Extraits de lettres ou textes en langue originale inédits ou difficilement accessibles cités en traduction dans la préface, les notes et la chronologie
Dans la préface
P. 21 (Journal de PC)
« Bestätigung meines – später um des Menschen willen in Frage gestellten – ersten Eindrucks: fragwürdige Poesie. »
Dans les notes
P. 53, no 1, n. 1 (Christoph Schwerin à PC)
« Sie kennen mich nicht, werden kaum von meinen Versuchen gelesen haben, in denen ich mich bemühte, die Verbindung vom Dichter zum Leser fester zu knüpfen, das Verstehen zu fördern; […]. »
« Als ich vor wenigen Wochen in Paris war und dort René Char besuchte, für dessen Werk ich versuche mich in Deutschland einzusetzen, fragte dieser natürlich sogleich, denn Char ist ein allem lebendigen sehr aufgeschlossenener Mensch, nach der jetzt in Deutschland lebendigen Dichtung, nach dem bedeutendsten lebenden deutschsprachigen Lyriker. Ich wußte ihm – verzeihen Sie, es klingt wohl allzusehr nach “Lobhudelei” – ihm keinen anderen Namen zu nennen, als den Ihren, der ihm aber durchaus (dem Namen nach) geläufig. Leider hat er gar keinen Zugang zu unserer Lyrik, da er nicht deutsch sprechen kann. Sehr gerne nun würde René Char Sie kennen lernen […]. Aus diesem Grunde schreibe ich Ihnen, um Sie zu fragen, ob Sie nicht die Verbindung zu René Char aufnehmen wollen, […]. »
P. 56, no 3, n. 2 (PC à Christoph Schwerin)
« Mein Umgang mit den Worten wird immer schwerfälliger, unbeholfener – hie und da, in weiten Abständen, ein Gedicht: das ist alles, was ich “hervorbringe”. Und mit dieser meiner Unbeholfenheit ging ich auch zu René Char – wie muß ich ihn enttäuscht haben! Er ist ganz wie Sie ihn mir geschildert haben, so völlig im Mittelpunkt, im Herzen seiner Sprache, die sich ihm nie zu verweigern scheint. Seltsam, wie diese Sprache noch da, wo sie das Gegenständlichste, Konkreteste zitiert, es mit der Aura des Universalen zu umgeben weiß! Von welcher Sprachebene immer es auch kommen mag, das einzelne Wort ist hier beziehungsreicher als im Deutschen. Wird es ins Gedicht “gehoben”, so hebt es irgendwie seine ganze Umwelt mit. Mir geht es oft so, daß ich lange warten muß, ehe sich zu meinem “ersten” Wort die übrigen gesellen: meine Konstellationen kommen erst mit Hilfe eigenwilliger Kometen zustande. Und doch: gerade aus dem Bewußtsein seiner Fragwürdigkeit lebt das Gedicht… »
P. 91, no 33, n. 3 (Journal de PC)
« Rochefort […] / 7. 8. [1956] Antwort von Char. Aufgeatmet. »
P. 111, no 51, n. 3 (Meir Mindlin à propos de l’œuvre de RC)
« For a long time I have said that the poet is supremely intelligent, that he is intelligence par excellence and that the imagination is the most scientific of faculties, because it alone understands the universal analogy [dans sa traduction de cet extrait de lettre de Baudelaire, Meir Mindlin ne respecte pas les mises en relief du texte original], […]. »
« If one may parallel Cézanne’s remark — “I must do Poussin over again in colour” — then we might say of Char that he, in a sense, is doing Rimbaud over in humanist mid-20th century terms (reminding ourselves of the world of difference in both cases !) / There is also a strange, almost mystical element in the later work, as if his vision had pierced the surface and fixed the flux of things. But it is a this-worldly-mysticism, sharp and precise — a mystical insight which is not a method of knowledge, but an allegory of knowledge. Perhaps hermetic is a more correct term than mystical. »
P. 144, no 72, n. 2 (Journal de PC)
« Das Phänomen meiner Verdrängung durch soviele, die mir verpflichtet sind, in kleinerem oder größerem Maße: Graß, Ingeborg [Bachmann], Meckel, Jokostra, zuletzt Bobrowski, der sozusagen mit meiner Legende ausstaffiert wird (Chagall, der Osten etc. … vgl. Bienek in der FAZ). »
(PC à Erich Einhorn)
« (Ich habe nie eine Zeile geschrieben, die nicht mit meiner Existenz zu tun gehabt hätte – ich bin, Du siehst es, Realist, auf meine Weise.) »
P. 147, no 72, n. 4 (Otto Pöggeler à propos du « Méridien » de PC)
