S ie hatten den größten Teil des Tages durchgehalten und Sal gefiel die Tatsache nicht, dass die vier Männer ihm langsam ans Herz gewachsen waren. Sie hatten einen Charme, wie man ihn sonst nur in Guy-Ritchie-Filmen fand. Trotz ihrer schlechten Taktik schienen sie die Art von Leuten zu sein, die ihr Versprechen, ihm seinen Anzug und das versprochene Geld zu überlassen, einhalten würden.
Natürlich traute er ihnen immer noch nicht, aber wenn man bedachte, wie tief sie sich im Zoo befanden, mussten sie meilenweit die einzigen Menschen in der Gegend sein. Der gesunde Menschenverstand diktierte ihnen, dass sie sich gegenseitig den Rücken freihalten mussten, wenn sie da lebend wieder rauskommen wollten. Es galt, Prioritäten zu setzen. Das Überleben gegen die Horden von Monstern um sie herum stand an erster Stelle. Sie konnten sich später gegenseitig umbringen.
Nicht einmal eine Pause für eine Mittagsmahlzeit verzögerte ihren Eintritt in die tiefen Teile des Dschungels. Als die Sonne schließlich unterging, merkte Sal das nur daran, dass die Dunkelheit intensiver wurde und sein Anzug die Bewegungssensoren einschaltete, um das zu kompensieren.
In den letzten paar Stunden, als sie über das Gebiet hinauskamen, in dem Teams unterwegs waren, die nur in den Außenbereichen des Dschungels zu tun hatten, hatten sie ihm erlaubt, die Führung ihres kleinen Teams zu übernehmen. Er fragte sich, ob sie ihm wirklich zutrauten, sie zu führen oder ob sie sichergehen wollten, dass er nicht die Chance hatte, einem von ihnen in den Rücken zu schießen.
Beides hätte ihn nicht überrascht. Er hatte viele offene Drohungen ausgesprochen und so, wie sie ihn erlebt hatten, mussten sie glauben, dass er zumindest in der Lage war, seine Andeutungen wahrzumachen.
Als die Nacht hereinbrach, hob er seine Hand und schloss sie zu einer Faust, das universelle Signal, um die Gruppe zum Stillstand zu bringen.
»Okay«, sagte er und sprach über die Kurzstreckensender zu ihnen, um nach außen hin so wenig Lärm wie möglich zu machen. »Wir sollten unser ganzes Zeug in die Mitte einer verteidigungsfähigen Position bringen. Macht euch bereit und ruht euch aus. Diese Scheiße wird gleich richtig ernst werden und wir wollen nicht einen ganzen Tag lang durch diesen Ort wandern müssen, um hier rauszukommen, wenn das passiert.«
Die vier Männer tauschten einen Blick aus und Dutch ergriff als Erster das Wort. »Wir haben noch ein paar Stunden Zeit, bevor es im Dschungel wirklich gefährlich wird und die werden wir nutzen.«
Ein anderer, der Smythe hieß, schnaubte und schüttelte den Kopf. »Ist das sein Ernst? Ist er eine Art Zooflüsterer?«
Sal schüttelte den Kopf. »Sehen Sie sich um. Seitdem wir hier sind, hat sich immer etwas um uns herum bewegt. Irgendein Tier hat uns beobachtet, verfolgt und manchmal auch angegriffen. Wenn Sie zufällig die Bewegungssensoren Ihrer Anzüge überprüfen, werden Sie feststellen, dass sich um uns herum nichts bewegt, oder?«
Die anderen brauchten einen Moment, um sich zu vergewissern, dass dies tatsächlich der Fall war. Er wusste, dass es eine interessante und erschreckende Erkenntnis war. Die Art und Weise, wie die Monster sie zu beobachten schienen, war anfangs beunruhigend, aber nach einer Weile konnte man sich sogar daran gewöhnen, solange sie nicht angriffen. Die Situation wurde beunruhigender, wenn einen niemand beobachtete, was bedeutete, dass der Zoo nicht mehr abwartete und beschloss, zu handeln.
Es war ärgerlich, einen Dschungel so vermenschlichen zu müssen, aber es gab keinen besseren Weg, es auszudrücken.
