Kapitel 3

 

Will

 

Innere Unruhe kratzte an meinen Nerven wie ein frisch geschliffenes Messer, als ich heute Morgen die Tür zur St. Luke’s Gynäkologie-Station öffnete. Ich hatte die Praxis erst vor knapp zwei Jahren übernommen, aber inzwischen so viele Patienten gehabt und so vielen Kindern auf die Welt geholfen, dass es sich anfühlte, als wäre ich schon eine Ewigkeit hier. Ins Büro zu kommen erhöhte normalerweise nicht meinen Blutdruck.

Aber normalerweise – vor dieser gottverdammten Sendung – fühlte ich mich auch nicht wie ein gesellschaftlich Ausgestoßener, den Tod meines Sexlebens mit einer geistig gesunden Frau vor Augen, und ich wusste nicht, dass mein Personal Informationen hatte, die nur darauf warteten, gegen mich verwendet zu werden.

Jetzt allerdings war es mir klar. Guter Gott, die erste Folge der Sendung war ein Desaster gewesen. Wie ein Albtraum, aus dem man nicht erwachen konnte. Ich hatte mir eine Woche Urlaub genommen, in meine Eiscreme geheult und meine Karriere betrauert sowie all meine Lieblingsstellen, in die ich so gern meinen Schwanz steckte. Aber das hatte nicht viel geholfen. Mit den sozialen Medien als Mitbewohner und der virtuellen Fußspur, der ich nicht entkommen konnte, war nicht arbeiten genauso schlimm wie arbeiten.

Laut Twitter waren Frauen immer noch an mir interessiert, doch es war eine Art Interesse, von der mir übel wurde. Sexuelle Anspielungen auf die Doktor-Patient-Beziehung. Angebote, mich ein Mal flachzulegen, um sagen zu können, dass man es geschafft hatte. Eine Frau bot mir sogar eine kinky Prostata-Untersuchung an.

Ich bezweifelte jedoch, dass das Büro mir eine Atempause gewähren würde. Es war Jacke wie Hose. Besonders, weil ich Idiot mit der Rückkehr so lange gewartet hatte, bis die zweite Folge gesendet wurde.

Ein Mal darfst du raten, wie das gelaufen ist, aber wenn deine Antwort nicht gottverdammt furchtbar oder noch viel schlimmer ist, hast du verloren.

„Guten Morgen, Dr. Cummings“, sagte Marlene sofort fröhlich, als sie mich durch die Milchglastür erkannte. Sie war die älteste Arzthelferin in meinem Team, ein Überbleibsel aus der alten Praxis. „Schön, dass Sie wieder bei uns sind.“

Bei ihr hatte ich die meisten Befürchtungen, denn sie war durch und durch eine geistreiche Klugscheißerin. Sie wusste alles, hatte schon alles gesehen, und wenn nicht, dann war es besser, so zu tun, als hätte sie – aus Angst vor ihrer Rache.

„Morgen, Marlene“, rief ich so locker wie möglich.

Sie leckte sich die Lippen und schaltete ihren bösen Blick an, wie ich es sonst nur beim Kater meines Schwagers gesehen hatte. Und glaubt mir, Walter war ein Kater, den man niemals kennen oder treffen wollte, ja nicht einmal seinen Namen denken.

Scheiße.

Ich nahm an, die Kacke war schon am Dampfen, ehe ich meinen ersten Kaffee hatte. Und danach würde ich wohl auch keinen bekommen. Ich wollte bestimmt ohnehin keinen mehr trinken, nachdem ich mit Dreck beworfen worden war.

Vollgekackt und Kaffeeentzug. Das konnte ja ein interessanter Tag voller Patientenuntersuchungen werden.

Doch sie sagte nichts über die Sendungen, während ich zu meinem Schreibtisch ging und unterwegs mein Hallo an alle verteilte: Melissa und Beth und einer medizinischen Assistentin, die half, Patienten aufzunehmen und zu entlassen, wenn mal wieder die Hölle los war.

Statt der befürchteten Kacke schockierte mich Marlene mit der harmlosen Frage, ob ich etwas Schönes im Urlaub erlebt hätte, und dann fragte sie noch nach einem Foto von Julia. Meine Angestellten hatten an der Geburt des Babys meiner Schwester nicht mehr Anteil als ich gehabt, besaßen aber eine verdrehte Vorstellung von erweiterter Familie. Alle Babys waren ihre Babys, egal wem sie eigentlich gehörten.

