Überraschende Nachrichten

Kugelblitz träumt davon, wie er El Loco bei einer aufregenden Jagd im kolumbianischen Dschungel auf den Fersen ist. Mit einer Machete bahnt er sich, gemeinsam mit Sloterdijk, den Weg durch die Schlingpflanzen. Gerade als er das Lagerfeuer El Locos und seiner Bande am Ufer eines Flusses entdeckt, klingelt das Telefon.

Uw wekdienst“, sagt eine freundliche Stimme und holt KK in die holländische Wirklichkeit zurück.

Ein Blick auf die Uhr seines Handys verrät KK, dass er sich beeilen muss. Um 9 Uhr ist er mit Sloterdijk im Polizeipräsidium verabredet.

Er springt aus dem Bett. Auf dem Weg zum Bad öffnet er den Briefumschlag aus der Blumenschale. Er wird sich gleich, wenn er zum Frühstück geht, beim Hotelportier für den freundlichen Gruß bedanken. Er liest und bleibt erschrocken stehen.

Der Umschlag enthält kein Dankeschön, sondern eine Erpresserbotschaft aus zusammengeklebten Zeitungsbuchstaben.

Der Text lautet: „10.000 Euro bis Sonntag! Oder das beiliegende Bild wird vor Ihrer nächsten Show auf Facebook und YouTube veröffentlicht!“

KK schnappt nach Luft. Klar, dass der Brief nicht für ihn, sondern für seine Zimmertausch-Partnerin bestimmt ist! Auf dem Foto erkennt er Frau van der Molen im Coffeeshop Popeye.

Ein Blick ins Internet bestätigt seinen Verdacht: Das ist ein beliebter Dealertreffpunkt. Neben ihr stehen einige zwielichtige Gestalten. Nicht gerade die richtige Gesellschaft für einen Fernsehstar, der sich in seiner neuen Sendung den Kampf gegen Drogen aufs Banner geschrieben hat. Sollte dieses Bild in die Öffentlichkeit gelangen, dann wäre ihr Ruf als „Sauberfrau“ ruiniert.

Was soll er machen? Soll er ihr den Brief gleich zeigen?

Kugelblitz beschließt, Frau van der Molen nicht unnötig zu beunruhigen und die Angelegenheit erst mit Sloterdijk zu besprechen.

„Sehr interessant“, murmelt Sloterdijk, als er wenig später im Polizeibüro das Foto studiert. „Ich kenne das Popeye. Es ist in Bahnhofsnähe. Einer der Männer auf dem Bild ist ein stadtbekannter Dealer. Sehr unangenehm für Frau van der Molen, falls dieses Bild veröffentlicht wird.“

„Und was schlägst du vor?“

„Wir müssen sie überreden, zum Schein auf den Handel einzugehen. Bei der Geldübergabe schnappen wir uns die Burschen.“

Tanja van der Molen wird kreidebleich, als die beiden Detektive ihr von dem Erpresserschreiben berichten.

Sie versichert, dass sie nur ein Mal im Popeye war und dass sie keinesfalls drogenabhängig sei. „Meine neue Show bin ich los, wenn dieses Foto veröffentlicht wird!“, seufzt die Moderatorin.

„Ich denke, ich habe eine Idee, wie wir das verhindern können“, sagt Kugelblitz. „Dazu müssen Sie uns aber helfen, die Erpresser zu überführen!“

Er erklärt seinen Plan, und Tanja van der Molen willigt schließlich ein.

„Es wird mit Sicherheit ein neuer Brief oder ein Anruf kommen, mit Einzelheiten zur Geldübergabe“, sagt Kugelblitz. „Informieren Sie uns dann sofort!“

„Oje! Hoffentlich überleb ich das!“, stöhnt der Star. „Ich hab ganz weiche Knie vor Aufregung.“

„Wir lassen Sie nicht aus den Augen“, verspricht Kugelblitz.

Er behält recht. Schon zwei Stunden später liegt ein verschlossener Umschlag im Postfach von Frau van der Molen. Er enthält eine neue Botschaft der Erpresser.

Als Tanja van der Molen mit ihrem kleinen Hund das Hotel verlässt, folgt ihr in einigem Abstand ein unauffälliger junger Mann, der bis dahin in der Hotellobby seine Zeitung gelesen hat.

„Zielobjekt unterwegs!“, meldet er halblaut in sein Smartphone.

