Werden wir nur noch von Maschinen operiert?

// ELISABETH STUBENBERGER

Maschinen und Roboter spielen bereits jetzt eine wichtige Rolle in der modernen Medizin bzw. in der Chirurgie. Wer sich in den Operationssälen unserer Allgemein- und Thoraxchirurgie umsieht, wird feststellen, dass wir von vielen technischen Geräten umgeben sind, die unsere Arbeit unterstützen bzw. vereinfachen. Aber auch andere klinische Abteilungen kommen heutzutage nicht mehr ohne moderne Computertechnologie aus. Maschinen haben längst Einzug in unseren klinischen Alltag gefunden. Gleich vorweg kann man allerdings sagen: Computer und Roboter werden den Menschen niemals komplett ersetzen. Die Maschine führt nur aus, was wir ihr auftragen.

Besonders in der Chirurgie schätzen wir aber die großen Möglichkeiten, die die technischen Errungenschaften der letzten Jahre und Jahrzehnte bieten. Beispielsweise hilft uns „Da Vinci“ bei Operationen. Da Vinci – benannt nach dem multibegabten Wissenschaftler Leonardo da Vinci – ist der Name für ein Operationssystem, das von einem Roboter unterstützt wird. Dabei handelt es sich um ein krakenartiges Robotergebilde mit vier schmalen und flexiblen Armen, das auf einer speziellen OP-Tischkonstruktion montiert, an Hightech-Computer angeschlossen und über eine Konsole gesteuert wird. Der Operateur ruft über die Konsole ein 3D-Bild des Operationsbereichs in zehnfacher Vergrößerung ab und kann damit die Arme des Roboters steuern. Da Vinci bietet quasi eine „Verlängerung“ der eigenen Arme und Hände, arbeitet millimetergenau und gleicht unwillkürliche Zitterbewegungen des Chirurgen aus. Das ist v. a. bei sehr feinen und winzigen Gewebestrukturen wie Nerven oder Gefäßen von großem Vorteil. Außerdem besitzt Da Vinci an seinen Arm-Enden gelenkige Instrumente mit einer siebengradigen Bewegungsfreiheit, die der menschlichen Hand deutlich überlegen ist.

Entwickelt wurde Da Vinci in den 1980er Jahren von der US-Armee für den Einsatz in Kriegsgebieten. Der Roboter sollte es Chirurgen ermöglichen, verwundete Soldaten am Schlachtfeld zu operieren, ohne selbst anwesend zu sein. Während die Amerikaner weiter an der militärischen Nutzung arbeiteten, wurde Da Vinci nach seiner Zulassung in Europa relativ rasch im klinischen Umfeld eingesetzt. Erst nach dem großen Erfolg hierzulande kam die Methode auch in den USA in den Kliniken zum Einsatz.

Die technischen Fähigkeiten von Da Vinci erlauben uns, mikrochirurgische Schritte optimal für den Patienten auszuführen. Die Maschine wird bei minimal-invasiven Operationen eingesetzt, also bei chirurgischen Eingriffen mit kleinen Schnitten in der Haut und anderen Weichteilen des Körpers. Die neueste Generation von Da Vinci kann sogar dank moderner Computer- und Bildgebungsfahren verschiedene Gewebetypen erkennen, nimmt Unterschiede im Gewebe rascher wahr und reagiert umgehend darauf. Die Chancen, die das System bietet, lassen sich auch belegen: Studien zeigen, dass mit dem Einsatz von moderner Computer- und Robotertechnik Krankenaufenthalte in der Klinik verkürzt werden, weil die Patienten schneller wieder fit sind.

Allerdings tut Da Vinci nur, was man ihm vorab aufgetragen hat. Die Maschine lebt davon, dass sie vom Menschen mit Informationen gefüttert wird. Auch kann Da Vinci nicht mit unerwarteten Situationen oder Komplikationen umgehen. Läuft etwas nicht nach Programm, hält die Maschine inne und reagiert nicht. Daher muss auch immer ein Chirurg mit im OP sein, der im Notfall eingreifen kann. Eine OP-Schwester ist ebenfalls immer dabei. Sie tauscht beispielsweise die Instrumente an den Roboterarmen.

Für die Zukunft haben wir die Vision, dass wir diese technischen Systeme ausbauen und mehr und effizienter nutzen können. Wir denken dabei an die Integration von bildgebenden Verfahren und Laborergebnissen in die chirurgische Arbeit des Roboters. Wenn wir Da Vinci auch mit diesen Daten speisen können, bietet dies die Chance, in Echtzeit und gebündelt Informationen zum Patienten abzurufen und direkt in der OP einzusetzen. Die Daten könnten auch weltweit vernetzt in anderen OPs genutzt werden und wertvolle Inputs geben. Bestenfalls können wir die Nachfolgergeneration von Da Vinci irgendwann ortunabhängig steuern und damit chirurgische Eingriffe an Patienten global vornehmen. Hier sehen wir noch viel Entwicklungspotenzial für die moderne Medizin- und Computertechnik.

In Österreich wird Da Vinci unter anderem in Wien, Niederösterreich und Oberösterreich eingesetzt. Wichtig ist dabei die intensive Einschulung: Um so eine Methode an einem Klinikstandort zu etablieren, muss das OP-Personal nicht nur in der Handhabung, sondern vor allem auch interdisziplinär eingearbeitet werden. Besonders der medizinische Nachwuchs tut sich mit den modernen Robotern leicht. Der Generation der Computerspieler sind mit derartiger Technik vertraut und nutzen diese mit hohem Geschick. Und eines ist klar: Den Chirurgen wird Da Vinci niemals ersetzen können. Das menschliche Handwerk sowie die menschliche Fähigkeit, (Akut-)Situationen blitzschnell zu reflektieren und entsprechend zu reagieren, wird ein Roboter noch lange nicht beherrschen.