5 Niklas

Na, das hab ich ja ordentlich in den Sand gesetzt, dachte Niklas, als Tobias gegangen war. Aber der hatte das Angebot zumindest nicht sofort abgelehnt, sondern versprochen, sich die Sache zu überlegen. Niklas meinte, bei ihm sogar einen Funken Abenteuerlust gespürt zu haben. Beim Abschied hatte er jedenfalls erstaunlich freudig gewirkt. Das hätte Niklas sich eigentlich von seiner Schwester gewünscht, aber leider war das wohl nach hinten losgegangen.

Konnte es sein, dass er sich vollkommen in ihr getäuscht hatte? Lag Freya überhaupt nichts an ihrer Familie? War sie womöglich wirklich nicht bereit, es mit ihm zu versuchen?

»Du musst ihr halt einen Anreiz bieten«, hatte Tobias zum Abschied gesagt, als sie draußen am Auto standen. Dort hatte Freya sie nicht hören können.

»Wie soll das gehen? Soll ich ihr etwa eine Prämie in Aussicht stellen für jeden Monat, den sie durchhält? Darauf pfeif ich.«

»Blödsinn. Überleg dir was, zu dem sie nicht nein sagen kann. Was wünscht sie sich denn am allermeisten?«

Das war nicht schwer zu erraten. Aber das konnte Niklas nicht einmal mit dem besten Freund teilen. Weil es zu persönlich war und die gesamte Misere der Familie Siebert darin begründet lag. Nicht mehr und nicht weniger. Freya wollte nichts sehnlicher, als ihren Frieden mit der Vergangenheit zu schließen. Dafür musste sie herausfinden, was vor zwanzig Jahren genau geschehen war und zu ihrem Umzug nach Schweden geführt hatte. Auch für Niklas war das ein sensibles Thema, hatte dieses Ereignis ebenfalls das Ende seiner Kindheit bedeutet. Bislang hatte er es gut verdrängt, und am liebsten würde er auch nie wieder darüber nachdenken. Aber er wusste, für Freya käme das niemals in Frage. Sie würde erst zur Ruhe kommen können, wenn sie bis zur Wahrheit durchgedrungen wäre, auch wenn sie dafür im tiefen Morast der Gerüchte und Mutmaßungen graben musste. Mutig müsste sie dafür sein. Er dachte an Antonia vom Dorfcafé. Wenn sogar sie, die nun wahrlich keine Ahnung vom damaligen Unglück hatte, sich zwei Jahrzehnte später noch das Maul zerriss, konnte das nur in einer üblen Schlammschlacht enden. Aber, wenn er ehrlich war, durfte selbst das seine Schwester nicht davon abhalten, der Wahrheit nachzuspüren. Und Niklas würde tun, was in seiner Macht stand, um sie zu unterstützen. Plötzlich war ihm klar, dass das der einzige Weg war – für Freya und für ihn. Für sie beide. Aber wie sollte er ihr das nahebringen?

»Verdammt!«

Der Sturm hatte draußen die Stühle umgeworfen. Niklas rannte in den Garten, klappte einen nach dem anderen zusammen und stellte sie an die Hauswand. Feuchtigkeit drang durch seine Schuhe. Es dämmerte. Fröstelnd warf er einen Blick zum Haus. In Freyas Zimmer ging das Licht an.

Wie immer, wenn er allein sein wollte, ging er hinüber ins Bruthaus am Seeufer, an der Grenze zu Onkel Georgs Wiese. Er beugte sich über eines der Aufzuchtbecken und warf den kleinen Fischen darin Futter zu.

In Gedanken versunken stand er und starrte ins Wasser. Freya musste bleiben. Nicht nur wegen des Fischerflecks , sondern um endlich glücklich zu werden. Das hatte Papa schon gut erkannt. Wie sollte er sie nur dazu bewegen? Was würde sein Vater ihm raten?

Wenige Tage später rief der Rechtsanwalt an, um nachzufragen, ob sich die Geschwister Siebert schon entschieden hätten.

