Conner drückte auf den Klingelknopf, der Janet am Empfang signalisierte, den ersten Patienten hineinzuschicken.
Er war gespannt, welche Reaktion er zu erwarten hatte. Und er wurde nicht enttäuscht.
Der Mann, der eintrat, warf nur einen Blick auf ihn, blieb ruckartig stehen, holte einmal scharf Luft, drehte sich auf dem Absatz um und ging wieder hinaus. Dabei murmelte er undeutlich so etwas wie: „Ich will zu dem anderen Doktor.“
Mit ausdruckslosem Gesicht schaute Conner ihm nach. Offenbar hatten die Menschen auf der Insel ein messerscharfes Gedächtnis. Das verstand er gut. Er hatte selbst keine Minute seiner Jugendzeit auf Glenmore vergessen.
Er zuckte mit den Achseln und drückte wieder auf den Klingelknopf. Als Susan Ellis zur Tür hereinkam, erwartete er, dass sich der Vorgang von vorhin wiederholen würde. Die Dame gehörte bestimmt nicht zu seinen weiblichen Bewunderinnen auf der Insel. Sie war die Inhaberin eines Ladens im Hafen und hatte allen Grund, ihn nicht zu mögen.
„Guten Morgen, Mrs. Ellis“, begrüßte er sie freundlich, während er ihr schockiertes Gesicht zu ignorieren versuchte.
„Conner MacNeil! Also stimmen die Gerüchte, dass du wieder da bist.“
Er zog seine Augenbrauen hoch. „Was führt Sie zu mir, Mrs. Ellis? Wie kann ich Ihnen helfen?“
„Darüber muss ich erst mal nachdenken.“
Es lag ihm auf der Zunge, ihr zu sagen, dies rasch zu tun, weil noch weitere Patienten warteten, aber dann fiel ihm ein, dass möglicherweise die meisten schon die Flucht ergriffen hatten.
„Wenn Sie bevorzugen, von Logan behandelt zu werden, sagen Sie es mir. Sie verletzen damit meine Gefühle nicht.“
„Deine Gefühle interessieren mich nicht“, winkte Mrs. Ellis ab. „Ich denke an meine Gesundheit. Logan weiß doch sicher, dass du hier bist, nicht wahr?“
„Glauben Sie, ich hätte ein Fenster eingeschlagen und mich hier eingeschlichen?“, erwiderte er kühl. „Vielleicht, um Drogen zu stehlen?“
Sie warf ihm einen ernsten Blick zu. „Spar dir deinen Sarkasmus, Conner MacNeil. Es kann dich doch nicht wundern, dass du den Leuten hier im Gedächtnis geblieben bist als jemand, von dem nur Ärger zu erwarten ist.“
Conner dachte daran, was bei seinem letzten Zusammentreffen mit Mrs. Ellis geschehen war. „Ich nehme Ihnen diese Meinung nicht übel, Mrs. Ellis.“
Sie musterte ihn mit zusammengekniffenem Mund. „Offenbar hast du dich gebessert. Bist du wirklich Arzt geworden?“
„Sieht ganz so aus.“
„Eine Menge Leute auf der Insel werden staunen, wenn sie das hören.“
„Das glaube ich auch“, erwiderte Conner ruhig. „Bleiben Sie nun hier, oder wollen Sie auf meine Hilfe verzichten? Wenn Sie bleiben, nehmen Sie doch bitte Platz. Wenn Sie unbedingt wollen, können wir uns auch im Stehen unterhalten.“
„Du bist nicht sehr freundlich, weißt du das?“ Susan Ellis lachte auf. Dann schloss sie die Tür und setzte sich auf die Kante des Besucherstuhls, so, als ob sie noch nicht sicher sei zu bleiben. „Ich frage mich, ob ich mit dir über mein Problem sprechen kann.“
Conner seufzte. Wenn alle Patienten so unentschlossen waren, würde es ein langer Tag werden. „Wie ich schon sagte, wenn Sie lieber mit Logan reden wollen, verstehe ich das.“
Ihre Finger spielten einen Augenblick mit dem Bügel ihrer Handtasche, dann stellte sie die Tasche entschlossen auf den Boden. „Nein“, sagte sie energisch. „Wir wollen die Vergangenheit ruhen lassen. Menschen ändern sich. Aber ich glaube nicht, dass du mir helfen kannst, selbst wenn du Arzt bist.“
„Versuchen Sie es.“
Sie schaute Conner an, der sich lässig in seinem Stuhl zurückgelehnt hatte. „Seit gut einem Jahr bin ich ständig müde. Ich weiß, das klingt merkwürdig, und Ärzte hassen normalerweise solche Aussagen. Sie werden bestimmt sagen, das läge an meinem Alter, aber …“
„Ich habe noch gar nichts gesagt, Mrs. Ellis. Sprechen Sie bitte weiter, ich höre zu.“ Er bemerkte, dass ihre Schultern sich entspannten.