»Was kommt Ihrer Erfahrung nach als Nächstes?«, fragte Dutch schließlich und Sal stellte fest, dass sich das Team über einen privaten Kanal unterhalten hatte, an dem er nicht beteiligt war. Er mochte es zwar nicht, von solchen Gesprächen ausgeschlossen zu werden, aber er schätzte es, dass sie bereit zu sein schienen, seinem Wort zu vertrauen.
»Wie ich schon sagte«, brummte er. »Die Kacke ist am Dampfen. Es kann Stunden oder Minuten dauern, aber es ist bald soweit. Wir müssen in der Lage sein, uns zu verteidigen und, wenn möglich, etwas Ruhe zu finden, bevor es losgeht. Am besten suchen wir uns einen hoch gelegenen Platz mit möglichst viel freier Sicht rundherum. Offen und so weit von den Bäumen entfernt wie möglich.«
»Wir sind mitten im verdammten Dschungel«, sagte Campbell. »Wie weit können wir uns von den Bäumen entfernen?«
»Glauben Sie mir, bringen Sie so viel Platz zwischen sich und die Bäume, wie Sie finden können«, erwiderte Sal, genervt davon, sich erklären zu müssen. »Es kann um Leben und Tod gehen. Lasst uns loslegen.«
An ihrer Körpersprache konnte er erkennen, dass sie ein weiteres privates Gespräch begonnen hatten. Das ärgerte ihn, aber er schob die Verärgerung beiseite. Solange sie nicht sahen, dass sein Notsignal gesendet wurde, konnten sie so viele Privatgespräche führen, wie sie wollten.
»In Ordnung«, sagte Dutch nach ein paar Augenblicken. »Ihr habt den Mann gehört. Sucht euch eine verteidigungsfähige Position so weit weg von den Bäumen wie möglich und baut Befestigungen auf. Wir machen eine kurze Essenspause, bleiben in unseren Anzügen und ruhen uns so viel wie möglich aus. Bleibt wachsam.«
Die fünf Männer bewegten sich schnell und Smythe hatte bereits eine gute Idee, wo sie ihr Lager aufschlagen sollten. Die Verteidigungspositionen waren nicht ganz das, was die meisten erwartet hätten, denn sie hielten das Gebiet so offen wie möglich. Einige Drähte wurden verlegt, um einen schnell zu montierenden Zaun zu errichten, durch den genug Strom floss, um einige der kleineren Monster zu braten – zu den kleineren zählten natürlich die Hyänen oder die Heuschrecken von der Größe eines Hundes. Die meisten Verteidigungsanlagen wurden so aufgestellt, dass sie eine mögliche Schusslinie nicht behinderten, wenn sie sie brauchten.
Sal bemerkte, dass Murphy eilig zwei oder drei Dutzend Bodenminen in ihrem Umkreis positionierte. Bei anderen Missionen gab es Bedenken, dass diese Art von Einsatz von einer einzelnen Kreatur ausgelöst werden könnte, die einfach ein bisschen zu neugierig war und damit die Aufmerksamkeit des gesamten Zoos auf sich zog. In diesem Fall rechneten sie natürlich mit einem Angriff, sodass das kein Problem sein würde. Bodenminen schienen eine geeignete Strategie zu sein.
Sie bauten ihr Lager und ihre Verteidigung in weniger als fünfzehn Minuten auf und bereiteten eine Mahlzeit vor, die sie miteinander teilten. Sal wählte Hähnchen- und Gemüsewürfel sowie Reis, der so zubereitet war, dass man normalerweise Stäbchen zum Essen braucht. Er hatte aber nur einen kleinen Metallspieß dabei, also musste das genügen. Es war warm und es war Essen und das war alles, was er sich wirklich wünschen konnte. Das Mittagessen hatte aus ein paar Bissen getrocknetem Dörrfleisch und einem Schluck Wasser bestanden.
Er brauchte dringend warmes Essen. Vielleicht war er durch seinen guten Lebensstil ein wenig verwöhnt.
Das Team blieb in seinen Anzügen und zog nur das Nötigste aus, um essen zu können. Sal konnte die Utensilien mit seinem leichteren Hybridanzug handhaben und musste nur seinen Helm abnehmen. Die meisten anderen – mit Ausnahme von Murphy, der einen ähnlichen Anzug wie er hatte – mussten Armteile abnehmen, um ihr Essen löffeln zu können, ebenso wie ihre Helme.
