3. KAPITEL

Luis kannte derlei Skrupel nicht. Er verriegelte die Tür und lehnte sich dagegen. Die Hände in den Taschen der maßgeschneiderten Hose, fixierte er Cristina mit seinem Blick, wartete stumm ab, welchen Schritt sie als nächsten unternehmen würde.

In dem dunklen Abendanzug wirkte er übergroß und unnachgiebig und absolut beherrscht. Der Raum war zu klein, zu hell, und Luis war ihr viel zu nah. Cristina spürte seine Ausstrahlung, die sexuelle Energie, die sie unausweichlich in ihren Bann schlug. Er hatte sich nicht verändert. Sein Haar war immer noch dunkel und seidig, seine Haut immer noch straff und bronzefarben. Die grünen Augen taxierten sie unter dichten Wimpern hervor, und selbst der harte Zug nahm dem Mund nichts von seiner sinnlichen Anziehungskraft.

„Als du wie ein Hase davongerannt bist, wusste ich, dass du vergessen würdest, die Tür abzuschließen. Das hast du schon immer gern übersehen. Deshalb dachte ich mir, warum gehe ich ihr nicht nach und lasse die guten alten Zeiten wieder aufleben“, sagte er lässig.

Cristina sprang auf und umklammerte das Waschbecken hinter ihr. „Was willst du?“, verlangte sie heiser zu wissen.

„Eine gute Frage.“ Mit spöttisch verzogenem Mund ließ er den Blick durch den Raum gleiten. „Wir könnten uns die Kleidung vom Leib reißen und unsere Bekanntschaft auf körperlicher Ebene auffrischen“, schlug er vor. „Ich sehe es dir an, querida, dass du durchaus bereit dazu bist. Ich übrigens auch. Warum also tun wir es nicht? Wir könnten uns auf den kühlen Marmor legen, und dann kannst du auf mich kriechen. Das hat dir immer sehr gefallen, dieses Auf-mich-Kriechen, weißt du noch, Cristina? Es hat dir Spaß gemacht, mich zum Betteln zu bringen. Und dann hast du mir ins Gesicht gelacht, wenn du dich auf mich gesetzt hast. ‚Ich hab dich, Luis‘, hast du immer gesagt, mit dieser sexy, heiser triumphierenden Stimme, ‚du gehörst mir.‘“

„Halt den Mund!“, stieß sie schrill hervor. „Wie kannst du es wagen, so mit mir zu reden! Verschwinde, Luis! Mach, dass du hier rauskommst!“

Er tat das Gegenteil – er kam auf sie zu. Cristina kam sich vor, als wäre sie mit einem gefährlichen Raubtier in einem Käfig eingesperrt. Nie in ihrem Leben hatte sie solche Angst gehabt.

„Nein …“, hauchte sie, als Luis eine Hand auf ihre bloße Schulter legte und die andere an ihren Nacken. Noch ein Schritt, und er stand so nah vor ihr, dass er mit der Hüfte ihren flachen Bauch berührte und sie seine heftige Erregung deutlich spüren konnte. Cristina erschauerte. Luis grinste, dann erstarb das Grinsen auf seinen Lippen. Seine Augen begannen zu funkeln, seine Lippen öffneten sich leicht … Im nächsten Moment küsste er sie.

Das Raubtier, das erbarmungslos seine Beute schlug. Cristina fühlte, wie ihre Lippen unerbittlich auseinander gedrückt, wie ihr Mund gierig in Besitz genommen wurde. Jeder Muskel in ihr erstarrte zu absoluter Regungslosigkeit, als sein Geschmack sie erfüllte und alles in ihr sofort nach mehr verlangte.

Seine Hände strichen über die samtene Haut ihrer Schultern, hinunter über ihren Rücken, glitten den Schenkel hinauf zur Hüfte. Sein Geruch, das sinnliche Wissen um seine Berührung, die verbotene Erotik wischten mühelos die vergangenen sechs Jahre beiseite, und Cristina legte ihm die Arme um den Nacken, ergab sich dem Gefühl mit einem leisen Seufzer.

Es war verrückt. Sie küssten sich wie Verzweifelte, rieben sich aneinander, ließen die Hände wie im Fieber den Körper des andern erforschen. Das Kleid auf die Hüften hinaufgeschoben, klammerte Cristina sich an ihn, bewegte sich verführerisch, reizte ihn, lud ihn ein.