„Hier“, sagte ich und legte ein kleines Taschenalbum auf den Tresen, in dem alle blättern konnten. „Das eine Bild ist vom letzten Samstag.“

„Oh! Wie süüüß!“ Marlene seufzte. „Als ich klein war, spielte ich auch immer nackt unter dem Rasensprenger.“

Ich versuchte, mir das nicht vorzustellen, und versagte. Allerdings sah ich Marlene nicht als Kleinkind vor meinem innere Auge. Oh Gott.

Ich zwang meine Gedanken zurück zu meiner Nichte. „Ja. Ehrlich gesagt ist es schwer, ein Bild von Julie zu machen, auf dem sie nicht nackt ist. Kline und Gigi schaffen es nicht, dass sie bekleidet bleibt. Sie zieht sich sogar beim Mittagsschlaf die Windel selbst aus.“

Melissa und Beth waren stiller als sonst. Normalerweise kam ich kaum dazwischen, wenn sie sich unterhielten. Doch jetzt lächelten sie immer noch und betrachteten das Bild von Julia, als wären sie tatsächlich daran interessiert, also hörte ich auf, mir darüber Gedanken zu machen.

Als sie mir das Album zurückgaben, ging ich durch den Flur zu meinem Büro. Okay. Das war gar nicht so schlecht gelaufen. Ich fühlte mich etwas leichter und zum ersten Mal seit Tagen wurde der Druck hinter meinen Augen weniger. Vielleicht würde der Arbeitstag doch nicht so furchtbar werden. Die Dokumentation war schrecklich, aber womöglich schauten wirklich nicht viele Leute zu, oder sie war in den Augen derer, die sich nicht selbst als Vollidiot dort sahen, gar nicht so übel. Ich war nicht sicher, wollte jedoch nichts Dummes tun, wie einem geschenkten Gaul ins Maul sehen.

Ich wollte meinen Job nicht hassen. Ich konnte nicht sagen, was ich geantwortet hätte, wenn man mich im Studium gefragt hätte, worauf ich mich spezialisieren wollte. Aber ich wusste, dass nichts mit Vaginen zu tun gehabt hätte, was nicht in den Freizeitbereich gefallen wäre.

Trotzdem passte der Beruf zu mir und ich hatte das Gefühl, etwas zur Gesellschaft beizutragen. Man konnte das Leben aus irgendeinem Grund nicht bis ins Detail planen. Ich glaubte, Frauen verstehen zu können, und sosehr ich manchmal über sie nörgelte, musste ich doch meiner Mutter dafür danken. Sie war immer offen und geradeheraus gewesen in Sachen Menstruation und Sexualität, sodass ich hinter dem Fortpflanzungssystem noch den Menschen sehen konnte.

Mir lag etwas an diesen Frauen – meinen Patientinnen. Und ich wollte keine erfundene Dokumentation über mich und das, was ich zu erreichen versuchte, die alles ruinierte und den Unterschied, den ich machen wollte, negierte.

„Scheiße“, murmelte ich vor mich hin. Ich hatte meinen Kaffeebecher im Pausenraum hinter dem Empfangsbereich vergessen. Ich war so damit beschäftigt gewesen, dem drohenden Shitstorm und den vorausgeahnten Konsequenzen zu entkommen, dass ich vergessen hatte, ihn mitzunehmen. Und ich brauchte jetzt dringend einen Kaffee.

Ich legte die Aktentasche und das Fotoalbum auf dem Schreibtisch ab und ging wieder nach vorn. Die ausgelassenen Stimmen von Melissa und Beth erregten meine Aufmerksamkeit, als ich in den Pausenraum gehen wollte.

„Ja, genau!“, stimmte Beth irgendetwas zu.

Aus einem irren Grund, den ich später wünschte, ignoriert zu haben, hielt ich inne und hörte dem Gespräch zu.

