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Bram, Word-Dokument

Na schön, genug der einleitenden Worte. Lügen, Untreue, beste Absichten beim Nestmodell, Sie haben’s kapiert: Ich war bereits ein verdammter Idiot, bevor wir überhaupt zum Hauptereignis kommen. Zu der Tragödie, die niemals hätte passieren dürfen. Das Grab, das ich mir selbst geschaufelt habe.

(Wenn ich es mir recht überlege, ist das vielleicht nicht die beste Metapher.)

Es war der dritte Freitag der neuen Sorgerechtsvereinbarung, und ich hatte eine Firmentagung in einem Landhaushotel in der Nähe von Gatwick. Ich war der Zweite auf der Programmliste mit einer Präsentation, zusammen mit einem anderen Verkaufsleiter, Tim, der praktischerweise den Vortrag geschrieben hatte. Es war eine komplizierte Anreise einschließlich Umsteigen in Clapham Junction und einer Taxifahrt am Ende, und als ich den ersten Zug aus Alder Rise verpasste, schon bevor das »Verspätet«-Zeichen für den nächsten aufblinkte, wusste ich, dass ich die Veranstaltung nicht rechtzeitig erreichen würde. Während ich dort auf dem überfüllten Bahnsteig stand, war es unmöglich, nicht an den Audi zu denken, der keine Minute von hier in der Trinity Avenue geparkt war, insbesondere da die Kalender-App keine Unternehmung anzeigte, die seine Nutzung nach der Schule erforderte. Und das Beste von allem: Fi war nicht zu Hause, wie sie es freitags normalerweise war, sondern in aller Frühe mit Alison zu einer Antiquitätenmesse in Richmond aufgebrochen, und das mit Alisons Volvo, was bedeutete, dass ich ins Haus schlüpfen und mir die Autoschlüssel schnappen könnte, ohne ihr in die Arme zu laufen.

Und so machte ich auf dem Absatz kehrt und nahm den Schleichweg hinter der Schule die Wyndham Gardens entlang zum Haus. Kurz erwog ich, Fi eine Nachricht zu schreiben, dass ich das Grundstück ohne vorherige Zustimmung betreten würde, aber ich konnte die halbe Minute nicht erübrigen, die mich das Tippen kosten würde.

Zum Glück unterließ ich es. Eine Nachricht, die meine Absicht bekundete, an diesem Tag Auto zu fahren, hätte mir das Genick gebrochen.

Ich drückte nur aufs Gaspedal, wenn ich mit absoluter Sicherheit wusste, dass es keine Kameras gab, und hatte den letzten Rest des Berufsverkehrs gegen mich, und so erreichte ich das Hotel in allerletzter Sekunde. Ich präsentierte gemeinsam mit Tim den Quatsch, den er sich aus den Fingern gesaugt hatte, und ließ dann die demoralisierende Langeweile über mich ergehen, die ein vollgepacktes Tagesprogramm mit strategischem Teambuilding zu bieten hatte.

(Korbflechten. Das ist mir gerade wieder eingefallen. Nach dem Mittagessen – bei dem ich mich zurückhielt und nur zwei Gläser Wein trank – kam der Workshop zum Korbflechten. Du lieber Gott!)

Jetzt im Schnelldurchlauf bis zur Rückfahrt. Ich war nicht nur erschöpft, sondern auch noch schrecklich nervös, einerseits wegen der Notwendigkeit, das Auto wieder zurückzubringen, und andererseits wegen der dunklen Wolken, die sich dank einer neuen Personalerin namens Saskia über mir zusammenbrauten. Die vergangenen paar Wochen hatte sie mich mit E-Mails bezüglich neu anzupassender Arbeitsverträge nach der Fusion mit einem Wettbewerber Anfang des Jahres bombardiert. Diese Verträge sahen eine Offenlegungspflicht vor, unter anderem in Bezug auf jedwede Verkehrsdelikte. (Hatte ich erwähnt, dass ich mein Fahrverbot in der Arbeit bislang verheimlicht hatte? Selbst in diesem Stadium baute ich noch am laufenden Band Mist.) Ich hatte so lang wie möglich auf Zeit gespielt und während des Teambuildings jeglichen Blickkontakt mit Saskia vermieden, doch kurz bevor ich mich aus dem Staub machen konnte, tauchte sie wie aus dem Nichts an meiner Seite auf.

