Eine Trennung
Es ist seltsam, wie sich die Dinge ändern. Im Januar, als ich bei Edward eingezogen bin, kam mir der Gedanke, mir mit ihm sieben Tage die Woche ein Badezimmer zu teilen, noch unerträglich vor. So unerträglich, dass ich vermutlich niemals eingezogen wäre.
Ehrlich gesagt, ist die Badezimmersituation jetzt auch nicht ideal, aber zumindest herrscht momentan Waffenruhe im Klorollenkrieg. Die Sache mit dem Thermostat ist auch gerade noch nicht so wichtig, da die Tage recht lang und warm sind, weshalb die Heizung kalt bleibt. Zumindest erst mal. Beinahe wäre es jedoch erneut zwischen uns eskaliert, als er merkte, dass ich eine Batterie in den Restmüll geworfen hatte, anstatt sie in einem dieser besonderen Mülleimer im Supermarkt zu recyceln, aber ich habe es auf meine Vergesslichkeit (anstatt auf meine Faulheit) geschoben, und es wurde schnell ad acta gelegt.
Spülmaschine und Lampen sind allerdings weiterhin ständiger Grund für Streitigkeiten. Es kommt mir vor wie in der Politik. Unsere beiden Seiten werden niemals miteinander übereinstimmen und wir müssen es einfach aushalten. Aber da Edwards Scheidung mittlerweile offiziell ist, weiß ich eh nicht, wie lange es so weitergeht.
»Die Scheidung sollte bis zum Ende des Jahres durch sein«, sagt er gerade, als wir durch das Tor in den Park laufen .
Es ist Donnerstag, und wir drehen unsere abendliche Runde mit Artus. Seitdem ich von der Hochzeit wieder da bin, haben wir angefangen, das zusammen zu machen, und es ist wirklich eine nette Abwechslung. Mit Hunden spazieren zu gehen kann nämlich ganz schön einsam sein, besonders wenn der eigene Hund lieber Eichhörnchen und Enten jagt, als gehorsam neben einem herzutrotten, wie die ganzen anderen Hunde, die ich so sehe.
»Wow, so bald schon.«
»Ja und nein«, sagt er und nickt. »Es ist schon lange überfällig gewesen. Wir hätten es schon vor Jahren machen sollen.« Wir laufen den Berg in Richtung Wald hinauf. Artus springt neben uns her. Nachdem er mich monatelang herumgescheucht hat, ist es wirklich unglaublich, zu sehen, wie er auf Edward reagiert. Es braucht nur wenige, kurze Befehle – und er macht Platz, sitzt und läuft bei Fuß.
»Wie war denn eigentlich die Hochzeit von deinem Bruder?«
»Findest du es nicht irgendwie unpassend, gleichzeitig über Hochzeiten und Scheidungen zu sprechen?«
»Überhaupt nicht, das gehört schließlich alles zum Leben dazu.« Er lächelt mich an und hält dann inne, um die Aussicht zu genießen. Das Licht ist gerade wunderschön. Warm und golden leuchtet es durch die Bäume und auf unseren Gesichtern. »Also? Erzähl schon.«
»Es war eine tolle Hochzeit, sie sahen beide so glücklich aus.« Ich sehe zu einem meiner Lieblingsbäume hinauf, einer großen, ausladenden Eiche direkt am Anfang des Waldes. Ich merke heute zum ersten Mal, dass sich die Blätter schon braungelb verfärben. Die Jahreszeiten wechseln. »Aber ich glaube, am glücklichsten von allen war meine Mum.«
Edward lacht unbeholfen. »Immerhin eine Sache, für die ich dankbar sein kann. Meine Mum war bei meiner Hochzeit nicht dabei, und jetzt muss sie auch meine Scheidung nicht mitbekommen. «
»Entschuldige, ich habe nicht darüber nachgedacht …« Plötzlich komme ich mir taktlos vor.
»Was? Ach, das ist echt in Ordnung, keine Sorge.« Er wischt meine Bedenken beiseite. »Es ist schon so lange her.«
Edward steckt die Hände in die Taschen und dreht sich um, ich folge ihm. Gemeinsam laufen wir auf den Wald zu.
»Und was passiert jetzt?«, frage ich und wechsle damit das Thema.
Er zuckt mit den Schultern. »Es geht hauptsächlich darum, unsere Finanzen gut aufzuteilen und Teile unseres Vermögens zu verkaufen. Wir haben entschieden, dass Sophie das Haus bekommt. Ich möchte nicht, dass die Kinder noch mehr Veränderungen haben als unbedingt nötig.«
»Nein.«
»Solange sie noch zur Schule gehen, werden sie bei ihr wohnen bleiben. Aber wir finden beide, dass sie mich an manchen Wochenenden besuchen sollten.«
»Natürlich, ja.«
»Bisher ist es recht freundschaftlich gelaufen.«
Ich muss an meine Frage denken. Und was passiert jetzt? Edward dachte, ich wolle wissen, wie es mit seiner Scheidung weitergeht, was auch stimmt, aber jetzt würde ich die Frage am liebsten noch einmal umformulieren und nachhaken, inwiefern das alles unsere Wohnsituation betrifft. Wenn seine Söhne die Wochenenden bei ihm in London verbringen sollen, werden zwei Schlafzimmer benötigt. Und solange ich da wohne, gibt es nur noch eins.
Wird er denn überhaupt die Wohnung behalten? Er hat zwar noch nichts darüber gesagt, dass er sie verkaufen will, aber vielleicht ist sie ja auch Teil des Vermögens, das die beiden veräußern wollen. Aber ich frage nichts davon, und während wir in den Wald hineinlaufen, spüre ich, wie sich mein Magen zusammenzieht. Ich mag keine Unklarheiten. Sie machen mich nervös.
Klar ist nur, dass ich irgendwann ausziehen muss.