„Also gut. Ich fühle mich oft ausgebrannt und erschöpft. Auch wenn ich die ganze Nacht durchgeschlafen habe, bin ich schon am Morgen wieder todmüde.“ Sie seufzte. „Ich bin auch immer deprimiert, weil ich so langsam und unbeholfen geworden bin. Wenn das die Folgen des Älterwerdens sind, möchte ich nicht wirklich alt werden.“
„Haben Sie zugenommen?“
Mrs. Ellis schnaufte empört. „Soll das heißen, ich sei zu dick?“
„Bitte beantworten Sie meine Frage.“
Susan Ellis richtete sich auf, wobei sie den Bauch einzog. „Ja, ich habe zugenommen, aber ich dachte, das sei so, wenn man älter wird. Es fällt schwer, seine Essgewohnheiten zu ändern, obwohl man im Alter eigentlich weniger braucht. Übrigens, willst du dir keine Notizen machen? Logan hat sich immer alles notiert.“
„Ich bevorzuge es, erst einmal zuzuhören. Später schreibe ich mir das Wichtigste auf.“ Conner erhob sich und kam um den Tisch herum. Er beugte sich zu Mrs. Ellis hinunter und schaute sie prüfend an. „Ihre Haut scheint sehr trocken zu sein. War das immer so?“
„Früher nicht, aber seit einiger Zeit. Auch meine Haare sind sehr spröde geworden.“ Sie hob den Kopf an, damit er sie besser sehen konnte. „Du bist ein guter Beobachter.“
„Manchmal.“ Dann nahm Conner Mrs. Ellis’ Hände und betrachtete sie aufmerksam. Danach untersuchte er ihre Augenlider. „Sie haben leichte Ödeme. Kann ich mir auch Ihre Füße ansehen?“
„Meine Füße?“ Conner hockte sich neben sie und half ihr, die Schuhe abzustreifen.
„Ich hätte nie zu hoffen gewagt, dass Conner MacNeil mir eines Tages zu Füßen liegt.“
„Genießen Sie den Moment, Mrs. Ellis. Haben Sie Probleme mit den Füßen?“
„Sie schmerzen häufig, und meist sind sie auch geschwollen.“ Sie bewegte die Zehen. „Ich habe angenommen, das käme von der Hitze.“
„Unwahrscheinlich. Wir haben jetzt Hochsommer auf Glenmore – das heißt, zwanzig Grad, Wind und Regen.“ Er war sicher, dass die geschwollenen Füße nicht mit dem Wetter zusammenhingen.
„Letzte Woche hatten wir zwei Tage lang Sonne. Aber das Wetter auf der Insel ist wechselhaft und launisch.“ Sie kicherte. „Es ist so wie du.“
Mrs. Ellis zog ihre Schuhe wieder an. „Du bist sehr behutsam und vorsichtig. Das hätte ich gar nicht vermutet.“
„Ich ziehe es vor, keine Spuren auf meinen Opfern zu hinterlassen.“ Conner ging zum Waschbecken und wusch seine Hände. „Aber Scherz beiseite. Ihre Füße sind nicht von der Hitze angeschwollen, so viel kann ich schon sagen.“ Er ging zu dem Rolltisch, auf dem Flora die Instrumente für Routineuntersuchungen bereitgelegt hatte. „Ich werde Ihnen jetzt ein wenig Blut abnehmen.“
„Ist das unbedingt notwendig?“
„Nein, ich will Sie nur ein bisschen quälen.“
Mrs. Ellis musste lachen. „Die späte Rache für damals?“
„Vielleicht. Sie haben in der Nacht die Polizei gerufen.“
„Ja, das habe ich. Du hattest dich nicht mehr unter Kontrolle. Du warst erst acht, aber du wolltest dir aus meinem Laden einfach mitnehmen, was dir gefiel.“ Sie streifte den Ärmel ihrer Bluse hoch und streckte den Arm aus.
