rinnerungen an lange zurückliegende Tage stiegen in Conlin auf, als er von dem ältlichen Bruder Martinus durch das Kloster zur Schreibstube des Priors geführt wurde. Erinnerungen an die Zeit, die er auf seines Vaters Geheiß in einem Konvent der Augustiner verbracht hatte, um sich auf ein Leben als Mönch vorzubereiten. Beklemmende Erinnerungen an all jene Gelegenheiten, zu denen er wegen aufmüpfigen oder ungebührlichen Verhaltens zum dortigen Prior oder gar zum Abt gerufen worden war, um sich dem Strafgericht zu stellen.
Dass er heute von seinem zukünftigen Schwiegervater begleitet wurde, machte die Sache nicht unbedingt angenehmer. Es fiel Conlin schwer, Hilfe von Graf Johann anzunehmen, bedeutete es doch, die Schmach, die seine Familie getroffen hatte, ausgerechnet mit dem Mann teilen zu müssen, der sowieso schon die schlechteste Meinung über ihn vertrat.
»Wartet hier bitte einen kurzen Moment.« Bruder Martinus hatte vor der Tür zur Kammer des Priors Halt gemacht: Er kratzte leise an dem dunklen Eichenholz und trat auf die Aufforderung durch Bruder Thomasius rasch ein.
Conlin rieb sich unbehaglich über den Nacken, dann übers Kinn. Zumindest war es hier im Haus deutlich kühler als draußen. Dennoch trieb ihm der Gedanke an das bevorstehende Gespräch erneut den Schweiß auf die Stirn.
»Man kommt sich ein wenig vor wie in Erwartung einer Maßregelung durch den Schulmeister«, brummelte Johann zu Conlins Überraschung. »Was treiben die denn da drinnen so lange?«
Zu einer Antwort kam Conlin nicht, denn just in diesem Augenblick öffnete sich die Tür wieder und ein anderer Dominikaner, deutlich jünger als Martinus und von gedrungener Gestalt, verließ die Kammer. Am Arm trug er einen Korb, der offenbar Salben und Verbandszeug enthielt. »Seid gegrüßt, ihr hohen Herren«, murmelte er. »Und verzeiht, dass Ihr warten musstet. Bruder Thomasius musste ärztlich versorgt werden.«
»Ist er etwa krank?« Argwöhnisch versuchte Johann, einen Blick in die Kammer zu werfen.
»Verletzt wohl eher.« Der Dominikaner hob die Schultern, so als wisse er es selbst nicht so genau. »Keine Angst, es ist nicht ansteckend. Zumindest nehmen wir das zu diesem Zeitpunkt nicht an. Geht nur zu ihm hinein, Bruder Thomasius erwartet Euch bereits.« Damit eilte er davon.
Conlin wechselte einen unangenehm berührten Blick mit Johann, richtete sich dann jedoch entschlossen auf und betrat die Schreibstube.
»Ah, da seid Ihr ja, Herr Conlin, und Verstärkung habt Ihr auch gleich mitgebracht?« Die leicht ölige, hochfahrende Stimme von Bruder Thomasius klang amüsiert. »Gut jetzt, Martinus, ich komme schon zurecht.« Die letzten Worte hatte er ungehalten an den ältlichen Pförtner gerichtet, der gerade dabei war, Thomasius ein Kissen unter die rechte Hand zu schieben, die dick verbunden auf dem Pult ruhte, hinter dem der Stellvertreter des Priors saß. »Geh wieder zurück an deine Arbeit. Durch Verhätscheln wird meine Hand auch nicht schneller heilen.«
»Gewiss, Bruder Thomasius, gewiss.« Martinus zog sich eilfertig zurück und schloss leise die Tür hinter sich.
»Seid gegrüßt, Bruder Thomasius.« Conlins Stimme klang ein wenig kratzig. Er sehnte sich nach einem kühlen Trunk! »Dies ist Graf Johann von Manten, mein …« Nun versagte ihm die Stimme fast. »Er ist der Vater meiner zukünftigen Gemahlin. Ich traf ihn vorhin zufällig«, er räusperte sich unterdrückt, »als ich vom Frankenturm zurückkehrte, und …«
»In Anbetracht der Umstände habe ich darauf bestanden, meinen zukünftigen Schwiegersohn hierher zu begleiten«, beendete Johann den Satz mit einem ehernen Blick, der sich jedwede weitere Fragen oder Erklärungen verbat.
