Ich glaube, es ist an der Zeit, ein paar Worte über Moondoggie alias Jeff Griffin zu verlieren.
Da ich nicht über die verfeinerten Schreibtechniken professioneller Schriftsteller verfüge, mache ich wahrscheinlich einen Riesenfehler, wenn ich hiermit vermelde, dass Jeff eine der Hauptfiguren in dem Drama werden würde, das dabei war, sich zu entfalten.
Dass er verdammt gut gebaut war, hatte ich bereits erwähnt, nicht wahr? Und er wusste es. Junge, Junge, wenn ihr jemals einen selbstverliebten Macker kennenlernen wollt, mache ich euch gerne mit Geoffrey H. Griffin bekannt. Er hielt sich selbst für den heißesten Typen diesseits Baja Californias. Er fuhr eine cremefarbene Corvette mit roten Ledersitzen – eine dieser Raketen, die sich in einer Sekunde von Null auf Hundert katapultieren. Das Gute daran war, dass er sie sich mit harter Arbeit verdient hatte. Sein Alter kam aus einer dieser Pionierfamilien, die den Spaniern große Teile ihres Landes entlang der Costa Mare gestohlen hatten, und wo immer sie ihre kleinen dicken Finger in den Wüstensand gesteckt hatten, waren geniale Springquellen aus der Erde geschossen. Aber Jeff wollte nichts davon haben, noch nicht einmal die kleinste Miniquelle. Er und sein Alter standen sogar auf richtig schlechtem Fuß, … wie ich herausfand vor allem deswegen, weil Jeff es ziemlich daneben fand, wie der alte Charles Griffin Jeffs Mutter behandelte. Es ist eine ganz schön verkorkste Geschichte – und mein Schwager Larry hätte sich eine goldene Nase verdienen können, hätte sich Jeff bei ihm auf die Couch gelegt – aber egal, das hat jetzt nicht wirklich was mit meiner Geschichte zu tun.
Um zu seiner Corvette zurückzukommen: Er hatte sie sich zusammenverdient, könnte man sagen, mit Jobs als Milchmann, Postbote, auf Märkten – aber das meiste Geld hatte er letzten Sommer bei einem Straßenbauprojekt oben in Alaska verdient. Als er zurück war, hatte er sich am SaMo City College eingeschrieben, mehr gab sein unterirdischer High School-Notenschnitt nicht her. Sein Alter hätte ihn mit Vergnügen auf irgendein privates College geschickt, aber Jeff zeigte ihm den Stinkefinger, was eine sehr schmutzige Art ist, jemandem zu sagen, dass er einem den Buckel runterrutschen kann.
Bei den Surf-Vagabunden in Malibu und an weiter südlichen Stränden fühlte er sich mehr als aufgehoben. Er war froh, dass sie ihn aufnahmen und nicht ablehnten, weil er Teil der Griffin Oil Corporation war. Anscheinend war die Gang anfangs misstrauisch gewesen, ob er vielleicht nur ein reiches Muttersöhnchen war, das sich für einige Zeit als Streuner verkleiden wollte, aber er schaffte es sie zu überzeugen, dass er sich ebenso gut die Hände dreckig machen konnte wie mit ihnen abhängen. Außerdem war er einer der Hauptunterstützer des großen Strippenziehers geworden.
Das bringt mich zu dem Punkt, was einen Surf-Vagabunden eigentlich zu einem Surf-Vagabunden macht. Denn niemand, der ein bisschen was im Kopf hat, wird kapieren, wie starke, gesunde Männer ganz nach dem Motto »Morgenstund hat Blei im Hintern« zehn bis vierzehn Stunden am Tag im heißen Sand oder auf nassen Brettern verbringen können.
Um dem Bund beizutreten, muss man auf einen Haufen Abalonen jeder ehrlichen Arbeit abschwören – zumindest bis die Saison zu Ende ist.
Es hat etwas mit dem heißen Sand und der dauerhaften Vitamin D-Einwirkung zu tun, dass einem die Sinne wie in Watte gepackt sind. Als Larue mich eines Tages fragte, was zum Teufel ich dort draußen Tag für Tag machte (außer die Jungs mit Nahrung zu versorgen und immer auf der Suche nach einem freien Board zu sein), hatte ich tatsächlich keine Ahnung, was ich ihr sagen sollte.
Natürlich wird dieser dauernarkotisierte Zustand ab und an unterbrochen – insbesondere dann, wenn der neueste Playboy oder anderes Pornozeug erscheint. Dann setzt sich irgendwer auf und zeigt auf irgendein Schmuddelbild: »Schaut euch diese Titten an!«
Und die ganze Gang erwachte zum Leben.
»Ahhhh – die Ekberg!«
»Was für Tüten!«
»Phantastico!«
»Alter Falter, sind die echt?«
»Machst du Scherze? Mit denen kann man morden.«
Schweppes, nicht nur ein Bartträger, sondern auch ein Lyrikfreund, presste das Magazin an seine haarige Brust.
Verdecke diese Brüste nicht,
Sind schöner noch als dein Gesicht.
Malibu Mac, immer zu haben, wenn es um Sex ging, war als nächster dran.
