur daran denken, dass dieser wunderschöne Engel meine Ehefrau
war. Sie hatte mir bereits den Rest ihres Lebens versprochen. Sie hatte meinen Namen angenommen und eingewilligt, meine neue Familie zu sein. In meinem Kopf war kein Platz für Furcht, denn es gab keinen Zweifel daran, dass ich sie liebte und sie mich.
Am Ende war ich froh, dass wir gewartet hatten. Doch ich beschloss, dieses kleine Geständnis für den Tag aufzusparen, an dem ich mich unausweichlich wie ein Mistkerl benahm und in Schwierigkeiten brachte. (Früher oder später würde es so weit sein. Ich war schließlich immer noch ich.)