Thomasius nickte zufrieden. »Schön. Nun nehmt denn Platz, damit wir zum Grund Eures Hierseins kommen können.« Er gestikulierte mit der verbundenen Hand in Richtung der beiden einfachen Besucherhocker, die vor dem Pult aufgestellt worden waren. Dabei verzog er jedoch schmerzlich das Gesicht und bettete die Hand sogleich wieder sehr vorsichtig auf das Kissen. »Verzeiht meine angeschlagene Verfassung. Als ich mich heute Mittag auf den Rückweg vom Frankenturm begab, begann meine Hand seltsam zu schmerzen und zu brennen, und ein eigentümlicher Ausschlag hat sich gebildet, der inzwischen wie eine Brandwunde anmutet. Höchst ärgerlich, denn unser Bruder Infirmarius hat dergleichen noch nicht gesehen.«
»Ein Ausschlag, sagt Ihr?« Johann runzelte die Stirn. »Er schmerzt und sieht aus wie eine Brandwunde, doch einem Feuer seid Ihr nicht zu nahe gekommen?«
»Ganz genau so«, bestätigte der Dominikaner. »Habt Ihr vielleicht schon einmal so etwas gesehen?« Er löste eine Stelle an dem Verband, bis ein Teil der Haut sichtbar wurde. Gerötetes Fleisch, auf dem sich Beulen und Blasen gebildet hatten, die der Infirmarius, der Arzt des Klosters, mit einer grau-weißlichen Salbe behandelt hatte.
Johann stieß hörbar die Luft aus. »Nein, dergleichen ist mir noch nicht unter die Augen gekommen.«
Conlin starrte entsetzt auf die verunstaltete Hand. Gleichzeitig spürte er, wie das silberne Kruzifix an seiner Brust sich erhitzte und zu vibrieren begann. Nur mit Mühe hielt er sich davon ab, das Schmuckstück zu berühren, um den Dominikaner nicht darauf aufmerksam zu machen. Bei dem Kruzifix handelte es sich um eine machtvolle Reliquie aus dem Heiligen Land, dem Gralsschatz gar, wenn die Legenden stimmten.
Das Kreuz des Zachäus konnte Gut und Böse unterscheiden, zumindest hatte Conlins Freund Palmiro dies behauptet, als er es ihm vor seiner Abreise aus Koblenz aufgedrängt hatte. Seither hatte es sich tatsächlich schon einige Male höchst merkwürdig verhalten, gesummt, sich erwärmt und ihm damit eine Heidenangst eingejagt. Nicht zuletzt hatte es ihn wohl davor bewahrt, dass Graf Johann ihm den Garaus gemacht hatte. Als dieser das Kruzifix entdeckt hatte, war er zornig geworden, hatte Conlin jedoch zu seiner höchsten Verblüffung in seiner Familie willkommen geheißen, wenn auch sichtlich widerwillig. Das Kruzifix war seit Jahrhunderten Teil von Graf Johanns Familienbesitz und -geschichte, demnach wusste dieser nur zu gut über die Kräfte der Reliquie Bescheid. Angeblich, so hatte er ähnlich seinem Enkel Palmiro dem verdutzten Conlin erklärt, könnten ausschließlich Menschen mit reinem Herzen und unbefleckter Ehre das Kruzifix unbeschadet tragen. Jeden anderen Menschen zerstöre es.
Conlin wurde es heiß und kalt zugleich, als er sich daran erinnerte, wie Bruder Thomasius früher am Tage im Frankenturm, in den die Stadtbüttel Oswald gesperrt hatten, das Kruzifix an der Kette um Conlins Hals erblickt und neugierig in die Hand genommen hatte. Nur kurz, doch es war seine rechte Hand gewesen. Die, die nun verwundet in einem Verband steckte.
Jetzt glühte das Kreuz an Conlins Brust geradezu, vibrierte beinahe zornig. Glücklicherweise war es diesmal unter Conlins Wams vor den aufmerksamen Blicken des Dominikaners verborgen.