»Alle anderen im Vertrieb haben mir ihre Verträge zurückgeschickt«, sagte sie. »Ich brauche nur noch Ihren. Könnten Sie ihn mir am Montag vorbeibringen?«

Sie war jung und attraktiv und sich dessen bewusst, und aus irgendeinem Grund trug das zu meiner Anspannung bei.

»Wenn nicht, kann ich Ihnen gern einen neuen zukommen lassen und für Sie einen ruhigen Ort finden, damit Sie ihn während der Arbeitszeit durchlesen können?«, bot sie an.

»Na klar«, erwiderte ich. »Kein Problem.« Und ich ließ mich zurückfallen, damit sie nicht sah, wie ich zu meinem Wagen ging, den ich auf einem anderen Parkplatz als dem uns zugewiesenen abgestellt hatte, für den Fall, dass mein Fahrverbot publik wurde und jemand wie Saskia sich erinnerte, mich beim Wegfahren gesehen zu haben.

So kann ich nicht weitermachen , dachte ich. Diese ständigen Nur-für-alle-Fälle-Vorkehrungen. Ich muss es den anderen erzählen. Ich muss es Fi erzählen . Zweifelsohne würde sie die Lügen als ebenso ungeheuerlich wie das Fahrverbot erachten, also könnte ich es ihr vielleicht als ganz neue Entwicklung präsentieren? Ein sechsmonatiges Fahrverbot, das im August in Kraft getreten war, als wir keinen Kontakt hatten? Was wäre das Schlimmste, was sie tun könnte?

Nun, sie könnte das Nestmodell beenden, mit den Kindern in der Trinity Avenue bleiben und mich Vollzeit in die Wohnung verbannen. Vielleicht nicht einmal das. Sobald die Notwendigkeit zum Sparen weniger dringlich würde, würde ich auf die Straße gesetzt werden, ein weiterer trauriger Mistkerl, der bei Freunden oder seinen Eltern lebte. Penge. Kindermahlzeiten. Frömmigkeit.

Jetzt weiß ich natürlich, wie glücklich ich mich hätte schätzen können, diese Konsequenz zu tragen. Mit Fi hätte ich verhandeln können. Selbst wenn ihr Geduldsfaden gerissen wäre, war sie kein Monster. Außerdem schützte das Gesetz die Besuchsrechte von Vätern, und viel miesere Kerle als ich hatten regelmäßig Kontakt zu ihren Kindern.

Und so fuhr ich nach Hause, wobei ich geschickt die Hauptverkehrsstraßen mied, wie ich es beim Fahren ohne Führerschein gelernt hatte, und benutzte stattdessen die nicht mit Verkehrskameras ausgestatteten Parallelstraßen, lange Anliegerstraßen wie die Silver Road in Thornton Heath, in der ich mich befand, als ich von einem weißen Toyota ausgebremst wurde.

Ich begann, ihm mit der Lichthupe Beine zu machen. Könnten Sie ihn mir am Montag vorbeibringen? , schoss es mir durch den Kopf, und bei der Erinnerung an Saskias Stimme, tief und sirupartig, als wäre die Personalabteilung Psychotherapie, nicht Bürokratie, verlor ich die Geduld und scherte aus, um den Kerl zu überholen. Es hätte mich nicht ärgern dürfen – natürlich hätte es mich nicht ärgern dürfen –, aber wäre ich die Sorte Mensch, die sich normalerweise in Zurückhaltung übt, dann wäre ich überhaupt nicht in dieser Stimmung gewesen; ich wäre darüber, was ich zu Saskia oder Fi sagen würde, nicht so aufgewühlt gewesen; ich hätte meinen Führerschein nicht verloren; ich hätte nicht gesetzeswidrig hinter dem Steuer gesessen. Ich hätte mich nicht von meiner Frau entfremdet. Doch ich war diese Sorte Mensch: krank vor Selbstmitleid, angestachelt von dem dringlichen, kleinkarierten, kurzfristigen Bedürfnis, die Oberhand über einen Fremden zu gewinnen.

