S
chon als ich den Club betrat und Cameron und Jo zunickte, schlich in mir das Gefühl hoch, dass an diesem Abend etwas schiefgehen würde.
Ich durchquerte die riesige Halle und bahnte mir einen Weg durch die Frühankömmlinge. Eine bekannte Band hatte heute einen Gig, aber egal wie oft RJ mir davon erzählt hatte, ich konnte mich nicht mehr an ihren Namen erinnern. Die Crew saß bereits an ihrem üblichen Tisch und winkte mir zu. Jack blinzelte mich überrascht an, was mich etwas verunsicherte. Wäre ich doch einfach nur bei meinem normalen, langweiligen Look geblieben.
Nervös lief ich die Treppen hoch und drückte mich durch die Tür. Heute Abend schien mehr los zu sein als sonst. Ich schlüpfte aus meiner Jacke und war gerade dabei, wieder den hinteren Weg zur Bar zu nehmen, als Akako, die japanische Kellnerin, mich stoppte.
»Sorry, heute nicht. Geh da lang«, sagte sie mit einem Nicken in die andere Richtung. War ja klar … Ich bewegte meine Füße an Dravens Tisch vorbei und bemerkte, dass heute das unheimlichere Klientel anwesend war.
Der Anblick von Draven erinnerte mich daran, wie wütend er mich letzte Nacht gemacht hatte, was mich dazu brachte, meinen Kopf hoch oben zu halten, anstatt ihn wie üblich hängen zu lassen. Als ich also vorbeistolzierte, fühlte ich mich endlich mal so, als hätte ich Eier. Ich konnte nicht umhin, Draven für den Bruchteil einer Sekunde anzusehen, aber es war genug um zu erkennen, dass der Blick, den er mir zuwarf, ein anderer war als sonst. Einer, den ich noch nie gesehen hatte. Zugeben, er gefiel mir. Eine Mischung aus Überraschung und Erstaunen mit einem Hauch eines schnittigen Lächelns. Der Blick, den er mir schenkte, gab mir das Gefühl, sexy zu sein. Aber sobald ich vorbei war, verflog auch das Gefühl.
»Hi Keira, du siehst … gut aus«, sagte Karmun mit einem Räuspern. Mein Gesicht wurde heiß.
»Danke«, murmelte ich, als ich vorbeiging, um meine Tasche im Hinterzimmer abzulegen. Ich überprüfte mich schnell im Spiegel, nur für den Fall, dass meine Wimperntusche verschmiert war. Aber da war nichts außer blasser Haut mit roten Wangen und sehr dunkelblauen Augen, umrahmt von dichten Wimpern. Schließlich fasste ich meinen Mut zusammen und ging an die Arbeit.
Sophia wartete auf mich, als ich herauskam und wirkte ebenfalls überrascht bei meinem Anblick.
»Keira, du bist …«
»Früh dran, ja, ich weiß«, unterbrach ich sie.
Tatsächlich warf mir Draven einen Blick zu, als hätte er mich gehört.
»Das war nicht das, was ich sagen wollte. Aber ja, du bist früh dran, und das ist nicht unbemerkt geblieben, zusammen mit anderen Dingen«,
sagte sie, als ihre Augen über mich schweiften. Jetzt wurde ich rot wie eine Kirsche.
»Ich möchte dich auf einen Drink an unserem Tisch nach der Arbeit einladen«, verkündete sie gerade, als Layla vorbeiging, die so aussah, als würde sie an ihrer Zunge ersticken.
»Hmm, danke, aber ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist.« Ich war wahrscheinlich so schockiert wie Layla, mit dem Unterschied, dass mir die Spucke wegblieb.
»Auf Wunsch meines Bruders. Er denkt, er war gestern ein wenig zu grob zu dir und möchte es wiedergutmachen. Natürlich nur, wenn du ihn lässt.« Ihr Grinser sagte mir, dass die Idee wohl eher auf ihrem Mist gewachsen war.
»Nun, das ist sehr nett, aber ich glaube nicht …«
»Komm schon. Sicherlich willst du ihm das nicht abschlagen, oder?« Ihr Ton war sehr hartnäckig.
»Ich denke, nicht«, murmelte ich, als ich realisierte, dass ich gerade zugestimmt hatte. Sie klatschte in die Hände.
»Ausgezeichnet! Bis später dann.« Heiter hüpfte sie von dannen. Toll, jetzt würde ich den Rest der Nacht damit verbringen, mir den Kopf darüber zu zerbrechen, wie zur Hölle ich das überstehen sollte!
Und wieder einmal war ich konfuser als zuvor. In der einen Minute hasste er mich, und in der nächsten wollte er, dass ich ihm Gesellschaft leistete. Was zum Teufel ging hier vor?
