Am darauffolgenden Morgen flutet Sonnenlicht das Gästezimmer durch das Fenster wie das sanfte Licht einer Laterne – gelblich und eigenartig verschwommen. Nino liegt vollkommen still in den weichen Daunen des Bettes und blinzelt. In aller Ruhe sieht er sich in dem ordentlichen Zimmer um.
Er ist im Haus eines anderen reinblütigen Vampirs.
Die nächsten drei Tage wird er Nachforschungen über den Ablauf einer Verbindung anstellen.
Dann wird er nach East Sussex reisen, um einem archaischen Ritual auf Hertsmonceux Castle beizuwohnen.
»Was zur verdammten Hölle mache ich hier eigentlich? Wem gehört dieses Leben?«
Tief atmet Nino ein und nimmt dabei den unterschwelligen, rosigen Duft seines neuen reinblütigen Bekannten wahr. Harukas Essenz durchtränkt jeden Zentimeter seines Heims, das zwischen einem dichten Wald auf der Vorderseite und einem weiten, offenen Moor auf der Rückseite liegt. Das Äußere besteht aus grauem Stein mit weißen Verzierungen. Es wirkt wie ein Haus aus einer Weihnachtsgeschichte für Kinder. Nur sind die Flure nicht geschmückt und nirgendwo hängen Mistelzweige.
Nino weiß noch nicht, wie das alles ausgehen wird, aber jetzt ist er hier.
Es gibt kein Zurück. Sein Bruder hat recht. Nino hat seine Heimat verlassen, um zu wachsen und unabhängiger zu werden. Und eine perfekt geeignete – wenn auch seltsame –
Gelegenheit hat sich ihm präsentiert. Er muss das Beste daraus rausholen. Und das wird er.
Er steigt aus dem Bett, zieht sich eine Jeans und einen warmen Pullover an und geht nach unten. Er braucht Kaffee. Nachdem Asao ihn mit einer Tasse gesegnet hat, bringt er sie nach oben und findet Haruka in der Bibliothek.
Asao hat Nino eine kurze Tour durchs Haus gegeben, als er angekommen ist, aber den beeindruckenden Raum bei Tageslicht zu sehen ist eine ganz andere Erfahrung. Der Rest von Harukas Haus ist gemütlich und relativ bescheiden gehalten, aber die Bibliothek ist um einiges extravaganter.
Sie wird von natürlichem Licht geflutet und die Wände sind mit Regalen aus dunkler Eiche zugestellt, die vollbepackt mit Büchern sind. In einem Bereich befindet sich ein gepolstertes Erkerfenster, von dem aus man die breite Fläche des Moors sehen kann. Die Decke ist hoch und es sind warmleuchtende, moderne Lampen daran angebracht. Eine schwarze Wendeltreppe führt auf eine weitere Etage, die ebenfalls voll mit Bücherregalen ist.
Im oberen Bereich erstreckt sich ein dekoratives Eisengeländer rund um den weiten Bereich. Um für etwas Charakter zu sorgen, wurden weiße Kerzen in antik wirkende Wandleuchter entlang der Bücherregale platziert.
Haruka sitzt an einem eleganten Schreibtisch aus Kirschholz. Hinter ihm ist eine Wand aus farbenfrohen, abgegriffenen Bücherrücken perfekt arrangiert. Sein Pullover mit Zopfmuster hat die tiefrote Farbe eines Burgunders. Als er den Blick hebt, um Nino anzusehen, erkennt dieser dezente Rottöne in dem warmen Braun seiner Augen.
»Guten Morgen«, sagt Haruka.
»Hi.« Nino geht mit angespannten Schritten auf ihn zu. Ihre Unterhaltung beim gestrigen Essen ist überraschend einfach gewesen. Sie haben über alles Mögliche geredet, von aktuellen Geschehnissen in den Nachrichten bis hin zu ihren Lieblingsmusikern. Haruka hat eine ganze Weile über klassischen Jazz geredet, speziell über John Coltrane und Red Garland.
Die Tatsache, dass Nino sich im Haus eines Fremden befindet, macht ihn immer noch extrem nervös – so als würde er blind durch ein unbekanntes Gebiet oder einen dunklen Raum tappen. Er könnte jederzeit auf die Nase fallen.
»Hast du gut geschlafen?«, fragt Haruka.