Offensichtlich war er vom gleichen Schlag, denn genau in dem Moment, als ich mich vordrängeln wollte, gab er Gas und zwang mich, gleichauf zu fahren und meinen Überholversuch zu beenden. Für ein oder zwei Sekunden fuhren wir nebeneinander her, unsere Wagen nur Zentimeter voneinander entfernt. Ich wusste, dass er mich finster anstarrte und wüst beschimpfte, und beeilte mich, ein höhnisches Grinsen aufzusetzen, bevor ich nach links blickte. Er war genau die Art Kerl, für den ich ihn gehalten hatte: hartes Kinn, harte Augen, fest gebaut, wie eine Waffe. Und nicht nur finster dreinblickend, sondern wutschnaubend. Der Adrenalinrausch, der mich überschwemmte, als ich seinem Zorn trotzte, war so überwältigend, dass sämtliche Vernunft in der Sturzwelle mitgerissen wurde. Als ich den Fuß in einem zweiten Überholversuch nach unten drückte, spürte ich, wie sämtliche Angst und Ohnmacht der vergangenen paar Monate mit einem Schwall freigesetzt wurden.

Dann, als wir die Kreuzung erreichten, bemerkte ich das Auto auf mich zukommen, änderte meine Meinung und bremste ab, durchaus bereit, meine Niederlage einzuräumen, mich brav hinter ihm einzureihen und den Anblick eines Fingers in Siegerpose zu erdulden. Doch so nahm die Sache nicht ihren Lauf. Zu meiner Verwunderung bremste er ebenfalls ab und vereitelte meinen Versuch, mich hinter ihn fallen zu lassen, und wir fuhren weiterhin nebeneinander her, so parallel, als wären die Autos miteinander verbunden. Jede Meile pro Stunde, die ich mein Tempo drosselte, tat er es mir gleich – wir fuhren dreißig, fünfundzwanzig, zwanzig –, und dennoch schien das sich uns nähernde Auto, ein unschuldiger kleiner Fiat 500 mit winziger Kühlerhaube, nicht langsamer zu werden, während sein Fahrer wahrscheinlich entweder darauf vertraute, dass wir die Sache rechtzeitig regelten, oder nicht voll konzentriert war, bis uns plötzlich keine Zeit mehr blieb. Einer von uns musste die Spur wechseln, andernfalls würden wir frontal zusammenstoßen. Der Fiat scherte in allerletzter Sekunde scharf nach links aus und schien sogar noch zu beschleunigen, anstatt zu bremsen, bevor er mit voller Geschwindigkeit und kreischenden Reifen von der Straße abkam und in eine Einfahrt mit einem parkenden Auto knallte.

Die Wucht schleuderte das parkende Auto gegen die Fassade des Hauses. Das Geräusch war entsetzlich. Nicht nur ein lautes Krachen, sondern ein metallisches Zermalmen, ohrenbetäubend selbst durch geschlossene Fenster – weiß der Himmel, wie es sich im Freien angehört haben mochte. Jetzt wechselte ich in die richtige Spur, wagte jedoch nicht, einen Blick über die Schulter auf den Trümmerhaufen zu werfen, bevor ich an den Straßenrand fuhr. Kurz vor mir wartete der Toyota im Leerlauf, und ich sah, dass der Typ sein Handy in der Hand hielt, höchstwahrscheinlich, um Hilfe zu rufen. Dann sah ich – ich konnte es kaum glauben –, wie die Bremslichter ausgingen und der Wagen davonbrauste.

Ich saß da, wie festgefroren vor Entsetzen, während mir Galle die Kehle hochkroch, das Flehen in meinen Ohren eine schrille, verzweifelte Version meiner eigenen Stimme:

Reiß dich zusammen. Kehr um.

Fahr zurück. Steig aus dem Scheißauto und hilf.

Ruf wenigstens einen Krankenwagen!

Sofort!

