10. KAPITEL

Als sie erwachte, war er fort.

Evanna setzte sich langsam auf, noch immer erfüllt von einer unglaublichen Liebesnacht.

Logan war so zärtlich und einfühlsam, so leidenschaftlich und fordernd gewesen. Sie hatten etwas sehr Kostbares, Einmaliges miteinander geteilt. Und nun war er fort.

War es ihm nur um Sex gegangen? Hatte ihm die heiße Liebesnacht überhaupt etwas bedeutet? Oder war sie für ihn nur der nächste Schritt in ein normales Leben nach Catherines Tod? Er hatte ja selbst gesagt, er sei nicht an einer Beziehung interessiert.

Evanna atmete tief durch.

Die Tatsache, dass er gegangen war, bevor sie aufwachte, sprach für sich. Offensichtlich fragte er sich, wie sie nach der Nacht voller Leidenschaft miteinander umgehen sollten.

Evanna kämpfte mit den Tränen. Es war ihr nicht möglich, einfach zur Tagesordnung überzugehen. Alles hatte sich verändert. Sie liebte Logan, seit sie denken konnte, hatte das Leben mit ihm geteilt, und nun hatten sie eine Nacht miteinander verbracht, die so überwältigend gewesen war, dass sie noch immer in ihr nachhallte. Niemand konnte von ihr verlangen, einfach den Schalter umzulegen und so zu tun, als wäre nichts geschehen.

In der Küche setzte sie Kaffeewasser auf und blickte nachdenklich aufs Meer hinaus, bis sie die Lösung hatte: Sie würde Logan mitteilen, dass sie nichts von ihm erwartete. Sie hatte ihm gegeben, was er brauchte, und das war gut so. Für sie war das natürlich alles andere als gut, denn sie hatte nur eine Möglichkeit: Sie musste Glenmore und Logan den Rücken kehren. Wie sollte sie weiter in seiner Nähe leben und arbeiten, wenn es ihr das Herz brach, dass er ihre Liebe nicht erwiderte?

In der Klinik hatte man ihr angeboten, jederzeit dort anzufangen. Dieses Angebot wollte sie nun annehmen. Leider bedeutete das auch, dass sie ihr geliebtes Cottage am Meer verkaufen musste. Doch auch das würde sie überleben.

Ich liebe dich, Evanna.

Logan lag in der Hängematte und wiederholte diesen Satz immer wieder. Er war noch ganz benommen. Nichts in seinem bisherigen Leben hatte ihn auf die überwältigend starken Gefühle vorbereitet, die er während der Liebesnacht mit Evanna empfunden hatte.

Dabei hatte er sich fest vorgenommen, sie nicht anzurühren. Als er sie jedoch in diesem winzigen Bikini aus dem Wasser steigen sah, hatte er an nichts anderes mehr denken können als daran, sie in den Armen zu halten. Ihr Anblick hatte ihn so erregt, dass er nicht zu tanzen gewagt hatte. Jede Frau hätte seine heftige Erregung gespürt. Doch für ihn gab es nur Evanna. Eine andere Frau existierte nicht für ihn.

Bei der Erinnerung an ihren Anblick wurde ihm ganz heiß: Ihr vom Schwimmen nasses Haar fiel ihr wie flüssiges Gold über die nackten Schultern. Ihre Augen waren dunkel, die Wimpern dicht und lang. Und dann ihr Mund …

Logan stöhnte und machte die Augen zu.

Ihr Mund war zum Träumen. Sanft geschwungene, sinnliche Lippen. Dann hatte er diesen Mund geküsst – hart, leidenschaftlich, fordernd, verlangend, später auch sanft und zärtlich.

Über ein Jahr lang hatte Logan wie ein Mönch gelebt, doch was ihn mit Evanna verband, war so unendlich viel mehr als Sex. Nicht nur ihre Körper waren eins geworden, sondern ihr ganzes Sein. Im Moment tiefster Intimität hatte Logan erkannt, wie sehr er Evanna liebte. Er brauchte sie so sehr – ihre Wärme, ihre Güte, ihr tief empfundenes Mitgefühl.