Den Rest meiner Zeit verbrachte ich damit, Getränke zu servieren und Gläser einzusammeln, aber es schien, als wäre ich nicht die Einzige, die von dieser seltsamen Wendung der Ereignisse Notiz nahm. Als würden sie alle darauf warten, dass etwas passierte. Natürlich verlief die Zeit wie im Flug, und zehn Minuten vor Ende meiner Schicht geriet ich in Panik. So sehr sogar, dass ich zuerst gar nicht realisierte, was vor sich ging, als der Kampf ausbrach.
Ein Typ in einer schwarzen Militärjacke schleuderte einen anderen Mann über den Tisch. Gläser zerschmetterten am Boden bis hin zu meinen Füßen. Es geschah nicht in meinem
Abschnitt, sondern im nächsten, also brachte mich das in die Schusslinie. Ich ruderte zurück, um dem Aufruhr aus dem Weg zu gehen, völlig ahnungslos, dass ich mich damit jemand anderem in den Weg stellte.
Jemandem, der mich ganz und gar nicht ausstehen konnte.
Layla stand an der Bar, mit einem Tablett in der Hand, das mit schlanken Gläsern befüllt war, die mich an Reagenzgläser erinnerten. Sie sah mich direkt an, ihre grausamen Augen hasserfüllt, und ich trat instinktiv einen Schritt zurück. Aber im Gegenzug kam sie mir einen Schritt näher mit einem mörderischen Blick, der ihre Züge verdrehte und ihre Augen blutrot unterlaufen ließ. Jetzt kannte ich die Wahrheit.
Ich sah sie in ihrer Dämonengestalt!
Mir blieb keine Zeit zu reagieren. Alle Augen waren auf den Kampf gerichtet. Ich war in die Falle dieses verrückten, bösartigen Miststücks getappt, und eines war klar – sie wollte mich aus dem Weg räumen.
Bevor ich mich umdrehen konnte, schoss sie auf mich zu und rammte ihre Hand in meine Seite. Ein schneidender Schmerz schoss durch meinen Körper, wie eine Seuche, die mein Fleisch zersetzte. Sie beugte ihr Gesicht zu meinem Ohr und flüsterte:
»Viel Glück damit, Elegido!«
Das war eine Sprache, die ich gut kannte. Sie hatte mich auf Spanisch ›Auserwählte‹ genannt.
Sie schlich sich grinsend davon, während ich die schlimmsten Qualen meines Lebens erlitt. Taumelnd blickte ich nach unten. Sie hatte mir eines der dünnen Gläser auf ihrem Tablett durch die Haut gestoßen. Nur dieses war aus Metall und sah eher wie ein Messer aus. Ich schrie, aber meine Stimme wurde von der Menge übertönt, die noch immer versuchte, die Lage unter Kontrolle zu bekommen.
Ich drückte meine Hand auf meine Hüfte, aber das Metall war im Weg. Meine Hand war rotverschmiert von dem Blut,
das aus meinem Körper strömte. Es war warm und dick und erinnerte mich an das letzte Mal, als so viel Blut an meinen Händen geklebt hatte.
Meine Knie schlackerten und gaben nach. Ich kippte um, versuchte, Halt zu finden, aber meine blutige Hand rutschte über den Boden und die Scherben, die ihn bedeckten. Sie bohrten sich in meine Handfläche, als bestünde meine Haut aus Seidenpapier. Ich versuchte, die Scherben mit der anderen Hand herauszuziehen, aber ich konnte mich nicht konzentrieren. Alles verschwamm vor meinen Augen, als jemand meinen Namen rief.
»Keira! Keira, sieh mich an!« Eine starke, männliche Stimme. Kontrolliert, aber verzweifelt.
»Ich … meine Hüfte, ich kann nicht …« Meine Worte ergaben keinen Sinn.
Eine Hand bewegte sich zu meiner Seite, und ich nahm ein Knurren wahr.
»Keira, kannst du mich hören? Alles wird gut, halt einfach deine Augen offen. Keira, sieh mich an!« Ich öffnete meine Augen. Draven war über mich gebeugt. Wut und Schmerz brannten in seinen Augen, als er Befehle in einer anderen Sprache in jede Richtung feuerte.
»Findet sie, ich will sie lebend!«, zischte er zu der Gestalt hinter ihm. Jedes Mal, wenn ich mich bewegte, stach der Schmerz durch meine Nervenbahnen. Ich versuchte, das Messer herauszuziehen, aber seine Hände stoppten mich.
»Oh nein, fass das nicht an, Kleine, sonst verblutest du. Ich verspreche dir, alles wird bald vorbei sein.« Seine weiche Stimme hatte eine beruhigende Wirkung auf mich, aber der Schmerz war stärker. Ich wollte nicht, dass er aufhörte zu sprechen. Ich konnte fühlen, dass er mich hochhob, als ein Arm unter meine Beine glitt und ein anderer unter meinen Oberkörper.
»Keira, bleib wach und rede mit mir«, flehte er. Ich atmete seinen Duft tief ein, was den Schmerz für eine kurze Zeit linderte.
»Ich will nicht … dorthin.« Seine Hände drückten mich näher an seine harte Brust.
»Wohin willst du nicht?«
»Krankenhaus«,
murmelte ich, und die Scherbe in meiner Hand kniff, als ich sie bewegte.