Die Spannung zwischen den fünf war spürbar und es herrschte Schweigen. Als er seine Rationen aufgegessen hatte, löste sich Sal von der Gruppe. Dank seiner Selbstmedikation brauchte er weniger Ruhe als sie und er war bereit, die erste Wache zu übernehmen. Er hatte das Gefühl, dass sie sowieso keine zweite brauchen würden. Lass die Neulinge ihre Ruhe haben. Sie werden sie brauchen.
* * *
Smythe wusste bereits, dass er nicht viel Schlaf bekommen würde. Unabhängig von seinen Zweifeln an Jacobs’ Fähigkeit, ihre Umgebung zu lesen und einen Angriff vorauszusehen, war die fehlende Bewegung der Tiere um sie herum mehr als nur ein wenig nervenaufreibend. Das gefiel ihm nicht und es machte ihn gereizt.
Selbst als er sich niederließ und versuchte, es sich in seiner schweren Rüstung so bequem wie möglich zu machen, war ihm klar, dass er nicht auf wirklichen Schlaf hoffen konnte. Wenn er Glück hatte, döste er vielleicht hier und da ein, aber er war müde und gleichzeitig aufgedreht. Das Adrenalin war in seinen Körper gesickert – nicht genug, um ihn wirklich hibbelig zu machen, aber genug, um auf einen Kampf vorbereitet zu sein, wenn er kam.
Er war nicht unbedingt bereit für diesen Kampf, aber so war das halt. Sein Körper war auf einen Kampf um sein Leben vorbereitet. Daran hatte sich nichts geändert, egal, wie viel Alien-Schleim man in den Mix warf.
Die Tatsache, dass Jacobs vor sich hinmurmelte und mit sich selbst sprach – hörbar dank der Tatsache, dass er seinen Helm nicht trug – machte es auch unmöglich, sich auszuruhen. Er konnte nicht verstehen, was der Junge sagte. Er schien die Worte genauso zu wiederholen, wie er es tat, wenn er mit ihnen sprach. Smythe hatte schon genug Probleme zu verstehen, was der Typ sagte, wenn er wollte, dass sie ihn hörten. Wenn er mit sich selbst sprach, war das absolut unmöglich.
Wenn er mit sich selbst geredet hatte. Könnte er einige seiner Freunde außerhalb des Zoos kontaktiert haben, damit sie ihn retten kamen? Er hatte so getan, als wäre er mit dem einverstanden, was sie taten, aber wie konnte man das bei einem Typen wie ihm wirklich wissen? Wie auch immer, Dutch schien es geglaubt zu haben, also konnte Smythe nicht direkt etwas gegen den Jungen selbst sagen.
Er seufzte leise und verlagerte unbeholfen sein Gewicht, bis er seine Rippen wieder spürte und seine Hände sich auf das Sturmgewehr legten. Absolut nichts schien sich auf sie zuzubewegen und er fragte sich, ob Jacobs nicht einfach nur Scheiße erzählte.
Von dort, wo er saß, konnte er den Mann deutlich erkennen – er benutzte seinen Anzug als Stütze, um den ganzen Tag an Ort und Stelle stehen zu können. Smythe konnte sich nicht entscheiden, was der Junge vorhatte. Ein Hauch von Versuchung flüsterte ihm zu, sein Gewehr in die Hand zu nehmen und Jacobs’ Hirn über den Zoo zu verteilen, aber Dutch schien zu glauben, dass der Mann für ihre ganze Mission wichtig war.
Der Wissenschaftler wurde plötzlich munter. Er hörte auf zu murmeln, schnappte sich seinen Helm und befestigte ihn am Anzug, bevor er zu den anderen Männern joggte, die noch schliefen. An der Art, wie sie schnell wach wurden, konnte man unschwer erkennen, dass sie genauso schlecht geschlafen hatten wie er.
»Es gibt Ärger«, sagte Jacobs scharf und drängte sie zum Handeln. Andy spähte angestrengt in die Dunkelheit, um eine mögliche Bedrohung zu erkennen. Ehrlich gesagt, zu jeder anderen Zeit und ohne die Warnung hätte er sie völlig übersehen.