Ihre zärtlichen Hände, ihren sinnlichen Mund, ihren warmen, verführerischen Körper.

Bisher hatte er immer gedacht, sie wären einander in tiefer Freundschaft verbunden, doch es war unendlich viel mehr.

Leise lächelte er vor sich hin. Er hätte den Babysitter anrufen und bitten sollen, bis zum Morgen bei Kirsty zu bleiben, dann hätte er bei Evanna sein können, wenn sie aufwachte. Er hätte ihr gleich gestehen können, wie sehr er sie liebte. Und in ihrem Blick lesen können, dass sie seine Liebe erwiderte. Denn das tat sie, sonst hätte sie sich ihm nicht so bereitwillig und leidenschaftlich hingegeben.

Evanna war nicht der Typ für kurze Abenteuer.

Jetzt musste er ihr nur noch Gelegenheit geben, ihm ihre Gefühle für ihn zu gestehen.

„Logan?“

Ihre leise, leicht rauchige Stimme erregte ihn. „Evanna!“ Er schwang die Beine aus der Hängematte und richtete sich auf. Sofort bemerkte er, wie nervös Evanna war. Sie hatte die Hände verschränkt, ihre Wangen waren gerötet. Schüchtern sah sie ihn an und lächelte zaghaft.

„Du warst fort, als ich aufgewacht bin, und ich dachte, wir sollten reden.“

Sie war wirklich sehr nervös. „Evanna …“

„Moment. Ich möchte dir etwas sagen, bitte unterbrich mich nicht, sonst komme ich aus dem Konzept. Du brauchst nichts zu sagen. Die vergangene Nacht war etwas ganz Besonderes für mich.“

Am liebsten hätte er sie mit einem zärtlichen Kuss zum Schweigen gebracht. Sie war so wunderbar, so unglaublich, und er liebte sie so sehr.

„Für mich auch.“ Er streckte die Hand nach ihr aus, doch Evanna wich zurück und schüttelte den Kopf. „Wenn du mich jetzt berührst, werde ich nie herausbringen, was ich dir zu sagen habe.“

Langsam wurde Logan unruhig. „Was musst du mir denn sagen, Evanna?“ Warum durfte er sie nicht berühren, wo er doch die ganze Nacht nichts anderes getan hatte?

„Die vergangene Nacht bedeutet einen großen Schritt für dich. Du musstest ihn machen, und ich freue mich, dass ich dabei sein durfte. Es ist so wichtig für dich, ich verstehe das. Du hast große Fortschritte auf dem Weg in die Normalität gemacht.“

Logan runzelte die Stirn. Wovon redete sie denn da? Von einer überwältigenden Nacht voller Leidenschaft oder von einer Therapiestunde? „Evanna, …“

„Wir sind schon sehr lange befreundet, Logan.“

Freundschaft reichte ihm aber nicht mehr. „Ich bin froh, dass du da bist, Evanna, ich möchte dir nämlich auch etwas sagen.“

„Das ist nicht nötig, Logan“, antwortete sie und wandte den Blick ab. „Wir wissen beide, woran wir sind. Eine heiße Liebesnacht kann unsere Freundschaft nicht zerstören. Alles bleibt, wie es ist. Wir vergessen diese Nacht einfach.“

„Wie bitte?“ Fassungslos sah er sie an. Ihm wurde elend. Er wollte, dass sich alles änderte. Er wollte mit Evanna zusammen sein. Jeden Tag und jede Nacht. Und ganz sicher wollte er die Nacht voller Leidenschaft nicht vergessen! „Das ist nicht dein Ernst.“

„Doch, es war ein Zwischenspiel. Ab jetzt wirst du hoffentlich wieder ausgehen, dich amüsieren. Und dann findest du auch wieder eine Frau, mit der du dein Leben teilen kannst.“

Er bedeutete ihr also nichts. Sie hatte nur aus therapeutischen Gründen mit ihm geschlafen, aus Mitleid. Sie hatte sich für sein künftiges Glück geopfert. Aber sie liebte ihn nicht. „Dann war’s das also?“

„Natürlich. Wir vergessen die Sache einfach, und du triffst dich mit anderen Frauen. Das Leben ist so kurz, Logan, du solltest das Glück mit beiden Händen ergreifen, wenn es bei dir anklopft.“

Genau das hatte er getan – vergangene Nacht.