»Keine Sorge, ich bringe dich nicht ins Krankenhaus.«
»Warum nicht?« War das nicht das, was er tun sollte?
»Weil dafür keine Zeit bleibt und ich dir helfen kann.« Es fühlte sich so an, als würde er laufen.
»Arzt?« Ich wollte noch ein ›Bist du‹ vorne anhängen, doch es entglitt mir irgendwie. Er verstand mich trotzdem
»So was in der Art … Oh nein, komm, Keira. Öffne deine Augen für mich.« Er schüttelte mich, um mich wach zu halten. Ich öffnete meine Augen, aber es fühlte sich an, als würde ich fallen. Sehr tief.
»Fast da. Komm schon, bleib jetzt bei mir!« Er lief jetzt so schnell, dass es sich anfühlte, als würden wir fliegen. Meine Augen fanden keinen Fokus. Als befände ich mich in einem Wagen, der mit Höchstgeschwindigkeit fuhr. Alles raste verschwommen an mir vorbei. Erstaunlicherweise gelang es mir, Humor in der Situation zu finden.
»Das hast du letztes Mal auch gesagt.«
Er lachte angespannt und sagte: »Das habe ich.«
Wir wurden langsamer. Ich hörte, wie sich eine Tür öffnete.
»Steht alles bereit?«, zischte er. Ich mochte den Klang des Wortes ›alles‹ nicht.
»Was alles?« Meinte er mich? Aber dann sprach eine andere Stimme.
»Ja, mein Lord«, sagte die Frauenstimme, ruhig und schüchtern.
Ich öffnete meine Augen. Wir befanden uns in einem großen Raum, aber mein Verstand konnte sich nur auf die Schmerzen konzentrieren, und ich schrie auf, als ich auf eine Couch gelegt wurde.
»Schhh, alles gut. Ich weiß, es tut weh, aber nicht mehr lange.« Schnell zog er seine Jacke aus.
»Versprochen?« Sein Handrücken streichelte meine Wange.
»Ja, Keira, versprochen.«
Dann forderte er »Raus!«, was wohl dem anderen Mädchen im Zimmer galt. Er zog einen Stuhl und einen kleinen Tisch näher, auf dem viele Dinge standen, die ich nicht klar erkennen konnte.
»Ich werde dich jetzt ein wenig hochziehen, aber es wird wehtun. Bereit?« Er kam näher zu mir und schob beide Hände unter meine Arme.
»Nein, aber tu es trotzdem.« Ich wartete auf den Schmerz. Und Mann, der Schmerz kam.
»AHHH AHH! Autsch, okay … Okay, das tut weh!« Ich versuchte, keine Tränen zu vergießen, aber meine Wangen waren nass, also kam mein Wunsch wohl zu spät.
»Ich weiß. Ich weiß, aber jetzt ist es vorbei.« Er drehte sich zum Tisch, auf dem eine grüne Flasche stand, die ich erkannte. Mit einer silbernen Zange pflückte er etwas aus einem Glas, das wie ein Zuckerwürfel aussah, und platzierte ihn auf einen geschlitzten Löffel. Das legte er über ein Glas mit silbernem Boden, das sich wie eine Dornenrebe nach oben rollte.
Dann nahm er eine kleine Glasflasche, öffnete sie und tropfte eine seltsame rote Flüssigkeit auf den Zucker. Den Inhalt der grünen Flasche goss er darüber, bis die Flüssigkeit in das Glas darunter lief. Er fügte noch etwas mehr rote Flüssigkeit hinzu, bevor er das Ganze anzündete. Ich konnte nicht einmal sehen, wie er das hinbekam. Er hielt kein Feuerzeug oder Streichholz in der Hand.
Nachdem der Zucker karamellisiert war, ließ er ihn in das Glas fallen, und die Mixtur verwandelte sich von Grün in Rot. Er rührte es um, bevor er mir das Glas reichte, doch er musste noch etwas anderes hinzugefügt haben, da es jetzt schwarz war. Oder hatte er einfach nur hinein gepustet und es hatte die Farbe verändert?
»Du musst das trinken. Aber Vorsicht, heiß.« Er drückte es an meine Lippen.
»Was ist das?«, fragte ich, bevor ich einen Schluck wagte.
»Absinth. Es wird die Schmerzen lindern. Trink.« Seine Stimme nahm einen autoritären Ton an, der mich gehorchen ließ. Die Flüssigkeit brannte in meinem Hals, aber das lag nicht an der Temperatur. Es fühlte sich an, als würde sich Säure durch meinen Magen bahnen, doch Sekunden später verwandelten sich die stechenden Schmerzen in ein leichtes, dumpfes Pochen.
»Besser?«, fragte er, als ob er es auch fühlte.
Ich nickte, und automatisch wanderte meine Hand nach unten, um das Messer zu ergreifen. Er stoppte mich wieder.
