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Maddox
I ch starre sie einfach nur an, zu mehr bin ich gerade nicht im Stande. Mein Herz schlägt schneller, als es gut sein dürfte, und ich fasse nicht, was oder wen ich da sehe.
Sie sieht verloren aus, wie sie da steht und mich mit einem braunen Auge – das, von dem sie die Kontaktlinse bereits entfernt hat – und dem anderen leuchtend blauen Auge ansieht. Meine Heilige ist Lady B.? Das da ist meine Halbcousine, die mich dominiert oder es zumindest versucht hat? Das ist das Mädchen, in das ich mich Hals über Kopf verschossen habe und mit der ich den besten Sex meines Lebens hatte? Das ist die Frau, bei der ich vom ersten Moment an, den starken Impuls verspürt habe, sie schützen zu wollen und zu müssen? Dabei ist sie augenscheinlich die Frau, die diesen Schutz am wenigsten benötigt.
Ich erwache langsam aus meiner Starre und fahre mir mit den Händen durch die Haare. Fuck! Wie blind kann man eigentlich sein?
»Sag doch etwas«, flüstert sie.
Warum verdammt, habe ich es nicht gemerkt? Ich habe gespürt, dass mich auch etwas an Lady B. bindet. Sonst hätte ich wahrscheinlich den Scheiß in ihrem Club gar nicht mitgemacht. Aber ich dachte, dass ich so empfinde, weil ich mehr über meine Wurzeln erfahren wollte. Weil ich eine Familie gesucht habe, und weil ich wütend war, dass diese junge hübsche Frau, zu ebensolch einer Lady geworden war wie meine Großmutter. Und dann Brooke … immer wieder Brooke. Ich hatte nur an sie denken können, als die vermeintliche Lady mich berührte. Hatte mir gewünscht, dass es Brooke wäre. Und jetzt ist Brooke Lady B., oder Lady B. ist Brooke. Verdammte Scheiße, ich weiß es nicht. Ich weiß nur, ich kann ihr nicht einmal böse sein, für das, was sie mit mir abgezogen hat. Was hätte sie tun sollen? Sie wusste doch nicht, wer ich in Wahrheit bin.
Langsam kommt wieder Bewegung in sie und sie wirft ihre Overkneestiefel in eine Ecke. Danach greift sie nach einem Shirt, das auf dem Boden liegt. »Es tut mir leid«, sagt sie leise und ihre Augen huschen kurz zu mir. Beinahe wirkt sie verunsichert. Doch wie könnte sie? Sie ist die verdammte Lady des Black Widow-Kartells. »Ich wusste nicht, wie ich …«
Sie spricht leise, kaum hörbar und sofort ist da wieder dieses unbändige Gefühl in mir. Dieses Gefühl, sie schützen zu wollen. Zu müssen!
Ich springe hoch, bin mit einem Satz bei ihr und reiße sie an mich. Hebe sie auf meinen Arm und sehe in ihre gerade zweifarbigen Augen. »Warum?«, ist alles, was ich herausbringe, bevor ich meine Lippen auf ihre presse und sie so hart und verlangend küsse, dass mir selbst die Luft wegbleibt. Scheiß drauf, ob sie in der Nacht die Lady von Black Widow ist. Am Tag ist sie das Mädchen, das mir den Kopf verdreht hat, und warum eigentlich sollte ich nicht in der Nacht eine sündige Lady an meiner Seite haben? Es spielt keine Rolle! Alles, was wichtig ist, ist, dass wir zusammengehören. Und dass ich jetzt sogar mehr als meine andere Familie gefunden habe. »Brooke«, gebe ich knurrend zwischen zwei Küssen von mir und ihre Hände graben sich in meine Haare. Mit ihr auf dem Arm lasse ich mich auf die Matratze sinken und setze sie genau auf mich. »Brooke«, wiederhole ich und umgreife ihre Taille, während ihre Augen sich tief in meine bohren. »Im letzten Jahr habe ich viel Scheiße erlebt und verdammt krasse Sachen gesehen … aber die Nummer hier, die ist das abgefahrenste überhaupt. Ich will nur wissen: Warum? Warum hast du in Santa Rosa nichts gesagt, als ich da saß?« Ich weiß es … aber ich will es von ihr bestätigt wissen.