Außer Kontrolle geratene Lust. Cristina war entsetzt über sich, und doch wollte sie mehr. Sie war erregt und bereit für ihn, und doch hatte sie Angst.

„Jetzt?“, fragte er heiser. „Willst du es hier und jetzt, viuva de Ordoniz?“

Witwe Ordoniz. Eine kalte Dusche hätte sie nicht schneller in die Wirklichkeit zurückbringen können. Cristina öffnete die Augen und sah Luis, der sie mit hartem Blick musterte. Oh ja, auch er war erregt, sie hatte den Beweis deutlich fühlen können. Aber er hatte sich völlig unter Kontrolle.

Im Gegensatz zu ihr.

Beschämt schob sie seine Hand fort, die noch immer zwischen ihren Schenkeln lag. Erschreckend, wie leicht es ihm fiel, von ihr zurückzutreten, am liebsten wäre sie vor Scham gestorben. „Was glaubst du, wer du bist, dass du mich so behandeln darfst?“

„Oh, ein ziemliches Miststück.“ Er sah, wie sie bleich wurde, als er ihre Worte von damals wiederholte. Dann drehte er sich um. „Nimm dich zusammen.“ Hart, eiskalt. „Wir müssen reden, und wir haben nicht viel Zeit.“

Hektisch versuchte sie, ihr Kleid zu richten. „Wir haben nichts miteinander zu bereden.“ Sie wollte nur, dass er von hier verschwand.

„Oh doch. Du steckst bis zum Hals in Schwierigkeiten, Cristina, nicht zuletzt, weil ich wieder in der Stadt bin. Aber darum kümmern wir uns bei Gelegenheit. Ich habe dir einen Vorschlag zu machen.“

„Ich will nichts mit dir zu tun haben.“

„Nach dem heutigen Abend wirst du deine Meinung ändern“, versicherte er ihr kühl. „Und hör endlich auf, mich anzusehen, als wäre ich ein ekliger Wurm, nur weil du gerade festgestellt hast, dass du mich immer noch begehrst. Umso besser für dich, denn sonst würde ich dich den Geiern da draußen überlassen.“

„Ich weiß nicht, wovon du redest.“

„Natürlich weißt du das. Und das mit dem gehobenen Kinn und dem verächtlichen Blick funktioniert nicht mehr“, wies er sie zurecht. „Du konntest schon immer gut lügen.“ Er beobachtete, wie ihr alle Farbe aus dem Gesicht wich. „Siehst du, du verstehst, was ich meine.“ Jetzt lächelte er sogar. „Dir ist vor sechs Jahren ein schwerwiegender Fehler unterlaufen, als du mich mit deinen Lügen abserviert und diesen alten Kerl geheiratet hast, der bereits mit einem Bein im Grab stand. Du hättest besser zuhören sollen, als ich dir von meinem Vermögen berichtete. Selbst unwürdiges englisches Blut wird akzeptabel, wenn es einem Milliardär durch die Adern fließt, amante. Sieh dich doch nur an – deine ach so verehrte portugiesische Gesellschaft hat dich ausgestoßen. Während ich, der Halb-Engländer, dir die einzige Chance bietet, deinen Marques-Stolz zu retten.“

„Du bist keineswegs der einzige reiche Finanzier hier“, konterte Cristina. Ihr war elend zumute, sie wollte sich setzen, und nur der Stolz, über den Luis gerade so verächtlich gesprochen hatte, hielt sie aufrecht.

„Von mir aus, dann verbringe den restlichen Abend eben damit, mit der Bettelschale herumzugehen. Vielleicht hast du ja sogar Glück und findest noch einen alten Kerl, der bereit ist, dich aus der Misere zu ziehen – und als Gegenleistung die Benutzung deines perfekten Körpers verlangt. Falls nicht … ruf mich an.“ Anton zog eine Visitenkarte hervor. „Das ist meine Telefonnummer im Hotel. Und bitte, querida … solltest du diese Nummer wählen, frag nach Anton Scott-Lee, nicht nach Luis.“

Damit drehte er sich um, entriegelte die Tür und ließ Cristina wie erstarrt allein zurück.

Leise fiel die Tür hinter ihm ins Schloss.