»Oh nein, das wirst du nicht tun. Nicht so hastig. Ich muss zuerst die Blutung stoppen.« Er ließ mein Handgelenk los und bewegte seine Hände dorthin, wo das Metall aus meiner Haut ragte.
»Wie kommt es, dass ich den Schmerz nicht mehr spüre?« Sein Blick flackerte zu mir, als er kryptisch sagte:
»Ich sehe es nicht gern, wenn du leidest, aber du wirst schon bald die Nebenwirkungen zu spüren bekommen.«
»Nebenwirkungen?« Ich schaute ihn besorgt und mit großen Augen an.
»Bleib jetzt ganz still, okay?«, sagte er stattdessen sanft. Er legte seine Hand auf meinen Bauch, damit ich mich nicht bewegte, und ergriff das Metall, bereit, es herauszuziehen.
»Wird das wehtun?«
»Willst du darauf wirklich eine Antwort?« Im selben Moment riss er das Messer heraus. Mein Körper wölbte sich nach oben, als ich vor Qualen schrie. Seine Hand drückte mich zurück auf die Couch, und ich keuchte vor Schmerzen.
»Braves Mädchen … Schhh … Du hast das Schlimmste überstanden.« Er strich meine Haare von meiner nassen Stirn, bevor seine Hand nach unten glitt, um die Tränen von meinen Wangen zu wischen. Es dauerte einen Moment, bis ich mich von dem Schock erholte. Ich blieb still und versuchte, meinen Atem zu regulieren, den seine unerwartete Aktion mir gestohlen hatte. Er nahm ein Stück Mullbinde vom Tisch, das er auf die offene Wunde legte.
Für einen Moment untersuchte er die Waffe mit einem gefährlichen Blitzen in seinen Augen, bevor er sie zermalmte. Kleine Metallstücke regneten von seiner Hand auf den Boden. Erstaunt beobachtete ich ihn, doch ich sagte nichts. Der weiße Stoff war bereits blutdurchtränkt, aber glücklicherweise waren die Schmerzen verflogen.
»Ich muss dich jetzt aufrichten.« Seine Hand schob sich wieder unter meinen Körper, bevor er mich mit Leichtigkeit hochhob. Er stellte mich auf meine Beine, und ich wurde umhüllt von einem Paar starker Arme. Ich stand ihm gegenüber, und die Nähe zu ihm entfachte Feuer in meinem Blut. Seine Hände bewegten sich hinter meinen Hals.
»Was tust du?« Zuckend machte ich einen Schritt rückwärts. Er hingegen kam mir näher, und mein Atem stockte, als ob er versuchte, mit meinem unberechenbaren Herzen Schritt zu halten. Seine Hände fingen an, meine Krawatte zu lösen.
»Ich muss an die Wunde kommen. Hast du unter deinem Oberteil etwas an?« Ich dachte, ich würde gleich in Ohnmacht fallen, und das hatte nichts mit dem Blutverlust zu tun. Wollte er mich ausziehen?
»Ähm, ja … Warum?«, fragte ich verlegen.
»Weil ich das ausziehen muss«, sagte er, während er seine Hände auf meinen Rücken legte und somit den Abstand zwischen uns endgültig eliminierte. Mein Kopf reichte nur bis zu seiner Brust, und er beugte seinen nach unten, um über meine Schulter zu sehen. Seine Hände fanden den Knoten meines Oberteils an meiner Taille. Ich konnte seinen Blick nicht erwidern, obwohl sich seine Augen intensiv in meine brannten. Seine Nähe zu mir stellte seltsame Dinge mit meinen Sinnen an. Ich wollte die Stellen an seinem Körper berühren, die von seiner Kleidung bedeckt waren. Die sexuelle Spannung, die von uns beiden ausging, verstopfte die Luft und ließ mich erzittern.
Als er den Knoten gelöst hatte, verweilte er dort für einen Moment, bevor er das Oberteil von meiner Haut schälte und meine nackten Schultern freilegte. Seine Berührungen waren weich und sanft, als ob mich jede plötzliche Bewegung erschrecken könnte. Er warf das Teil zur Seite, als hätte es von Anfang an nicht hier sein sollen. Dann nahm er einen langen roten Samtschal vom Tisch und hielt ihn hoch, als ob er ihn um meinen Kopf legen wollte.
»Was hast du damit vor?«
»Vertraust du mir nicht?« Er neigte seinen Kopf, als ob er versuchte, meine Gedanken zu lesen. Als ich nicht antwortete, trat er näher, legte den Schal um meine Augen und verknotete den Stoff an meinem Hinterkopf.
»Das Gebräu, das ich dir vorhin verabreicht habe, wird bald seine Nachwirkungen zeigen. Ich will nicht, dass du Angst hast.« Mit seinen Daumen glättete er das Material über meinen Augen, um sicherzustellen, dass ich nichts sehen konnte.
»Angst?«
»Es wird dich Dinge sehen lassen, die nicht existieren. Es fungiert als Halluzinogen.«
Meine Augen gehörten nicht mehr zu den Sinnen, die ich benutzen konnte, und mein Herz pochte wie wild, als mir klar
wurde, welche Macht er jetzt über mich hatte. Ich hörte, wie er sich bewegte und erschrak, als seine Hände meine Taille berührten.