Da der Dschungel so still war – so still, dass nicht einmal die Bewegungssensoren etwas aufzeichneten – konnte man den Widerhall schon von Weitem hören. Die geflüsterten Vibrationen waren zu leise, um von menschlichen Ohren wahrgenommen zu werden, aber stark genug, um die Bäume um sie herum zu reizen und zu erschüttern. Sanfte Schwingungen – das war alles, was Jacobs brauchte. Der Typ war verrückt, aber er kannte sich aus.
Das Team versammelte sich schnell, ging in Verteidigungsposition und Smythe registrierte endlich eine Bewegung. Das wenige Licht, das durch die Bäume drang, wurde von den Fotorezeptoren seines Anzugs aufgefangen und verriet ihm zusammen mit den Bewegungssensoren, dass sich entweder etwas Großes oder eine große Anzahl kleinerer Kreaturen näherte.
Er wartete, bis sich der große Schatten in seine Einzelteile auflöste. Viele kleinere Kreaturen, stellte er fest und als sie näher kamen, bemerkte er, dass sie vierbeinig waren. Sie sahen vage wie Affen aus und bewegten sich auch so, ihre Arme stützten sich auf den Boden, aber sie waren auch nicht besonders groß. Große Reißzähne reckten sich bedrohlich in die Höhe, als sie die schweigenden, wartenden Menschen anbrüllten.
Andy hoffte sehr, dass die Reißzähne nicht voller Gift waren.
Die Mutanten hatten sich in großer Zahl versammelt. Dutzende von ihnen schlichen unaufhaltsam näher und noch mehr umkreisten die Bäume und kamen hervor. Eine Kakofonie aus Gekreische und Gebrüll brach aus. Vielleicht war das ihre Art, miteinander zu kommunizieren oder sie wollten die Menschen warnen, sich zurückzuziehen und zu fliehen. Andererseits schienen sie die kleine Gruppe von Menschen absichtlich eingekreist zu haben, sodass sie nur wenig Platz zum Rückzug hatten.
Smythe knurrte leise vor sich hin. Das gefiel ihm nicht. Hier gab es mehr Monster, als er je zuvor gesehen hatte und obwohl sie alle von der gleichen Art zu sein schienen, waren sie anders als alles, was er bisher gesehen hatte. Aus ihren Vorderbeinen ragten Krallen, was sie viel furchterregender machte, als er gedacht hatte.
»Bleibt zusammen«, erinnerte Jacobs sie. »Bleibt in einer Gruppe, dann ist es unwahrscheinlicher, dass sie angreifen …«
Er war nicht in der Lage, seinen Satz zu beenden. Campbell war der erste, der durch den Lärm der aggressiven Monster um sie herum verunsichert wurde und mit einem Fluch in einer Sprache, die Smythe nicht ganz verstand, das Feuer eröffnete.
Die mächtigen Kugeln durchschlugen eine der Kreaturen und fällten ein paar weitere hinter ihr. Der Feind verstummte für eine Sekunde und Dutch beschloss, in das Geschehen einzugreifen. Er nutzte ihr Zögern, um das Feuer zu eröffnen, beließ es aber nicht bei einem Schuss. Stattdessen ließ er eine Salve los, um die Bestien zu zerfleischen, als sie sich gemeinsam auf ihr kleines Lager stürzten.
Smythe hatte seine Geräuschunterdrückung bereits auf die kommenden Explosionen vorbereitet. Er registrierte die dumpfen Schläge, als sie explodierten. Der Boden bebte und die Lichter blitzten im gesamten Dschungel um sie herum auf. Das grelle Licht verriet, dass die Kreaturen blass-weiß waren, fast wie Albinos. Natürlich verblasste das Licht schnell, bis nur noch ein letztes Aufblitzen von leuchtendem Blau-Rot zu sehen war, als das Schrapnell sich durch eine Reihe von Mutanten fraß. Sie kreischten und fielen zurück, um der Explosion zu entgehen. Die scheinbare Verschnaufpause war nur von kurzer Dauer, denn sie stürmten fast sofort wieder los und lösten weitere Explosionen aus.
