18
Brooke
I ch wimmere wie ein Kind, kann es aber auch nicht unterdrücken. Meine Augen haften auf Maddox, der seine wiederum geschlossen hat, und der mittlerweile so viel Blut verliert, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass er das noch lange durchsteht.
»Wir können uns gerne weiter unterhalten, oder du informierst jetzt deine Männer.«
»Und dann? Dann lässt du ihn gehen?«
»Was glaubst du denn, kleine Lady?«
Seine Hand fährt von meiner Mitte hoch zu meinem Bauch und legt sich anschließend um meine Brust. Ich versuche es auszublenden. Versuche nicht darüber nachzudenken, dass es im Bereich des Möglichen liegt, dass er mich gleich hier vor seinen Männern und vor Maddox’ Augen vergewaltigt. Wo ist Nevio? Warum kommt er nicht? Doch ich kann mir eigentlich kaum mehr vorstellen, selbst sollte er nicht geschnappt worden sein, dass er uns hier heraushelfen kann. Es sind einfach zu viele Männer. »Wenn du uns schon nicht gehen lässt, dann lass zumindest Pater Stephens gehen. Er hat rein gar nichts mit der ganzen Sache zu schaffen.« Ich blicke wieder zu dem bewusstlosen Pater und schäme mich, dass ich ihn durch meine Anwesenheit in North Beach mit in diesen Abgrund gezogen habe. Eine Heilige tut so etwas nicht. Eine Heilige ist auch in der Nacht kein Kopf eines großen Kartells. Vielleicht wäre es am besten für uns alle, Bareses Forderungen nachzugeben. Das Problem dabei ist nur, dass es nichts an dem ändern wird, was er mit uns vorhat. Mich wird er halten wie einen Hund und Maddox, Faith, Nevio und der Pater werden sterben.
»Du wirst exakt niemals auf ihn hören«, zischt Maddox in diesem Moment neben mir, und ich weiß nicht, ob ich froh sein soll, dass er noch bei Bewusstsein ist oder nicht.
»Du sollst ihn ruhigstellen«, schreit Barese, und als mein Blick auf den Anzugträger Carlos fällt, wappne ich mich für das, was nun folgt.
Er stößt die Klinge in Maddox’ Bauch und lacht mich dreckig dabei an. »Nein«, schreie ich laut und spüre den Schmerz, als ob es mein eigener wäre. Ich versuche, Carlos zu ignorieren, der das Messer bis zum Anschlag in Maddox’ Eingeweide schiebt, und sehe einzig und alleine in die schmerzverzerrten Augen des Mannes, den ich liebe. Ich liebe ihn! Und ich töte ihn und kann es kaum ertragen.
»Wir hätten es schaffen können, Álainn«, wispert er. »Aber auch wenn ich es nicht schaffe … ich weiß, dass du es schaffen wirst, solange du nur stark bleibst und nicht auf dieses Dreckschwein eingehst.«
Blut tritt jetzt aus seinem Mund und unwillkürlich beginnt mein Körper zu zittern.
»Schluss mit den Spielchen, wir haben nicht den ganzen Tag Zeit. Entweder, kleine Lady, du erklärst dich jetzt dazu bereit, deine Leute anzurufen, oder Carlos wird vor deinen Augen jedes lebensnotwendige Organ, das er zur Verfügung hat, aus diesem Mann herausschneiden.«
Ich kann nicht mehr denken. Alles in meinem Kopf fliegt wild umher. Ich sehe Maddox, sehe das viele Blut. Sehe, wie stark er immer noch ist, und sehe sein Lächeln. Der Idiot lächelt, dabei wird er heute sterben. Mein Blick geht weiter zu Pater Stephens, der bereits wie ein Toter am Boden liegt …
»Nun?«, schreit Barese ungehalten vor mir und nur mit Mühe hole ich meinen Blick von Maddox und dem Pater weg. Konzentriere mich auf den Mann vor mir. Auf das Monster.
»Da kannst du warten, bis die Welt untergeht, Bastard!«
»Fang an«, ruft er Carlos zu und ein erneuter Zitteranfall geht durch meinen Körper.
»Daddy? Was machst du da?«
Ich reiße meinen Kopf hoch, genauso wie Maddox, sehe Bareses erschrockenes Gesicht. Sehe, wie er von seinem Stuhl aufspringt, und erkenne dann Faith mitten in der Halle stehen. Gerade wollen einige der Wachen auf sie losspurten, als Barese abwinkt und in mir ein Hoffnungsschimmer keimt, das hier vielleicht doch überleben zu können. Wir alle vier. Faith … Meine Schwester ist da … Und wenn sie da ist, kann Nevio nicht weit sein.