« Das Absurde schenkt sich nur dem, der auf dem Revolutionsplatz ruft: “Es lebe der König!”, oder, wie Lenz, wahnsinnig genug ist, auf dem Kopf gehen zu wollen. […] Der Himmel, das ist das Offene, Ausstehende, über die Erde und den irdischen Menschen Hinausstehende, auf sie zu Kommende und damit Zukünftige, dies aber als das Abgründige, durch keinen Kalkül zu Beherrschende. Dieses Abgründige eignet sich jenem zu, der auf dem Kopf gehen möchte, der freilich “wahn-sinnig” ist, ohne den Sinn der rechnenden Verständigkeit der vielen. / Wer so “auf dem Kopf geht”, wird freilich erst einmal verstummen müssen. Warum verstummen? Weil er noch nicht “gründlich” genug denkt? So meinte Hegel, der – am entschiedensten, wenn auch ohne Nennung von Namen, in der “Phänomenologie des Geistes” – das Schicksal seiner dichtenden Generationsgenossen, ihr “Lenz”-Schicksal, als ein notwendiges begriff: das Sehnen des Novalis mußte sich durch die Schwindsucht in Dunst auflösen; Schlegels Ironie, die sich in ihrem Künstlertum Meister wußte über alles, mußte sich als das Böse aussprechen und abseits stellen; Hölderlin, der gegen seine Zeit in reiner Innigkeit das Heilige zu bewahren suchte, mußte sich zur “Verrücktheit zerrütten”, weil die Innigkeit des künstlerischen und dichterischen Gefühls die Spannungen und Entfremdungen der Zeit nicht mehr auszuhalten vermag. […] / Anders als Hegel deutet Schopenhauer, das Verstummen, das “Lenz”-Schicksal der Dichter. Nach seiner Auffassung kann die Kunst nicht an einem gründlicheren Denken gemessen werden, weil sie Unbegründbares schaut. In dieser Schau ist der Künstler Genie, die höchste Steigerung menschlichen Seins. […] Die Kunst deutet hin auf eine letzte Möglichkeit: die Selbstverneinung des Willens, die, wie die Selbstbejahung, nichts anderes ist als ein Akt unserer grundlos-unbegründbaren Freiheit. Daß der Künstler seinem rein vorstellenden, medusenhauptartigen Wesen nach auf dem Weg ist zur Selbstaufhebung der Welt, drückt sich in dem Zusammenhang von Genialität und Zerstörung dieser Genialität, von Genialität und “Wahnsinn” aus. »
P. 153, no 74, n. 1 (PC à Klaus Wagenbach)
« — Es soll dort Schnee geben. Wer schreibt, braucht das. »
P. 160, no 80, n. 3 (Klaus Wagenbach à PC)
« Von Char hatte ich zwei sehr freundliche Briefe. Er nimmt sehr teil an der Ausgabe, was mich freut. »
P. 176, no 95, n. 1 (Journal de PC)
« […] Elend. Weinen. // Ich muß in eine Klinik: für Eric und Gisèle ist es auf die Dauer unmöglich, das auszuhalten. Aber wohin? / Jetzt noch ein Fraß der Psychoanalytiker werden? »
P. 223, no 133, n. 2 (Siegfried Unseld à propos de l’enterrement de PC)
« PAUL CELAN / GESPRÄCH MIT FRAU CELAN […] / […] Es gibt keinerlei Motivationen, keinen Abschiedsbrief, keine Erklärungen. […] / Es war eine Dichterbeerdigung, wie man sie sich in schlechten Filmen vorstellt: es war die kürzeste und sicher liebloseste Beerdigung. Vor dem Haupteingang wartete Frau Celan in einem Auto, ich kam mit einem Taxi, es stellten sich noch weitere vier bis fünf Autos ein, die alle warteten. Strömender Regen, aufgeweichter Boden, kalt. Schließlich kam der Leichenwagen. Die Autos fädelten sich in einem Konvoi ein, der dann in den riesigen Friedhof einfuhr. Bis alle ausgestiegen waren, war der Sarg schon aus dem Auto gebracht und in das Grab gelassen. Man ging noch an der Grube vorbei, verabschiedete sich; in ein paar Minuten war alles vorbei. »
Dans la chronologie
P. 272, 13 décembre 1954 (PC à Jean-Pierre Wilhelm)
« hier also die beiden Gedichte – hoffentlich ist im “Argumentum”, auch einiges, das diese Wanderung, zu der Sie ihm verhelfen wollen, überhaupt verdient! »
P. 281, 11 août 1957 (PC à Jean-Pierre Wilhelm)
« Ich will also gerne “À une Sérénité Crispée” und “Feuillets d’Hypnos” übersetzen. Große Teile aus der “Sérénité” sind bereits übersetzt, da und dort ist noch einiges ungeklärt, ich werde wohl Char um ein paar zusätzliche Helligkeiten angehen müssen. Ist es Ihnen recht, wenn ich Ihnen das MS gegen Weihnachten schicke? Hypnos wird dann wohl von Ostergrüßen begleitet zu Ihnen reisen. »
P. 283, 31 octobre 1958 (PC à Jean-Pierre Wilhelm)