Vorsichtig fuhr Conner mit dem Daumen über ihren Arm, um die Vene zu ertasten. „Ich brauchte ein paar Dinge ganz notwendig, hatte aber kein Geld.“
„Was meinst du, wie oft ich diese Ausrede von Kindern gehört habe.“ Sie sah ihn an. „Du warst anders als die meisten. Trotzig, wild, ein richtiger Rebell. Du hast nicht einmal geweint, als unser Polizist John dich hart angepackt hat. Es schien, als ob es dir nichts ausmachte.“
Conner antwortete nicht. „Sie haben gute Venen, Mrs. Ellis. Sie werden die Nadel kaum spüren.“
„Du hast damals nicht einmal versucht, etwas zu deiner Entschuldigung zu sagen.“
„Was hätte ich denn sagen können?“
„Nun, wir fanden damals heraus, was bei dir zu Hause los war“, erwiderte sie sanft. „Du hättest eine Menge Gründe als Entschuldigung vorbringen können.“
Er streifte Mrs. Ellis die Aderklemme über den Arm. „Was hätte das für einen Sinn ergeben? In den meisten Familien kommen solche Dinge vor.“
„Nein.“ Energisch schüttelte Susan Ellis den Kopf. „Bei dir war das anders. Ich sehe noch, wie du da standst, ohne Furcht, mit trotzig erhobenem Kinn, die Augen blitzten wie zwei Dolche. Oh, warst du böse mit mir.“
„Sie hatten immerhin die Polizei gerufen.“
„Aber das war dir offensichtlich völlig egal. Du hattest keine Angst, vor nichts und niemandem, Conner MacNeil.“
Oh, er hatte Angst gehabt. Aber nicht um sich selbst. Tu es nicht, rühr sie nicht an – ich bringe dich um, wenn du sie noch einmal schlägst.
Angestrengt verbannte Conner die quälenden Erinnerungen, die ihn plötzlich überfielen. „Um ehrlich zu sein, hatte ich als Junge immer Angst vor meiner Cousine Kyla. Sie hatte einen fürchterlichen rechten Haken.“
„Oh, Kyla. Wir bedauern alle, dass sie die Insel verlassen hat.“
Mit einer geübten Bewegung stach Conner die Nadel der Kanüle in die Vene. „Ich werde Ihre Schilddrüsenfunktion testen, Mrs. Ellis, deshalb nehme ich Ihnen Blut ab.“
„Oh … warum?“
„Weil eine Schilddrüsenunterfunktion der Grund für Ihre Beschwerden sein könnte.“ Er zog die Nadel aus ihrer Vene und drückte einen Tupfer auf die Einstichstelle. „Hier, pressen Sie das ein paar Minuten fest an. Dann bekommen Sie keinen blauen Flecken.“
„Das war es schon?“ Mrs. Ellis schaute auf ihren Arm. „Ich habe ja kaum etwas gespürt. Du scheinst eine Menge Übung mit Injektionsspritzen zu haben.“
„Die Liste meiner Verfehlungen ist ziemlich lang, Mrs. Ellis, aber wenn Sie damit andeuten wollen, ich hätte Erfahrung mit Drogen, dann irren Sie sich.“
Susan Ellis machte ein schuldbewusstes Gesicht. „Es tut mir leid“, sagte sie leise. „Ich wollte dich nicht beleidigen.“
„Ist schon gut.“ Es beschriftete die Blutprobe und stellte sie in einen Behälter, während er sich fragte, warum er sich das hier antat. Warum hatte er nicht erledigt, was er sich vorgenommen hatte, und war mit der nächsten Fähre wieder abgefahren?