„So gut, wie er im Flirten ist, bin ich froh, dass er es nie mit mir probiert hat. Ich hätte schneller mein Höschen runter und die Beine breit gehabt als …“

Mein Körper ging ganz von allein aus der Tür heraus und um eine Ecke hinter ihren Stühlen. Ich bewegte mich lautlos, und ehrlich, ich fühlte mich nicht mehr Herr meines Körpers. Es war, als ob beim leisesten Hinweis, dass sie über mich sprechen könnten, meine Instinkte die Kontrolle übernahmen.

„Oh mein Gott. Wo wir gerade über gespreizte Beine sprechen … hast du mitgekriegt, wie er gesagt hat, eine Vagina sei ein Leuchtfeuer …“

Ich räusperte mich schockiert und um mich bemerkbar zu machen, denn ich hatte ja nicht gewusst, dass sie tatsächlich über mich sprachen. Beth fiel fast vom Stuhl bei dem Versuch, Melissa zum Schweigen zu bringen.

„Pscht!“ Melissas Gesicht wurde feuerrot. Sie sah auf den Teppich unter ihren Füßen, als sie mich ansprach. „Oh, hi, Dr. Cummings.“

Na super. Das Büro war also doch kein sicherer Ort.

„Hi noch mal, Ladys. Habe nur meinen Kaffeebecher vergessen. Ich hoffe, Sie haben einen schönen Tag.“ Ich hatte die Zähne zusammengebissen, denn verfickte Scheiße, es würde nichts helfen, sie zusammenzustauchen. Mental schon, aber nicht auf professioneller Ebene. Ich musste mit diesen Leuten täglich zusammenarbeiten. So gern ich es auch gehabt hätte, aber ich war nicht Krösus.

Sie kicherten ein bisschen, nicht nur von meinem plötzlichen Auftauchen, sondern außerdem von meiner lockeren und netten Art, darüber hinwegzugehen, überrascht. Das wissende Tratsch-Grinsen in ihren Gesichtern wurde zu Verlegenheit.

„Äh, Sie auch, Dr. Cummings“, murmelte Melissa.

Beth war wieder verstummt.

„In ungefähr zehn Minuten bin ich bereit für die erste Patientin.“

Melissa nickte.

„Marlene“, rief ich und sie sprang von ihren Platz in der Ecke hoch. Sie hatte an dem Gespräch nicht teilgenommen, zumindest nicht in diesem Moment, aber sie hatte genau zugehört. Sie hatte bloß nicht gedacht, dass ich sie in unser kleines Tête-à-tête mit einbeziehen würde. „Bereiten Sie bitte den Raum vor.“

„Natürlich, Dr. Cummings.“

Lächelnd nickte ich und wollte gehen. Und erst dann drehte ich mich noch einmal um und sagte mit butterweicher Stimme. „Nur zur Information …“ Alle zuckten beim Klang meiner Stimme zusammen. „Ich habe nicht gesagt, eine Vagina sei das Leuchtfeuer von irgendwas. Es handelte sich um ein Gespräch über Fruchtbarkeit, das zu einer Fünfzehn-Sekunden-Aussage von Blödsinn zusammengeschnitten wurde. Und jetzt wieder an die Arbeit, okay?“

Wütend darüber, dass ich mich vor Leuten rechtfertigen musste, mit denen ich schon jahrelang zusammenarbeitete, stürmte ich in mein Büro, hielt unterwegs kurz an, um den verfluchten Becher zu holen, schaltete die Kaffeemaschine ein und hörte in Gedanken versunken beim Aufbrühen zu. Ich brauchte zehn Minuten, um den Kaffee zu trinken und mich zu beruhigen, ehe ich Patienten empfangen konnte. Einen Arzt zu haben, der nicht bei der Sache war, war das Letzte, was sie brauchen konnten. Ihre Gesundheit war meine Priorität. Basta.

Ich steckte das herausgenommene Foto von Julia ins Album zurück und dieses in die Aktentasche und checkte mein Handy ein letztes Mal, bevor ich es stumm schaltete und in die Schreibtischschublade legte. Ich hatte nur eine Nachricht von Thatch bekommen und beschloss, dass jetzt kein guter Zeitpunkt war, sie zu lesen. Nicht, wenn ich noch dabei war, mich zu beruhigen.

Thatcher Kelly war ein gottverdammter Brandbeschleuniger.