Jacobs gestikulierte auf die große Lücke in den Reihen der Monster und Andy wusste schon, was er meinte. Sie würden die Lücke nutzen, um sicherzustellen, dass sie in Bewegung blieben. An einem Ort zu bleiben, egal wie gut er gegen Bodenangriffe verteidigt war, zog in der Regel Angriffe von oben nach sich. Trotz des freien Geländes, das sie sich ausgesucht hatten, waren sie nahe genug an den Bäumen, um in Gefahr zu sein und es gab keinen Grund, die Kreaturen noch mehr einzuladen, als sie es ohnehin schon getan hatten. Jacobs hob seine Waffe, um sie gegen die Kreaturen zu schützen, die jetzt von oben angriffen, als sie merkten, dass der Angriff vom Boden aus gefährlich war.
Ein paar Treffer bestätigten, dass er gut zielen konnte, während sie den stetigen Feuerstrom aufrechterhielten. Hollands massiver Panzeranzug hatte etwas, das man nur als Maschinengewehr bezeichnen konnte – fast eine Minigun, wie Smythe feststellte, auch wenn es drei Läufe hatte, sodass die Gefahr einer Überhitzung geringer war. Das riesige Magazin, das die Waffe mit sich führte, konnte außerdem fast alles überdauern, was der Rest des Teams trug. Er übernahm die Verantwortung für das Unterdrückungsfeuer und die anderen sprangen ein, wenn er nachladen musste. In der Zwischenzeit schossen sie sehr selektiv, um Munition zu sparen.
Sal gab ihnen ein klares Zeichen, dass sie die Richtung ihres kontrollierten Rückzugs ändern sollten. Er hatte offensichtlich etwas gesehen, das sich von hinten näherte. Murphy war der Erste, der reagierte. Er drehte sich um und was er sah, jagte ihm eindeutig Angst ein. Das zeigte sich auch daran, dass sein Puls für eine Sekunde in die Höhe schoss, als er etwas aus seinem Rucksack herausziehen wollte.
Eine Splittergranate, erkannte Andy. Der Mann war berühmt dafür, dass er sagte, dass er so etwas Zerstörerisches nirgendwo auf der Welt brauchen würde. Die berühmte starke Ladung und die vielen Splitter verwandelten alles im Umkreis von zehn Metern in Brei. Dutch konzentrierte sich weiterhin auf die Horde, die vor ihm angriff, aber Smythe und Campbell drehten sich um, um zu sehen, was hinter ihnen war.
Andy erinnerte sich sofort daran, dass er in der Simulation mit etwas Ähnlichem konfrontiert wurde, obwohl die Nachforschungen ergeben hatten, dass nur eines dieser riesigen, gorillaähnlichen Monster im Zoo gesehen worden war. Dieses Exemplar war genauso groß, aber es schien sich schneller und mit viel mehr Kraft zu bewegen. Der Beweis für seine verbesserten Fähigkeiten zeigte sich, als es in seinem rasenden Angriff auf die Gruppe von fünf Menschen einen Baum umwarf.
Dieser Mutant hatte zwei sehr markante Unterschiede. Der erste und auffälligste war das massive Horn, das aus seiner Stirn ragte und mit dem er mühelos die Bäume in seinem Weg fällen konnte. Das Anhängsel hatte die dreieckige Form und die Krümmung des Horns eines Nashorns.
Der zweite Unterschied war jedoch der beunruhigendste. Es gab drei von ihnen.
Eine Splittergranate schien dann doch keine so schlechte Idee zu sein.
»In Deckung!«, brüllte Murphy, zog den Stift einer seiner Granaten heraus und stellte sie auf eine verzögerte Explosion ein. Sal, Smythe, Murphy und Campbell befolgten diesen Rat ohne Widerrede und rannten von der Stelle weg, an die der Sprengstoff geworfen worden war, um sich zwischen den Bäumen in Sicherheit zu bringen.