Der Verfolger ahnt nicht, dass er ebenfalls verfolgt wird. KK und Sloterdijk, die das Ziel von Frau van der Molen ja kennen, sind klugerweise vorausgelaufen.

„Da sind sie!“, flüstert Sloterdijk, als sich die beiden nähern. „Und jetzt kommt unser kleiner Auftritt.“

Tanja van der Molen betritt die Bank. Der Verfolger bleibt, wie von KK und Sloterdijk vermutet, vor der Eingangstür stehen.

Während der Mann die Börsenkurse im Aushang studiert, zündet er sich eine Zigarette an. Er grinst listig. Wenn er meldet, dass die Dame das Geld abgeholt hat, wird ihr Handy klingeln. Man wird sie bitten, zur Radhuisstraatbrug zu gehen. Dort wird sie wieder angerufen und aufgefordert werden, das Geld in ein rotes Motorboot zu werfen, das aus Richtung Bloemenmarkt auf dem Kanal angefahren kommt.

Plötzlich hört der Mann neben sich ein leises Stöhnen.

Ein rundlicher älterer Herr mit Seehundsbart taumelt und sucht an der Wand Halt.

„Diese Aktienkurse! Ich bin ruiniert. Oje, mir wird schwindelig!“, stöhnt er und sinkt zu Boden.

„Darf ich mal eben Ihr Handy benutzen?“, fragt ein schlanker großer Mann aufgeregt, der jetzt herbeieilt. „Mein Freund braucht dringend einen Arzt. Een lokaal gesprek! Het dichtstbijzijnde ziekenhuis! Ich muss das nächste Krankenhaus anrufen, und mein Akku ist leer.“

Zögernd händigt ihm der junge Mann sein Handy aus.

Sloterdijk kniet jetzt neben Kugelblitz am Boden und drängt den jungen Mann: „Und wenn Sie bitte schnell ein Glas Wasser besorgen könnten, während ich telefoniere. Drüben am Kiosk. Bitte!“

KK stöhnt filmreif: „Wasser! Ja, Wasser!“ Kaum hat der junge Mann ihnen den Rücken zugekehrt, übergibt Sloterdijk das geliehene Handy einer jungen Polizistin, die sie in einigem Abstand unauffällig begleitet hat. Die flitzt wieselflink davon.

Gerade noch rechtzeitig, denn der junge Mann kommt mit einer Wasserflasche vom Kiosk zurück.

„Das Handy! Sie hat es gestohlen. Da vorn läuft sie!“, ruft Sloterdijk aufgeregt und deutet auf die Polizistin. „Sie hat es mir

aus der Hand gerissen! Ich konnte meinen Freund doch nicht im Stich lassen und sie verfolgen! Selbstverständlich werde ich Ihnen den Verlust ersetzen. Können Sie mir Namen und Adresse sagen?“

Der Mann reagiert zornig. „Ich muss mein mobieltje wiederhaben!“ Er rennt wütend hinter der Flüchtenden her.

„Er hat keine Chance. Die Kollegin ist die beste Leichtathletin im ganzen Polizeisportverein“, freut sich Sloterdijk.

„Die kleine Szene war wirklich überzeugend!“, brummt Kugelblitz zufrieden, als er aufsteht und sich den Staub von den Hosenbeinen klopft.

„Zahlt sich aus, dass ich Mitglied der Laienspielgruppe der Polizei bin!“, grinst Sloterdijk.

„Das hat richtig Spaß gemacht. Und es hat sich gelohnt. Das Telefonverzeichnis auf dem Handy wird uns mit Sicherheit zu den Erpressern führen!“, sagt KK und lächelt zufrieden.

Es dauert nur wenige Minuten, dann finden die Spezialisten heraus, dass das Telefon einem gewissen Paul Pottenbakker in der Kerkstraat gehört.

Als Frau van der Molen aus der Bank kommt, erzählen die beiden Detektive von ihrem gelungenen Streich.

„Hoffentlich ist es damit ausgestanden“, seufzt die Fernsehmoderatorin.

„Der Mann hat offenbar kurz vorher mit seinem Auftraggeber telefoniert. Sobald wir diesen mithilfe von Pottenbakkers Handyverzeichnis geschnappt haben, werden wir der Presse melden, dass Sie uns mit einem mutigen Undercover-Einsatz bei der Lösung des Falls geholfen haben. Unter anderem durch Nachforschungen im Coffeeshop Popeye“, verspricht Sloterdijk.

