Wird die Landwirtschaft in Zukunft ohne Pestizide auskommen?

// ANGELA SESSITSCH

Pflanzenschutzmaßnahmen sind in der Landwirtschaft unerlässlich, um Ernteausfälle durch Krankheiten und Schädlinge aber auch durch Pilzbefall zu vermeiden. Allerdings ist der Einsatz von chemischen Pestiziden mit Gesundheits- und Umweltrisiken verbunden. Aus gesundheitlicher Sicht besteht die Gefahr, dass potenzielle Rückstände von chemischen Pestiziden in pflanzlichen Lebensmitteln sich langfristig negativ auf die menschliche Gesundheit auswirken können. So stehen sie teilweise sogar unter Verdacht, krebserzeugende Wirkung zu haben. Ökologisch gesehen beeinflussen biologisch schwer abbaubare Pestizide unsere Ökosysteme durch ihre potenziell toxischen Wirkungen auf die natürliche Nahrungskette.

Durch nachhaltige landwirtschaftliche Maßnahmen, wie geeignete Fruchtfolgen, die Früherkennung von Krankheiten sowie den Einsatz von biologischen Pflanzenschutzmitteln, die in den letzten Jahrzehnten bereits stark an Bedeutung gewonnen haben, kann die Notwendigkeit, chemische Pestizide anzuwenden, allerdings maßgeblich gesenkt werden.

In Europa werden (konventionelle) Landwirte bereits zum integrierten Pflanzenschutz angehalten, wobei mittels geeigneten Anbaumethoden sowie Pflanzenschutzalternativen der Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmittel reduziert werden soll. Somit werden konventionelle Pflanzenschutzmittel weiterhin zur Ertragssicherung eingesetzt, jedoch auf einen Mindesteinsatz begrenzt.

Der biologische Anbau hingegen muss gänzlich ohne chemische Pflanzenschutzmittel auskommen, wobei einige Alternativen, wie beispielsweise der Einsatz von Kupfer zur Bekämpfung von Pilzen, umstritten sind, und auch hier nach neuen Wegen gesucht wird. Nichtsdestotrotz zeigt der biologische Landbau, dass die Landwirtschaft weitgehend ohne Pestizide auskommen kann. Dies geht allerdings mit einem höheren Arbeitsaufwand und einer teureren Produktion einher.

Chemische Pflanzenschutzmittel werden heutzutage vielfach nicht mehr zugelassen, wodurch sich in den letzten Jahren ein Markt an alternativen, biologischen Pflanzenschutzmitteln entwickeln konnte. Weltweit suchen Firmen nach neuen Verfahren und Produkten, die den steigenden Bedarf nach diesen Schutzmitteln abdecken können. Dabei wird nicht nur nach alternativen Produkten als Ersatz für herkömmliche Pflanzenschutzmittel gesucht, sondern auch nach Methoden und Produkte, um Pflanzenkrankheiten zu vermeiden oder zu behandeln, für die bisher keine Lösungen am Markt vorhanden sind und die einen hohen wirtschaftlichen Schaden verursachen können. Ein Beispiel dafür sind bakteriell verursachte Pflanzenkrankheiten wie der Feuerbrand beim Obst oder die Phytoplasmosen bei Wein und Obst. Biologische Pflanzenschutzmittel haben auch großes Einsatzpotenzial im Forstbereich, wo der Einsatz chemischer Pestizide nicht zulässig ist, Pilzpathogene oder Schadinsekten aber großen Schaden anrichten können. So muss im Forstbereich nicht nur der Borkenkäfer eingedämmt werden, auch Pilzinfektionen haben dazu geführt, dass ganze Baumarten wie beispielsweise die Ulme oder die Kastanie heute vom Aussterben bedroht sind.

Biologische Alternativen zu chemischen Pflanzenschutzmitteln sind daher derzeit weltweit in Entwicklung. Sie basieren vielfach auf Mikroorganismen, die natürlich im Boden vorkommen und mit Pflanzen vergesellschaftet sind, und zielen darauf ab, eindringende Schadorganismen zu verdrängen, Substanzen zu produzieren, um deren Wachstum einzudämmen, und die Widerstandsfähigkeit von Pflanzen zu steigern. Derartige neue biologische Pflanzenschutzmittel werden auch in Österreich entwickelt. Am Campus Tulln in Niederösterreich z. B. arbeiten mehrere akademische Institutionen sowie Firmen an den Mechanismen, mit denen Mikroorganismen (Pilze und Bakterien) Schadorganismen abwehren.

Das verstärkte Angebot von biologischen Alternativen, gekoppelt mit nachhaltigen Anbaumethoden sowie den entsprechenden gesetzlichen Rahmenbedingungen, wird den Einsatz von chemischen Pestiziden wesentlich reduzieren. Auch wenn chemische Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden und deren Einsatz notwendig ist, werden die Einsatzmengen zunehmend abnehmen und somit auch für Mensch und Umwelt unbedenklicher werden. So wird auch bei Neuzulassungen oder der Verlängerung von bereits zugelassenen chemischen Pflanzenschutzmitteln immer mehr auf die Unbedenklichkeit geachtet werden. Die verschärfte Begutachtung dieser Zulassungsverfahren, gesetzliche Rahmenbedingungen und die Verfügbarkeit von biologischen Alternativen werden einen wesentlichen Beitrag zur Sicherung und Sicherheit der Lebensmittelproduktion leisten.