Meine Hände zappelten, stöberten in meinen Taschen, auf dem Armaturenbrett, im Seitenfach der Fahrertür voller Kaffeebecher und zerbrochenem Plastikspielzeug nach meinem Handy. Vielleicht lag es auf der Rückbank. Mein rechter Fuß drückte auf das Bremspedal, da begann mein Bein zu zucken. Ich zog die Handbremse, drehte mich nach hinten, um über meine linke Schulter zu greifen, doch der Sicherheitsgurt verhakte sich.

In diesem Moment erinnerte ich mich, wer ich war. Ich war ein Mann mit einem Fahrverbot, auf der Straße ohne Versicherung, gesetzeswidrig, wahrscheinlich über der Promillegrenze. Ein Mann mit Vorstrafen (dazu kommen wir später). Was eben passiert war, war in jeglicher Hinsicht Gefährdung des Straßenverkehrs, abgesehen von dem Personenschaden und der Sachbeschädigung. Wie man das Blatt auch drehte und wendete – ich müsste mit einer Haftstrafe rechnen. Schande. Gefängnis. Gewalt. Leo und Harry, die mir weggenommen wurden. Das Ende von allem.

Atme. Denk nach . Die Straße vor mir war leer, der Gehweg verwaist. Der Toyota war längst über alle Berge. Wie benommen, kaum fähig zu einem bewussten Gedanken, löste ich nun die Handbremse, drückte das Gaspedal durch und schoss los.

Wie durch ein Wunder konnte ich fünfzig Meter bis zur nächsten Kreuzung fahren, ohne dass mir jemand in der Gegenrichtung begegnete. Das einzige fahrende Auto, das ich ausmachte, war in meinem Rückspiegel. Der Fahrer war offensichtlich an die Unfallstelle gekommen und hatte zum Helfen angehalten, genau wie es jeder normale Bürger tun würde.

Als ich in den Seitenspiegel sah, bevor ich nach links abbog, erwartete ich Rauch oder einen anderen Hinweis auf Blutvergießen zu sehen, doch da war nichts. Nur dieselben Hausdächer, derselbe Himmel.

»Fionas Geschichte« > 00:57:22

Am dritten Freitag richtete ich es mir so ein, dass ich über Nacht bei Freunden in Brighton blieb. Obwohl ich keine offizielle Strategie verfolgte, versuchte ich erneut, Zeit allein in der Wohnung zu vermeiden – und das trotz meiner Abgeschlagenheit nach einem Ausflug mit Alison, ganz zu schweigen von dem schlechten Gewissen, das mich wegen all der unnötigen Ausgaben plagte.

Als Bram für die Sieben-Uhr-Übergabe das Haus betrat, war er in gedrückter Stimmung, und ich nahm an, dass auch er sich noch an dieses neue System anpassen musste und wie ich Probleme mit dem Feinschliff hatte, wo die Theorie mit der Praxis kollidierte.

»Es dauert ein bisschen, sich daran zu gewöhnen, hm?«, sagte ich. Zwar wollte ich mit ihm nicht allzu kumpelhaft umgehen, doch gleichzeitig wurde mir klar, dass er der einzige Mensch auf der Welt war, der genau wusste, wie ich mich fühlte.

»Hä?«

»Das hier . Das neue Wir.«

Bevor er etwas erwidern konnte, tauchten die Jungen aus ihren Zimmern auf, Harry zuerst, dann Leo, der sich jedoch mit ausgefahrenen Ellbogen an seinem Rivalen vorbeidrängen wollte und das Manöver falsch einschätzte, sodass sie in einem Durcheinander aus ausgefahrenen Ellbogen bei uns ankamen.

»Daddy, wir bleiben lang wach, nicht wahr? Nicht wahr?«

»Halt die Klappe, Harry«, fauchte Leo ihn an.

»Halt du die Klappe!«

»Ich hab’s zuerst gesagt. Aber wir bleiben lang wach, nicht wahr?«

Ganz offensichtlich hatte es sich so eingespielt, dass Brams Abende Spaß bedeuteten, gefolgt von der Strenge der Schulabende, meinen Abenden. Dies war, so hatte Rowan uns gewarnt, eine unvermeidliche Folge dessen, wie wir die Woche aufgeteilt hatten, und ich durfte nicht vergessen, dass es kein Beliebtheitswettbewerb war. Bram und ich waren Verbündete, keine Gegner. Zwar kein Paar mehr, aber immer noch Partner.

