47.

 


»Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht für dich!« Jonathan grinste Alexandre DeChamp auf dem Bildschirm des Vidfones an. Bei einem Kontakt über elektronische Medien wirkte der phobische Hehler deutlich entspannter als bei einer persönlichen Begegnung. »Welche möchtest du zuerst?«

»Da ich mir den Tag nicht gleich zu Beginn versauen will, lieber die gute«, ließ sich DeChamp auf das Spiel ein.

Er war jetzt schon ein paar Tage auf Zeltra und wurde mit jedem Tag ungeduldiger. Zwar hatte er in Erfahrung bringen können, dass das nächste Schiff zur Erde erst in etwas mehr als zwei Wochen abheben sollte, aber er hasste es, untätig herumzusitzen.

»Ich weiß, wo sich deine beiden Turteltäubchen rumtreiben. Ich habe erfahren, dass sie einen Käufer für ihre Jacht gefunden haben.«

»Das ist wirklich eine gute Nachricht«, freute sich Alex DeChamp. »Deine Quellen sind wirklich ihr Geld wert.«

Jonathan lachte und schüttelte den Kopf.

»Dafür habe ich überhaupt keine meiner Quellen benötigt. Die beiden wollen ihre Jacht an eine Bekannte von mir verkaufen, die mich postwendend angerufen und sie mir ihrerseits zum Kauf angeboten hat. Natürlich hat sie mir nicht gesagt, woher sie das Schiff hat, aber da es nicht jeden Tag eine Jacht dieser Bauart auf dem Markt gibt, kann es sich nur um das Schiff der Gesuchten handeln.«

»Dann weißt du aber noch nicht, wo sich Cally und Clark aufhalten«, stelle DeChamp fest.

»Nein, aber ich weiß, wo sie sich aufhalten werden!«

»Mach es nicht so spannend, Jonathan!«

»Eines meiner Vögelchen hat mir gezwitschert, dass für morgen die Übergabe geplant ist. Natürlich hat mir meine Bekannte das nicht verraten, aber ich habe noch andere Quellen.«

»Und wo soll das stattfinden?«

»Auf dem Burgos-Landefeld, etwas außerhalb der Stadt.«

»Ich werde dort sein«, versprach Alex DeChamp.

»Leider wirst du nicht der Einzige sein, der diese Gelegenheit, die entflogenen Täubchen wieder einzufangen, nicht verpassen will. Wie es aussieht, wirst du doch weniger Ärger mit Anatoly Solchoi bekommen. Aber das ist in diesem Fall eine schlechte Nachricht. Esteban Hernandez ist auf Zeltra. Die Nachricht seines Ablebens war augenscheinlich verfrüht.«

»Das … das ist nicht möglich«, rief DeChamp aus. »Ich habe ihm einen Treffer verpasst, den er unmöglich überleben konnte!«

»Der Kerl ist zäher, als du gedacht hast, Alex. Ja, du hast ihn schwer verletzt und ihm einen Arm zerschossen, aber er lebt noch und ist nach wie vor hinter deinen Schützlingen her.«

»Bist du dir da sicher?« Alexandre DeChamp konnte diese Nachricht kaum glauben.

»Er war bei einem Arzt, um die Wunde behandeln zu lassen und sich nach einer Neuroprothese für den verlorenen Arm zu erkundigen. Dumm nur, dass genau dieser Arzt seine Prothesen über mich bezieht. Da er wusste, dass ich Hernandez kenne, hat er mir von dessen Besuch erzählt.«

»Das ist kaum zu glauben und macht die Sache komplizierter. Weiß Hernandez von dem Deal mit der Jacht?«

»Wenn er einigermaßen gute Quellen hier auf Zeltra hat, solltest du mit dem Schlimmsten rechnen, Alex. Solch ein Schiff wird nicht jeden Tag auf dem Schwarzmarkt angeboten und das spricht sich schnell herum.«

»Danke für die Information und die Warnung, Jonathan. Vincent wird sich erkenntlich zeigen.«

»Davon gehe ich aus, wenn wir Freunde bleiben wollen«, beendete Jonathan das Gespräch.

Ein paar Kilometer entfernt lag Esteban Hernandez zufrieden auf dem Bett seines Zimmers in dem heruntergekommenen Hotel, in das er sich eingemietet hatte. Die Schmerzen in seiner Schulter waren erträglich, seit ihm der Arzt eine Depotspritze gegeben hatte, die einige Tage wirken sollte. Danach würde die Wunde gut genug verheilt sein, um eine Neuroprothese anbringen zu können. Das war zwar nicht gerade ein billiges Vergnügen, aber die Aussicht, seinen rechten Arm wieder fast normal einsetzen zu können, wog den Preis mehr als nur auf. Doch zuerst galt es, seinen Auftrag zu erfüllen. Angeblich war eine Jacht auf dem Schwarzmarkt angeboten worden. Jetzt galt es nur noch, herauszufinden, ob es sich dabei um das Schiff der Gesuchten handelte. Einer seiner Kontaktleute hatte versprochen, sich umzuhören und ihn noch heute anzurufen. Hernandez war zuversichtlich, der Schlampe und ihrem Freund bald gegenüberzustehen. Und mit ein bisschen Glück würde dabei auch der verfluchte Alexandre DeChamp vor den Lauf seiner Waffe geraten. Er nahm sich vor, keinen von ihnen entkommen zu lassen, und verbrachte die nächsten Stunden damit, sich genüsslich auszumalen, was er mit der Kleinen alles machen würde, sobald er sie in seiner Gewalt hatte. Dann klingelte sein Vidfone und er erhielt die ersehnte Nachricht.