36
Besuch von einem Draven
I ch war völlig von den Socken. Meine Gedanken waren überall und nirgendwo. Das konnte nicht wahr sein, oder? Aber je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr Sinn ergab es. Ich meine, wie viele rothaarige Schönheiten namens Celina gab es in Afterlife? Sie musste es sein!
Meine Konzentration schwand und ich stieß gegen die Bordsteinkante, weshalb ich es für das Beste hielt, rechts ranzufahren.
»Keira, du siehst aus, als ginge es dir nicht so gut? Vielleicht war das Diner eine schlechte Idee. Du bist nicht so immun wie wir«, meinte Jack mit einem besorgten Blick.
»Ich glaube, es wäre besser, ich setze dich zu Hause ab und fahre heim. Ich fühle mich tatsächlich nicht so gut.«
»Ja, kein Problem. Du bist ein bisschen grün im Gesicht.« So fühlte es sich auch an. Ich drehte um und fuhr zu seinem Haus, nachdem ich ihn davon überzeugt hatte, dass ich noch fahren konnte, aber er beobachtete mich noch immer mit Argusaugen.
Bevor er aus dem Auto stieg, brachte er meine Hand zu seinen Lippen und küsste sie. Ich stieß einen erleichterten Seufzer aus, als er die Tür hinter sich schloss. Nicht, dass ich seine Gesellschaft nicht genoss.
Ich hatte einfach solche Angst gehabt, versehentlich etwas Falsches zu sagen, was seine lang verlorene Liebe betraf. Oder jetzt wohl eher die unverlorene Liebe von Draven . Nun, zumindest hatte ich jetzt den Beweis, dass Draven nichts Schreckliches verbrochen und keinen Mord begangen hatte. Nein, er war verdammt noch mal dabei, sie zu heiraten!
Als ich zu Hause ankam, war das Licht an. Hoffentlich konnte ich mich nach oben schleichen, ohne von Libby in ein Gespräch verwickelt zu werden.
Da ich meine Schlüssel im Haus vergessen hatte, klopfte ich an der Tür. Gelächter schallte nach draußen, aber eine der weiblichen Stimmen war definitiv nicht Libbys.
Die Tür öffnete sich.
»Hallo, Keira«, sagte Sophia.
»Ähm, hi«, murmelte ich, nur um nicht unhöflich zu sein. Was zur Hölle hatte sie in meinem Haus zu suchen?
»Sophia hat auf dich gewartet, da du angeblich heute nicht in der Arbeit warst«, sagte Libby hinter ihr. Scheiße, ich war geliefert.
»Ähm, ja, ich bin mit … Kollegen ausgegangen.« Keine Ahnung, warum ich nicht ehrlich war und ihnen verheimlichte, dass ich mit Jack unterwegs war. Machte doch keinen Unterschied mehr, oder?
»Ich glaube, sie meint Jack«, klärte Libby Sophia auf. Sophia hatte auf mich gewartet. Was hatte Libby ihr erzählt? Sofort läuteten bei mir alle Alarmglocken. Immerhin war es noch nicht allzu lange her, dass Sophia mir die kalte Schulter gezeigt hatte. Ich schlurfte in die Küche, um eine Flasche Wasser zu holen und sagte zu Sophia:
»Willst du mit nach oben kommen?« Ohne auf eine Antwort zu warten, ging ich die Treppen hoch. Ich wusste, sie würde mir folgen.
Sophia und ich schwiegen, bis wir mein Zimmer betraten. Ich setzte mich auf das Bett, und Sophia nahm auf dem Fenstersitz gegenüber Platz.
»Du hast von hier aus eine tolle Aussicht, Keira«, sagte sie in einem melancholischen Ton, aber meine Stimmung blieb die gleiche – skeptisch .
»Ich will nicht unhöflich sein, Sophia, aber warum bist du hier?« Sie starrte aus dem Fenster, als ob sie nach etwas suchte.
»Mein Bruder wollte nicht, dass es so weit kommt«, sagte sie, bevor sie zu meinem Bett rüberkam.
»Was meinst du? Die Tatsache, dass er sich in private Angelegenheiten eingemischt hat, die ihn nichts angehen, oder dass ich gekündigt habe?«, konterte ich höchst emotional, so wie immer, wenn es um Draven ging.
»Mein Bruder verdient es, glücklich zu sein. Schade nur, dass es nie so einfach war.« Ich hatte keinen Schimmer, worauf sie hinaus wollte.