»Wir sind uns beide einig, dass dein Unterhemd ruiniert ist, ja?«, fragte er.
»Ich denke, schon«, antwortete ich, obwohl ich keine Ahnung hatte, was er damit meinte. Dann packten seine Hände den schwarzen Stoff und rissen ihn unter meinem BH entzwei, sodass er meinen Bauch freilegte. Wieder zuckte ich zusammen, als die Luft auf meine Haut traf. Seine Hände ruhten an meinem Bauch, und es fühlte sich an, als wäre sein Kopf auf gleicher Höhe wie mein Nabel. Vielleicht hatte er sich hingesetzt, aber da ich nichts sehen konnte, konnte ich nur raten.
Dann geschah etwas Seltsames. Er legte seine Handfläche an meine Wunde und hielt sie ganz ruhig. Ich verstand nicht, was geschah und bewegte mich, aber seine andere Hand ergriff meine Hüfte, um mich ruhig zu halten. Schnell zog er mich näher an sich heran.
»Bleib jetzt still.« Der Druck seiner Hand ließ etwas nach, aber ich konnte mich immer noch nicht bewegen.
Dann geschah es.
Eine Feuerwelle drang in meinen Körper ein, durchströmte meine Blutlaufbahn und versetzte mich in Vibration. Es fühlte sich an, als hätte man mir eine Mixtur aus Morphium und einem brennenden Aphrodisiakum injiziert. Die Schmerzen verschwanden völlig und ließen pure Erregung zurück. Mein Körper bebte, als hätte man jeden sexuellen Schalter, den ich besaß, gleichzeitig betätigt. Nichts konnte das Stöhnen, das tief in mir ausbrach, aufhalten. Meine Innenschenkel wurden feucht, und die Begierde lief meine Nerven entlang, als ob sich Dravens Fingerspitzen genau im Kern befänden. Keuchend schlackerten meine Knie.
»Draven!«
Ich brach zusammen, doch er fing mich auf, bevor ich zu Boden ging.
»Ich hab dich. Alles gut, Keira«, summte er sanft in mein Ohr. Dann beruhigte sich der Sturm feuriger Leidenschaft und verwandelte sich in ein wohliges Gefühl der Euphorie. Eines, das man nur nach einem sexuellen Höhepunkt fand.
Jede Faser und jedes Molekül in meinem Körper fühlten sich so stark an, als wäre eine fremde Energie in meinen Körper eingedrungen, die mich wiederbelebt hatte. Ein metallischer Geschmack breitete sich in meinem Mund aus, und Tränen quollen aus meinen Augen, aber es waren keine Tränen des Schmerzes. Als könnte mein Körper den Empfindungen nicht standhalten, ohne einen Beweis zu liefern, wie magisch es gewesen war. Meine Muskeln spannten sich an. Ich fühlte mich stark, als hätte mich etwas genetisch verändert.
Draven spürte die Reaktion meines Körpers und flüsterte: »Ganz ruhig.«
Er hielt mich für einen Moment still, bevor er sich sicher war, dass ich stabil war.
»Jetzt sehen wir uns mal deine Hand an.« Er ergriff die Hand, in der noch immer Scherben steckten. Ich hatte diese Verletzung völlig vergessen, da der Schmerz längst verschwunden war. Doch jetzt zitterte meine Hand, als sich eine Angst anderer Natur in mir ausbreitete.
»Hast du immer noch Schmerzen?« Meine andere Hand griff an mein Handgelenk, um ihn davon abzuhalten, meinen Handschuh auszuziehen.
»Nein, aber ich … Ich … Oh Gott, bitte tu das nicht!«, taumelten die Worte aus mir heraus. Ich wünschte, ich könnte sein Gesicht sehen. Ich senkte meinen Kopf. Mein Handschuh wurde feucht, als meine Tränen auf den Stoff fielen und ihn durchtränkten.
»Ich werde deinen Handschuh nicht entfernen, Keira, nur den Daumen, okay?« Seine Stimme war mitfühlend, aber ich war noch immer erfüllt von Scham.
Er wusste es.
Er zog das Loch über meinen Daumen und rollte es über mein Handgelenk. Ich biss auf meine Lippe in dem Versuch, meine Anspannung unter Kontrolle zu halten. Der Drang, meine Hand aus seiner zu reißen, war kaum zu bändigen. Doch es schien, als wären meine Ängste unbegründet, da es nicht lange dauerte, bis die Scherben entfernt waren und ich keine Schmerzen mehr verspürte. Im Gegenteil, es fühlte sich so an, als würde er nichts tun, als seine Hand über meine zu legen, was die Scherben von selbst herausfliegen ließ. Wie Metallspäne von einem Magneten wurden sie angezogen und hinterließen nichts weiter als ein Kribbeln auf meiner Haut.