Die Bettelschale blieb leer. Bis Gabriel Cristina zu seinem Wagen geleitete, war die Stimmung auf den Nullpunkt gesunken. Auf der Fahrt zurück zu seinem Apartment lastete drückendes Schweigen auf ihnen.

Schließlich nannte er ihr auch den Grund. „Es hat sich allgemein herumgesprochen, Cristina. Du bist tabu. Die meisten der heute anwesenden Gäste sind am Alagoas-Konsortium beteiligt. Sie wollen, dass du aufgibst und verkaufst.“

Es überraschte sie nicht – auch wenn sie sich fragte, wie viele Aktien Luis wohl besitzen mochte.

Das war auch die erste Frage, die sie ihm stellte, als sie ihn von Gabriels Gästezimmer aus anrief.

„Ist das wichtig?“, kam die Gegenfrage.

„Wenn du mich so unbedingt scheitern sehen willst wie die anderen – ja, dann ist es wichtig.“

„Sei morgen Punkt zwölf in meiner Suite“, erwiderte er nur. „Und lass deinen Liebhaber zu Hause.“

„Liebhaber?“

„Der attraktive Blonde mit den strahlend weißen Zähnen“, stieß er sarkastisch durch die eigenen weißen Zähne hervor.

„Gabriel?“

„Genau der.“

„Aber er ist …“

„Mit dieser Sekunde aus deinem Leben verschwunden, querida“, fiel Anton ihr kalt ins Wort. „Aus deinem Leben und aus deinen geschäftlichen Angelegenheiten. Wenn du willst, dass ich dein geliebtes Santa Rosa rette, wirst du ausschließlich mit mir verhandeln.“

Es klickte in der Leitung. Anton ließ den Hörer auf seine bloße Brust fallen und lachte verdutzt auf. Sie hatte doch tatsächlich aufgelegt, dieses kleine Biest!

Ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen, als er sich in die Kissen zurücklehnte und starr an die Decke blickte. Er konnte sich bestens vorstellen, wie Cristinas Augen jetzt vor Wut blitzten. Er mochte sie in eine Ecke gedrängt haben, sie mochte verängstigt und schockiert sein, aber das reichte nicht aus, um ihr Temperament zu zügeln.

Niemand schrieb Cristina Marques vor, was sie zu tun hatte. In dem Moment, in dem jemand es wagte, ihr Befehle zu erteilen, wurde sie zu einer wahren Furie. In den zwölf Monaten ihres Zusammenseins hatte es oft genug Auseinandersetzungen zwischen ihnen gegeben, die ganz Rio erschütterten. Cristina knallte Türen, schleuderte Beleidigungen, wurde stur und störrisch wie ein Esel – und wenn er wie üblich absolut ruhig und kühl geblieben war, so hatte sie das nur noch wütender gemacht.

Er hatte ihre Ungezähmtheit geliebt. Er hatte dagestanden und sie weiter provoziert, darauf gewartet, dass sie mit zu Krallen gekrümmten Fingern auf ihn zustürzte, um ihm die Augen auszukratzen, und hatte sie mit der Mühelosigkeit seiner körperlichen Überlegenheit gepackt und sich nach der nächsten horizontalen Fläche umgesehen, auf die er sie niederlegen konnte.

Und sich selbst, natürlich. Man fing sich kein wildes und unzähmbares Wesen ein, ohne nicht die Leidenschaft und das Feuer zu genießen. Man provozierte weiter, ließ sich bis an den Rand des Wahnsinns treiben, bis zu dem Moment, in dem …

Das Telefon schrillte. Er drückte den Knopf und hielt es sich ans Ohr.

„Du hast mir nichts zu befehlen, Luis!“ Cristina betonte jede einzelne Silbe. „Hier geht es ums Geschäft, und jeder in der Geschäftswelt, der ohne seinen Anwalt bei dir auftauchen würde, wäre ein kompletter Narr!“

„Habe ich gesagt, dass ich Geschäftliches mit dir besprechen will?“, fragte er lässig. Die plötzliche Stille am anderen Ende war ohrenbetäubend. „Boa noite, amante. Sonhos doas.“ Diesmal unterbrach er die Verbindung.

Cristina stand stocksteif vor Wut und Frustration in ihrem Zimmer. Mit diesem „Gute Nacht, Geliebte“ und „Schöne Träume“ hatte er bei ihr sein Ziel erreicht. Er wusste genau, wie sie den Rest der Nacht verbringen würde.