»Hör mal, ich habe diese kryptischen Botschaften von euch dreien satt. Dein Bruder hat seine Gefühle klargemacht, kristallklar sogar. Ich weiß, wie er über mich denkt. Wie auch immer, ich bin mir sicher, dass ihn seine Zukünftige sehr glücklich machen wird.« Ich rieb frustriert meine Stirn. Auch wenn ich gerne Antworten von Sophia gehabt hätte, war ich mir über ihre Zurückhaltung im Klaren.
»Ich verstehe, dass du irritiert bist und …«
»Irritiert? Sophia, ich bin stinksauer!«
»Ja, und das tut mir auch unendlich leid. Aber glaubst du wirklich, dass mein Bruder dich nur als eine Kellnerin sieht?« Wow. Seit wann war sie so direkt und offen?
»Um ehrlich zu sein, ich habe absolut keine Ahnung, wie dein Bruder mich sieht. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob er mich überhaupt sieht.« Ich konnte die Sehnsucht in meiner Stimme nicht verbergen, was Sophia nicht entging.
»Aber du weißt, was du für ihn fühlst … Ja?« Ihr Kopf neigte sich zur Seite, als ob sie die Wahrheit aus mir herauspressen wollte.
»Warum fragst du das überhaupt? Welche Rolle spielen meine Gefühle, wenn sie ohnehin nicht erwidert werden?«
»Wenn es Gefühle gibt, dann sind sie von Bedeutung, unabhängig von den Handlungen meines Bruders. Du wirst schon sehen«, sagte sie wie eine Art Versprechen, aber mir blieb die Bedeutung dahinter verborgen.
»Wieso bist du wirklich hier, Sophia?« Dieses Spiel laugte mich langsam aus.
»Ich möchte, dass du wieder im VIP arbeitest, wo du hingehörst.« Seltsam, wie sie den letzten Teil aussprach, als ob sie mich beeinflussen wollte.
»Ich glaube nicht, dass ich das kann«, erwiderte ich, obwohl der Gedanke sich so anfühlte, als würde ich gegen eine Naturgewalt ankämpfen. Seitdem ich den VIP verlassen hatte, wollte ich nur noch zurück. Etwas fehlte in mir, wenn ich nicht in seiner Nähe war.
Aber etwas in mir versuchte auch verzweifelt, meinen Verstand zu retten.
»Warum nicht? Dom will es auch«, meinte sie, aber mein Blick sagte alles. Immerhin war er es gewesen, der mir deutlich gemacht hatte, ich solle besser wieder meinem alten Job nachgehen.
»Ich sage die Wahrheit, Keira.«
»Es ist einfach so viel passiert. Ich weiß nicht, ob ich das kann. Ich weiß nicht, ob ich ihm noch einmal gegenübertreten kann.« Genau hier fand sie meinen wunden Punkt.
»Nun, schlaf eine Nacht darüber und triff dich morgen Abend mit ihm, um mit ihm darüber zu sprechen. Dies ist seine Bitte. Und keine Sorge, er wird nicht noch einmal seine Beherrschung verlieren«, fügte sie hinzu, als sie aufstand und zur Tür schritt.
»Ich werde darüber nachdenken, aber ich kann nichts versprechen. Gehst du morgen wieder aufs College?«, fragte ich, und sie hielt inne, als ob sie versuchte, die richtigen Worte zu finden. Dann lächelte sie und sagte:
»Ah, das hatte ich ganz vergessen … Es hat gebrannt. Oh nein, keine Sorge, niemand wurde verletzt, aber unser Gebäude ist wegen der Ermittlungen für die nächsten Tage geschlossen.«
»Oh mein Gott, das ist schrecklich. War es Absicht?«, fragte ich sie, da sie offensichtlich die Fakten kannte.
»Absicht? Oh, auf jeden Fall. Bis morgen, Keira.« Und mit einem schauderhaften Grinser verließ sie mein Zimmer. Sehr eigenartig. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, sie wusste ganz genau, wer dahintersteckte.
Als sie weg war, nahm ich mein Handy und rief RJ an, um zu fragen, ob sie etwas gehört hatte.
»Oh ja, aber das Feuer ist gerade erst ausgebrochen. Wie kommt es, dass du so schnell davon erfahren hast?« Ihre Antwort bestätigte nur meine Vermutung, dass Sophia etwas damit zu tun hatte.
