Haben wir noch eine Zukunft auf dieser Erde?

// HELGA KROMP-KOLB

Wenn überhaupt, dann haben wir nur eine Zukunft auf dieser Erde, denn es gibt keinen anderen Ort in diesem Universum, von dem wir wissen, dass er dem Leben, wie es sich auf Erden entwickelt hat, zuträglich wäre. Es geht also um die Frage, ob die Zerstörung der natürlichen Ressourcen unseres Planeten Erde, insbesondere die Veränderung des Klimas, so weit fortgeschritten ist, dass menschliches Leben unmöglich wird.

Wie steht es also um das Klima dieser Erde? Die globale Erwärmung ist real, sie ist mit Messungen weltweit belegbar, beträgt seit vorindustrieller Zeit etwas mehr als 1 °C und beschleunigt sich. Ändern sich die mittleren Temperaturen, so ändern sich auch die Extrema, die Feuchteverhältnisse, die Niederschlagsund Schneeverhältnisse, die Windsrömungen – kurz, alles was das Wetter bzw. das Klima ausmacht. Immer mehr Aspekte des Klimawandels werden sichtbar – erwartete, wie etwa intensivere Niederschläge, und eher überraschende, wie etwa lang anhaltende oder mit kurzen Unterbrechungen wiederholt auftretende Wetterlagen. Auch die Auswirkungen nehmen zu – hierzulande werden derzeit jährlich etwa eine Milliarde Euro an direkt dem Klimawandel zuordenbaren und messbaren Schäden festgestellt.

Entscheidend ist, dass sich der Temperaturanstieg und damit der Klimawandel nach unserem Ursachen- und Prozessverständnis nicht assymptotisch einem Maximalwert nähert, d. h. sich nicht auf einem bestimmten Niveau einpendeln wird, solange die Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre steigen. Der Klimawandel schreitet weiter fort, ja er „verselbständigt“ sich möglicherweise: Aufgrund von positiven Rückkoppelungsmechanismen kann er sich weiter verstärken, unabhängig vom Weiterwirken der ursprünglichen Auslösemechanismen. Die Verdunstung aus den Ozeanen ist z. B. temperaturabhängig – je wärmer, desto mehr Wasserdampf verdunstet in die Atmosphäre. Da Wasserdampf aber ein Treibhausgas ist, bedeutet erhöhte Verdunstung steigende Temperatur, usw. Ein Teufelskreis. In der wissenschaftlichen Literatur ist von Kipp-Punkten des Systems die Rede – Punkte jenseits derer das Klima auch bei gleichbleibender Treibhausgaskonzentration nicht mehr auf einer bestimmten Temperatur stabilisierbar ist. Die Existenz von Kipp-Punkten ist wissenschaftlich nicht gesichert, aber wenn es sie gibt, dann bedeutet ihr Überschreiten, dass künftige Generationen ohne wirksame Eingriffsmöglichkeit ständig steigenden Temperaturen und deren Folgen ausgeliefert sind. Unter diesen Bedingungen hätte die Menschheit keine attraktive Zukunft auf dieser Erde.

Das Pariser Klimaabkommen, das 2016 für die über 150 Staaten (darunter auch Österreich) völkerrechtlich verbindlich wurde, stellt den Versuch dar, Derartiges zu verhindern, indem die Staatengemeinschaft sich verpflichtet, die Temperatur nicht über 2 °C gegenüber vorindustriellem Niveau ansteigen zu lassen. Da die Folgen von +2 °C insbesondere in Hinblick auf den Anstieg des Meeresspiegels bereits gravierend sind, sieht das Abkommen Anstrengungen vor, den Anstieg auf 1,5 °C zu begrenzen. Dies würde auch das Risiko des Überschreitens von Kipp-Punkten reduzieren.

Dem Abkommen werden aber verschiedene Schwächen angelastet, z. B. dass keine Sanktionen vorgesehen sind. Es gibt jedoch einige wichtige Beispiele für internationale Abkommen ähnlicher Struktur, die sehr erfolgreich waren, wie etwa das Abkommen zum Schutz der Ozonschicht oder der Vertrag über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen. Das Pariser Klimaabkommen könnte mit einem Eheversprechen verglichen werden, das nur dann zu einer guten Ehe führt, wenn alle Beteiligten sich kontinuierlich darum bemühen.

Gibt es Anlass für Hoffnung? Die Unterzeichnung der nachhaltigen Entwicklungsziele der UNO 2015 sowie die Enzyklika Laudato Si von Papst Franziskus waren 2015 wichtige Signale. Der Ausbau von klimafreundlichen, erneuerbaren Energien schreitet schneller voran als der Ausbau fossiler Kraftwerke; immer mehr Städte und Länder verpflichten sich zu einem Null-Emission-Ziel innerhalb der nächsten zehn bis zwanzig Jahre und kündigen Verbote für fossil betriebene PKWs an; die Finanzwirtschaft zieht ihre Anlagen Schritt für Schritt aus der fossilen Industrie zurück; Versicherungen bemessen ihre Prämien danach, wie gut die Firmen auf den Klimawandel vorbereitet sind. Nicht einmal der angekündigte Ausstieg der offiziellen USA aus dem Klimaabkommen tut den Umsetzungsbestrebungen der übrigen Staaten oder den Bundesstaaten, Städten und Firmen in den USA Abbruch.

Aber der Weg ist noch weit, und die damit verbundenen Veränderungen werden tiefgreifender sein, als jetzt erwartet wird. Wenn Klimapolitik als Teil der nachhaltigen Entwicklungsziele klug und umsichtig unter Einbeziehung der Bevölkerung gehandhabt wird, kann sie aber vielleicht sogar dem derzeitigen sozialen Zerfall der Gesellschaft erfolgreich begegnen. Bei einer Lebensweise ohne Vergeudung und vom materiellem Überfluss befreit, könnten künftige Generationen sogar einem Gewinn an Lebensqualität entgegensehen und einem sehr guten Leben auf dieser Erde.