»Seid Ihr sicher, dass Ihr nicht etwas berührt habt, das dieses Übel ausgelöst hat?« Johann hatte sich ein wenig vorgebeugt, um die verunstaltete Hand näher in Augenschein zu nehmen. »Eine Pflanze oder Ähnliches. Hin und wieder können auch Stiche von Wespen oder anderem Stechgetier solcherlei Zustände hervorrufen.«
Bruder Thomasius nickte, schüttelte aber gleich darauf wieder den Kopf. »Das mag sein, doch habe ich ganz gewiss nichts berührt, seit ich den Gefängnisturm verlassen habe, und an den Stich einer Wespe müsste ich mich wohl erinnern, meint Ihr nicht? Nein, es muss eine andere Ursache zugrunde liegen. Vielleicht eine Prüfung durch den Allmächtigen, wer weiß das schon?«
Conlin wollte etwas sagen, schwieg jedoch, als er bemerkte, dass Johann ihm einen eindringlichen Blick zuwarf. Also besann er sich auf den Grund, dessentwegen sie hier waren. »Was meinen Vetter, Bruder Genericus, angeht …«
»O ja, natürlich, Herr Conlin.« Mit einem nun wieder heiteren, leutseligen Lächeln nickte der Dominikaner ihm zu. »Wie ich Euch vorhin bereits erklärt habe, deucht mich der Geisteszustand Eures wohledlen Bruders Oswald überaus besorgniserregend. Deshalb halte ich es für angeraten, dass Ihr Euch die Hilfe und den Beistand eines erfahrenen Geistlichen ins Haus holt. Das Vorhandensein eines Beichtvaters und Seelsorgers ist schon unter den besten Umständen höchst wünschenswert, in einem Fall wie dem Euren oder vielmehr Eures Bruders halte ich es für angebracht und sogar unerlässlich. Eine solche Bürde ist nicht leicht zu tragen, insbesondere dann nicht, wenn zu befürchten steht, dass sich sein Zustand nicht wieder bessert oder gar, Gott bewahre, verschlimmert.«
»Demnach wollt Ihr also diesen Vetter, Bruder Genericus, als Beichtvater in Conlins Haushalt entsenden.« Johann rieb sich übers Kinn. »Ausgerechnet den Mann, den Oswald erst kürzlich so übel verprügelt hat, dass der arme Mönch ins Hospital musste. Verstehe ich das richtig?«
»Nun.« Bruder Thomasius’ verbundene Hand zuckte auf dem Kissen. Offenbar hätte er gern seine nun folgenden Worte mit Gesten unterstrichen. »Ich begreife, dass Ihr diesem Ansinnen skeptisch gegenübersteht. Auf den ersten Blick mag es widersinnig erscheinen. Doch ich bin der Ansicht, dass niemand anderes als unser geschätzter Bruder Genericus für diese Aufgabe geeignet ist.«
»Ach ja?« Nun hatte auch Conlin seine Stimme wieder im Griff. »Und woher rührt diese besondere Eignung? Hatte er vielleicht schon mit Menschen zu tun, die den Verstand … ich meine, deren Verstand sich zeitweilig verwirrt, wie es bei meinem Bruder der Fall ist? Ich dachte, er sei bisher für die Betreuung der Beginen- und Begardenhöfe in Köln zuständig gewesen.«
»Das war er auch«, bestätigte Bruder Thomasius mit säuerlich-strenger Miene und einer seltsamen Entschlossenheit, der etwas Verschlagenes anhaftete. Das Kruzifix unter Conlins Wams vibrierte bei des Dominikaners folgenden Ausführungen wieder stärker. »Genau dieser Umstand veranlasst mich dazu, Euch Genericus anvertrauen zu wollen.«
Johann beugte sich erneut ein wenig vor. »Ihr sprecht in Rätseln. Das will mir nicht gefallen.«
»Verzeiht, Herr Graf, ich werde mich bemühen, Euch die Lage mit klaren und deutlichen Worten darzustellen.« Das Lächeln des Mönchs war nun eindeutig verschlagen. »Bruder Genericus ist ein höchst belesener Mann und von, nun, nennen wir es einnehmendem und feinfühligem Wesen. Deshalb war und ist er in den uns zur Seelsorge anvertrauten Begarden- und Beginenhöfen stets gern gesehen und beliebt.« Eine kurze, bedeutungsvolle Pause folgte. »Ganz besonders die Beginen halten große Stücke auf ihn, denn so, wie ich es begreife, hat Genericus eine besondere Gabe …«
»O nein«, stöhnte Johann.
