Roberto Tercona! Cally fiel der Name des Mannes plötzlich ein. Er hieß Roberto Tercona. Cindy starrte sie mit großen Augen an. Ihr Besitzer griff nach der Waffe an seinem Gürtel, doch Jane hielt ihren Strahler bereits in der Hand und schoss ihm durch die Brust, noch bevor er seine Waffe ziehen konnte. Tödlich getroffen brach er zusammen.
»Los, zum Schiff!«, sagte sie und sprintete in Richtung der Jacht.
»Warte!«, rief Cally. »Wir können sie nicht einfach hier zurücklassen!«
»Dafür haben wir keine Zeit, die Wachablösung kann jeden Moment hier sein«, sagte Clark.
»Sie stammt aus meinem Dorf, Clark. Ich kann sie nicht in den Händen dieser Banditen lassen.«
»Cally, sei vernünftig. Wir können nicht …«
In diesem Moment zuckte ein Energiestrahl dicht an seinem Kopf vorbei und schlug hinter ihm in der Wand ein. Die Wachablösung war bereits zur Stelle. Das von Theresa Grange versprochen Zeitfenster war kleiner ausgefallen, als sie gehofft hatten. Clark warf sich der Länge nach hin und brachte sich hinter einem Pfeiler in Sicherheit. Jane hechtete auf Cally zu, riss sie zu Boden und deckte sie mit ihrem eigenen Körper. Noch im Fallen feuerte sie auf die vier hinter ihnen erschienenen Wachleute und zwang sie ebenfalls in Deckung. Sie zogen sich hinter eine Biegung des Ganges zurück. Cindy stand völlig versteinert mitten im Hangar und bot ein leichtes Ziel.
»Wenn wir nicht innerhalb der nächsten Minute von hier verschwinden, werden sie das Hangartor blockieren«, sagte Jane.
»Ich gehe nicht ohne Cindy«, erklärte Cally entschlossen.
Jane fluchte.
»Clark, Cally! Seht zu, dass ihr ins Schiff kommt. Ich halte die Kerle auf.« Sie reichte Cally ein kleines Messer aus den unergründlichen Tiefen ihrer Umhängetasche. »Schneide ihre Fesseln durch und bring sie an Bord!« Sofort gab sie mehrere Schüsse in den Gang ab, um die Wachmänner weiterhin in Deckung zu zwingen.
Cally sprang auf, während Jane ihr Feuerschutz gab, eilte auf Cindy zu und schnitt deren Handfesseln durch.
»Komm mit!«, sagte sie zu dem jungen Mädchen.
Cindy schien sich in einem Schockzustand zu befinden. Sie starrte Cally nur aus großen Augen an, bewegte sich aber keinen Millimeter.
»Komm endlich«, schnappte Cally und ergriff Cindys Hand. Hinter sich hörte sie das Zischen von Janes Strahler. Auch Clark feuerte ununterbrochen in Richtung des Gegners. Keiner der Wachmänner wagte es, auch nur eine Nasenspitze sehen zu lassen. Wie in Trance, fast gegen ihren Willen, ließ sich Cindy zum Schiff ziehen. Die beiden Frauen eilten über die Rampe ins Innere der Jacht, Clark dicht auf ihren Fersen. Er drehte sich im Laufen immer wieder um und schoss in den Gang hinter sich. In der Schleuse angekommen, sank er auf ein Knie.
»Los Jane, komm! Ich gebe dir Feuerschutz!«, schrie er.
Jane rappelte sich auf und lief zur Jacht, während Clark die Wachtruppe weiterhin in Deckung zwang.
Gleich nachdem die alte Dame schwer atmend in der Schiffsschleuse angekommen war, warf sie sich herum und nahm die Ecke unter Feuer, hinter der sich ihre Gegner verschanzt hatten.
»Mach das Schiff startklar. Ich halte hier die Stellung!«, sagte sie.
Clark rannte an Cally und Cindy vorbei zum Cockpit des Schiffes. Er warf sich in den Pilotensitz und begann, Sensoren und Schalter in schneller Abfolge zu bedienen. Cally und Cindy folgten ihm auf dem Fuß und setzten sich in die zwei Sessel hinter den beiden Pilotensitzen. Das Cockpit bot gerade vier Personen Platz. Aus der Schleuse ertönte nach wie vor das zischende Geräusch von Janes Schüssen. Die Instrumentenkonsole erwachte mit bunten Lämpchen und aufflackernden Monitoren zum Leben. Clark war dieser Schiffstyp bekannt. Er hatte bereits vor Jahren eine Grundausbildung als Pilot erhalten. Auch wenn es ihm an Flugerfahrung mangelte, hoffte er, dass er in der Lage sein würde, die Jacht in den freien Raum zu manövrieren.
»Schließ die Schleusenrampe!«, hörte er Jane hinter sich schreien.
Er schlug auf den entsprechenden Schalter und die Rampe fuhr rumpelnd nach oben und versiegelte das Schiff. Bis zum letzten Moment feuerte Jane durch den immer kleiner werdenden Spalt, um die Wachmänner so lange wie möglich in Deckung zu halten.
»Starte das Triebwerk!«, brüllte Jane, während sie ins Cockpit stürmte. Hinter ihr war zu hören, wie die ersten Schüsse gegen die Wandung des Schiffes prasselten. Nachdem sie nicht mehr unter Feuer lagen, hatten sich die vier Wachmänner aus ihrer Deckung gewagt und beschossen nun die Jacht.
Clark legte einige Schalter um und hinter ihnen erwachte brüllend das Haupttriebwerk. Aus den Düsen des Schiffes schossen zuckende Plasmaspeere und schoben die Jacht nach vorn. Hinter dem Schiff brach eine energetische Hölle los. Normalerweise wurde ein Schiff auf elektromagnetischen Feldern beschleunigt und anschließend ausgeschleust. Die Triebwerke wurden erst außerhalb der Raumstation angeworfen. Sie bereits innerhalb des Hangars einzuschalten musste jeden zu Schlacke verbrennen, der sich hinter der Jacht aufhielt. Außerdem wurden große Teile des Hangars zerstört und auf längere Zeit unbenutzbar. Jane hoffte, dass Theresa ihr diese Verwüstung nicht allzu übel nehmen würde. Prompt waren keine Einschläge in der Schiffshülle mehr zu vernehmen. Entweder waren die Wachmänner tot oder es war ihnen noch rechtzeitig gelungen, sich in eine sichere Deckung zurückzuziehen. Jane war es so oder so gleichgültig. Jetzt kam es nur noch darauf an, ob jemand schlau genug gewesen war, das Hangartor elektronisch zu blockieren. Dann wäre eine erfolgreiche Flucht nur noch schwer zu bewerkstelligen. Sie wären gezwungen, es mit der kleinen Bordkanone in der Nase der Jacht gewaltsam aufzuschießen – mit unsicheren Erfolgsaussichten.