Dutch hatte entweder keine Zeit zu reagieren oder er vertraute auf seinen Anzug. Er setzte einfach seinen Angriff auf die Monster fort, die noch immer ihre Verteidigung umschwärmten. Mehr als eine Handvoll lag schlaff über dem Zaun, den sie errichtet hatten und regelmäßige dumpfe Geräusche zeigten an, dass die verbliebenen Minen explodierten. Trotz des Gemetzels schienen die Zurückgebliebenen mehr als zufrieden damit zu sein, einfach über ihre toten Kameraden zu klettern.
Smythe schloss die Augen und versuchte, sie vor der folgenden Explosion abzuschirmen, aber selbst die Licht- und Geräuschreduzierungssoftware seines HUD hatte Schwierigkeiten, das zu verarbeiten, was jetzt kam. Er konnte nur noch erkennen, dass er von dem Baum weggeschleudert wurde, den er als Deckung benutzt hatte und dass seine Ohren so laut klingelten, dass er nichts anderes mehr hören konnte.
»Fuck!«, schrie er, um sein Gehör zu testen, aber obwohl er die Vibrationen seiner Stimme in seiner Kehle spürte, konnte er immer noch nichts hören.
Besorgniserregender – oder vielleicht eher eine Erleichterung – waren jedoch die Holzstücke, die aus seiner Rüstung ragten. Er konnte sich zwar noch bewegen und die Vitalwerte des restlichen Anzugs zeigten ihm, dass alles mehr oder weniger in Ordnung war, aber es war trotzdem ein erschreckender Anblick.
Sal war schon auf den Beinen und schrie ihnen etwas zu. Campbell auch und er rannte zu der Stelle, an der Dutch auf die Knie gefallen war. Am Rücken seiner Rüstung fehlten Teile und obwohl er noch lebendig aussah, deutete der leichte Ausfluss von etwas Schwarzem und Dickflüssigem aus den Löchern darauf hin, dass er verletzt war.
»Mir geht es gut«, protestierte er und das war das erste, was Smythe über das Klingeln in seinen Ohren hörte. »Lass mich los, verdammt. Mir geht’s gut, du Arschgesicht. Was zum Teufel war das?«
»Eine von Murphys Splittergranaten«, erklärte der Schotte und half Dutch auf die Beine, während Murphy eine eilige Diagnose stellte.
Smythe wurde von Jacobs ausgewählt, ihm zu folgen und der Spezialist zerrte ihn quasi von dem Ort weg, an dem die anderen Dutch untersuchten. Die Unterbrechung brachte ihn auf den Grund zurück, warum überhaupt eine Splittergranate eingesetzt worden war. Er brauchte einen Moment, um zu erkennen, wo die riesigen Monster waren, aber als er sie sah, war es unmöglich, nicht überrascht zu sein.
Sie waren viel näher an der Explosion dran als alle anderen aus dem fünfköpfigen Team, hatten keine Deckung gesucht und trugen offensichtlich keine Rüstung. Trotzdem sahen sie größtenteils unversehrt aus – bis auf einige Körperteile, die auf dem Boden lagen.
Und sie waren immer noch in Bewegung.
»Was braucht man, um einen von diesen Wichsern zu töten?«, fragte er, während er Jacobs folgte.
»Woher soll ich das wissen?«, antwortete der Mann achselzuckend. »Aber starke Explosionen scheinen das Mittel der Wahl zu sein.«
»Das ist die Antwort auf die meisten Dinge, wenn wir ehrlich sind«, stimmte Smythe zu. Die Monster waren noch am Leben, aber sie schienen unter Schock zu stehen und das wollte Smythe unbedingt ausnutzen. Er richtete das Sturmgewehr in seinen Händen direkt auf die Schläfe der nächstgelegenen Bestie.