»… eine besondere Gabe«, fuhr Bruder Thomasius unbeirrt fort, »das weibliche Gemüt mit all seiner Verworrenheit zu verstehen. So hat er denn auch schon vielen dieser Frauen Trost und Zuspruch angedeihen lassen können, besonders in schweren Zeiten der Trauer und des Verlustes.«
»Trost gespendet hat er?« Argwöhnisch musterte Conlin den Dominikaner. Ihm schwante, ebenso wie offenbar Johann, nichts Gutes.
»O ja, Bruder Genericus hat, wie gesagt, ein sehr einfühlsames Wesen.« Bruder Thomasius verzog keine Miene. »Belesen in den Werken antiker Gelehrter ist er ebenfalls, und er zieht aus diesen Schriften ein großes Wissen um die Krankheiten von Geist und Seele.«
»Und einen solchen hochgelobten Mitbruder wollt Ihr seines Wirkungskreises entreißen, in dem er schon so viel Gutes getan hat?« Johann erhob sich, stützte sich mit beiden Händen auf dem Pult ab und fixierte den Dominikaner. »Nun sagt schon, was hat der feine Bruder Genericus angestellt, dass Ihr ihn so unbedingt loswerden wollt?«
Conlin hüstelte. Er hielt es nicht für angebracht, einen Mönch in der Position eines stellvertretenden Priors derart anzublaffen, wenngleich ihm selbst inzwischen eine ganz ähnliche Frage auf der Zunge lag.
»Nehmt nur wieder Platz, Graf Johann.« Bruder Thomasius blieb bewundernswert gelassen, seine Stimme wurde jedoch noch eine Spur öliger. »Seid versichert, dass meine Entscheidung, unseren Bruder im Herrn, den guten Genericus, zu seiner Familie zu entsenden, ausschließlich wohlmeinende Gründe hat, sowohl was ihn selbst betrifft als auch hinsichtlich der Menschen, denen er fortan als Seelsorger dienen soll.«
»Und wenn ich mich weigere, ihn aufzunehmen?«, wagte Conlin einzuwenden und erntete dafür einen spöttischen Blick seines zukünftigen Schwiegervaters.
»Den Wunsch kannst du getrost begraben, Junge.«
»Nun, seht Ihr, Herr Conlin …« Der Dominikaner stand auf und trat an ein Regal schräg hinter ihm, um ihm ein Pergament zu entnehmen. Er legte es beiläufig auf dem Pult ab, blieb dann aber stehen, wohl, um seiner Erscheinung mehr Autorität zu verleihen. Lediglich die dick verbundene Hand minderte das Gesamtbild ein wenig. Da ihm dies bewusst zu sein schien, musterte er die Hand für einen Moment missbilligend, bevor er weitersprach. »Euer Bruder, der Graf Oswald vom Langenreth, hat unserem Konvent einen nicht unerheblichen Schaden zugefügt, indem er den armen, wehrlosen Genericus so grundlos und brutal angegriffen hat. Auch wenn ich begreife, dass er unter einer nicht näher geklärten Verwirrung des Geistes leidet – und ich empfehle Euch dringend, Euch diesbezüglich mit dem städtischen Medicus Arnoldus zu beraten und ihn Euren Bruder untersuchen zu lassen –, kann ich solch ein Gebaren nicht ungesühnt lassen, das werdet Ihr wohl verstehen. Deshalb blieb mir nichts anderes übrig, als Klage gegen ihn zu erheben und eine Wiedergutmachung zu fordern.«
»Wie viel Gold wollt Ihr?« Johann, der sich zuvor auf Geheiß des Mönchs wieder gesetzt hatte, erhob sich nun ebenfalls erneut, sodass auch Conlin es als angeraten sah, von seinem Hocker aufzustehen, um sich mit den beiden anderen Männern auf Augenhöhe zu befinden.