»Ja, danke. Das Bett ist so weich und das Zimmer wirklich schön. Alles in deinem Haus ist so sauber und ordentlich.«
»Dafür kann ich nicht die Lorbeeren einheimsen.« Haruka lächelt mit einer gewissen Wärme in seinen Zügen. »Asao ist für die Sauberkeit verantwortlich, die du hier vorfindest. Wäre ich auf mich allein gestellt, dann würden die Dinge vermutlich etwas … spontaner gehalten sein.«
Nino lacht und kratzt sich den Hinterkopf. »Ist ›spontan‹ ein Euphemismus für unordentlich?«
Haruka steht mit einem Grinsen auf. »Wie man’s nimmt. Möchtest du frühstücken?«
»Nein, Kaffee reicht. Danke.«
Der stattliche Vampir geht zu einem kleinen, wunderschön gearbeiteten Live-Edge-Beistelltisch, der in der Mitte der Bibliothek in der Nähe eines Sofas steht. Darauf liegt ein dickes, in lohfarbenes Leder gebundenes Manuskript.
»Falls du irgendwas benötigst, lass es mich oder Asao bitte wissen,« sagt Haruka, als er neben dem Tisch ankommt. »Ich bin dankbar, dass du dich entschieden hast, mich bei diesem antiquierten Unterfangen zu unterstützen. Daher wünsche ich wirklich, dass du dich wohlfühlst, solange du hier bist.«
»Du musst dich nicht bedanken … Ich sollte mich bei dir entschuldigen. Ich hätte so oder so helfen sollen. Es tut mir leid, dass ich zuerst abgelehnt habe. Das war egoistisch von mir.«
»Tabula rasa.« Haruka beugt sich vor, um das übergroße Manuskript anzuheben. »Fangen wir einfach von vorne an. Dieses Referenzhandbuch wird dir bei der Vorbereitung auf die Zeremonie hilfreich sein.«
Schnell stellt Nino seine Kaffeetasse auf den Tisch und nimmt Haruka das Handbuch ab. Es ist schwer und bis zum Rand mit vergilbten Blättern gefüllt. Nino geht um den tiefen Tisch herum und lässt sich auf das weiche Sofa fallen. Sobald er bequem sitzt, fährt er mit den Fingern über den geprägten Ledereinband. Er fühlt sich kühl und glatt unter seinen Fingerspitzen an.
Lore and Lust
Hirano Hatakemori | Hirano Hayato | Hirano Haruka
Belege und Analysen vampirischer Verbindungen.
Gesammelte Fälle vom 12. März, Kennin 1202 bis 23. Dezember, Shōwa 1973.
»Lore and Lust ?«, liest Nino. Er sieht von der Couch aus zu Haruka auf. Der Reinblüter sitzt wieder an seinem Schreibtisch. »Ein wenig ironisch für ein uraltes vampirisches Referenz handbuch, nicht?«
Haruka schiebt ein paar Papiere auf seinem Tisch zurecht. »Nicht so uralt. Ich habe es in den 1980ern fertiggestellt. Und der Titel geht auf meinen Vater zurück. Er war … unbestreitbar kokett.«
»Warte mal, du hast das geschrieben?«
»Mit Recherchematerial, das vorrangig von meinem Großvater und meinem Vater zusammentragen worden ist, ja. Ich habe es nur zusammengefasst, abgetippt und geordnet.«
»Unglaublich.« Nino blinzelt fassungslos. »Also … klingt so, als wäre dein Vater ziemlich verspielt und zu Späßen aufgelegt gewesen. Wie der Vater, so der Sohn?«
»Eher nicht«, sagt Haruka, wobei er den Blick auf die Papiere gesenkt hält.
»Lasst Euch nicht von ihm auf den Arm nehmen.«
Nino reißt den Kopf zur Tür herum. Asao trägt gerade ein Bambustablett in die Bibliothek, auf dem ein Teeservice aus schwarzem Lack steht. Als er näher kommt, sieht Nino, dass das Innere der Tassen mit hellem Gold überzogen ist. Außen sind aufwendig gestaltete rosafarbene Kirschblüten aufgemalt.