»Allzu lang könnt ihr es nicht mehr aufschieben. Nachdem sich das Ganze in Windeseile herumgesprochen hat, habe ich gestern schon einen Anruf vom Diözesanbüro bekommen.«

Ärger kochte in Niklas hoch. »Sag bloß, die Kirche drängelt.«

»Klar, was denkst du denn? Es geht um das Sahnestück am See. Das hätten alle gern. Die Bank hat sich auch schon bei mir gemeldet und nachgefragt, wer es jetzt bekommen wird und ob derjenige vorhat zu verkaufen.«

»Das ist ja nervend.«

»Du sagst es. Am besten wäre es, wenn ihr euch zügig entscheidet, das Erbe anzutreten. Damit könntet ihr all dem ein Ende bereiten.«

»Wir melden uns in den nächsten Tagen, Hubert. Versprochen. Freya und ich sind fast so weit.«

Wie unglaubwürdig sich das anhörte, merkte er selber. Niklas Siebert war noch nie ein guter Lügner gewesen. Eigentlich gab es nichts, was ihn mehr anwiderte als Unehrlichkeit.

Oben klingelte Freyas Handy. Nachdem er sich vom Rechtsanwalt verabschiedet hatte, stieg Niklas langsam die Treppe hinauf. Jeder Schritt fiel ihm schwer. Die Tür zu ihrem Zimmer stand ein Stück weit offen, und er hörte seine Schwester sprechen. Auf Schwedisch. Er verstand noch immer ein paar Brocken, weil Freyas Mutter damals mit den Kindern konsequent in ihrer Muttersprache geredet hatte. Sie hatte die Tochter zweisprachig erziehen wollen, und Niklas hatte natürlich mitgelernt.

Es war wieder dieser Oskar. Der Kerl war echt hartnäckig. Freya klang aufgebracht. Es ist endgültig aus, verstand Niklas. Das gab Grund zur Hoffnung.

Seine Schwester beendete das Gespräch. Als er ins Zimmer trat, sah er, wie sie das Handy wütend aufs Bett schmiss.

»Kannst du nicht anklopfen?«, herrschte sie ihn an.

»Tut mir leid. Die Tür war offen.«

»Was willst du?« In ihren Augen standen Tränen.

»Noch mal mit dir reden. Hubert Schneider hat gerade angerufen.«

»Der Anwalt?«

Niklas nickte. »Offenbar haben ihn die Kirche und auch die Bank bereits kontaktiert, und beide wollen sich den Fischerfleck unter den Nagel reißen.«

Mit einem Seufzen ließ sich Freya aufs Bett fallen, zog die Beine an und schlang ihre Arme um die Knie. Unschlüssig stand Niklas an der Tür, erst als Freya ihm auffordernd zunickte, setzte er sich neben sie.

»Ich weiß, es steht mir nicht zu, mich in deine Privatangelegenheiten zu mischen, aber ich habe das Gespräch eben teilweise mit angehört. Jemand, der dich hintergangen hat, sollte keine Rolle bei einer Entscheidung spielen dürfen, die deine Zukunft betrifft. Dieses Privileg steht ihm nicht zu. Vor allem, wenn es um etwas derart Wichtiges geht wie das Erbe unserer Familie, Freya. Wir haben nur noch uns, so abgedroschen dieser Satz auch klingen mag, am Ende des Tages ist es das, worauf es ankommt. Und ob uns das gefällt oder nicht, wir müssen damit klarkommen.«

Sie sah ihn aufmerksam an. Die Tränen in ihren Augen waren getrocknet.

Niklas schöpfte Hoffnung. »Falls du mir, falls du uns eine Chance gibst, verspreche ich, dir bei der Suche nach der Wahrheit zu helfen. Wir werden nicht nur den Fischerfleck weiterführen, sondern mit der Vergangenheit aufräumen. Ein für alle Mal. Das ist wichtig für uns beide. Ich lass dich nicht allein.«

Er atmete tief durch. Was er gesagt hatte, kam von Herzen.

Freya saß ganz still, dann atmete sie tief ein und griff nach seiner Hand. »In Ordnung. Wir machen es.«

»Sicher?«

Sie nickte. Erleichterung durchströmte ihn, und am liebsten hätte er sie in seine Arme geschlossen. Er traute sich nicht. »Danke.«

»Es gibt keinen Grund, mir zu danken. Ich stelle mich nur meiner Verantwortung – genauso wie du es tust.«

»Aber dass du dich ihr stellt, ist nicht selbstverständlich.«

»Sollte es das nicht sein?«, fragte sie leise. »Wir sind eine zutiefst verkorkste Familie, Niklas.«

Darauf gab es keine beschönigende Antwort. Außer vielleicht, dass man sich jeden Tag neu entscheiden konnte. Dass man sein Leben in die Hand nehmen, die Vergangenheit hinter sich lassen konnte. Aber das waren Weisheiten, an die er selbst nicht recht zu glauben wagte. Doch in diesem Augenblick neben seiner Schwester zu sitzen und die Hoffnung zu haben, dass sie tatsächlich bleiben würde, gab ihm Zuversicht. Es löste keine Freudenstürme aus – dafür waren sie beide in der Tat zu verkorkst – aber es war ein Anfang.