»In die Hütte mit ihr, da können wir ihr zeigen, was es heißt, Spaß zu haben.«
»Ich würde dieser Mansfield jederzeit ein Kind machen«, rief Hot Shot Harrison.
»Und was ist mit dieser Lola?«
»Lola? Pillepalle!«, sagte Pepe. »Gebt mir die Loren. Oh Mann! Diese Klopper.«
Manche der Gespräche waren ganz schön unter der Gürtellinie. Ich tat so, als hörte ich nicht zu, aber mir wurde immer heißer. Wenn’s um Brüste geht, ist mir nicht zum Spaßen zumute. Ich bin, weil ich wirklich nicht viel anzubieten habe, einfach zu unsicher, und in meiner Verzweiflung hatte ich zu einer Tinktur gegriffen, die angeblich nach drei Wochen zu wirken anfangen sollte. Ich rieb mich damit ein, rieb und rieb, doch selbst nach sechs Wochen war nichts passiert.
Aber gut, wie ich schon sagte, ich tat so, als hörte ich nichts, saugte aber jedes Wort, jede einzelne Silbe dieser Gespräche auf. Es war der große Kahoona, der warnend dazwischenging.
»Hey, Leute«, Cass warf einen Blick in meine Richtung, »Schluss mit dem Quatsch.«
»Mach mal halblang«, sagte Scooterboy Miller, »dem Gidge macht das nichts aus, oder, Gidget?«
»Was denn?« Ich setzte mich auf, … machte einen auf nichts mitbekommen.
»Warum sollte es ihr denn was ausmachen?«, fragte Hot Shot Harrison.
»Sie ist ein gutes Mädchen.«
»Weiß nicht«, überlegte Golden Boy Charlie, »vielleicht sind wir auf dem Holzweg – vielleicht ist sie ein nettes Mädchen.«
Sie schauten mich alle erwartungsvoll an und ich fiel wie ein Idiot darauf rein.
»Was ist der Unterschied?«, fragte ich.
»Ich erklär’s dir«, sagte Schweppes. »Ein gutes Mädchen geht aus, geht nach Haus, geht ins Bett.«
»Ein nettes Mädchen«, fuhr seine Lordschaft fort, »geht aus, geht ins Bett, geht nach Haus.«
»Und, zu welcher Kategorie gehörst du, Gidget?«, fragte Malibu Mac anzüglich.
Jeff, der die ganze Zeit geschwiegen hatte, sprang mir zur Seite. Er stand plötzlich auf, kam zu mir und nahm meinen Arm. »Komm, Gidget, ich nehm dich auf meinem Board mit.«
Das überraschte mich sehr. Er war der Einzige, der mich bisher nie mitgenommen hatte – außer die beiden Male, als er mich aus dem Wasser fischte. Aber ich war froh, dass er mich fragte, so musste ich nicht auf die halbseidenen Fragen eingehen. Zu dem Zeitpunkt war mir noch gar nicht aufgegangen, dass sie anzüglich waren – erst danach merkte ich es.
Wir surften zusammen, was in etwa die genialste Sache überhaupt ist. Du musst nichts weiter tun, als auf dem Bauch zu liegen und raus zu paddeln. Du bist einfach nur ein Passagier auf dem Board. So heißt das. Den Typen hinter dir nennt man »Steuermann«. Deine Aufgabe ist es, die ganze Zeit im mehr oder weniger gleichen Rhythmus wie der Steuermann zu paddeln. Wie beim Rudern. Dann, wenn man über die Brandungszone hinaus ist und das Board unter Kontrolle hat, stellt sich der Steuermann hin und sagt dir, dass du dich auch hinstellen sollst. Natürlich nur, wenn Wellen da sind. Dann muss sich der Passagier leicht vorbeugen und einen Fuß vor den anderen stellen, um das Gleichgewicht zu halten. Oder der Steuermann lässt dich hinten stehen. Das macht am meisten Spaß und genau das tat Jeff mit mir an diesem Nachmittag.
Ich stand hinten, und Junge, Junge, war das ein Spaß. Auch ihm muss es gefallen haben, denn er sagte: »Lass uns nochmal raus, Gidget.« Also paddelten wir wieder raus und warteten auf eine weitere gute Welle und als sie kam, schaffte er es wieder, auf dem Board stehenzubleiben, und ich hatte meine Hände um seinen Kopf gelegt und fühlte mich großartig.
Die Hitze war brutal. Meine Haut platzte auf, aber wir gingen wieder und wieder ins Meer, weil man einfach nicht rumhängen und quatschen und sonnenbaden kann, wenn solche grandiosen Wellen reinrollen wie an diesem Nachmittag.
Ich vergaß, wie spät es war, wo ich überhaupt war, und dass ich versprochen hatte, um fünf zu Hause zu sein, und dann war es schon sieben und meine Alten hatten sich fast in die Hosen gemacht und darüber hinaus bekam ich fast 40 Grad Fieber.
Sie riefen Phil Rossman an und er spritzte mir irgendwas, und ich war weg.
Und in dieser Nacht hatte ich einen total verrückten Traum.