Sie streicht sich ihr langes blondes Haar hinter die Ohren und nimmt dann ganz routiniert die verbliebene Kontaktlinse aus ihrem Auge. »Kannst du dir vorstellen, wie ich mich gefühlt habe? Erst kommt dieser heiße Typ hier in mein Heiligstes und plötzlich sitzt er in meinem anderen Leben in meinem Club. Ich hatte Angst, Maddox, dass du alles auffliegen lassen könntest, was ich mir über Jahre aufgebaut habe. Ich hatte Angst, dass der Mann, der mir viel zu gut gefällt, mich verurteilen würde … Ich hatte vor allem Angst und Angst ist etwas, das ich sonst nicht kenne.« Ihr Blick senkt sich zu meinem Bauch und einer ihrer Finger streicht darüber.
»Was hat sich jetzt geändert?«, will ich wissen. Ich verstehe immer noch nicht, dass sie die Tochter meiner Tante ist. Dass sie das größte Kartell der Westküste leitet. Dass sie ist, wer sie ist.
»Ich wollte dich töten«, sagt sie plötzlich so sanft, als würde sie mir damit eine Liebeserklärung machen. »Niemand, der mein Lady B. Gesicht kennt und sich uns dann nicht anschließt, darf überleben. Es wäre zu gefährlich. Für meine Familie. Für mich. Es tut mir leid, aber ich konnte es nicht.«
Ihre Augen wandern wieder zu mir und ich kann mir ein Lächeln nicht verkneifen, als ich ihren verunsicherten Gesichtsausdruck sehe. Die große Lady B. ist nervös. »Was genau tut dir leid? Dass ich noch atme?«
»Nein, dass ich so ein schlechter Mensch bin.«
Ich ziehe sie mit ihrem Gesicht zu mir herunter, küsse ihre Stirn und schlinge meine Arme um sie. »Ob Lady B. schlechte Dinge tut … das steht wahrscheinlich außer Frage. Aber Brooke aus North Beach ist viel zu gut für diese Welt. Vielleicht ist die Frau, die in der Mitte dieser beiden erschaffenen Figuren steht, genau die richtige. Die, die ich besser kennenlernen will. Die, die keine Verkleidungen braucht.« Sie legt ihren Kopf auf meiner Brust ab und ihr Duft steigt in meine Nase. »Ich weiß nicht, ob du mich auch willst, und genauso wenig weiß ich, wenn du mich auch wollen solltest, wie ich mit diesem Lady-Kram zurechtkommen soll, ohne jedem einzelnen deiner Ehrenmänner die Eier abzuschneiden. Doch wenn wir es nicht versuchen, Brooke … weißt du, mein scheiß Herz schlägt irgendwie verdammt schnell für dich.«
»Du redest heute verdammt viel«, raunt sie und küsst meine Brust.
Mit meinen Händen ergreife ich ihre Taille und werfe sie mit einem einzigen Dreher auf die Matratze. Im nächsten Moment bin ich bereits zwischen ihren nackten Schenkeln und sie atmet heftig. »Ich zeige dir jetzt, was ich noch alles mit meinem Mund machen kann. Und danach, süße kleine Brooke, werden wir uns darüber unterhalten, wie das mit uns weitergehen soll.« Mein Daumen legt sich fest auf ihre Klit und sie stöhnt rau, als ich mit meinem Mund ihren Schenkel hinauf Küsse verteile. Keine Ahnung, wo das alles hinführt, aber eines ist klar: Diesen Weg gehen wir nur gemeinsam.