Ich zog mein Jackett aus und hängte es an den Haken in der Ecke. Dann setzte ich mich und sah die Patientenakten durch. Es war meine Angewohnheit, mich über die Patienten zu informieren, ehe sie in der Tür erschienen. Wenn der Tag erst mal richtig losging, hatte ich keine Zeit mehr dazu, und die richtige Behandlung der Patienten bestand zu fünfzig Prozent aus Bescheidwissen. Jede Person brauchte und erwartete verschiedene Dinge, und ich tat mein Bestes, darauf zu achten.

Es dauerte nicht lange, bis ich meine persönlichen Angelegenheiten hinten anstellen und mich in die gesundheitlichen Sorgen meiner Patienten hineinversetzen konnte. Ob es um Fruchtbarkeit ging, Krebsangst oder Endometriose, jede dieser Frauen brauchte Rat und Hilfe. Entweder konnte ich heilen oder den Zustand verbessern und erträglicher machen oder nur beraten.

Ein Klopfen am Türrahmen lenkte meine Aufmerksamkeit von der Akte ab und ich blickte zu Marlene. Fragend hob ich die Augenbrauen.

„Ich habe gerade die erste Patientin aufgerufen, Dr. Cummings.“

„Okay, danke.“

Sie nickte kurz und drehte sich um, aber ich rief sie zurück. „Oh, und Marlene …“

Sie trat zurück in die Tür und hörte zu.

„Ich erwarte mehr von Ihnen. Sie sind jetzt lange genug hier und haben genug miterlebt, um zu wissen, dass jemand allem standhalten, die Gerüchteküche unter Kontrolle bringen und dafür sorgen muss, dass die Patienten immer Priorität haben. Dieser Jemand sollten Sie sein. Eigentlich betrifft das das gesamte Personal, aber Sie sollten es auf jeden Fall besser wissen.“

Sie biss die Zähne zusammen, widersprach jedoch nicht. Wahrscheinlich das erste Mal für Marlene.

„Ist das alles?“

Ich lächelte in dem Versuch, die Wogen zwischen uns zu glätten, aber als sie sich umdrehte und ging, ohne meine Antwort abzuwarten, wusste ich, dass ich diese kleine Ansprache sicherlich für eine Weile bezahlen würde. Offiziell war ich der Boss, im Leben von Marlene Donahue war allerdings niemand der Boss außer ihr selbst. Ich hoffte, jemand hatte meine Rettungsweste eingepackt.

 

Dreimal Anklopfen an der Tür des Untersuchungsraumes eins später rief mich die erste Patientin herein. Ich ging in den Raum und an den Tresen, auf dem Marlene bereits eine Urinanalyse abgelegt hatte, die anzeigte, dass die mit nichts als einem Papierhemd bekleidete Patientin auf meiner Untersuchungsliege weiterhin ihren bevorzugten Status nicht schwanger behielt.

„Hallo, Alyssa“, grüßte ich, öffnete ihre Akte auf dem Tresen und blätterte noch einmal die Details durch, ehe ich mich umdrehte und sie ansah.

„Hi, Dr. Cummings.“

„Wie geht es Ihnen heute?“

„Gut, danke.“

„Irgendwelche Probleme, über die wir sprechen müssten, oder ist es nur eine Routineuntersuchung?“

„Keine Probleme.“

Ihre kurzen und knappen Antworten waren keine Überraschung. Es war normal für Frauen, die unbekleidet und verletzlich dalagen. Nachdem sie wieder angezogen waren, fiel den meisten Patientinnen das Plaudern leichter.

„Okay, gut. Dann machen wir schnell die Brustabtastung und danach den Rest?“, fragte ich und ging auf sie zu.

„Okay.“

Ich schob das Papierhemd zur Seite und überprüfte mit sanftem Druck die Brust. Kein verhärtetes Gewebe oder keine verdächtige Hautstruktur sprang mich an, also zog ich das Hemd wieder darüber und wandte mich der anderen Brust zu. Dort war ebenfalls alles in Ordnung. Ich bedeckte auch diese Brust wieder.

„Sieht alles gut aus, Alyssa. Vergessen Sie aber nicht, sich monatlich selbst abzutasten, okay?“

Sie nickte.

„Sie sind jung und gesund, aber es ist nie zu früh für Eigeninitiative.“

Sie lächelte leicht.