Er würde keinen Millimeter nachgeben. Er hatte sie in der Hand, und er wusste es. So, wie er wusste, dass dieser unglückselige Kuss in dem Hotelwaschraum Dinge in ihr geweckt hatte, die sie nicht schlafen lassen würden.

Cristina erschauerte. Ob sie jemals wieder schlafen konnte …? Sie wollte Luis nicht begehren. Sie verabscheute es, wenn die Dinge sich so absolut ihrer Kontrolle entzogen.

Das Klopfen an der Tür hielt sie davon ab, etwas so Albernes zu tun, wie sich aufs Bett zu werfen und sich die Seele aus dem Leib zu heulen. Gabriel stand in der offenen Tür, ohne Jackett und Krawatte, groß und stark wie der Fels in der Brandung, die bernsteinfarbenen Augen düster verhangen.

„Ihr wart ein Paar.“ Es klang wie eine Anschuldigung.

Mit einem Schluchzer warf sie sich Gabriel an die breite Brust und ließ den Tränen freien Lauf. Unerschütterlich, wenn auch ein wenig schockiert, ließ er sie sich ausweinen, dann schickte er sie ins Bad, mit der Aufforderung, sich das verweinte Gesicht zu waschen und sich fürs Bett fertig zu machen.

Als sie aus dem Bad zurückkam, hatte er das Bett für sie aufgeschlagen und deckte sie zärtlich zu, als sie sich wie ein kleines Kind auf den Laken zusammenrollte. Sanft strich er ihr das Haar aus dem Gesicht, was ihr prompt wieder die Tränen in die Augen trieb.

„Ich habe es an der Art erkannt, wie du seinen Namen aussprachst“, erklärte er leise. „Allerdings ist mir das erst vor ein paar Minuten klar geworden. Er ging dir nach, als du davongelaufen bist, entschlossen, wie ein Mann mit einem Ziel. Einem erotischen Ziel. Was dir übrigens eine neue Feindin eingebracht hat … nämlich seine hübsche Begleiterin.“

Glühende Eifersucht ließ sie sagen: „Sind die beiden ein Paar?“

„Ich denke, sie hätte es auf jeden Fall gern“, gab Gabriel trocken zurück. „Es gefiel ihr ganz und gar nicht, dass du ihn ihr praktisch vor der Nase weggeschnappt hast.“

„Von mir aus kann sie ihn gern haben.“ Es war ihr ernst.

„Erzähl mir davon“, forderte Gabriel sie auf.

Cristina schloss die Augen, ohne zu antworten – und riss die Lider sofort wieder auf. „Was machst du da, Gabriel?“, fragte sie entgeistert, als er sich die Schuhe auszog.

„Ich mache es mir bequem.“ Ihre Bestürzung wuchs, als er sich neben sie auf das Bett legte und sie in seine Arme und an seine Brust zog. „Beruhige dich“, meinte er träge. „In meinen Armen bist du so sicher wie in Abrahams Schoß, das weißt du doch. Aber ich werde nicht eher gehen, als bis du mir alles erzählt hast, Cristina.“

„Vor sechs Jahren hatten wir eine Beziehung“, begann sie schließlich zögernd.

„Ah. War das zufälligerweise das Jahr, in dem Cristina Marques für eine Zeit lang verschwand?“

„Ich bin davongelaufen“, gestand sie ein. „Mein Vater wollte mich nicht aufs College gehen lassen, also bin ich ohne seine Erlaubnis von zu Hause weggegangen.“

„Und hast ihn damit unendlich verärgert.“

„Meinst du, das kümmert mich?“ Ein leichtes Schulterzucken drückte die Gleichgültigkeit gegenüber den Gefühlen ihres Vaters aus. „Für ihn gehörten Frauen ins Haus, damit sie ihre Männer bedienten.“ Was sie nicht sagte, war, dass in seinen Augen Väter auch das Recht hatten, ihre Töchter an den Meistbietenden zu verkaufen.

„Er war ein Despot.“

„Sim“, stimmte sie zu und versuchte das Thema zu wechseln. „Ich dachte, du wolltest noch ausgehen?“

„Mein Lover wird auch einen Abend ohne mich auskommen. Das hier ist viel interessanter als Sex. Wer würde nicht erfahren wollen, was der schönen Marques-Erbin im Jahr ihres Verschwindens widerfahren ist?“

„Erbin!“ Cristina lachte bitter auf. Das Einzige, was sie geerbt hatte, war der dumme, nutzlose Marques-Stolz.