Jetzt verschwamm alles vor seinen Augen. „Evanna …“

„Ich muss gehen. Ich wollte nur nicht, dass dir unangenehm ist, was passiert ist. Alles ist gut. Tschüs, Logan.“

Bevor er sie an sich ziehen und ihr den Verstand wegküssen konnte, war sie verschwunden.

Und nun?

Montagabend kam Kyla nach einer anstrengenden Sprechstunde in Evannas Küche gestürmt. „Stimmt das?“, fragte sie wütend.

„Was?“ Müde sah Evanna auf.

„Dass du dein Haus verkaufen willst.“

„Wie hast du das denn so schnell herausgefunden? Ich habe heute Morgen erst mit Ed Masters gesprochen.“

„Da er der einzige Makler auf Glenmore ist und heute bei mir zur Blutabnahme war, musst du dich darüber wohl nicht wundern. Wieso hast du das nicht zuerst mit mir besprochen?“, fragte Kyla erbost. „Was ist eigentlich plötzlich in dich gefahren?“

„Ich hätte es dir schon noch gesagt.“ Evanna hielt sich den schmerzenden Kopf.

„Wann? Nach deinem Auszug?“

Evanna war den Tränen nahe. Eigentlich wollte sie doch gar nicht fortziehen, aber was blieb ihr anderes übrig?

„Ich will jetzt wissen, was los ist.“ Unnachgiebig funkelte Kyla ihre beste Freundin an.

„Ich brauche das Haus nicht mehr, weil ich eine Stelle in der Geburtshilfeabteilung der Klinik angenommen habe.“

Kyla glaubte, sich verhört zu haben.

„Sowie Logan und Ethan meine Kündigung akzeptiert haben, kann ich anfangen.“

„Die werden dich niemals gehen lassen und ich auch nicht. Wieso willst du überhaupt plötzlich fort?“

„Weil ich es in Logans Nähe nicht mehr aushalte“, flüsterte Evanna mit tränenerstickter Stimme.

„Was genau ist passiert, Evanna?“

Sie zögerte. Es gab Dinge, die offenbarte man selbst seiner besten Freundin nicht. „Nichts, ich habe mich jetzt eben dazu entschlossen.“ Nach einer Nacht voller Leidenschaft in Logans Armen.

„Hast du es ihm schon gesagt?“

„Nein.“ Evanna zog das Kündigungsschreiben hervor, dass sie nach endlos vielen Fehlversuchen aufgesetzt hatte.

„Was ist das?“

„Meine Kündigung.“

Kyla überflog das kurze Schreiben und war den Tränen nahe. „Bitte überleg dir das noch mal, Evanna. Du machst einen großen Fehler. Was soll ich denn ohne dich hier anfangen? Du bist meine beste Freundin“, schluchzte sie und suchte nach einem Taschentuch.

„Du hast jetzt Ethan“, gab Evanna leise zu bedenken.

„Ethan hat nichts mit unserer Freundschaft zu tun.“

„Vielleicht nicht. Aber die Tatsache, dass ich Logan liebe, ändert alles.“

„Hast du ihm gesagt, was du für ihn empfindest, Evanna? Du hast doch nichts zu verlieren, wenn du sowieso gehen willst.“

„Er kennt meine Gefühle.“ Zwar hatte sie ihm nicht gesagt, dass sie ihn liebte, aber sie hatte es ihm doch gezeigt. Sie hatte ihm alles gegeben, doch er hatte es nicht gewollt. Jedenfalls hatte er kein Wort darüber verloren. Stattdessen war er gegangen, als sie noch geschlafen hatte.