„Okay, machen wir jetzt die Unterleibsuntersuchung, und dann können Sie wieder an den regelmäßigen Terminen kommen.“

Ihre Augen weiteten sich etwas und ihr Blick schien entschlossener zu werden. Ich gab dem Drang, erschrocken zusammenzuzucken, nicht nach.

„Ich habe gestern Ihre Sendung gesehen, Dr. Cummings.“

Gibt es jemanden, der diese verfluchte Sendung nicht gesehen hat?

Ich bemühte mich schwer um ein Lächeln, nickte kurz und unterdrückte den Reflex, verzweifelt die Augen zu schließen. Doch innerlich blubberte meine Erniedrigung so heiß und flüssig wie geschmolzene Schokolade.

„Oh ja?“, fragte ich wie nebenbei, zog ein Paar Handschuhe aus der Schachtel, setzte mich auf meinen Hocker und rollte näher. Sie nickte und in ihren Augen glänzte etwas, das mir nicht gefiel, was ich aber nicht genau benennen konnte. Machte sie sich lustig? War es Ablehnung? Oder Verurteilung?

„Ja, Sie waren …“

Oh Jesus, jetzt kommt es.

„Anders als erwartet“, sagte sie.

In ihrer Stimme schwang etwas mit, das mir bekannt vorkam, aber ich konnte es nicht glauben, bevor ich es mit eigenen Augen gesehen hatte. Ich blickte hoch, zwischen den mit einem Papierlaken bedeckten Beinen hindurch, und zuckte fast zurück angesichts dessen, was ich sah. Lust, pur und ungebeten, strahlte aus allen Facetten ihres Daseins.

Na super. Von kurz angebunden zu Flirten in einer Sekunde. Mit Ersterem hätte ich umgehen können.

„Na ja, zurechtgeschnittene Szenen, das Fernsehen, Schall und Rauch, Blendwerk und all das“, murmelte ich unbeholfen.

Sie kaute auf ihrer Unterlippe herum, lächelte und neigte den Kopf näher an ihre Schulter.

„Äh, okay, also gut, jetzt geht’s aber weiter mit der Untersuchung“, sagte ich, um zu verhindern, dass diese Frau, die auf die Untersuchung ihres Unterleibes durch mich wartete, auf die Idee kommen könnte, mich um etwas zu bitten, das viel zu unangebracht für eine medizinische Einrichtung wäre.

„Lehnen Sie sich zurück, rutschen Sie ein Stück vor und legen Sie die Beine bitte in die Halterungen, dann können wir anfangen.“

Sie tat, wie ihr geheißen, öffnete die Beine und zog das Papiertuch hoch, um sich vor mir zu entblößen.

„Sind Sie sexuell aktiv?“

„Manchmal“, sagte sie, hob den Kopf und zwinkerte mir zu.

Ich räusperte mich heftig. Dieses verfluchte Zwinkern für die Kamera in der Sendung! Ich wusste, das würde schlimme Folgen haben. Ich hatte immer wieder darüber nachgedacht und vorgestern war es mir endlich eingefallen. Der Kameramann hatte mir eine Frage gestellt. Etwas, das nichts mit der Szene zu tun hatte, und ich war davon ausgegangen, dass es später rausgeschnitten würde oder die Kamera in dem Moment nicht liefe. Offensichtlich hatte ich aber die Arschkarte gezogen.

„Okay. Irgendwelche Beschwerden dabei?“

„Nicht auf schlimme Weise. Ein bisschen Schmerz macht mir nichts aus …“

Heiliger Jesus!

„Okay, okay“, sagte ich und zwang mich zu einem Lachen. Nächste Frage. Was nun? Oh, Menstruation. Reichlich unsexy. Gut! „Wie ist es mit Ihrem Menstruationszyklus? Irgendwelche Unregelmäßigkeiten?“ Ich führte das Stäbchen ein und machte schnell einen Abstrich.

„Nein … ah!“ Sie zuckte zusammen.