»Haruka hat definitiv das ruhigere, geduldigere Betragen seiner Mutter«, fährt Asao fort, während er das Tablett auf dem schmalen Tisch vor Nino abstellt. »Aber die Augen und diese sinnliche, verführerische Natur seiner Aura sind ganz Hayato, wenn er sie nur einmal rauslassen wür…«
»Asao, urusai . Damatte kudasai. Sonna no iranai«, wechselt Haruka in seine Muttersprache und wendet sich mit gerunzelter Stirn an seinen Bediensteten. Aber sein Blick ist nicht wütend, sondern vielmehr flehend.
Bitte hör auf damit. Das muss niemand hören. Ninos Lächeln wird noch breiter, als er Harukas Tadel in Gedanken übersetzt. Er ist äußerst fasziniert von der plötzlichen freimütigen Wendung des Gesprächs.
»Harukas Aura ist also wie die seines Vaters?«, fragt Nino auf Englisch. »In der Verbindung meiner Eltern war die vampirische Natur meiner Mutter dominanter, obwohl mein Bruder und ich äußerlich nach unserem Vater kommen.«
»Richtig.« Asao nickt. »Eure Mutter war Japanerin. Könnt ihr die Sprache fließend sprechen und lesen?«
»Fließend sprechen, ja, aber lesen ist schwierig.« Nino seufzt. Er hätte vermutlich mehr üben sollen, als er jünger war. Er hätte vermutlich eine ganze Menge Dinge in seinem Leben tun sollen.
Asao hebt eine Augenbraue und sieht neckisch Richtung Schreibtisch, bevor er auf Japanisch wechselt. »Vielleicht kann Haruka Euch einige Tipps geben, während Ihr bei uns seid? Euch ein wenig Nachhilfe geben?«
Sofort hebt Haruka den Kopf und sieht seinen Bediensteten erneut stirnrunzelnd an, spricht diesmal aber Englisch. »Er ist nicht hier, um Japanisch-Unterricht von mir zu bekommen, sondern für Nachforschungen. Und ich muss diesen mühseligen Vertrag für die Zeremonie fertigstellen. Wenn wir irgendwas brauchen, rufe ich dich .«
Nino beißt sich auf die Lippe, um sein Lächeln zu verstecken. Das ist ganz eindeutig Harukas euphemistische Art ›Verschwinde, verdammt noch mal‹ zu sagen. Asao zwinkert Nino vielsagend zu, bevor er sich umdreht und Richtung Tür geht.
»Ich verstehe, Euer Gnaden«, sagt Asao mit einem unverhohlenen Grinsen. »Nino, möchtet Ihr, dass ich Euch eine Kanne Kaffee anstelle des Tees bringe?«
»Nein, so ist es wunderbar. Danke vielmals.«
»Natürlich. Ihr seid so ein höflicher junger Reinblüter … Vielleicht solltet Ihr derjenige sein, der Unterricht erteilt.«
Haruka beobachtet den älteren Vampir mit gehobenem Kinn, während dieser den Raum verlässt. Sobald er draußen ist, lässt er es wieder sinken und konzentriert sich auf die Papiere vor ihm, als wäre gar nichts gewesen.
Nino unterdrückt ein Lachen. Was für ein interessanter Mann …
Er öffnet den Ledereinband der Abschrift und blättert durch das Inhaltsverzeichnis und andere fachliche Notizen. Dann fängt er mit dem Lesen des ersten großen Abschnitts an.
Artikel I. Blut
Die Grundlage aller vampirischen Verbindungen ist einvernehmlicher, gegenseitiger Austausch von Blut durch einen Biss. Beide Individuen müssen innig voneinander trinken, d. h. die Aufnahme des Blutes muss auf direkte Weise über die Haut erfolgen. Wo genau der Biss gesetzt wird, ist irrelevant. Das Blut darf nicht indirekt oder ohne Einverständnis konsumiert werden, d. h. Gewalt, Zwang, medizinische Extraktion, etc. sind ausgeschlossen.
Gesammelte Fälle empirischer Daten: 11 203
Zusammenfassung der Sammlung: 23. Dezember, Shōwa 1973
Abschnitt 1. Ashikaga Tomoyoshi, Matsunaga Chiyo | Reinblütig | Nagoya, Japan: Erfolgreiche Verbindung nach gegenseitigem einvernehmlichen Blutaustausch über zwei Monate hinweg bestätigt von Hirano Hatakemori, Chosokabe Morihiro, et. al. 27. Februar, Genkyū 1205.