„Hast du es ihm wirklich ganz deutlich gesagt?“

„Das hatten wir doch alles schon, Kyla“, antwortete Evanna geduldig. „Liebe lässt sich nicht erzwingen. Warum dramatisierst du das Ganze eigentlich so? Du kannst mich jederzeit besuchen.“

„Ich mag aber keine Großstädte“, behauptete Kyla und putzte sich die Nase. „Ständig verlaufe ich mich und fühle mich beengt. Genauso geht es dir auch. Das hast du selbst immer wieder gesagt. Aus dir wird auch keine Stadtpflanze.“

Evanna atmete tief durch. „Guter Versuch, Kyla, aber du wirst meinen Entschluss nicht ändern. Ich habe mir das alles wirklich gründlich überlegt. Es gibt keine andere Lösung.“

Kyla sah sie lange an. Tränen schimmerten in ihren Augen. „Pass nur auf, dass Ethan dich nicht verhaut. Er hasst es, wenn ich weine.“

„Ich auch.“ Evanna breitete die Arme aus, und Kyla ließ sich bereitwillig trösten.

„Wo ist eigentlich Amor? Warum kann er nicht einen Pfeil auf meinen Bruder abschießen?“

„Das wäre gut. Es wird Zeit, dass er sich verliebt.“

„Er soll sich gefälligst in dich verlieben.“ Kyla drückte Evanna an sich und löste sich dann aus ihrer Umarmung. „Das habe ich mir so gewünscht.“

„Ich mir auch, aber das Leben hat nun einmal eigene Spielregeln. Damit müssen wir uns abfinden.“

Kyla trocknete sich die Tränen und rang sich ein Lächeln ab. „Du bist immer so vernünftig. Was soll ich denn ohne dich anfangen? Wer hält mich davon ab, mich jeden Tag mit Megs Eis vollzustopfen?“

„Ich jedenfalls nicht. Das ist mir bisher noch nie gelungen.“ Evanna lächelte wehmütig. „Wir bleiben natürlich in Verbindung. Ich rufe dich an und schicke dir E-Mails.“

„Das ist nicht dasselbe.“

„Ich weiß.“ Von Minute zu Minute fiel Evanna ihr Entschluss schwerer. „Aber wir müssen nun mal unseren Weg gehen, jeder seinen eigenen.“ Damit tröstete sie sich jedenfalls.

Logan hatte am nächsten Morgen gerade die Sprechstunde beendet, als seine Schwester ins Sprechzimmer stürmte. Sie wirkte ausgesprochen angriffslustig.

Seufzend lehnte er sich in seinem Chefsessel zurück. „Wie ich sehe, willst du dich streiten. Bitte mach es kurz, Kyla, ich muss noch Hausbesuche machen.“

„Ich weiß. Ellen McBride und Gail Forster. Ich habe mit Janet gesprochen, die beiden Patientinnen haben nichts Akutes und können warten.“ Sie knallte die Tür hinter sich zu und marschierte zum Schreibtisch. „Willst du sie wirklich ziehen lassen? Sie gehört zu dieser Praxis, zu dieser Insel, und du lässt sie einfach so gehen? Bist du jetzt komplett verrückt?“

Logan blinzelte. Kyla war mal wieder schrecklich streitsüchtig. Im Gegensatz zu sonst hatte er aber dieses Mal keine Ahnung, wovon sie eigentlich sprach. „Könntest du dich vielleicht etwas deutlicher ausdrücken? Ich verstehe nur Bahnhof.“

„Ha, das habe ich mir gedacht. Du bist wirklich total verblödet.“

Pikiert zog er eine Augenbraue hoch. „Worauf gründet sich diese Einschätzung?“

„Darauf, dass du Evanna gehen lässt. Wie kannst du nur? Was hast du mit ihr gemacht? Wieso hat sie gekündigt? Sie gehört zu uns, zu Glenmore, zu der Praxis. So eine Krankenschwester wie sie bekommst du nie wieder.“

Logan musterte seine Schwester sprachlos. „Was sagst du da? Sie hat gekündigt? Wohin will sie denn?“, fragte er schließlich.