Knapp drei Wochen später saß Tobias Wolf mit Freya und Niklas wieder am großen Küchentisch.

Die Stimmung war eine andere. Alle drei wussten, worum es ging.

Das machte Niklas auf eine freudige Art nervös, die er so von sich nicht kannte. Bis vor kurzem war sein Leben ruhig und relativ gleichförmig verlaufen. Zumindest als er mit dem Vater allein im Fischerfleck gewohnt hatte. Da hatte er sich, mit Anfang dreißig, tatsächlich schon manchmal gefragt, ob das alles war. Er hatte sich nach Neuem, nach Aufregung gesehnt. Das bekam er nun, und zwar reichlich.

»Ich möchte mein Angebot an dich, Tobias, heute vor euch beiden erläutern«, begann er. »Nachdem Freya sich glücklicherweise dazu durchgerungen hat, es mit mir Eigenbrötler und dem Familienunternehmen zu versuchen, hoffe ich, auch dich, als meinen besten Freund, überzeugen zu können. Mir ist natürlich bewusst, dass wir dir nicht das Gehalt bezahlen können, das du in München verdienst. Deswegen …«, er machte eine Pause und blickte von einem zum anderen, »… deswegen möchte ich dir, Tobias, eine Beteiligung am Fischerfleck vorschlagen. Wir alle drei werden Geschäftsführer, teilen uns das Risiko und den Gewinn. Ich weiß, das ist gewagt, aber es könnte auch was Großes draus werden. Die Chancen stehen fifty-fifty. Was meinst du, Tobi?«

Es wurde still. Niklas hoffte inständig, dass Tobias sich die Sache schon grundsätzlich hatte durch den Kopf gehen lassen und dass dieser Vorschlag ihn überzeugen würde. Immerhin hatten sie einiges zu bieten. Und Niklas kannte seinen Freund. Neben beruflichem Erfolg wünschte sich Tobias zwei Dinge. Erstens, nicht ewig Angestellter zu sein. Und zweitens, endlich wieder am Walchensee zu leben. Beides würde sich mit dem Fischerfleck erfüllen. Tobias schwieg lange, und auf seinem Gesicht zeichnete sich ab, wie sehr er mit sich rang. Aber zumindest lehnte er nicht rundheraus ab.

»Zugegebenermaßen fühle ich mich in München nicht wohl. Ich bin ein Kind der Berge, so abgedroschen das klingt. Der Englische Garten und der Eisbach reichen mir nicht. Ich will jeden Tag raus auf den See können oder wandern, Serpentinen rauf und runter radeln. Immer mehr merke ich, dass mich mein Beruf zwar herausfordert, aber nicht mit Freude erfüllt, weil ich keinen privaten Ausgleich habe.« Er stockte. »Also ja. Ich wäre wohl dazu bereit, vorübergehend finanzielle Abstriche zu machen, wenn mich euer Konzept überzeugt.«

Zuerst hatte Niklas noch erleichtert gelächelt, jetzt warf er seiner Schwester einen Blick zu, mit dem er sie zum Weiterreden aufforderte. Plötzlich zitterten seine Hände. Das Ganze nahm ihn doch mehr mit als erwartet. Er war einfach kein Pokerface und würde nie eines werden.

Wie gut, dass Freya während ihrer schlaflosen Nächte pausenlos gegrübelt hatte. Mehrere neue Ansätze waren ihr eingefallen, wie der Fischerfleck zu retten wäre, und sie hatte ihrem Bruder alle dargelegt. Letztendlich geeinigt hatten sie sich auf etwas, zu dem Jonas Hirschbergs Surfcenter den Anstoß gegeben hatte, auch wenn Niklas dieser Umstand nicht so ganz recht war.

»Unser Konzept? Das werde ich dir sofort erklären«, sagte Freya. »Aber zuerst gibt es eine kleine Brotzeit. Bleibt sitzen, ich kümmere mich darum.«

Niklas bemerkte Tobias’ verdutzten Blick, als Freya zum Kühlschrank ging und eine Flasche Champagner herausholte, die sie kürzlich darin entdeckt hatte. Nie hatte irgendjemand im Fischerfleck Champagner bestellt, nicht mal einen Sekt, der auch noch irgendwo lagerte. Bier und Limo, höchstens eine Weinschorle, mehr ging nicht. Sie öffnete die teure Flasche, füllte drei Gläser und servierte dazu Räucherfisch, etwas aufgeschnittenen Speck und Brot.