»Sophia hat es mir erzählt«, gab ich leise zu.
»Oh, ich vermute, sie weiß es von ihrem Bruder.« Ich konnte hören, wie Jack im Hintergrund versuchte, ans Telefon zu gelangen.
»Sorry, Kaz, aber Romeo will mit dir reden. Hoffe, du fühlst dich besser.« Und dann kam Jacks Stimme durch den Hörer, bevor ich mich von RJ verabschieden konnte.
»Hey, wie geht es dir? Hast du das Gourmet-Essen schon ausgekotzt?«, fragte er, und ich hörte RJ sagen: »Sehr romantisch, Romeo.«
»Noch nicht, aber es gibt noch Hoffnung«, antwortete ich, bevor ich mit meiner Befragung fortfuhr.
»Hey, hast du von dem Brand gehört?«
»Ja, totales Chaos. Sieht aus, als hättest du ein paar Tage frei. Werden nicht die meisten deiner Kurse in diesem Gebäude abgehalten?«
»Ja, alle für die nächsten paar Tage, aber ist das nicht eigenartig? Ich meine, warum sollte jemand das tun?«
Er lachte.
»Du hast doch Reed, oder?«
»Ja, okay, wenn man es so sieht … Hauptsache, es wurde niemand verletzt.« Ich versuchte, positiv zu denken, aber trotzdem nagte ein komisches Gefühl in meinem Magen. Das Gefühl, dass die Dravens nicht die waren, für die sie die Leute hielten.
Kurz nach dem Telefonat begann mein Verstand, in einem Ozean von Gedanken zu schwimmen. Eigentlich fühlte es sich so an, als würde ich ertrinken! In nur einem Tag hatte ich gekündigt, dann wurde ich gebeten, zurückzukommen und fand letzten Endes heraus, dass Dravens Verlobte Jacks Freundin sein könnte, die vor zwei Jahren spurlos verschwunden war. Mein Leben hatte sich in ein Drama verwandelt, und ich konnte mich nicht entscheiden, ob ich den Stecker ziehen oder weiter zuschauen wollte. Blieb nur zu hoffen, dass das morgige Treffen besser laufen würde als das heutige.
Als ich aufwachte, waren Libby und Frank bereits zur Arbeit gefahren. In meinen alten Sweatpants und einem langen T-Shirt, das ich nur zum Schlafen anzog, spazierte ich nach unten in die Küche. Am Kühlschrank wartete eine Nachricht von Libby auf mich.
Ruf mich an, wenn du auf bist, Libs xxxx
Ich stellte zuerst den Wasserkocher an und schnappte mir einen Frühstücksriegel, zusammen mit einer Teetasse. In England trinken die Leute Tee wie die Amerikaner Kaffee. Mein Hirn funktionierte also nicht, bevor ich am Morgen meinen ersten Schluck genommen hatte. Nach meinem schnellen Frühstück nahm ich das Telefon und wählte Libbys Büronummer.
»Olivia am Apparat«, war ihre professionelle Ansage.
»Hey, Libs. Was gibt‘s?«
»Ähm, ich muss dir etwas sagen, hatte ich gestern völlig vergessen«, begann sie in einem schuldbewussten Ton. Oh-oh.
»Okay, was ist los?«
»Nun, Frank und ich wurden eingeladen, die Woche im Seehaus von Franks Eltern mit dem Rest der Familie zu verbringen. Ich hatte eigentlich nicht gedacht, dass mir mein Boss freigeben würde.«
»Okay, also?« Ich wusste, was als Nächstes kam.
»Gestern Abend hat mich mein Boss angerufen und meinte, es sei in Ordnung, da einer meiner Kunden die Deadline um drei Wochen nach hinten verschoben hat, also könnten wir fahren. Aber ich wollte dich vorher fragen, ob du etwas dagegen hast.«
»Nein, ganz und gar nicht. Ihr fahrt doch jedes Jahr dorthin, oder?« Ich versuchte, beschwingter zu klingen, als mir zumute war. Eine Woche allein in diesem Haus war eine lange Zeit.
»Wirklich? Deine Freunde dürfen auch gerne bei dir übernachten. Ich bin mir sicher, RJ oder Jack hätten nichts dagegen«, fügte sie mit einem Kichern hinzu.