»Gar keines.« Überaus freundlich und wie zum Erteilen eines Segens hob Bruder Thomasius die gesunde Hand. »Natürlich wäre eine Wiedergutmachung in barer Münze grundsätzlich wünschenswert, ganz besonders weil, wie ich Herrn Conlin bereits im Frankenturm dargelegt habe, eine der üblichen Leibesstrafen in Graf Oswalds Fall die sprichwörtlich vergebene Liebesmüh wäre.« Er ließ seine Worte einen Moment wirken, dann lächelte er wieder dieses haarsträubende, verschlagene Lächeln. »Der Vorschlag, den ich Herrn Conlin unterbreiten möchte, würde ihn von der Bürde und Schmach eines öffentlichen Prozesses gegen seinen Bruder entheben, ebenso wie der Zahlung eines nicht unerheblichen Geldbetrags. Denn verzeiht, wenn ich das anmerke, aber mir war so, als sei Euch dies alles andere als recht, wohl wegen bereits bestehender Zahlungsverpflichtungen, die, wie ich annehme, ebenfalls von Eurem Bruder verschuldet wurden.«
Conlin knirschte mit den Zähnen. Natürlich hatte der Dominikaner sein Gespräch mit Oswald in der Gefängniszelle belauscht.
»Seht Ihr, und da kam mir nun der Gedanke«, fuhr Bruder Thomasius salbungsvoll fort, »dass wir uns anderweitig einigen könnten.«
Conlin warf einen Blick auf das Schriftstück auf dem Pult. Es war besorgniserregend dicht beschrieben. »Das soll für uns alle von Vorteil sein? Sogar für Genericus, der doch wohl alles andere als erfreut sein dürfte, nicht nur seinem bisherigen Wirkungskreis entrissen zu werden, sondern ausgerechnet in das Haus des Mannes aufgenommen zu werden, der ihn schwer verletzt hat.«
»Begreif es doch endlich«, knurrte Johann. »Das ist die gerechte Strafe für deinen feinen Vetter.«
»Strafe?« Unbehaglich fuhr Conlin sich mit der Hand in den Nacken, besann sich dann aber und ließ sie wieder sinken. »Genericus hat sich etwas zuschulden kommen lassen?«
»Und sie wollen ihn loswerden«, ergänzte Johann grimmig. »Was denn sonst?« Er fixierte erneut den Dominikaner. »Wie schlimm sind seine Verfehlungen?«
Bruder Thomasius nahm das Schriftstück in die Hand. »Folgende Vereinbarung, die auch unser Vater Abt befürwortet, biete ich Euch an.« Er blickte Conlin fest in die Augen, und seiner Miene war zu entnehmen, dass es keinerlei Verhandlungsspielraum geben würde. »Vom Tage seiner vollständigen Genesung an wird Bruder Genericus in den Haushalt der Familie vom Langenreth aufgenommen, wo er Euch zeitlebens getreulich und mit all seiner Kraft als Seelsorger, Beichtvater und Priester dienen wird. Von jenem Tage an liegt die Verantwortung für ihn hinsichtlich Verpflegung, Wohnraum, Bekleidung und Gesundheit vollständig in Eurer Hand. Da er ein Familienmitglied ist, werdet Ihr sicher dafür Sorge tragen, dass es ihm an nichts fehlen wird, wobei ich natürlich der Ordnung halber darauf hinweisen muss, dass Genericus als Dominikaner nach wie vor dem Armutsgebot unseres Ordens unterliegt.«
»Und weiter?« Allmählich machte die ausschweifende, salbungsvolle Art des Mönchs Conlin nervös.
Thomasius’ Miene war nicht anzusehen, was er dachte, seine Stimme hingegen verriet es sehr wohl. »Darüber hinaus werdet Ihr die zum heutigen Tage siebenjährige Jungfer Ida ebenfalls in Euren Haushalt aufnehmen, für sie sorgen, ihr eine gute Erziehung angedeihen lassen und ihr, sobald sie alt genug ist, eine ausreichende Mitgift zur Verfügung stellen, damit sie sich einem ehrbaren Bürger anvermählen kann.«
»Wer ist Jungfer Ida?« Natürlich ahnte Conlin es bereits.
»Genericus hat also eine Tochter.« Johann seufzte. »Wer ist die Mutter? Nein, lasst mich raten: Es ist eine der Beginen, denen er so vortrefflich Trost gespendet hat, nicht wahr?«