»Alles okay?« Ich keuchte, als ich seinen Atem auf meiner Wange spürte. Ohne zu sehen, war es schwer zu erkennen, wo im Raum er sich befand. Nickend biss ich auf meine Lippe.
»Gut. Jetzt heb deine Arme für mich.« Okay, also wenn ich vorher auf meine Lippe gebissen hatte, dann war ich jetzt kurz davor, das verdammte Ding abzubeißen!
»W… Was?«
»Du hast mich schon verstanden, Keira«, sagte er, während seine Finger ein paar Haarsträhnen von meiner Stirn schälten.
»Aber … Warum?«, stotterte ich wieder, doch er antwortete nur mit einem kurz angebundenen Befehl.
»Jetzt, Keira.« Seine harte, unnachgiebige Stimme ließ mich diesmal nicht zögern, und meine Arme schossen in die Höhe.
»Braves Mädchen. Jetzt leg sie fest um meinen Hals, während ich dich hochhebe.« Die süßen Worte, verpackt in eine Aufforderung, entlockten mir einen kleinen Seufzer.
Er musste wohl seinen Kopf nach unten gebeugt haben, damit ich ihn erreichen konnte, da meine Finger sein strammes
Genick berührten. Ich schluckte den harten Klumpen in meinem Hals hinunter, als ich meine Arme enger um ihn wickelte. Das war verrückt! Er richtete sich auf und hob mich einfach so hoch. Ich schrie kurz auf, aber dann fegten seine Arme unter meine Beine und zogen sie nach oben.
»Was ist passiert?«, flüsterte ich. Eine Frage, die sich auf das bezog, was in den letzten sechzig Minuten geschehen war.
»Ich habe dir das Leben gerettet«, antwortete er, als wäre es keine große Sache.
»Und jetzt?«
Er fing an sich in Bewegung zu setzen, mich sicher an seine Brust gedrückt.
»Und jetzt werde ich dich waschen.«
»Waschen? Wirst du …?«
»Ja, Keira. Oder bist du gerne völlig blutverschmiert?« Dieser Ton in seiner Stimme war mir neu. Amüsiert schon beinahe.
»Nein, natürlich nicht.« Ich vernahm ein kurzes Gelächter.
»Nein, glaube ich auch nicht.« An diesem Punkt beschloss ich, meinen Mund zu halten, um mich nicht noch mehr in Verlegenheit zu bringen.
Eine Tür öffnete sich. Leider stellte er mich wieder hin, und seine Arme glitten von meinem Körper. Arme, in denen ich mich viel zu wohl fühlte. Er positionierte mich so, dass mein Rücken an seine Vorderseite gepresst wurde, und ich spürte die harte Kante eines Waschbeckens an meinem Bauch.
Ohne ein Wort zu sagen, kamen seine Arme um mich herum, um das Wasser aufzudrehen.
»Sag mir, Keira, wie lautet dein vollständiger Name?« Seine Frage überrumpelte mich, als sich seine Hände um meine Handgelenke legten. Er lockerte meinen festen Griff am Rand des Waschbeckens und tauchte meine Hände in warmes Wasser.
Unterdessen versetzte sich mein Verstand in den Panikmodus. Wusste er es? Gott, ich hoffte nicht!
»Mein vollständiger Name?«, fragte ich in dem Versuch, seine Reaktion zu erfassen.
»Ja, Keira, dein vollständiger Name«, wiederholte er direkt in mein Ohr, was es schwer machte, nicht zu erschaudern. Besonders als seine Finger anfingen, sanft zwischen meinen zu reiben.
»Nun du … Äh, du kennst meinen Namen.«
»Das mag sein, aber ich möchte ihn von dir hören.« Seine Lippen bewegten sich nicht von meinem Ohr weg. Ich fragte mich, wieso er das wissen wollte und hoffte, dass er die Wahrheit nicht kannte.
»Keira … John… Keira Johnson«, sagte ich nach einem Räuspern, und seine Hände übten für einen Moment mehr Druck aus.
»Ich verstehe. Nun gut, Keira Johnson, machen wir dich sauber.« Er wiederholte meinen Namen wie die Lüge, die dahintersteckte. Ich war nur froh, dass mir verborgen blieb, was meine Lüge ihm antat. Ich versuchte, meine Atmung ruhig zu halten, als seine Hände den Horror der heutigen Nacht wegwuschen. Wenn nicht, wie ich vermutete, blutiges Wasser von meinen Händen tröpfeln würde, wäre das der erotischste Moment in meinem Leben.
»Ich muss an deine Wunde ran.« Seine Stimme klang geschwollen von einer Emotion, von der ich hoffte, sie würde schamlosem, erotischem Hunger entstammen. Er zog meine Hände aus dem Wasser und schüttelte sie leicht, um die Tropfen zu entfernen, was mich aus meiner Benommenheit wachrütteln hätte müssen. Das geschah aber erst, als seine Hände begannen, den Rest zu zerreißen von dem, was noch von meinem Oberteil übrig war und mich bis zu meinem BH entblößten. Trotz seiner
schnellen Bewegung versäumte ich nicht, wie er kurz über meine Brüste streifte. Ich inhalierte ruckartig.