»Es ist okay, Libs. Ich denke, ich bin alt genug, mich allein in dem Haus für eine Woche zurechtzufinden.«
»Ähm, da ist noch etwas …«
»Was?«
»Könntest du mir einen riesigen, gigantischen Gefallen tun und einen Teil meiner Wäsche in die Waschmaschine stecken? Und vielleicht noch Einkaufen gehen und ein paar Lebensmittel besorgen?«
Nachdem ich eine endlos lange Liste geschrieben hatte von den Sachen, die Libby vom Supermarkt benötigte, nahm ich ein Ladung Wäsche aus ihrem Korb und stopfte sie in die Waschmaschine.
Kurz danach fuhr ich zum Supermarkt. Ich machte meine Tour die Gänge auf und ab und packte jede Menge Junkfood ein, das auf Libbys Liste stand, als ich jemanden entdeckte, den ich kannte. Er kam geradewegs auf mich zu, und ich schob meinen Einkaufswagen vorbei, bis er mir ins Gesicht sah, aber er zeigte keine Reaktion. Also sagte ich:
»Hallo, Doktor Spencer. Wie geht es Ihnen?«
»Äh, gut, junge Dame.« Er runzelte die Stirn. Nichts deutete darauf hin, dass er mich erkannte.
»Sie erinnern sich nicht an mich, oder?«
»Es tut mir leid, aber ich habe sehr viele Patienten«, war seine eher schroffe Antwort.
»Ich habe mir den Kopf gestoßen, und Mr Draven hat Sie gebeten, nach mir zu sehen«, erklärte ich, aber sein Gesicht blieb leer.
»Ich fürchte, Sie irren sich, Liebste. Ich kenne keinen Mr Draven.« Er war im Begriff, weiterzuziehen, aber ich hielt die Stange seines Einkaufswagens fest.
»Entschuldigen Sie, aber das ist unmöglich. Sie müssen sich doch daran erinnern? Sie sind zu mir nach Hause gekommen und meinten, dass Sie Mr Draven seit Jahren kennen«, sagte ich panisch, aber er riss seinen Einkaufswagen grob zur Seite.
»Nun, genau da liegen Sie falsch. Das kann nicht ich gewesen sein, weil ich keine Hausbesuche mache. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden!« Und damit schob er sich an mir vorbei. Ich stand einfach nur da, völlig perplex. Er war es definitiv, dessen war ich mir sicher. Er sah vielleicht nicht so gesund aus wie beim letzten Mal, etwas älter, um ehrlich zu sein – mit blasseren Augen und mehr Falten, die den Stress zeigten, der sich über die Jahre aufgebaut hatte –, aber es gab keinen Zweifel, dass er es war. Ich hatte seinen Namen gesagt, und er hatte ihn nicht bestritten.
Benommen und konfus besorgte ich die restlichen Vorräte. Vielleicht litt er unter einem schlechten Kurzzeitgedächtnis, aber dann hatte er sich eindeutig den falschen Beruf ausgesucht.
Der Mann, der mich besucht hatte, war freundlich und sanft gewesen, aber dieser Mann das Gegenteil – unhöflich und definitiv kein Menschenfreund. Und wie konnte jemand in so kurzer Zeit so stark altern? Ich konnte es einfach nicht in meinen Kopf bekommen. Ich war nicht verrückt. Libby war ihm auch an diesem Tag begegnet.
Und wieder einmal hatte ich eine weitere Sache, die ich versuchte, in meinen Hinterkopf zu schieben, die aber immer wieder nach vorne kroch und an meinem Gehirn kitzelte.
Ich aß gerade ein selbstgemachtes Thunfisch-Sandwich, als das Telefon läutete. Ich ging ran.
»Hallo?« Außer einem schweren Atemgeräusch am anderen Ende der Leitung tat sich nichts.
»Halloooo?« Dann hörte ich einen aufgeregten Typ, der so klang, als befände er sich im Hintergrund.
»Hey, Sie müssen dafür bezahlen!« Und dann brach die Verbindung ab. Ich schüttelte den Kopf. Wahrscheinlich verwählt.
Nach dem Mittagessen erledigte ich den Rest von Libbys Wäsche und ließ mir ein Bad ein, um mich zu entspannen. Ich benutzte ein paar von Libbys teuren Schaumbad-Fläschchen, die den Raum mit dem Duft Tropical Delight füllten. Dann zündete ich Kerzen an und schaltete den CD-Player ein, der in die Badezimmerwand eingebaut war. Die sanften Geräusche von Wald, Vögeln und Wasserfällen verwandelten den Raum in eine Oase der Entspannung.