„Aufs Festland. Sie hat einen Job in der Klinik angenommen. Hast du ihre Kündigung angenommen? Ja oder nein?“

„Ich weiß nichts von einer Kündigung, Kyla.“ Logan stand auf, und Kyla musterte ihn feindselig.

„Das glaube ich dir nicht.“

„Es stimmt aber“, gab er barsch zurück. Dann atmete er tief durch und dachte nach. Es war alles seine Schuld. Er hatte Evanna in eine unmögliche Situation gebracht und ihre langjährige Freundschaft zerstört. „Das ist alles meine Schuld, Kyla“, gab er dann zu.

„Das weiß ich.“

Logan runzelte die Stirn. Hatte Evanna ihr etwa alles erzählt? Immerhin war Kyla ja ihre beste Freundin. Trotzdem konnte er sich nicht vorstellen, dass Evanna irgendjemandem von der Nacht voller Leidenschaft erzählen würde. „Gut, ich denke jedenfalls nicht daran, mein Liebesleben vor meiner Schwester auszubreiten.“

„Dein Liebesleben? Warum solltest du?“ Kyla musterte ihn ungeduldig. „Schließlich hast du ja gar kein …“ Erst jetzt wurde ihr bewusst, was Logan gerade gesagt hatte. Trotzdem fragte sie lieber noch mal nach. „Was hast du gerade gesagt?“

„Ich habe gesagt, ich werde mein Liebesleben nicht vor dir ausbreiten.“

„Wir haben über Evanna gesprochen.“

„Ja.“

Kyla war fassungslos. „Du hast mit Evanna geschlafen? Du …“

Logan sah sie abweisend an. „Ich will nicht darüber reden. Wenn Evanna das tut, dann ist das ihre Sache, aber ich …“

„Nein, sie hat nichts gesagt.“ Kyla ließ sich auf einen Stuhl sinken und blickte vor sich hin. „Jetzt wird mir alles klar. Wann hast du mit ihr geschlafen?“

„Kyla!“

„Nun sag schon! Es ist wichtig. Wann?“

Logan gab nach. „Nach dem Strandbarbecue.“

„Das war Sonnabend.“ Kyla nickte langsam. „Das erklärt natürlich alles.“

„Wirklich?“

„Natürlich. Sex ändert alles. Bisher war Evanna in der Lage, sich mit ihrer Liebe zu dir abzufinden und damit, dass du sie nicht erwiderst. Aber Sex nimmt sie sehr ernst. Kurze Affären sind nichts für sie.“

„Das weiß ich.“ Er kniff die Augen zusammen. „Hast du gerade gesagt, sie liebt mich, aber ich erwidere ihre Liebe nicht?“

„Ja. Nachdem sowohl Plan A als auch Plan B gescheitert waren, hat sie sich damit abgefunden.“ Kyla sah auf und bemerkte Logans wütenden Gesichtsausdruck. „Was ist?“

Gefährlich ruhig fragte er: „Ich würde gern mehr über Plan A und B wissen.“

Kyla wand sich. „Nein, das geht nicht.“

„Du hast genau fünf Sekunden.“ Wütend funkelte er seine Schwester an.

„Also gut, jetzt ist sowieso schon alles egal.“

Evanna saß auf den Klippen und blickte aufs Meer hinaus. Der Abschied von Glenmore fiel ihr unendlich schwer. Aber es half nichts, es gab keine andere Lösung.