„Dann können die Gangster das Bild ruhig veröffentlichen. Es wird Ihrer Popularität nur nützen!“

Pottenbakkers Handyverzeichnis ist eine wahre Fundgrube. Es enthält die Namen von einigen polizeibekannten Personen. Der letzte und sicherlich interessanteste Anruf galt einem Jakob Hemp.

„Der Hemp steckt also dahinter!“, freut sich Sloterdijk. „Angeblich ein harmloser Lebenskünstler, der auf einem Hausboot wohnt. Seine Frau verkauft Tulpenzwiebeln. Wir hatten ihn schon mehrfach in Verdacht, krumme Dinger zu drehen. Aber wenn es darauf ankam, hatte er immer ein Alibi“, seufzt Sloterdijk. „Ich hoffe, diesmal kriegen wir ihn.“

Das grüne Hausboot von Jakob Hemp liegt in der Bloemengracht vor Anker. Es hat weiß gestrichene Blumenkästen mit roten Geranien vor den Fenstern. Der Wind trocknet die Wäsche auf dem Achterdeck. Ein malerisches Bild.

Jakob Hemp liegt im Liegestuhl und liest die Börsenzeitung. Er trägt eine bunt bestickte Kappe, die er vor vielen Jahren aus Indien mitgebracht hat. Damals trampte er als Hippie durch die Welt. Sie schützt seinen mittlerweile recht kahlen Kopf vor den Strahlen der Frühlingssonne und hat ihm bei seinen Freunden den Spitznamen „Muts“, die Mütze, eingebracht.

Ein Schäferhund bellt laut, als KK und Sloterdijk an Bord kommen.

„Was verschafft mir die Ehre, Herr Kommissar?“, fragt Jakob Hemp spöttisch und erhebt sich langsam.

„Ich bin mit meinen Ermittlungen mal wieder in der Sackgasse. Und Sie kennen doch diesen und jenen. Da können Sie mir und meinem Kollegen vielleicht weiterhelfen?“, fragt Sloterdijk.

„Machen Sie sich mal keine falschen Hoffnungen. Um was geht es denn diesmal?“, brummt Hemp.

„Ein Fernsehstar soll mit einem Foto erpresst werden“, sagt Sloterdijk.

Met afpersing heb ik niks te maken. Mit Erpressung habe ich nichts am Hut“, beteuert Jakob Hemp und rückt sein Käppchen zurecht. „Ich bin ein Gentleman der alten Schule und weiß, wie man sich Damen gegenüber verhält. Außerdem habe ich mit dem bloemenhandel meiner Frau ein geregeltes Einkommen und bin nicht auf das Geld anderer Leute angewiesen. Das wissen Sie doch!“

Er setzt sich wieder und wendet sich der silbernen Kanne zu, die neben ihm auf einem Klapptischchen steht. Sie passt ebenso wenig auf das Hausboot wie die goldene Rolex, die an Hemps Handgelenk aufblitzt.

Kopje koffie?“, fragt er freundlich und deutet auf ein zierliches Porzellantässchen.

„Nein danke“, lehnt Sloterdijk ab. „Wir müssen weiter!“ Er blickt auf sein Handy.

„Oh, vielleicht klärt sich jetzt alles auf. Ich erhalte gerade eine SMS, dass man einen gewissen Pottenbakker mit dem Lösegeld aus diesem Erpresserfall am Flughafen geschnappt hat. Er wollte nach Kolumbien fliegen!“

„Aber das gibt’s doch nicht …“, ruft Hemp empört und springt mit knallrotem Kopf so heftig auf, dass die teure Tasse auf den Schiffsplanken zerschellt.

„Unglaublich, nicht wahr?“, lächelt Kugelblitz. „Die Polizei ist manchmal schneller, als man denkt!“

„Kennen Sie den Mann etwa?“, fragt Sloterdijk und tut überrascht.

„Paul Pottenbakker? Nein, den Namen hör ich zum ersten Mal“, versichert Hemp und schüttelt den Kopf.

„Wir müssen …“, sagt Sloterdijk und verabschiedet sich winkend. „Mal sehen, was uns Pottenbakker erzählen wird.“

Fragen an alle Detektive, die auch auf einem Hausboot nicht ins Schwimmen geraten:

1. Durch welche zwei Bemerkungen hat sich Hemp verraten?

2. a. Wie lautet der Spitzname Hemps?

2. b. In welches Verbrechen könnte Hemp noch verwickelt sein?


Hier geht’s zur Lösung.