»Schieß nicht in die Nähe der Wirbelsäule«, sagte Jacobs und erklärte hastig, als er eine Augenbraue hochzog. »Dort befinden sich die Schleimbeutel. Die sind nicht nur verdammt teuer, sondern wenn du sie zum Platzen bringst, reagiert der Rest des Zoos genauso heftig wie auf das Rupfen einer Pita-Pflanze.«
»Ah«, antwortete Andy stoisch. »Dann lieber nicht. Es sieht so aus, als hätten sie uns sowieso eine kleine Gnadenfrist gegeben.«
Er richtete sein Ziel aus, um sicherzugehen, dass seine Kugel nicht die Wirbelsäule durchschlug und trat einen Schritt zurück, als das Monster ein paar Mal zusammenzuckte, sobald die drei Schüsse seinen Kopf durchschlugen. Jacobs hatte bereits den zweiten Mutanten erreicht und setzte die gleiche Art von tödlichem Schuss ein. Smythe ging zu dem dritten und kniff die Augen zusammen, als der andere Mann auf den Hinterkopf der Kreatur kletterte und ein Messer aus seinem Rucksack zog. Nein, kein Messer – ein Skalpell, wie es aussah. Er machte einen Schnitt an der Stelle, von der er ihm gesagt hatte, er solle nicht auf sie schießen. Seine Bewegungen waren schnell, aber präzise und er zog etwas Dickes und Schweres, etwa faustgroß, aus der Höhle.
»Das ist das Geheimnis, warum diese Monster so groß werden, ohne unter ihrem eigenen Gewicht zusammenzubrechen«, sagte Jacobs und zeigte die tropfende Beute. Smythe musste sich zwingen, nicht zu würgen, als er dem Mann dabei zusah, wie er das Stück bearbeitete, bevor er es markierte und für später einpackte. Er hatte natürlich gewusst, dass einige Tiere diese teuren Schleimsäcke an der Wirbelsäule hatten, auch wenn er nicht wusste, dass sie der Grund dafür waren, dass die Mutanten so groß wurden.
Er hatte einfach gedacht sie wären … na ja, einfach große Monster. Es blieb nicht viel Zeit, um über all das nachzudenken. Er würde den Jungen später bitten müssen, es zu erklären.
Leider hatten sie nur Zeit, den einen Beutel zu sichern. Jacobs kletterte nach unten, während Murphy und Campbell Dutch halfen, seinen Anzug wieder zum Laufen zu bringen. Der Feind hatte sich nach der gewaltigen Explosion abgesetzt, aber er würde zurückkommen.
»Hast du bemerkt, dass dort drüben keine Leichen der kleineren Wesen liegen?«, fragte der Wissenschaftler und zeigte auf die Stelle, an der ihr Lager gestanden hatte. Natürlich waren die Löcher, die die explodierten Claymore-Minen im Boden hinterlassen hatten, noch gut zu erkennen, aber von den Leichen der Kreaturen, die sie getötet hatten, war nichts zu sehen.
»Nun … das ist unheimlich«, sagte er.
»Ja, nicht wahr?« Jacobs gluckste. »Aber das ist der Zoo. Er sammelt alle organischen Stoffe ein, die bei einem Kampf anfallen. Ich nehme an, dass er das tut, um mehr Monster zu erschaffen, aber das ist nur der Kreative in mir. Man weiß nie, was als Nächstes kommt. Nimm den Verstand eines durchgeknallten Horrorautors, füge ein paar verrückte Außerirdische hinzu und du kommst vielleicht dem nahe, womit wir hier draußen täglich zu tun haben.«
Er wollte wirklich nicht darüber nachdenken. Jacobs schien sich hier draußen tatsächlich zu amüsieren, was ihn entweder zu einem Trottel machte, der auf Schmerzen aus war oder aber zu dem Horrorautor, der hinter dem ganzen Schwachsinn steckte.
»Wir müssen die Basis anfunken«, wies er das Team an, während sie Dutch halfen, weiterzugehen. »Wir müssen jemanden kontaktieren und sicherstellen, dass sie zumindest wissen, wo wir sind.«
Sal schüttelte den Kopf. »Da kommst du nicht durch.«
Ehrlich gesagt hatte er es satt, sich anzuhören, was dieser Junge zu sagen hatte. Er war müde und brauchte einen guten Drink. Trotzdem versuchte er, ihre Kommandostruktur in der französischen Basis zu erreichen. Sie setzten ihren Marsch fort und er versuchte erneut, sie zu kontaktieren. Obwohl es ihm wiederholt nicht gelang, etwas anderes als ein verstümmeltes, weißes Rauschen zu erzeugen, zeigte der Wissenschaftler keine Anzeichen von Schadenfreude. Es schien, als wäre er damit zufrieden, einfach recht zu haben, ohne sich daran aufgeilen zu müssen.
Oh, nein, Moment. Da war dieses wissende Grinsen.