„Unterfunktion der Schilddrüse, sagst du?“
„Es könnte noch andere Ursachen geben, aber das ist die wahrscheinlichste.“
„Du scheinst dir deiner Diagnose ziemlich sicher zu sein.“
„Hielten Sie es für besser, wenn ich herumraten und Sie mit allen möglichen Vermutungen verunsichern würde?“
Sie lachte. „Du warst immer schon ein cleverer Junge, Conner MacNeil. Zu clever, würde mancher sagen. Clever und rebellisch – eine gefährliche Mischung.“
„Er hat den Chemiesaal in die Luft gesprengt.“ Flora stand vor Logan und sah ihn empört an.
„Komisch, er hat mir angekündigt, dass du mir das erzählen würdest.“
„Natürlich muss ich dir das erzählen. Es sagt alles darüber, was er für ein Mensch ist.“
„Was für ein Junge er war, meinst du sicher. Er hat sich sehr geändert.“
„Glaubst du das wirklich?“
„Bist du noch dieselbe, die du mit fünfzehn warst?“
Schüchtern, gehemmt, kaum fähig, einen Satz ohne Stottern über die Lippen zu bringen? Flora errötete. „Nein“, sagte sie. „Natürlich nicht.“
„Und warum sollte er sich nicht geändert haben?“, fragte Logan achselzuckend.
„Und wenn nicht? Was für eine Sorte Arzt ist er denn?“
„Ein ganz hervorragender. Er hatte immer eine große Begabung für komplexe Vorgänge. Wie hätte er es sonst in seinem jugendlichen Alter damals schaffen können, aus ein paar simplen Grundstoffen eine so wirkungsvolle Bombe zu bauen? Außerdem ist das lange her. Ich dachte, du wärest froh, dass ich einen jungen Arzt als Aushilfe gefunden habe.“
„Das ist schon richtig, aber ich konnte ja nicht ahnen, dass es ausgerechnet Conner MacNeil sein würde. Die Bewohner der Insel werden ihn ablehnen. Sie werden sich etwas einfallen lassen, um seinen Aufenthalt hier so ungemütlich wie möglich zu machen.“
„Das ist er gewohnt. Und er ist damit immer bestens fertig geworden.“
„Ich kann es immer noch nicht glauben, dass er wirklich Arzt ist. Wie hast du davon erfahren? Er war doch spurlos verschwunden.“
„Ich habe immer Kontakt zu ihm gehabt.“ Logan sah sie ernst an. „Er ist mein Vetter, er gehört zur Familie. Ich wusste, dass er Medizin studiert hat. Was lag also näher, ihn um Hilfe zu bitten, als ich sie brauchte?“
„Ausgerechnet ihn? Er war stets unzuverlässig, rebellisch, zerstörerisch.“ Und attraktiv, unwiderstehlich, begehrenswert …
„Du beschreibst ihn, wie er als Junge war.“
„Er hatte einen Hang zur Zerstörung“, meinte sie, während sie Logan verwundert anschaute. „Das musst du doch am besten wissen. Er wurde drei Mal vom Schulunterricht suspendiert. Wenn es für ihn eine andere Möglichkeit gegeben hätte, wäre er endgültig von der Schule verwiesen worden. Er hat nicht nur den Chemiesaal in die Luft gejagt, er hat auch ein Feuer in der Schulbibliothek gelegt und MacDonalds Scheune angezündet. Die Liste könnte ich endlos verlängern. Er verliert leicht die Kontrolle über sich und ist völlig unbeherrscht!“
Und hoffnungslos attraktiv! Es hatte damals kein junges Mädchen auf Glenmore gegeben, das nicht davon geräumt hatte, mit ihm zusammen zu sein, sie selbst eingeschlossen.