« Es war schwer diesen Text zu übersetzen, die Ellipsen darin sind ohne Zahl, es ist im Grunde eine einzige Ellipse, das Deutsche ist in solchen Fällen, Sie wissen es ja, langsamer, das Meinende bleibt länger am Gemeinten hängen (und wieviel ist nicht mitgemeint, wo etwas “gemeint” ist!), die Syntax gehorcht anderen Gesetzen, bei Char gibt es überdies recht eigenwillige Wortfolgen – nun, ich will nicht länger in eigener (und so fragwürdiger) Sache reden. Bitte, lesen Sie das Übersetzte aufmerksam und vergleichen Sie es mit dem Original — ich bin Ihnen dankbar, wenn Sie mir sagen, wo und warum es da oder dort noch einer Korrektur bedarf. Ich habe mich um Wörtlichkeit bemüht, den Sinn wiederzugeben versucht – sagen Sie mir, was ich davon zu halten habe. / Meiner Übersetzung liegt die erste Ausgabe (Gallimard, Collection Espoir) zugrunde. Eine spätere Ausgabe (Fureur et Mystère) ist um zwei Notizen vermehrt, die, ich noch nicht übersetzt habe. Ausserdem legt Char darauf, dass ein paar Fussnoten hinzukommen, die in den Buchausgaben nicht figurieren; das soll in den nächsten Tagen geschehen. Die Notiz Nr. 215 blieb unübersetzt: ich konnte das, zumindest bis jetzt, nicht nachsprechen. »
P. 283, 4 décembre 1958 (Journal de PC)
« Bei René Char. Über die politische Lage in Frankreich: zum Weggehen. (Neulich am Telephon: “Ce pays qui s’effile comme une étoffe mitée”.) Viel Eitelkeit, ziemlich unverblümt, die Eitelkeit des sich von allen Seiten her bedrängt Fühlenden vielleicht. Fällt über ein paar Leute her, die es wohl nicht verdienen. Erwähnung eines Besuches von Saint-John Perse, Eitelkeit auch darin. Bei aller “Einsamkeit” doch sehr “dabei”, in recht literarischem Sinne. / Übersetzungen seiner Gedichte von dem Zürcher (“le Tchèque”) Franz Wurm. Ich kannte eine Übersetzung – diese enttäuscht mich. Ungemütliches Gespräch darüber: Char kann ja kein Wort Deutsch. / Später Greta Rau, eine junge Zürcherin, die ein kleines Buch über ihn geschrieben hat. (Erinnere mich, darin geblättert zu haben. Eindruck des Bedeutungslosen.) Bestätigung dieses Eindrucks. Wenig Sensibilität, Literaturstudentin “mit guten Sprachkenntnissen”. Überraschung (und auch nicht): hat Ingeborg vor zwei Tagen im Café Odéon gesehen, mit Max Frisch. Freude der Zürcher, daß größter deutscher Prosaschriftsteller größte deutsche Dichterin heiraten soll. (Frisch läßt sich scheiden.) Erheiternd. Char interessiert sich sehr für die Details. »
P. 284, 13 décembre 1958 (Journal de PC)
« Telephongespräch mit Char über den ‘Hinweis’ auf ihn in der Zürcher Zeitung. Ihm gesagt, daß aus diesem Anlaß doch wohl auch auf den bei Fischer erscheinenden Band hätte hingewiesen werden sollen. Er sei ohne Nachricht von Fischer und Wilhelm, könne also nicht darauf hinweisen lassen. Viel Worte, viel Eitelkeit. – Wenn ich zurückdenke: wachsende Eitelkeit, immer dürftigere sich wiederholende Rede. Bestätigung meines – später um des Menschen willen in Frage gestellten – ersten Eindrucks: fragwürdige Poesie. / __ / Der große Thomas Wolfe. »
P. 293, 31 décembre 1962 (PC à Gustav Chomed)
« Drei Wochen Nervenklinik – nicht ohne ein paar recht mittelalterliche Scherze – […] »
P. 294, 16 mai 1963 (PC à Klaus Wagenbach)
« In der Zwischenzeit habe ich René Char besucht –: er ist mit dem Erscheinen einer Auswahl in Ihrer neuen Reihe durchaus einverstanden, findet aber den Erscheinungstermin (Herbst 63) zu nahe. Das ist im Grunde auch meine Meinung. […] Ich bin der Einsicht, dass wir uns das alles noch einmal überlegen sollten, wenn Sie in Paris sind, […] »
P. 296, 17 février 1964 (Journal de PC)
« Meridian-Übersetzung von Denise Naville gelesen: unbrauchbar, falsch schon allein im Ton – / Kurzes Telephongespräch mit René Char. »
P. 296, 21 décembre 1964 (Journal de PC)
« Brief von Unseld – Suhrkamp (17. 12.) schlägt mir Auswahl meiner Gedichte und Char Auswahl vor. »
P. 297, 21 octobre 1965 (Journal de PC)
« Times Litterary Supplement : Char-Eloge F[rank]f[ur]t Book Fair, mit Elogen für Wagenbach, Enzensberger etc. »
P. 297, 11 novembre 1965 (Journal de PC)
« Gedenkfeier in der Schule. / Flacelière abwesend, auch Althusser. / Mich begrüßen der Intendant und Sous-intendant, dann Martin, der ehemalige Bibliothekar. / Die Zeremonie des Namenlesens: es liest, wie in früheren Jahren Prigent, Foussier. / Bei José Corti: Char, L’Âge Cassant / Fondane, L’Exode gekauft. (Corti zufällig da.) »