„Tut mir leid.“ Egal wie unangenehm dieser Termin wegen ihrer Flirterei für mich war, dieser Teil war sicherlich unangenehmer für sie. Und es war mein Job, es gut zu machen. „Schon fertig“, sagte ich und zog das Spekulum wieder aus ihr heraus. „Jetzt taste ich Sie noch ab, um sicherzugehen, dass sich alles anfühlt, wie es sollte.“

„Klopf, klopf, Dr. Cummings“, rief eine weibliche Stimme vor der Tür. „Marlene hat mich hergeschickt“, fügte sie hinzu.

Ich war so damit beschäftigt, der düsteren Wolke im Raum zu entkommen, dass ich nicht daran dachte, dass es das unangenehme Gefühl zusätzlich steigern könnte, wenn ich so enthusiastisch auf das Klopfen einging. „Ja, mein Gott, bitte kommen Sie rein.“

Peinliche Verlegenheit war nur noch eine Erinnerung, als sie durch die Tür kam und ihre verführerischen haselnussbraunen Augen mich ansahen.

Eine Intensität dehnte sich zwischen uns aus wie ein Gummiband, als ich die weiche Locke betrachtete, die ungebändigt über ihrer Stirn und Wange lag. Ich hatte Mühe, dem Drang zu widerstehen, alles an ihr unterhalb des Halses erkunden zu wollen.

Sie war neu hier, das war mir klar, und sie machte den besten ersten Eindruck, den ich je miterleben durfte. Aber ihre Augen lächelten nicht in der Weise, die sagte, dass sie in diesem perfekten Moment dabei war, sich in mich zu verlieben, und sie strahlten auch nicht aus, dass ich einen guten ersten Eindruck auf sie machte. Als sich die Vagina, in der ich meine Finger hatte – und die nicht ihre war –, merklich zusammenzog, verstand ich das auf peinvolle Weise.

Oh Jesus.

Ich könnte nicht behaupten, alles über die weibliche Psyche zu wissen, aber ich war ganz sicher, dass es nicht der beste Moment war, jemanden mit Smalltalk und Komplimenten für sich zu gewinnen, während man mitten in der Untersuchung einer anderen Frau war.

Frag sie, was sie hier will, befahl mein Verstand.

„Kann ich Ihnen helfen?“, fragte ich und bemühte mich, meine zerstreuten Gedanken zu sammeln.

Sie blickte auf die Patientin, meine Hand, die immer noch in der anderen Frau steckte, und wieder in mein Gesicht. „Ich bin die Neue.“ Sie schüttelte leicht den Kopf und korrigierte sich. „Ihre neue Arzthelferin.“

Erfreut, dass dies keine zufällige Begegnung war und ich die Gelegenheit bekommen würde, diese Frau näher kennenzulernen, war meine Reaktion mal wieder schneller als mein Verstand.

„Oh, wow“, flötete ich. Ja, ich flötete, verdammt noch mal. „Wie schön, Sie kennenzulernen.“

Und dann …

Oh Gott. Und dann … zog ich meine Hand aus dem Körper der anderen Frau und hielt sie der Arzthelferin zum Schütteln hin.

Sie war entsetzt.

Beide Frauen waren entsetzt.

„Äh, hallo?“, rief die jetzt ärgerliche Patientin.

Ich wusste nicht, ob sie mehr darüber entsetzt war, dass ich etwas furchtbar Widerliches getan hatte, oder dass ich nicht länger auf sie allein konzentriert war, jedenfalls konnte ich es ihr nicht verdenken.

Meine neue Arzthelferin machte große Augen, und dann spielte sie es herunter, indem sie meine Schulter tätschelte. Drei Mal, jedes Mal etwas ungeschickter. Allerdings schüttelte sie nicht meine kontaminierte Hand.

Verflucht noch mal, Will, reiß dich zusammen.

Ich riss mir den Handschuh herunter und warf ihn in den Mülleimer. Dann ging ich zum Waschbecken und drehte den Wasserhahn auf, um mir die Hände zu waschen. „Sieht alles gut aus, das Ergebnis des Abstriches wird ein paar Tage dauern. Wir rufen Sie an, falls ein Befund kommt.“ Ich sprach schnell und nutzte den Vorteil, keiner der Frauen in die Augen blicken zu müssen. „Ms. … äh …“

„Melody“, antwortete sie.

„Melody, ja.“ Verfluchte Scheiße. „Lassen Sie uns rausgehen.“

Bitte, bitte, lasst mich hier raus.