»Nicht zu lang«, sagte ich zu den Jungs. »Aber das entscheidet Daddy, er ist verantwortlich. Alles okay bei dir, Bram?« Jetzt bemerkte ich die verräterische Blässe eines tödlichen Katers.

»Na klar. Du kennst diese Teambuilding-Tage, an deren Ende dir jeglicher Lebenswille abhandenkommt.«

Ich nickte, während mein Mitleid schwand. Mir war nicht bewusst gewesen, dass er bei einem Workshop gewesen war, aber wenn er dumm genug war, sich am Abend zuvor volllaufen zu lassen, was erwartete er dann? Allerdings war einer der Vorteile unserer Trennung, dass ich nicht mehr verpflichtet war, seinem Jammern über die Arbeit zuhören zu müssen (ebenso wenig wie er meinem, also sei’s drum). Solange wir beide unseren finanziellen Verpflichtungen nachkamen und die Bedingungen und Vereinbarungen respektierten, hatten wir in dieser Hinsicht einen Freibrief. »Irgendetwas, das ich wegen der Wohnung wissen sollte?«

»Nein.« Er hatte sich wieder gesammelt. »Das Heißwasserproblem scheint sich gelöst zu haben. Es steht eine Milch im Kühlschrank, die sollte noch bis morgen in Ordnung sein.«

»Danke, aber ich werde erst im Lauf des morgigen Tages dort sein. Ich fahre heute Abend nach Brighton.«

Bram wirkte leicht erschrocken. »Fährst du mit dem Auto?«

»Nein, ich hatte angenommen, du bräuchtest es morgen zum Schwimmen, und Leo hat eine Party in Dulwich, schon vergessen? Ich nehme den Zug. Ich besuche Jane und Simon«, fügte ich hinzu, obwohl er nicht gefragt hatte. Wahrscheinlich stand es im Handy-Kalender, für den Fall, dass es ihn interessierte. »Gebt Mami einen Abschiedskuss«, sagte ich in dem Versuch, Harry und Leo zu mir zu locken, doch sie entwanden sich meiner Zuneigung.

»Nur Jungs erlaubt«, sagte Harry mit fröhlicher Kaltschnäuzigkeit.

#OpferFiona

@IngridF2015: Er hat offensichtlich ein Alkoholproblem, die arme #OpferFiona muss das jetzt wohl ausbaden.

@NJB urton @IngridF2015: Oder er ist einfach ein ganz normaler Mann und sie ein scheinheiliges Miststück?

@IngridF2015 @NJB urton: Wie bitte?!? Sie ist hier das Opfer. #OpferFiona, klingelt da was?

Bram, Word-Dokument

Während ich an diesem Abend mit den Jungen einen Anime-Film schaute, verkniff ich mir, mein Handy oder Laptop zu benutzen, um nach Berichten über den Unfall zu suchen, was eine quälende Warterei bis zu den Lokalnachrichten in News at Ten bedeutete.

Nichts. Durfte ich dann etwa hoffen, dass sämtliche durch den Unfall verursachten Verletzungen nicht ernst, ganz zu schweigen tödlich gewesen waren? Durfte ich mir dann etwa eine Gestalt ausmalen, die sich wankend vom Fahrersitz erhob, mitgenommen, aber unversehrt? Eine Gestalt, deren Fokus während des Vorfalls auf den unverantwortlichen Verkehrsrowdy im Toyota und nicht auf den rücksichtslos überholenden Audi gerichtet gewesen war? Immerhin war die ganze Angelegenheit innerhalb weniger Sekunden passiert, zu schnell und zu schrecklich, als dass einer von uns sich an sämtliche Details hätte erinnern können.

Andererseits erinnerte ich mich an sämtliche Details.

Ich erinnerte mich an die Marke des verunglückten Autos, das Modell, selbst das Jahr der Registrierung: 2013.

Ich erinnerte mich an den Umstand, dass auf den Vordersitzen nicht nur eine Person, sondern zwei gesessen hatten.

Ein Erwachsener und ein Kind.