Aufmerksam studiert Nino jeden Eintrag. Sie sind interessant, aber viele ähneln sich sehr. Vom ganzen Lesen altertümlicher japanischer Namen verschwimmt schon sein Blick. Er schüttelt den Kopf, um wieder wach zu werden.
In der Bibliothek herrscht Sti lle. Helles Sonnenlicht wärmt den Raum und kennzeichnet still den Wechsel von Morgen zu Nachmittag. Mit einer heißen Tasse Tee fühlt sich Nino überraschend friedlich, wobei er ab und an kurze Blicke durch das Zimmer zu Haruka wirft. Der Reinblüter konzentriert sich auf die Fertigstellung des Vertrags auf seinem Tisch. Abgesehen vom gelegentlichen Rascheln von Papier verursacht er keine Geräusche.
Abschnitt 5495. Tanaka Miya, Aisha Patel | Erste Generation, Reinblütig | Tokyo, Japan: Erfolgreiche Verbindung nach gegenseitigem, einvernehmlichen Blutaustausch über sechs Monate hinweg bestätigt von Devya Khatri, Nakagawa Rei, et. al. 1. Oktober, Taishō 1912.
»Hm.« Nino legt den Kopf schief und unterbricht zaghaft die lang anhaltende Stille im Raum. »Auf Basis dieses Handbuchs bekommt man einen recht guten Eindruck davon, ab wann Japan angefangen hat, Vampire anderer Länder zu integrieren. Das ist ziemlich cool.«
»Alle Einträge meines Großvaters bis zum Jahr 1523 sind von Vampiren japanischer Herkunft«, sagt Haruka, während sein Blick weiterhin auf sein Geschriebenes gerichtet ist. »Die Einträge meines Vaters sind um einiges diverser. Er ist auch für eine kurze Zeit ins Ausland gereist, um Berichte verschiedener internationaler Paare zu sammeln. Es scheint, als hätte er eine aufrichtige Leidenschaft für diese Nachforschungen gehabt.«
Gegen seinen Willen muss Nino schmunzeln. »Vielleicht hat er auch einfach gern zugesehen?«
Haruka unterbricht seine Schreibarbeit und sieht mit einem ausdruckslosen Blick in den braunen Augen auf. »Ich weise darauf hin, dass nicht alle Einträge aus erster Hand stammen.«
»Tut mir leid. Ich habe das wirklich nur als Scherz gemeint. Nicht witzig. Sorry.« Nino kratzt sich am Kopf und senkt den Blick wieder, um weiterzublättern. Wie dämlich, Nino. Gut gemacht, du Trottel.
»Keine Entschuldigung nötig«, versichert Haruka ihm mit einem leichten Lächeln. »Später werden seine Recherchen zweifellos … detaillierter? Selbst ich habe die Motivation meines Vaters manchmal infrage gestellt. Es sind wertvolle Informationen, wenn auch geschmacklos.«
Dankbar für die Vergewisserung breitet sich langsam Wärme in Ninos Brustkorb aus. »Sind hier auch Einträge von dir, deren Geschehen du selbst miterlebt hast?«, fragt er.