Ich ließ meinen Bademantel zu Boden gleiten und stieg langsam ins Wasser, um mich an die warme Temperatur zu gewöhnen. Ich versuchte, mich auf das Hintergrundgeräusch des Waldes zu konzentrieren und mir nicht den Kopf über heute Abend zu zerbrechen, aber es half natürlich nichts.
Ich sah immer noch Dravens hartes Gesicht vor mir, so, wie er mich gestern angesehen hatte, und ich erschauderte. Draven war wie Wasser. Ich wusste nie, wann es eiskalt oder kochend heiß war, aber so oder so: Ich brauchte es. Ich brauchte es, um zu überleben.
Ich ging die üblichen Mädchenroutinen durch, rasierte meine Beine und alle anderen Bereiche, die es nötig hatten, und wusch meine Haare. Als ich herauskam, waren Libby und Frank bereits hektisch am Packen.
Nachdem Libby etwa eine Stunde lang wie ein kopfloses Huhn herumgelaufen war, rief sie:
»Hey, wir sind in einer Minute weg. Danke, dass du meine Wäsche gemacht hast und einkaufen gegangen bist. Du bist ein Engel!«
»Kein Problem. Ich habe im Gegenzug gerade alle deine Pflegeprodukte aufgebraucht.«
»Oh, dafür wirst du mir das nächste Mal die Terrasse schrubben, Cinderella. Spaß beiseite, bedien dich ruhig. Und es geht wirklich in Ordnung, dass wir für eine Woche weg sind?« Sie warf einen Blick auf ihre Uhr. Sie waren schon spät dran, also umarmte ich sie kurz.
»Ich habe dir gesagt, alles in Ordnung. Jetzt fahrt endlich los und habt Spaß. Wenn du später anrufst und ich bin nicht zu Hause, hinterlass Cinderella einfach eine Nachricht. Kann sein, dass sie auf der Suche nach ihrem Glasschuh ist.« Sie lachte über meinen Witz.
»Okay, ich melde mich. Wenn es irgendwelche Probleme gibt, sag Bescheid. Wir fahren nur zwei Stunden. Ich liebe dich, Kazzy.« Sie drückte mich noch einmal, bevor sie mit Frank nach draußen huschte.
Ich drehte die Musik auf meinem Laptop auf, und ein Song von ›Shinedown‹ dröhnte durch das Zimmer. Ziemlich passend, denn er hieß ›The Sound of Madness‹, gerade jetzt, wo ich mich für mein Treffen mit Draven fertig machte.
Ich zog ein Unterhemd mit Riemen und Spitze an, ein schwarzes T-Shirt und passende, fingerlose Handschuhe, die bis nach oben zu den Ärmeln reichten. Dazu kamen eng sitzende Jeans – die einzig schönen, die nicht unten am Saum zerrissen waren. Ich trocknete meine Haare, die dank Libbys Shampoo extra wellig wurden. Wie immer steckte ich sie hoch und ließ die kurzen Strähnen herunterhängen.
Nach einem letzten Blick in den Spiegel schnappte ich mir meine Jacke, einen Reißverschlusspullover und meine Schlüssel, bevor ich das Haus verließ. Regen trommelte auf mein Auto und spiegelte meine Stimmung wider, als ich Afterlife näherkam.
Sophia hatte mir versichert, dass dieses Treffen besser ablaufen und Draven sein Temperament zügeln würde, aber an diesem Ort musste man auf alles gefasst sein. Als hätte er sein eigenes Paralleluniversum, in dem die Regeln der normalen Welt keine Bedeutung hatten. Sophia und Draven wollten, dass ich wieder in der VIP-Lounge arbeitete, aber wollte ich das auch? Konnte ich einfach wieder in die Normalität zurückkehren, nach allem, was geschehen war?
Da war definitiv etwas zwischen Draven und mir. Eine unnatürliche Verbindung, die uns immer wieder zueinander hinzog. Eine, die er immer wieder verleugnete. Also fasste ich einen Entschluss. Das würde mein letzter Versuch sein. Ich brauchte Antworten, und es war mir egal, wie ich sie bekam – in einem ruhigen Gespräch oder einem stürmischen Streit.
Das war das Ende.
Ich hoffte nur, dass ich ihn dieses Mal endlich …
Gehen lassen konnte.