»Ganz ruhig, ich werde dir nicht wehtun. Es musste nur aus dem Weg. Nur noch eine Minute, okay?« Seine Fingerspitzen tanzten kleine Kreise über meine Rippen in einer beruhigenden Geste, und ich nickte nur, da mich meine Stimme verlassen hatte. Nun, das entsprach nicht ganz der Wahrheit. Sie hatte mich nicht verlassen – ich hatte sie nur fest in meiner Kehle versperrt. Aus Angst, ich würde seinen Namen sinnlich flüstern.
»Genau so, entspann dich einfach. Ich werde mich gut um dich kümmern.« Oh mein Gott! Seine süßen Worte strichen über meine Haut, wie die von dem Mann aus meinen Träumen.
»Ja.«
Dieses eine Wort rutschte mir heraus, als ich meinen Kopf zu seinem Hals drehte. Als er das hörte, fühlte ich, wie sich die Muskeln in seinem Körper versteiften, aber dann entspannte ich mich, lehnte mich an ihn, was ihn dazu veranlasste, dasselbe zu tun. Das war unser
Moment. Keine Träume, keine Alpträume, keine Balkone, kein sozialer Status zwischen uns. Es fühlte sich an, als hätte sich ein Riss in der harten Schale von Draven aufgetan. Und ich wollte nur einen Moment, eine Sekunde, um an diesem Gefühl festzuhalten.
Und, oh mein Gott, das Gefühl war unglaublich!
Draven schien den Moment zu begreifen, da wir beide synchron atmeten. Jede Füllung unserer Lungen brachte uns näher zueinander. Ich konnte schwören, dass er etwas gegen meinen Hals flüsterte, aber ich verstand nicht, was. Dann führte er seine Aufgabe fort, und wenn es sich zuvor schon gut angefühlt hatte, dann spürte ich jetzt das Feuer!
Seine Hände spannten sich über meiner Haut, sodass er so viel wie möglich von mir erfassen konnte.
»Arme hoch, Süße.« Seine Worte penetrierten meinen euphorischen Zustand kaum, weshalb er physisch die Kontrolle übernehmen musste. Er hob meine Arme hoch und schlang sie
um sein Genick, das sich noch immer hinter mir befand. Diese Bewegung veranlasste meinen Körper, sich nach vorne zu biegen und eine bereits bebende Brust weiter durchzudrücken.
»Bei den Göttern«,
hörte ich ihn murmeln. Seine Handflächen liefen meine hochgestreckten Arme entlang und strichen weiter die Länge meines Körpers herab, wobei er meine Rippen fast schon qualvoll berührte.
In diesem Moment kam ich zu dem Entschluss, dass seine Hände pure Magie ausstrahlten, die ich dringend auf jedem Quadratzentimeter meines Körpers brauchte. Ich konnte kaum einen Gedanken formen, auch nicht als er anfing, mich mit einem Lappen zu waschen. Alles, was mein Verstand zu singen vermochte, war der Chor, ihn auf meiner Haut zu spüren. Der Rest war verstummt.
Ich wusste nicht, wie lange es andauerte, aber es war auf jeden Fall zu schnell vorüber. Zum Teufel noch mal, ich hätte in seinen Armen den Rest meines Lebens verweilen können, und es wäre immer noch zu kurz gewesen!
»Du bist jetzt sauber«, sagte er. War es meine Fantasie, oder war seine Stimme angespannt und heiser? Zögerlich senkte ich meine Arme.
»Äh, danke«, murmelte ich schüchtern dank der erotischen Nachwirkungen.
»Gern geschehen, Keira. Jetzt dreh dich um, damit ich dich verbinden kann.« Er manövrierte mich in eine andere Richtung des Raums, mit seinen Händen um meine Taille. Er bildete eine ständige Stärke um mich herum, auch jetzt, als er sich wieder vor mich hinsetzte. Dann fing er an, Verbandsstreifen um meine Hüfte zu wickeln. Seine Hände arbeiteten mit Geschick, als hätte er das schon viele Male zuvor getan. Wer war dieser Typ? War er in einem früheren Leben ein Arzt gewesen?
Sobald das getan war, quietschte ich kurz auf, als ich spürte, wie mein Körper wieder hochgehoben und aus dem Badezimmer
getragen wurde. Ich versuchte, meine Reaktionen auf seine Berührung zu bändigen, jetzt, da unser Moment verflogen war, aber das erwies sich als unmöglich, da er mich ständig in seine Arme nahm.
Als wir uns anscheinend wieder bei der Couch befanden, ließ er meine Beine los und erlaubte meinem Körper langsam, seine harte Länge hinunter zu gleiten. Mich überkam der große Drang, nach oben zu greifen und seine Lippen mit meinen Fingern zu finden, schnell gefolgt von meinem Mund. Ich fragte mich, wie er schmeckte, wie seine Zunge sich anfühlen würde, wenn sie sich in einem ruhmreichen Kampf zwischen zwei Menschen, die sich der Lust hingaben, mit meiner duellieren würde.