„Evanna?“

Sie wandte sich um und entdeckte den Mann, den sie über alles liebte. „Hallo, Logan, was machst du denn hier?“

„Das könnte ich dich auch fragen.“

Sie stand auf und rang sich ein Lächeln ab. „Ich wollte frische Luft schnappen. Übrigens bin ich ganz froh, dich zu sehen. Ich muss dir etwas geben.“ Verzweifelt versuchte sie, sich ihre aufwühlenden Gefühle nicht anmerken zu lassen. „Hier.“ Sie zog einen zerknitterten Briefumschlag aus der Tasche und reichte ihn Logan.

Er nahm ihn, zerriss ihn und gab ihn ihr zurück.

Verwirrt betrachtete sie die Papierschnipsel in ihrer Hand. „Du hast ihn nicht einmal gelesen.“

„Ich weiß, was drinsteht. Die Antwort lautet Nein, Evanna. Du wirst nicht kündigen, du bleibst auf Glenmore, und vor allem bleibst du bei mir.“

Neue Hoffnung keimte in ihr auf. Wie Logan sie ansah! So voller Liebe und Zärtlichkeit. Ob er doch etwas für sie empfand?

„Wieso wolltest du eigentlich fort, Evanna?“ Forschend sah er sie an.

„Ach, das ist nicht so wichtig.“

„Natürlich ist es wichtig. Du willst weg, weil du mich liebst, Evanna. Aber ich verstehe das nicht. Seit wann liebst du mich?“

Erschrocken sah sie auf. „Woher weißt du …“

„Seit wann?“

„Schon immer“, flüsterte sie schließlich. „Ich liebe dich, seit ich ein kleines Mädchen war, Logan, und daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern.“

„Und warum willst du mich dann verlassen?“

„Mach es mir doch nicht so schwer, Logan. Es tut so weh, in deiner Nähe zu sein. Ich könnte es nicht ertragen, dich mit einer anderen Frau zu sehen.“

„Das musst du auch nicht.“ Logan zog sie an sich – gegen ihren Widerstand. „Sieh mich an, Evanna! Ich will dir in die Augen sehen, wenn ich dir sage, dass ich dich liebe. Das wollte ich dir schon nach unserer Liebesnacht sagen, aber ich konnte nicht warten, bis du aufwachtest. Ich musste doch zurück zu Kirsty. Gleich am nächsten Morgen wollte ich es dir sagen, aber da kamst du und hast behauptet, du hättest nur aus therapeutischen Gründen mit mir geschlafen. Das musste ich erst mal verdauen.“ Behutsam strich er ihr eine Strähne aus der Stirn.

Evanna wusste kaum, wie ihr geschah. Noch immer war sie unsicher. Konnte es denn wirklich sein, dass Logan ihre Liebe erwiderte? „Ist das wahr, Logan?“, fragte sie hoffnungsvoll. „Du liebst mich?“

„Ja, o ja, für immer und ewig. Ich lasse dich nie wieder aus meiner Nähe, das schwöre ich. Willst du mich heiraten, meine süße, bezaubernde Evanna? Ich bin verrückt nach dir.“

Sie träumte, oder? Gleich würde sie aus dem Traum erwachen und wieder todunglücklich sein. Probeweise machte sie die Augen zu, dann wieder auf. Kein Traum – Logan stand strahlend vor ihr und wartete auf eine Antwort.

Die erhielt er nach einem langen, zärtlichen Kuss. „Ja, Logan, ich will deine Frau werden und Kirsty eine Mutter, und ich will Krankenschwester in deiner Praxis bleiben.“

Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. „Für die nächste Zeit.“

„Wie meinst du das?“

Wieder küssten sie sich zärtlich. Sie konnten gar nicht genug voneinander bekommen. „Ich habe vor, dich im Schlafzimmer ziemlich in Atem zu halten, Evanna MacNeil. Was hältst du von neun bis zehn Kindern?“

Sie lachte glücklich. „Sehr viel. Wann fangen wir an? Schließlich müssen wir etwas für die Bevölkerungszahl auf Glenmore tun.“

– ENDE –