»Sie hat nach dem Datenschlüssel gesabbert wie ein Hund vorm Futternapf«, sagte Jane. »Die Aussicht, alles über Solchoi zu wissen, jeden seiner Schritte nachvollziehen und all seine Geschäfte überwachen zu können, war unwiderstehlich. Sie wird uns helfen, von der Station zu entkommen.«
»Uns?«, fragte Cally.
»Kindchen, du glaubst doch nicht, dass ich euch zwei unerfahrene Vögelchen alleine durch eine von Kriegen überzogene Galaxis flattern lasse. Außerdem soll ich sowieso von hier verschwinden – ich suche mir nur Weg und Ziel selbst aus«, erklärte Jane, die in ihrem schwarzen Kleid und mit den grauen Haaren wieder aussah wie eine harmlose Gouvernante.
»Jane, irgendwie habe ich den Eindruck, du hast uns nicht alles erzählt. Ich kenne dich auch ein wenig, und da klafft ein großes Loch in deiner Geschichte. Wie konntest du sicher sein, dass Theresa dich überhaupt empfangen und mit dir reden würde, wenn du wie ein Gespenst mitten in ihrem Hauptquartier auftauchst. Mein Vater hätte, ebenso wie Solchoi, zuerst geschossen und dann gefragt. Sie wären sofort von einem Attentatsversuch ausgegangen und hätten sich ganz sicher nicht auch noch alleine mit dem Eindringling getroffen. Das ist unlogisch und entspricht nicht Theresas bekannter Vorsicht.«
»Ich kann dir wohl nichts vormachen, Clark«, lachte Jane. »Theresa und ich kennen uns schon sehr lange. Wir haben das nie an die große Glocke gehängt. Deinen Vater hätte es misstrauisch gemacht, und er hätte mir nie wieder vollständig vertraut, und Theresa wusste all die Jahre, dass meine Loyalität ausschließlich dir und deiner Familie galt, ich sie jedoch niemals hintergehen würde, solange sie keine Gefahr für dich darstellte. Zu meiner Zeit bei der Föderationsarmee diente sie als junger Leutnant im Stab eines meiner Vorgesetzten. Sie war so eine Art bessere Sekretärin. Wir hatten keinen engen Kontakt, aber ich habe sie sofort wiedererkannt, als sie hier auftauchte.«
»Wie werden wir vorgehen?«, fragte Cally.
»Es wird nach einem Versagen von Theresas Sicherheitsdienst aussehen, eine Situation, die wir ausgenutzt haben. Niemand, auch Solchoi nicht, wird deinen Vater damit in Verbindung bringen können«, erklärte Jane.
»Mein Vater wird extrem verärgert sein, wenn wir alle drei abhauen«, sagte Clark.
»Und genau das wird seine Unschuld umso glaubhafter machen. Solchoi wird nichts gegen ihn unternehmen, denn Theresa wird sich bei beiden für den Vorfall entschuldigen und die Schuld auf sich nehmen.«
»Wie sieht der Plan genau aus?«, wollte Cally wissen.
»Heute Nacht soll einer von Theresas Männern mit einer Sklavin nach Tirona fliegen. Er hat sie dorthin verkauft, da er mit ihr nur Ärger hatte. Wir werden ihn und seine Crew im Hangar ausschalten und mit seinem Schiff fliehen. Theresa wird dafür sorgen, dass sich der Wachwechsel verzögert, sodass der Hangar für ein paar Minuten unbewacht sein wird. Es ist unsere Sache, ihn zu überwältigen. Er ist nicht eingeweiht und wird sich zur Wehr setzen.«
Jane stand auf und sah die beiden nachdenklich an.
»Wir werden zu Gejagten! Darüber müsst ihr euch im Klaren sein. Solchoi wird seine Kontakte spielen lassen und überall nach euch Ausschau halten. Auch dein Vater wird meine Mitwirkung bei der Flucht als Verrat ansehen. Ich kann nicht vorhersagen, wie er reagieren wird. Es kann also gut sein, dass zwei der mächtigsten Piratengruppen uns durch die halbe Galaxis jagen werden. Wir müssen uns sehr genau überlegen, wohin wir uns wenden wollen.«
»Wie ich dich kenne, hast du auch da bereits eine Idee«, erwiderte Cally mit einem hoffnungsvollen Lächeln.
»Allerdings, Cally. Es gibt da draußen jemanden, dem es gelungen ist, sich seit über fünfundzwanzig Jahren erfolgreich vor Anatoly Solchoi und Vincent Silvestri zu verbergen. Kathy, meine Freundin und deine Mutter, Clark. Wir werden uns auf die Suche nach ihr machen!«