Aber dann nahm mein Denkprozess eine Wendung, denn anstelle des reinen sexuellen Hungers füllte eine andere Essenz meine Adern. Eine starke Essenz. Wie ›von einer radioaktiven Spinne gebissen‹ stark!
»Was hast du gemacht? Ich fühle mich … anders.«
»Ich habe dir eine Droge verabreicht, die dich heilt, also wirst du dich vielleicht ein wenig … energetisch
fühlen«, erklärte er mit einem hörbaren Lächeln.
»Ein wenig? Fühlt sich an, als könnte ich es mit dem Meister im Schwergewicht aufnehmen.«
»Nun, du hast meinen Baum windelweich geprügelt, also würde ich es dir auf jeden Fall zutrauen.« Er lachte. Ich hatte ihn noch nie herzlich lachen gehört. Ich wünschte, ich könnte meine Augenbinde abnehmen, um es zu sehen.
»Wie hast du …? Oh, vergiss es. Es gibt nichts, was du nicht weißt, oder?«
»Es gibt … ein paar Dinge«,
sagte er mit Bedauern.
»Musst du deine Schwester anrufen, um ihr zu erklären, warum du heute nicht nach Hause kommst?« Es fühlte sich an, als wäre sein Gesicht wieder näher an meinem, und seine Fingerspitzen tanzten meine Wange hinunter bis zur Spitze
meines Kinns. Dort angekommen, benutzte er seinen Daumen, um meine Unterlippe aus meinen Zähnen zu ziehen. Zähne, die sich wegen seiner Frage dort verkeilt hatten.
»Nein, heute Abend ist niemand zu Hause. Sie kommen erst morgen wieder zurück. Aber warum, was … Was meinst du, ich komme heute nicht nach Hause?«
»Du musst dich ausruhen, bevor ich dich heute Abend noch irgendwohin gehen lasse.« Ich musste gestehen, mir gefiel, was er sagte und erlaubte meinem Körper einen kleinen Schüttelfrost des Glücks.
»Mir geht es jetzt gut«, versicherte ich ihm. Ich wollte nicht, dass er dachte, ich wäre schwach.
»Das sagst du oft, nicht wahr? Keira, du wurdest attackiert und wärst beinahe verblutet. Das Mindeste, was du tun kannst, ist, für ein paar Stunden zu schlafen.« Seine Stimme enthielt einen Hauch von Humor, vermischt mit Fassungslosigkeit.
»Aber ich …«
Er unterbrach mich. »Ich gebe dir eine Spritze. Das wird helfen.«
»Nein, nicht!« Ich streckte meine Hand aus, um ihn zu stoppen. Sie fand seine Schulter, und ich fühlte weiche Haut über festen Muskeln, die unter der Berührung erzitterten. Wo war sein T-Shirt? Ich bewegte meine Hand langsam nach oben in Richtung seines Halses und konnte den Rand eines Unterhemds fühlen. Das war das erste Mal, dass meine Haut mit so viel von seiner in Berührung kam. Ich konnte mich nicht mehr zurückhalten. Meine Hand glitt wie von selbst hoch zu seiner Kieferpartie.
Sein Körper war unter meiner Berührung erstarrt, aber dann, Minuten später, packte er meine Hand und zog mich näher. Sein Gesicht war so nah. Und wie schon so viele Male zuvor, raubte es mir den Atem. Aus gutem Grund zerstörte ich wieder meine Unterlippe und schluckte hart.
»Warum bist du so nervös, Keira?« Seine sanfte Stimme durchdrang meine Konzentration. Ich liebte den Klang meines Namens, wenn er über seine Lippen wehte und wünschte mir in diesem Augenblick, er hätte einen anderen Namen gesagt, einen, der schon vor langer Zeit in Vergessenheit geraten war. Schließlich schüttelte ich langsam den Kopf und tischte noch eine Lüge auf.
»Ich bin nicht nervös.« Aber meine gebrochene Stimme verriet mich.
»Dann sag mir, Keira, warum beißt du wieder deine Lippe?«, fragte er mit einer schwelenden Stimme, die dem stechenden Schmerz widersprach, der ganz plötzlich meinen Arm hochsauste. Dann wurde es mir klar. Es war nur ein Trick gewesen, um mir etwas zu injizieren.
»Au, das war nicht fair!« Ich zog meinen Arm zurück und rieb die schmerzende Stelle.
»Hättest du mir deine Erlaubnis erteilt?«, fragte er amüsiert, aber ich antwortete nicht. Die Wirkung der Droge machte meinen Kopf schwer, und ich versuchte panisch, meine Augenbinde abzunehmen.
Was ich vor mir sah, war eindeutig eine Halluzination. Es gab keine andere Erklärung.
Draven glühte, und hinter ihm erstreckte sich etwas Unglaubliches …
Flügel.