„Also …“, drängte Gabriel, „… du bist weggelaufen und aufs College gegangen?“

„Nein.“ Cristina runzelte die Stirn. „Zuerst musste ich mir das Geld verdienen, um aufs College gehen zu können. Ich fand einen Job in einer Bar an der Copacabana, inklusive eines winzigen Zimmers direkt darüber im ersten Stock.“

Das Zimmer war stickig und laut gewesen, und ihre Schichten endlos lang. Sie hatte schon überlegt, ob es nicht besser sei, sich zu dem Schicksal in ihres Vaters Händen zurückzubegeben, da war Luis in die Bar gekommen.

Der große, dunkle Luis mit dem umwerfenden Lächeln. Sie kuschelte sich enger in Gabriels Arme und erzählte ihm alles – fast alles, von der ersten Sekunde an, in der es zwischen Luis und ihr gefunkt hatte, bis zu dem Tag, als sie in Luis’ Apartment einzog.

Es war ein wundervolles Jahr gewesen, ein Jahr voller Lachen und Leidenschaft und einem Glück, das sie bis dahin als romantische Fantasie aus Liebesromanen abgetan hatte.

„Dann verunglückte sein Vater tödlich, und Luis flog nach England zurück“, schloss sie.

„Und das war das Ende?“

Für die Beziehung war es das Ende gewesen. „Sim“, stimmte Cristina düster zu.

„Was denn? Du hast diese leidenschaftliche Liebe so einfach abgeschrieben und bist nach Santa Rosa zurückgekehrt?“

Das war erst drei Monate später gewesen. „Wir haben uns … nicht gerade freundschaftlich getrennt.“

„Er wollte, dass du mit ihm gehst?“

Sie antwortete nicht darauf.

„Aber du hast es vorgezogen, Vaasco Ordoniz zu heiraten?“ Auch hierauf folgte keine Antwort. Gabriel spürte nur den leichten Schauer, der sie bei der Erwähnung ihres verstorbenen Ehemannes durchlief. „Und jetzt ist dein leidenschaftlicher Liebhaber wieder zurück.“

„Sim.“ Wie hätte sie das bestreiten sollen? Luis war zurück. Beeindruckender, als sie ihn in Erinnerung hatte. Und so viel begehrenswerter. „Er hat mir das Angebot gemacht, mir aus den Schwierigkeiten herauszuhelfen.“

„Und der Preis dafür?“

Cristina veränderte rastlos ihre Lage. Sex war der Preis. Eine Art Wiedergutmachung. Das letzte Mal hatte er ihr die Ehe angetragen, jetzt würde er ihr wohl etwas anderes anbieten. Damit konnte sie leben – mit dem „anderen“. Um genau zu sein, sie war schockiert über sich selbst, wie sehr sie nach diesem „anderen“ verlangte. „Das werde ich morgen herausfinden, wenn ich mich mit ihm treffe.“

„Du hast bereits ein Treffen mit ihm arrangiert?“ Gabriel setzte sich auf. „Wann gedachtest du mich darüber zu informieren?“ Er schnalzte ungeduldig mit der Zunge. „Ich werde sofort alle morgigen Termine absagen. Wenn unser Senhor Scott-Lee so rasant vorgeht, müssen wir …“

„Nein, Gabriel“, fiel Cristina ihm leise ins Wort und legte eine Hand auf seinen Arm. „Ich bin dir zutiefst dankbar für alles, was du für mich getan hast, aber von jetzt an werde ich mich allein durchschlagen.“

„Sei nicht albern, Cristina.“ Er runzelte die Stirn. „Unter dieser glatten englischen Oberfläche lauert ein hungriger Wolf. Ich habe es in seinem Blick gesehen. Er will dich fressen, querida. Wenn er dir wirklich Hilfe anbietet, wird er vorher noch ein wenig mit dir spielen wollen.“

Und er ist mächtig genug, um auch mit dir zu spielen, wenn ich es zulasse, dachte sie betrübt. „Nein“, wiederholte sie. „Ich kenne ihn. Ich kann besser allein mit ihm fertig werden.“