„Seine Eltern steckten damals in einem üblen Scheidungsprozess“, erklärte Logan. „Es gab viele Gerüchte darüber, was sich bei ihm zu Hause abspielte. Meine Tante – seine Mutter – ist dann von einem Tag auf den anderen verschwunden, als Conner gerade zehn war. Das war für ihn die Hölle.“
„Er hat keinen Respekt vor anderen und erkennt keine Autorität an.“
Logan schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. „Wie hätte er unter den damaligen Umständen lernen sollen, was Respekt ist?“
Flora biss sich auf die Lippen. „Damals konnte er es gar nicht erwarten, Glenmore zu verlassen. Warum kommt er jetzt nach zwölf Jahren zurück?“
„So lange war er nicht hier?“ Verwundert schüttelte Logan den Kopf. „Ich habe die Jahre nicht gezählt, aber du offensichtlich schon.“
„Ich habe nur geschätzt“, murmelte Flora. „Ich frage mich, aus welchem Grund er plötzlich wieder hier auftaucht.“
„Ich habe ihn darum gebeten. Wenn er sich als schlechter Arzt erweist, habe ich das auszubaden. Oder beunruhigt dich noch etwas anderes als der Ruf unserer Praxis?“ Fragend schaute Logan sie an. „Gibt es da noch etwas, wovon ich nichts weiß?“
„Lächerlich.“ Flora erhob sich rasch, während ihr Herz heftig pochte. „Jeder weiß, dass ich nicht sein Typ war.“ Er hat mich nie angeschaut …
„Dann bist du vermutlich das einzige Mädchen auf Glenmore, das nicht hinter ihm her war“, meinte Logan versonnen. „Wenn ich mich recht erinnere, konnte Conner sich vor Angeboten nicht retten. Und je rebellischer er war, umso mehr liefen ihm die Mädchen nach.“
„Wahrscheinlich fühlten sie sich von seinem schlechten Ruf angezogen.“ Wenn doch nur ihr Herz nicht bis zum Hals schlagen würde …
„Ich kann immer noch nicht fassen, dass er Arzt geworden ist“, fuhr Flora fort.
„Das hast du ihm auch deutlich zu verstehen gegeben.“
Flora wurde rot. „Ich wollte nicht unhöflich sein, aber ich war einfach zu überrascht.“
„Du weißt, dass Conner immer sehr klug war und spielend leicht lernte.“
„Aber er hat die Schule gehasst und so oft wie möglich den Unterricht geschwänzt.“
„Aber trotzdem waren seine Leistungen stets ausgezeichnet. Leider hat kaum jemand seine geistigen Fähigkeiten richtig eingeschätzt, weil alle über sein Benehmen entsetzt waren.“
Flora war verblüfft. So hatte sie das noch nie gesehen. „Jedenfalls hat er sein Abitur bestanden und sein Medizinstudium erfolgreich abgeschlossen. Weißt du, wo er seine praktische Ausbildung als Mediziner gemacht hat?“
„Beim Militär.“
„Wie bitte?“ Flora staunte. „Er war beim Militär?“
„Er war beim Medizinischen Korps der Army. Hier, das sind Unterlagen über seine Zeit dort. Sie sind beeindruckend. Du solltest sie ruhig mal lesen, dann bewertest du seine Fähigkeiten und Qualitäten vielleicht anders.“
„Aber eine Karriere in der Army erfordert Disziplin, also genau das, was Conner nicht hat …“
„Lies das!“ Logan reichte ihr den schmalen Ordner. „Mancher unserer Patienten wird an ihm zweifeln, aber ich möchte nicht, dass wir hier in der Praxis den gleichen Fehler machen wie damals. Er hat eine bessere Qualifikation und mehr Erfahrung als ich selbst.“
Zögernd schlug Flora den Ordner auf. Sie las ein paar Sekunden, bevor sie überrascht aufschaute. „Er ist Chirurg?“
„Unter anderem. Ich habe dir ja gesagt, Conner ist sehr begabt.“
Flora las weiter. „Afghanistan? Das klingt gefährlich.“
„Na, und?“, erwiderte Logan trocken. „Das war doch genau richtig für ihn. Was nicht gefährlich war, hat ihn nie gereizt.“
„Das bringt mich zurück zu meiner Frage von vorhin – was macht er hier auf Glenmore? Er hat die Insel immer gehasst und sich gelangweilt. Was also will er hier?“
„Die Frage stelle ich mir nicht.“ Entspannt lehnte sich Logan zurück. „Ich freue mich einfach, dass er da ist.“