»Findest du, das passt zusammen?«, fragte Niklas.

Tobias stutzte. »Eigenwillige Kombi, würde ich sagen. Aber Kreativität in der Küche ist gut.«

»Dann darf es zum selbst gefangenen Saibling aus dem See, Speck vom Bioschwein und frisch gebackenem Natursauerteigbrot ruhig ein edles Tröpfchen sein?«

»Von mir aus gerne. In München ist das sowieso ein Trend, Traditionelles mit Exotischem oder Edlem zu kombinieren.«

»Könnte das in Walchensee auch funktionieren?«, fragte Freya.

»Wie meinst du das?«

In ihre blauen Augen trat Begeisterung. Niklas fand, sie sah mit einem Mal verändert aus. Tobias offenbar auch, denn er hing geradezu an Freyas Lippen.

»Das ist unser neues Konzept. Wir stellen komplett um. Kein billiger Wurstsalat mehr und keine Radlerhalbe aus der Flasche.«

»Ich war erst skeptisch, als Freya mir das vorgeschlagen hat«, gab Niklas zu. »Teuer aufgeblasene Schmankerl gibt es überall. Was soll daran neu sein, habe ich gefragt.«

»Die Kombination aus Traumlage am See mit hervorragenden eigenen Produkten und gehobener Getränkekarte. Nicht nur gut, sondern das Beste. Ich war nämlich bei Jonas Hirschberg im Wassersportcenter«, holte Freya aus. »Und das hat mich nachdenklich gemacht. Wisst ihr, was der für hochwertiges Equipment anbietet! Ausschließlich die modernsten Boards, eine riesige Auswahl. Und dafür verlangt er ordentlich. Genauso wie für alles andere in seinem Shop. Weil er die Nummer eins am See in seiner Sparte ist. Und wir können es in unserer sein. Wenn wir uns von der Masse an Gasthöfen, Biergärten und Brotzeitstationen abheben wollen, müssen wir etwas anderes bieten. Champagner zum Räuchersaibling und Hummer zum Bier. Bayern meets Saint-Tropez, quasi. Spitzenfisch, edle Tropfen, chillige Musik und ein Ambiente, in dem der gestresste Großstadtmensch die Seele baumeln lassen kann. Nur weil wir hier in den beschaulichen Bergen sind, heißt das nicht, dass wir keinen coolen Style haben.« Erwartungsvoll sah sie in die Runde.

»Wer soll das teure Zeug denn bestellen?«

»Berechtigte Frage, Tobias. Eine neue Sorte von Gästen, um die sich derzeit niemand am Walchensee kümmert. Junges, hippes Publikum. Zahlungskräftige Münchner, die übers Wochenende rausfahren, zwar ein wenig wandern, es sich aber in erster Linie gut gehen lassen wollen.«

»Die kommen aber doch nicht bis hierher.«

»Doch. Ich habe gesucht und sie gefunden.« Freya setzte sich wieder. Sie war von ihrer Idee überzeugt, das war ihr anzumerken, und sie hatte mit ihrer Begeisterung auch Niklas überzeugt. Natürlich waren sie sich bewusst, dass sie ein Risiko eingingen. Am Walchensee war das meiste auf Wanderer und Sportler ausgelegt. Das Essen deftig, die Lokale einfach. Aber das musste nicht heißen, dass nichts anderes möglich war. »Ausschließlich die Hirschbergs kümmern sich bisher um Gäste der gehobenen Kategorie. Auf deren Parkplatz vorm Hotel parken die teuren Schlitten einer neben dem anderen. Und als ich entlang der Hauptstraße gegangen bin, sind mir die ganzen SUVs und Sportwagen aufgefallen, die an mir vorbeigekommen sind. Es gibt unzählige Villen, Ferienhäuser und Wohnungen hier, deren Besitzer und Mieter auch essen und trinken. Die Kaufkraft ist vorhanden, ganz eindeutig. Wir müssen nur das Potenzial ausschöpfen und den Leuten ein entsprechendes Angebot machen.«

Tobias gab einen langgezogenen Brummton von sich, stand auf und lief in der Küche auf und ab – einmal, zweimal –, dann blieb er vor Freya stehen.