Haruka seufzt und lehnt sich in seinem Stuhl zurück. Mit leerem Blick starrt er in den Raum. »Nur einer. Ich habe anschließend die Praktik von formellen Bestätigungen in meinem Reich eingestellt. Ich bin der festen Überzeugung, Vampire sollten eine Verbindung vertraulich und nach eigenem Ermessen eingehen. Nicht wie in einem Zoo.«
»Dem kann ich nur zustimmen«, sagt Nino, während er einen anderen Eintrag liest. »Ich frage mich, wie das früher wohl gewesen ist? Obwohl unsere Kultur in Bezug auf Herkunft und Geschlecht nicht diskriminiert, war das bei den Menschen anders – ist es immer noch. Wie sind diese Vampire damit zurechtgekommen? Vor allem gleichgeschlechtliche Paare.«
Mit gerunzelter Stirn verschränkt Haruka die Arme. »Ich stelle es mir äußerst schwierig vor. Unser Dasein als zu den Menschen genetisch konträre Lebewesen war bis in das 19. Jahrhundert ein Mythos. Etwas, das unter Menschen als Folklore galt oder durch die Hysterie eines Opfers verbreitet wurde, das entkommen ist. Unsere Existenz ist zu der Zeit noch unbekannt gewesen, ganz zu schweigen von den zusätzlichen, komplexen Schichten von Herkunft und Sexualität.«
»Klingt einfach schrecklich. Ich bin wirklich froh, in dieser Zeit geboren worden zu sein, in der wir frei sein können.«
»Dem kann ich nur beipflichten«, sagt Haruka. »Aber viele Menschen in bestimmten geografischen Gebieten stehen immer noch immensen Herausforderungen gegenüber. Auch wenn sie als Spezies im Allgemeinen zweifellos Fortschritte gemacht haben.«
Nino blättert noch eine Seite um und seufzt dann frustriert. Er kann es nicht länger für sich behalten. »Haruka … darf ich dir eine Frage stellen?«
Haruka hält inne, sein Gesichtsausdruck vorsichtig, als er Ninos Blick erwidert. »Ja?«
»Wäre es nicht angenehmer, wenn diese Informationen chronologisch angeordnet wären und dann nach dem Rang der Blutlinie jedes Paars?«
Haruka blinzelt verdutzt. »Wie bitte?«
Nino steht auf und geht mit dem Buch in der Hand zu Harukas Tisch hinüber. Er hält das Manuskript tiefer, damit Haruka es sehen kann. »Wenn ich Daten zu allen reinblütigen Paaren benötigen würde – damit meine ich Reinblüter, die mit Reinblütern gepaart sind, im Gegensatz zu Paaren der Ersten oder Dritten Generation – wäre ich, so wie du es angeordnet hast, aufgeschmissen. Wie kann ich sicher sein, dass die Erfolgsrate bei Paaren der Ersten Generation höher ist als bei einem Paar bestehend aus einem Reinblüter und einem Vampir der Ersten Generation? Was, wenn jemand nach einem bestimmten verbundenen Paar in einer festen Zeitspanne fragt? Es würde ewig dauern, sie auf die Weise zu finden.«
In Ninos analytischem Verstand ergibt das am meisten Sinn: die Informationen in eine übergeordnete Kategorie einsortieren, dann innerhalb dieser Kategorie Unterkategorien anlegen, um spezifischere, gestraffte Ergebnisse zu erhalten.
Harukas verwirrtes Gesicht nimmt langsam einen entrüsteten Ausdruck an. Als er eine der dunklen Augenbrauen dramatisch hochzieht, tritt Nino automatisch einen Schritt zurück.
»Kritisierst du gerade vierzig Jahre detaillierter Arbeit, Gliederung und Übersetzung?«, fragt Haruka, der Blick fest und die Stimme auf unheimliche Art ruhig.
Nino öffnet den Mund und schließt ihn wieder. Er geht zurück zur Couch und setzt noch einmal an: »Nein, ich habe nur … Das war nur eine Beobachtung.«
»Sowohl die Aufzeichnungen meines Großvaters als auch die meines Vaters sind auf Japanisch gewesen. Ich habe sie also zusätzlich ins Englische übersetzen müssen, um sie einem breiteren Publikum zugänglich machen zu können, falls notwendig. Letztendlich habe ich mich aufgrund der heiklen Natur dieser Informationen gegen einen Nachdruck entschieden. Ich entschuldige mich, wenn dies nicht deinen organisatorischen und analytischen Standards entspricht.«
Nino reibt sich mit der Hand über das Gesicht. Warum bin ich nur so dumm? Zögerlich sieht er durch die Wimpern hindurch nach oben und fragt sich, ob Haruka ihm wieder einmal verzeihen wird. »Willst du, dass ich ausgepeitscht und in den Kerker geworfen werde?«
Überraschenderweise lacht Haruka schnaubend und schüttelt den Kopf. »Nein. Für diese Beleidigung hättest du den Pranger verdient.«
Nino grinst. »Und zerlumpte Bauern würden mir Tomaten an den Kopf werfen?«
»Kartoffeln.«
»Autsch.«
»Dein Vorschlag hat seine Berechtigung.« Haruka erhebt sich und streckt die Arme. »Obgleich er auch zeitraubend wäre. Sollen wir zu Mittag essen?«
»Klar. Solange es keine Kartoffeln gibt.«