»Ja«, sagte er mit Bestimmtheit. »Das könnte funktionieren.«

»Könnte?« Niklas reichte das nicht. Er wollte eine eindeutige Zusage von seinem Freund.

»Wird. Es wird funktionieren. Ich finde den Vorschlag deiner Schwester großartig. Walchensee braucht nicht noch einen Biergarten, sondern etwas Exklusives. Damit kenne ich mich aus. Wir müssen den einzigartigen Zauber aus dieser Location rauskitzeln. Den Rest machen wir mit eurem Charme und meinen Kochkünsten.« Tobias klang überzeugt.

»Du solltest wissen, dass wir momentan nicht viel in Umbauarbeiten investieren können. Was sagst du zur Küche?«

»Vorübergehend würde ich damit klarkommen. Wenn es dann angelaufen ist, wäre es sicher sinnvoll zu modernisieren. Aber solange noch keine größeren finanziellen Sprünge möglich sind, würde es so gehen.«

»Heißt das, du machst mit?«, fragte Freya ein wenig atemlos. Sie stellte sich vor Tobias und sah ihn erwartungsvoll an.

Er hielt ihrem Blick gut stand, und Niklas merkte, dass die beiden wesentlich bessere Verhandler waren, als er. Womöglich war das Testament seines Vaters doch nicht so verrückt. Freya schien von ihnen beiden die Geschäftstüchtigere zu sein. Und sie brauchten unbedingt Tobis Knowhow, ohne ihn würde es nicht funktionieren. Niklas sah auf seine Finger. Bekam er gerade Schwitzhände?

»Dein Bruder hat mich bereits vor einigen Tagen gebeten, mir die Sache zu überlegen. Das habe ich. Und da war für mich schon klar, dass ich ins kalte Wasser springen würde, wenn mich euer Konzept überzeugt.«

»Also?«

Tobias streckte Freya die Hand hin. »Ich bin dabei.«

Sie schlug ein.

Niklas sprang auf und umarmte seinen Freund, klopfte ihm begeistert auf den Rücken und lachte. »Mann, gute Entscheidung! Das wird was!« Erleichterung durchflutete ihn, auch seine Schwester wirkte, als sei ihr eine Zentnerlast vom Herzen gefallen. Niklas legte seine Arme um die Schultern der beiden und führte sie zurück an den Tisch. »Draußen können wir viel selber machen. Die Bestuhlung zum Beispiel. Wenn ich die abschleife und neu streiche, macht sie gleich mehr her.«

Freya fand den Vorschlag gut. »Dazu ein paar schöne Kissen und Tischdecken, hübsche Deko und vielleicht eine Außenbar mit einer Loungeecke …«

»Loungeecke? Das klingt nach Schnöseln mit gegeltem Haar und teurer Uhr am Handgelenk, die der Herr Papa bezahlt hat.« Niklas verzog das Gesicht.

»Genau die brauchen wir«, fiel Tobias ein. »Von denen kenne ich in München einige. Wenn wir die kriegen, läuft die Sache. Wo einer von denen hinkommt, ziehen die anderen hinterher. Und in den Kreisen spricht sich das schnell rum. Außerdem, so übel sind die gar nicht. Mit vielen von denen kann man durchaus eine gute Zeit haben.«

»Ihr wollt aus dem Fischerfleck ein Schickimicki-Lokal machen?« Darüber würde Niklas doch noch mal sprechen wollen. Denn davon war bisher nicht die Rede gewesen. Gehobene Gastronomie, ja. Aber doch keine Champagnerflaschen schwingenden Söhnchen.

Freya und Tobias sahen einander an. »Ganz genau«, sagten sie wie aus einem Mund.

»Und damit das klar ist«, setzte Freya hinzu, »wir müssen alle voll dahinterstehen. Wenn die Leute hier im Dorf sich darüber aufregen, was sie wahrscheinlich tun werden, rudern wir nicht zurück. Jonas Hirschberg schämt sich auch nicht für seine Tiki-Alm, und die ist echt geschmacklos. Wir ziehen die Sache gemeinsam durch und geben alles. Nur so wird es funktionieren. Einverstanden?« Sie hob ihr Glas an. Niklas und Tobias griffen ebenfalls nach ihren Gläsern.

Na gut, dann schlugen sie eben ein neues Kapitel auf, und er würde seine Komfortzone verlassen. Wenn seine Schwester und Tobias sich das zutrauten, würde er hinter den beiden nicht zurückstecken.

»Auf den Fischerfleck